Call Center Agent Testbericht

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ab 23,12
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Summe aller Bewertungen
  • Einstellungschancen:  sehr gut
  • Aufstiegschancen:  gut
  • Verdienstmöglichkeiten:  gut
  • Sozialleistungen:  durchschnittlich

Erfahrungsbericht von Saphena

Vorsicht, wenn Saphena zweimal anruft....

4
  • Einstellungschancen:  gut
  • Aufstiegschancen:  gut
  • Verdienstmöglichkeiten:  durchschnittlich
  • Sozialleistungen:  durchschnittlich

Pro:

Kann Spass machen, kann einfache Arbeit sein, kmmunikative Fähigkeiten werden geschult, idealer Nebenjob für Studenten

Kontra:

kann keinen Spass mehr machen, Abeiten auf Povisionsbasis, teilwiese menschenverachtende Praktiken der Arbeitergeber, als Volljob vielleicht eher nicht das Wahre

Empfehlung:

Ja

Es gibt in einer Berliner Zeitung immer wieder eine schöne Anzeige mit dem Wortlaut: „Studenten brauchen einen studienbegleitenden Job“ und an diesen wenigen Wörtern ist leider doch recht viel Wahres. Eigentlich wirbt UPS damit um Kräfte, aber ich würde behaupten, dass die Wörter fast auf jeden Studenten im Allgemeinen zutreffen.
Ein Job der mich 4 Jahres meines Studiums und nun auch wieder Teile meiner Doktorarbeitszeit begleitet ist der als:

~ CALL CENTER AGENT ~

1. AKT
Nachdem ich mit meinem Studium in Berlin angefangen hatte musste irgendwie mehr Geld her. Also suchte ich mich durch die Jobangebote in den Zeitungen und stolperte über eine Anzeige, in der Telefonistinnen (ja, ja, damals war der Begriff noch auf Deutsch ;)) gesucht wurden. Ich rief dort an und schnell wurde ein Termin für ein Vorstellgespräch ausgemacht. Dort wurde mir versichert, dass ich auch als blutige Anfängerin alles lernen würde, was eine erfolgreiche Telefonverkäuferin braucht. Letztlich zum Anfangen hat mich überzeugt, dass es einen festen Stundenlohn gab und alle anderen „Damen“ auch meines Alters waren, ich also in ein junges, lustiges Team hineinkam.

Am Anfang benachrichtigte ich einfach nur Teilnehmer eines Gewinnspieles über ihren Gewinn, was überwiegend leicht und freundlich von statten ging. Die Leute hatten ein 4 Wochen Abo einer Tageszeitung gewonnen. Nach 2 Wochen riefen wir sie wieder an und fragten nach, ob alles klappen würde usw. Nach Ablauf des Gewinnabos ging es dann ins Eingemachte. Wiederholter Anruf mit der Frage, wie es denn gefallen hat und ob der jeweilige Gewinner nicht aus dem Freiabo ein bezahltes Abo machen wolle. Durch dieses Vorgehen in Stufen wuchs man in die Aufgabe hinein und durch parallel abgehaltene Schulungen bekam man auch einiges an Theorie und Handwerkszeug zum Thema „Wie verkaufe ich am Telefon“ mit. Mit der Zeit erreichte man eine relativ konstante Buchungszahl, der Moment wo ich eine Spezialaufgabe übernehmen musste: Rückgewinnung von Kunden, die bereits ihr normales Abo gekündigt hatten. Eine eher durchwachsene Aufgabe, bei der man des Öfteren nicht so schöne menschliche Kontakte erlebte, oft aber auch aus verständlichen Gründen, wenn z.B. gerade die Zeitung verklagt wurde…

In den gut 2,5 Jahren, die ich in der Agentur arbeitete, machten wir irgendwann auch mal Umfragen für ein großes Unternehmen, eine wirklich nette und entspannende Aufgabe, wenn man erstmal in der zuständigen Abteilung angelangt und an den Sekretärinnen vorbei war…*g*

Die Kundenkontakte waren überwiegend nett, gerade bei den „Gewinner“, aber ab und an musste man sich auch mal übelste Beschimpfungen anhören. Mit der Zeit habe ich aber gelernt, das einfach an mir vorbeigleiten zu lassen, da die Leute ja nicht mich persönlich sondern eher das Unternehmen an sich beschimpft haben….
Profitiert habe ich aber gerade von der Anfangszeit. Als ich in Berlin ankam war ich ein kleines schüchternes Mädchen aus Hamburg, das immer nett zu allen war und sich nicht wirklich und schon gar nicht am Telefon durchsetzen konnte. Dank der gesammelten Erfahrungen und auch der Schulungen bekam ich deutlich mehr Selbstbewusstsein und vor allem eine telefonische “Durchsetzungskraft“ mit der ich nun gerne Ämter ärgere, die mich ärgern…schön, wenn man merkt, wie man den Amtsdamen meilenweit überlegen ist, wo man doch sonst schon immer hübsch nett sein muss, damit die einen überhaupt bearbeiten…*hehehe*

Trotzdem hörte ich hiermit nach 2,5 Jahren auf, ich hatte einfach keine Lust mehr, eine Zeitung zu verkaufen, die mir selber partout nicht gefallen wollte…außerdem wurde auch die Stimmung im Team leider immer schlechter, was dann im Endeffekt den ausschlaggebenden Grund zur Kündigung mit sich brachte…

2. AKT
Auf der Suche nach einem neuen Job stellte ich mich unter anderem auch bei der Deutschen Bank 24 vor.
Hier sollte man aber auf Provisionsbasis in schicken Büros in Berlins Mitte arbeiten. Die Angestellten wurden nach dem Schneeballprinzip eingestellt, sprich jeder bereits vorhandene Mitarbeiter stellte neue Mitarbeiter ein, lernte sie an und verdiente ebenfalls Provision an dessen Abschlüssen, wodurch ziemlich viel Druck auf jedem lastet und eine totale Überwachung entsteht.
Bevor man am Telefon arbeiten durfte, hätte man erst 10 Abschlüsse auf der Strasse machen müssen und dann noch 20 weitere am Telefon zu e9inem lächerlichen Festgehalt, bis man endlich über Provision das große Geld hätte machen können….allerdings vermute ich, dass die meisten bis dahin aufgeben…da ich schon über telefonische Erfahrungen verfügte, hätte ich direkt am Telefon anfangen dürfen.
Ich finde aber dieses Arbeitsprinzip so was von verbrecherisch und ausbeutend, dass ich nie wieder auch nur einen Fuß in diese Büros gesetzt habe….

Vor solchen Jobs kann ich jeden nur warnen, der einzige, der damit Geld verdient, ist der Arbeitgeber!!!!!

3. AKT
Etwa 1,5 Jahre und diverse andere Nebenjobs später hatte ich wieder Lust, zu telefonieren und fand einen Job über ein Stadtmagazin. Nach dem Vorstellungsgespräch war mir schnell klar, cool, das will ich machen.

Hier ging es überwiegend nicht ums Verkaufen, sondern mehr darum, Leuten Eintrittskarten für Talkshows zu schenken und alles ebenfalls bei Festgehalt. Ab und an mussten auch mal Karten verkauft werden, aber der Pool der zur Verfügung stehenden Adressen war in der Regel so gut vorrecherchiert, dass es meistens kein Problem darstellte. Ich alter „Verkaufshase“ war sogar oft glücklich, wenn es mal um teure Karten ging, da ich dann mal wieder so richtig zum Zuge kam!

Auch hier gab es ein klasse Team, jung und überwiegend aus Studenten mit ebenfalls recht jungen und dynamischen wenn auch manchmal leicht planlosen Chefs. Aber die Stimmung war immer gut, was sich natürlich auch positiv auf den Job an sich auswirkte.

Hier telefonierte man nicht nur raus (Outbound) sondern wurde ab und an auch angerufen (Inbound), was natürlich eindeutig die einfachere Jobvariante darstellt!!!

Nach 1,5 Jahren erhielt ich allerdings die Möglichkeit, in einer Unternehmensberatung mehr zu arbeiten, weshalb ich erstmal dieses Call Center verließ.

4. AKT
Nun ist es wieder gut 2,5 Jahre später. Zwar habe ich Glück, das meine Doktorarbeit und ich durch ein Stipendium finanziert werden, doch das Leben ist teuer, besonders in Berlin. Nachdem ich nun ein halbes Jahr nur von dem Stipendiumsgeld gelebt habe, möchte ich irgendwie noch ein bisschen mehr haben, alleine schon, um etwas sparen zu können. Also habe ich mich bei meinem Stipendiumsgeber erkundigt, wie viel ich Arbeiten darf und erhielt ein Okay laut der zuständigen Verordnung über 10 Stunden die Woche.

Durch Zufall erfuhr ich, dass das Call Center mit den Fernsehtickets aus dem 3. Akt wieder Leute sucht und ließ durch einen befreundeten Kollegen mal vorsichtig anhorchen, ob ich dort wieder arbeiten könnte. Prompt rief mich der Exchef an und wurde nun wieder zu meinem Chef.
Nun bringe ich wieder 2x wöchentlich Fernsehtickets unters Volk und bin glücklich! ;))

FACTS
Als Call Center Agent kann man in der Regel entweder im Inbound (also so, dass man angerufen wird) oder im Outbound (man muss selber die Leute anrufen) eingesetzt werden. Auf den ersten Blick erscheint einem Inbound immer netter, aber man sollte nicht vergessen, in welchen Zustand die meisten Kunden eine Servicehotline anrufen, meist, wenn sie nicht amused sondern stinksauer sind…. Für mich haben beide Arten ihre Vor- und Nachteile, aber ich kann zum Glück auch outboundmäßig glücklich werden.

In der Regel geht es entweder um Umfragen, den Verkauf bestimmter Dinge, die Terminierung für andere Mitarbeiter oder Service, in welcher Form auch 9immer. (sage nur 0190…ruf mich an! ;))

Leute, die allgemein über gute kommunikative Fähigkeiten verfügen, fühlen sich in diesem Job meist schnell zu hause. Aber bei guten Schulungen können auch eher zurückhaltenden Redner in durchaus gute Telefonierer verwandelt werden, wie ich es an mir selber feststellen durfte.

Klar, gerade in diesem Job schlägt sich schlechte Laune auf die Verkaufs/Buchungszahlen nieder, aber mit der Zeit lernt man, die eigenen Emotionen nicht mehr mit dem Job in Verbindung zu bringen, allerdings ist man nach 5 Stunden Gequatsche nicht mehr allzu redelustig, wenn man sich mit freunden trifft, aber das sollte auch jeder verstehen, oder?

Allerdings sollte man gerade am Anfang immer darauf achten nicht auf Provisionsbasis sondern für Festgehalt zu arbeiten. Wenn das hoch genug ist, kann bei sehr guter Arbeit gerne auch noch Provision als Zusatz dazukommen, aber nicht nur Provision, das kann auch übel nasch hinten losgehen, gerade wenn man auch auf das verdiente Geld angewiesen ist!!!

Bei mir selber und auch bei anderen Call Center Agents habe ich nach gewisser Zeit so was wie ein Burn-Out-Syndrom festgestellt, mit einer der Gründe warum ich zwischen den Telefonjobs auch immer etwas anderes gemacht habe. Einer der Gründe warum ich diesen job eigentlich auch nur als Nebenjob mit gutem Gewissen weiterempfehlen kann!!!

Daher gibt es von mir 4 Sterne, einen ziehe ich ab, einfach, weil ich denke, dass man den Job nicht immer machen kann und, weil man teilweise den anderen Leuten mal ziemlich auf den nerv geht!!!!

Saphena, die immer mit roten Ohren von der Arbeit kommt ;))

p.S. Bericht gibt es unter gleichem Nick auch bei Ciao!

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