Der Fremde (Taschenbuch) / Albert Camus Testbericht

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Erfahrungsbericht von Christin78

Der sympathische Fremde...

Pro:

Die Sprache, der Inhalt, Anregung zum Nachdenken und vieles mehr

Kontra:

nichts

Empfehlung:

Ja

Hallo Ihr Lieben,



Worum geht es?

Ungefähr vor einem Jahr habe ich bereits einen Bericht über „Die Pest“ von Albert Camus geschrieben. Und heute nun möchte ich ein weiteres Werk dieses Autors vorstellen: „Der Fremde“



Warum gekauft, bzw. gelesen?

Wie ich auf dieses Buch gekommen bin ist doch sehr schnell erzählt. Ich war sehr angetan von "Der Pest“ und bestellte mir weitere Bücher von Camus um mich intensiver mit diesem Autor zu beschäftigen. Und zuletzt las ich „Der Fremde“ und über dieses Buch möchte ich Euch heute ein wenig erzählen.



Der Autor

Wie eben schon erwähnt, schrieb ich bereits einen Bericht über ein Werk von Albert Camus, in dem ich ein paar Details aus seinem Leben erwähnte. Da diese Angaben sich in einem Jahr nicht geändert haben, hoffe ich sehr, daß es niemanden von Euch stört, wenn ich diese Angaben aus dem Bericht über „Die Pest“ hier hinein kopiere.

Albert Camus wurde am 07.11.1913 in Mondovi/ Algerien geboren. Nachdem sein Vater 1914 im ersten Weltkrieg als Soldat starb, zog die Mutter mit ihren beiden Kindern nach Algier. Dort erwarb Albert Camus 1930 sein Abitur. 1932 begann Camus ebenfalls in Algier ein Studium der Philosophie. In dieser Zeit bekam A.C. schon häufig Tuberkuloseanfälle. Aus gesundheitlichen Gründen wird er 1936 vom Staatsexamen ausgeschlossen. In der Zeit von 1932 bis 1936 arbeitet er als Angestellter, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen und heiratet 1933 das erste Mal, 1934 wurde die Ehe wieder geschieden. 1934 trat er der kommunistischen Partei bei, aus der er 1935 wieder ausstieg.

In den Jahren zwischen 1936 und 1939 widmet er seine Zeit den Arbeit seinen gegründeten Theatern. 1939 meldet er sich als Freiwilliger für den Kriegsdienst im zweiten Weltkrieg, wird jedoch aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt. 1940 heiratet er das zweite Mal, wird aus Algerien ausgewiesen und geht als Reporter nach Paris um im September des selben Jahren wieder nach Algerien zurück zukehren, wo er sich in Oran aufhält. Oran dient auch als Kulisse für den Roman „Die Pest“.

1942 geht er zurück nach Frankreich und tritt einer Widerstandsgruppe bei. In den Jahren darauf arbeitet er für verschiedene Zeitungen. In dieser Zeit werden auch viele seiner Werke veröffentlicht so z.B. „Die Gerechten“, oder „Der Mensch in der Revolte“. „Die Pest“ erschien 1947. Im Dezember 1957 bekam er den Literatur Nobelpreis für seine "bedeutende literarische Schöpfung, die mit klarsichtigem Ernst die Probleme des menschlichen Gewissens in unserer Zeit beleuchtet".

Am 04.01.1960 stirbt Albert Camus bei einem Autounfall in Frankreich.
Ich habe keine lückenlose Darstellung seiner Biografie wieder gegeben, sondern lediglich einige Epochen seines Lebens dargelegt.



Die Handlung

Erzählt wird die Geschichte eines Mannes namens Meursault. Ein junger Mann der als Büroangestellter arbeitet und in Algerien lebt. Ein Mann der seine Mutter in ein Altersheim gab, der am Grabe seiner Mutter nicht weinte und einen Tag nach ihrer Beerdigung eine Liebschaft anfing. Ein Mann der von sich sagt er sei glücklich und habe alles was für ihn wichtig ist. Ein Mann der nur dann etwas sagt, wenn er es für wichtig hält. Ein Mann der in einer Wohnung alleine lebt, einen Nachbarn mit einem Hund hat. Der Hund hat eine Hautkrankheit und wird von seinem Besitzer geschlagen, ein weiterer Nachbar scheint ein Zuhälter zu sein. Doch was geht das alles Meursault an? Seiner Meinung nach nichts. Er lebt in Frieden, läßt andere in Ruhe und wünscht es eben so. Und irgendwie entwickelt sich zwischen diesem angeblichen Zuhälter und Meursault so etwas wie eine Bekanntschaft, Meursalt hilft diesem Nachbarn, Raymond, in einer etwas schwierigen Angelegenheit, daraufhin schwört Raymond ewige Kumpelschaft.

Scheint eigentlich ein recht normales Leben zu sein und dem ein oder anderen wird diese Handlung langweilig erscheinen, das ist sie jedoch nicht, warum sie das nicht ist erzähle ich Euch etwas später.


Und plötzlich aus heiterem Himmel, erschießt dieser Meursault einen Menschen. Ohne Vorankündigung, ohne ersichtlichen Grund. Meursault wird natürlich verhaftet und des Mordes angeklagt. Er selber sagt, die Sonne hätte ihn dazu getrieben diesen Menschen umzubringen.

Und ab dieser Stelle beginnt für mich auch erst die eigentlich Geschichte, das Tiefgründige dieses Buches. Was vorher passierte, diente meiner Meinung nach dazu Meursault ein Gesicht zu geben.

Mehr möchte ich Euch über die Handlung nicht erzählen. Obwohl, selbst wenn ich das Ende vorweg nehmen würde, würde es nichts an der Spannung bzw. Tiefe dieses Buches nehmen. Man sollte dieses Buch aus anderen Beweggründen lesen, als auf ein spannendes Werk zu hoffen.



Meine Meinung

Als ich anfing das Buch zu lesen, hatte ich eigentlich keinerlei Erwartungen. Ich wußte das es sicherlich nicht einfach werden würde und das man bei diesem Buch zwischen den Zeilen lesen müßte. Ich erinnerte mich daran wie ich mich bei dem Buch „Die Pest“ manchmal quälte, aber auch daran, wie sehr ich durch das Lesen dieses Buches belohnt wurde.

Und belohnt wurde ich auch mit diesem Buch. Es ist nun wesentlich dünner als „Die Pest“ es hat gerade mal 142 Seiten, die man eigentlich recht schnell durch gelesen hat. Normalerweise ist das auch so, aber nicht bei Büchern die Camus geschrieben hat. Denn immer wieder legte ich das Buch beiseite, machte mir Notizen oder dachte über das Gelesene nach.

Eigentlich ist die Handlung recht einfach nachvollziehbar und das ist auch das gefährliche an diesem Buch. Das einige es sicherlich einfach so lesen werden, ohne sich Gedanken zu machen und kommen letztendlich zu dem Entschluß, daß das Buch langweilig sei und sie gar nicht wüßten was daran nun so großartig philosophisch wäre.

Die Geschichte wurde in der Ich-Form geschrieben und man könnte annehmen das es sich um eine Art Tagebuch handeln könnte, allerdings sind keine Zeit- bzw. Datumsangaben gemacht worden. Ich selber mag lieber Bücher lesen, die in der dritten Person geschrieben wurden, was ich diesem Buch aber sicherlich negativ auslegen werde. Fremdwörter wurden kaum verwendet, so daß sich von dieser Seite aus keine Schwierigkeiten ergeben sollten.

Ich habe die Geschichte als sehr ungerecht empfunden. Ich sympathisierte mit Meursault, kann zwar den Mord nicht wirklich nachvollziehen, aber das hinderte mich nicht daran diesen Menschen sympathisch zu finden.

Wie ja schon erwähnt wurde er angeklagt und es gab ja auch gar keinen Zweifel das er diesen Mord begann, das Schlimmste Urteil das ihm passieren könnte, wäre die Todesstrafe.

Meursault ein Mann der den Gesetzmäßigkeiten der Gesellschaft, der Masse nicht entspricht. Wie kann ein Mensch es auch nur wagen, am Grab seiner Mutter nicht zu weinen? Kein Mensch dachte darüber nach, daß man wesentlich mehr leiden kann, auch wenn man nicht weint. Aber die Norm ist es nun einmal zu weinen, alles andere ist doch unmenschlich. So wird es ihm zur Last gelegt. Genauso, wie kann man auch nur einen Tag, nach der Beerdigung der Mutter eine Liebschaft mit einer Frau anfangen und dabei auch noch ins Kino gehen um sich einen lustigen Film anzusehen? Auch dieses ist in den Augen der Gesellschaft nicht nachvollziehbar und unmenschlich. Ich selber sehe daran nichts Schlimmes und kann es sogar nachvollziehen. Und es soll auch Menschen geben, die sogar froh sind, wenn die Mutter stirbt, aus welchen Gründen auch immer. Ich finde es einfach dumm, wenn man sich aus diesen Gründen ein negatives Urteil über einen Menschen erlaubt, nur weil dieser vielleicht anders handelt und denkt, als sie selber.
Leider ist das in der heutigen Zeit genauso, so wird es auch immer bleiben. Viele Menschen können es z.B. nicht nachvollziehen, das man sehr gut leben kann ohne Auto, ohne ständig in den Urlaub zu fahren, ohne jede Woche in irgendwelche Discos zu laufen, ohne jeden Monat Unmengen an Geld für irgendwelche Klamotten auszugeben. Und irgendwann gibt man es auch auf, irgend jemanden etwas zu erklären. Man zieht sich zurück und ist glücklich, alleine zu sein ohne irgendwelche Menschen um sich herum. Für viele nicht nachvollziehbar, streben doch die meisten Menschen einen riesen großen Bekanntenkreis an, damit sie nie alleine sind. Andere Menschen könnten ja sonst über sie denken, das sie nicht Gesellschaftsfähig wären, und ein Einzelgängerdasein führten.
Ist man „anders“ als die Mehrheit sucht man sich entweder seines Gleichen, oder aber zieht sich komplett zurück.
Nun, das wurde Meursault zum Verhängnis. Einen Menschen umbringen ist schlimm, aber Unmenschlich ist es am Grab seiner Mutter nicht zu weinen. So sieht es der Richter, die Zuschauer im Gericht, der Staatsanwalt und auch die Geschworenen und viele andere Namenlose.

Genauso gilt ein Mensch der sehr wenig redet, als zurückhaltend, schüchtern und einbrödlerisch, ja einfach als seltsam. So wurde auch Meursault angesehen, dabei ging er einfach der Ansicht nach, lieber nichts sagen, als irgend etwas unnötiges und uninteressantes. Ich selber handhabe das genauso. Ich kann small talk nicht leiden und fühle mich dadurch belästigt und genauso wenig möchte ich andere mit meinem Gesappel nerven, denn wen interessiert es denn wirklich wie es irgend jemanden geht, was Waldi macht, was man letzten Sonntag gegessen, oder wer die Treppe mal wieder nicht gemacht hat? Ich selber z.B. stelle die Frage „Wie geht´s?“ sehr selten und wenn dann auch nur wenn es mich wirklich interessiert. Und manchmal fragen einen am Tag so viele Menschen wie es einem denn nun ginge, ohne wirklich Interesse zu haben. Merkt man ja wenn man mal ehrlich antwortet, wie schnell sie sich von einem abwenden. Aber das einem Menschen negativ auslegen? Das finde ich nicht korrekt.

Widmet man seine Zeit nun dem Roman „Der Fremde“ wird es einem sehr schnell klar, warum dieses Buch so heißt. Ein Mann der auf andere fremd wirkt, da sie eben seine Leben, sein Handeln, seine Taten nicht nachvollziehen könne, sie nicht verstehen und sich auch keine Mühe dabei geben. Ein Mann der den Normen der Gesellschaft entspringt und somit ein Fremder für sie ist.

Nun hat vielleicht der ein oder andere, der dieses Buch ebenfalls gelesen hat, eine andere Meinung als ich sie hier versuche darzustellen. Ist natürlich normal und bei ich denke bei solchen Büchern kann man nicht sagen, deine Meinung ist richtig und meine Meinung ist falsch, oder umgekehrt.

Wie auch schon in dem Roman „Die Pest“, spielt auch in „Der Fremde“ wieder die Gottgläubigkeit, die Existenz und nicht Existenz Gottes eine Rolle. Und auch in „Der Fremde“ kommt es zu einem Gespräch zwischen einem Priester und in diesem Fall Meurcault, wie auch schon in „Die Pest“ sich Pater Paneloux und Dr. Rieux über dieses Thema unterhielten und zum Teil entstanden daraus richtige Streitgespräche.
Ich denke, daß dieses Thema in Camus Leben eine nicht unerhebliche Rolle spielte und das es auch in weiteren Werken von ihm seinen Platz finden wird.

Ich zähle dieses Buch zu den kleinen Kostbarkeiten die es in der Literatur gibt. Ein Buch das bereichert, welches das Denken anregt und welches die Abgründe der Menschen durchleuchtet.
Mir hat das Lesen Freude bereitet, ich habe wieder neue Erkenntnisse gewonnen und werde sicherlich auch all die anderen Werke von Camus lesen.
Dieses Buch gehört zu den Büchern, die man ruhig mehrere Male lesen kann, ohne das Langeweile aufkommt. Und vielleicht wird man die ein oder andere Stelle bei mehrmaligen Lesen anders verstehen und sich über die Meinung wundern, die man beim letzten Lesen des Buches hatte.
Also schaltet lieber den Fernseher einmal mehr aus und lest, vielleicht sogar dieses Buch von Camus. Ich kann es nur empfehlen und werde natürlich auch wieder die komplette Sternchenzahl vergeben.



Technische Daten

Ich habe vor mir eine Ausgabe des rororo Verlages liegen, welche die ISBN 3-499-22189-6 hat und mich 6,50 Euro gekostet hat. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, daß man bei eBay etwas weniger bezahlt, wenn man dann Glück hat.
Das Buch hat 142 Seiten und es ist sicherlich auch noch in anderen Verlagen erschienen.



Mein Fazit

Eine Bereicherung die ich nicht missen möchte, ein Buch, welches das Denken ankurbelt, aber dennoch zu verstehen ist. Auf Grund dessen, daß es nur 142 Seiten hat, ist es durchlesbar, vielleicht gerade für diejenigen die umfangreichere Bücher scheuen.
Ich vergebe die volle Sternchenzahl und spreche eine Empfehlung aus.



Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen, von „Der Fremde“, wenn Ihr es denn vorhabt und bedanke mich für das Lesen, Bewerten und Kommentieren meines Berichtes.


Liebe Grüße Christin

22 Bewertungen, 1 Kommentar

  • plötzlichpapa

    27.07.2005, 13:46 Uhr von plötzlichpapa
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr guter Tip. Noch ein Buch mehr auf meiner Wunschliste.