Endlich Nichtraucher! (Taschenbuch) / Allen Carr Testbericht

So nach und nach ist mein Bedürfnis gewachsen, über dieses kleine Büchlein zu berichten. Es sieht nicht hübsch aus, macht sich nicht besonders gut im Regal und ein literarischer Hochgenuss ist es auch nicht. Aber es hat doch tatsächlich einen neuen Menschen aus mir gemacht. Lasst mich erzählen, wie es dazu kam, und wie ein Buch so etwas bewerkstelligen kann...


***Aber Achtung: Wer im Folgenden eine "typische" Buchbesprechung von mir erwartet, wird enttäuscht werden. Die meiner Meinung nach einzige Möglichkeit, diesem Buch gerecht zu werden und vor allem etwas Sinnvolles darüber zu schreiben, ist ein echter Erfahrungsbericht. Deshalb möchte ich erzählen, wie es mir mit Allen Carr ergangen ist....***


Meine erste Begegnung mit "Endlich Nichtaucher" liegt schon viele Jahre zurück. Damals war ich noch begeisterte Raucherin von etwa einer Schachtel täglich, was sich auch vorerst nicht ändern sollte. Ich war mit meiner besten Freundin in unserer damaligen "Stamm-Disco" (was ein blödes Wort) und plötzlich stand eine Bekannte vor mir, die ich seit Wochen nicht gesehen hatte, weil es sie beruflich in eine andere Stadt verschlagen hatte. Sie hatte immer beinahe Kette geraucht und in unserem Gespräch bot ich ihr auch eine Zigarette an. Sie aber strahlte mich an und meinte: "Danke, aber ich rauche nicht mehr:" Wie, was, was ist passiert??? Du hast doch so viel geraucht? Wie kam das? Ich war im ersten Moment richtig perplex... Sie erzählte mir dann, sie habe zum Geburtstag eben jenes Buch "Endlich Nichtraucher" von Allen Carr geschenkt bekommen. Damals habe sie noch gedacht "Was für ein Mist, und eigentlich will ich ja gar nicht aufhören", habe es dann aber aus purem Interesse doch mal gelesen. Und danach habe sie einfach keine Lust mehr gehabt, zu rauchen.
Erstaunlich. Ich muss sie angeglotzt haben wie ein Mondkalb. Woran das nun aber lag, dass ihr so plötzlich jede Lust auf die Zigarette vergangen war, das konnte sie mir auch nicht sagen. Aber von diesem Moment an hatte ich das irgendwie in meinem Hinterkopf abgespeichert und mir war klar: Sollte ich auch mal einen Versuch starten, aufhören zu wollen, dann mit diesem Buch.

Dummerweise habe ich es nicht gleich versucht, und es vergingen noch mehrere Jahre, die ich mit meiner Sucht verbrachte. Wie alle Raucher redete ich mir natürlich in regelmäßigen Abständen ein, dass ich gerne rauche und dass ich rauche, weil ich es genieße und all diese typischen Ausflüchte...
In der Zwischenzeit hatte ich meine Ausbildung absolviert, war nach Berlin gezogen und hatte mein Studium begonnen. Und rauchte weiter. Zwischendurch war das Geld ganz schön knapp, aber ich rauchte weiter.
Bis die nächste Tabaksteuererhöhung bekannt gegeben wurde. 4€ für eine Schachtel. Da habe ich wirklich den Schlußstrich gezogen und mir gesagt, das kann und will ich mir nicht mehr leisten. Ich habe mir das Buch von einem Kommilitonen ausgeliehen, der auch mit diesem Buch aufgehört, aber wieder angefangen hatte. Ich erinnerte mich aber an besagte Freundin, die von der Kettenraucherin scheinbar ohne eigenes Zutun und Anstrengung zur strahlenden und auch stolzen Nichtraucherin wurde.
Ein paar Tage lag es dann auch schon bei mir rum, es war Ende August, also noch genug Zeit bis Jahresende und bis zur Preiserhöhung. Und da lag es erstmal ein paar Tage, denn irgendwie hatte ich doch noch nicht so recht den Mut, es zu beginnen...
Bis ich dann eines frühen Morgens, von einem Barbesuch nach Hause kommend, kaputt im Bett lag und nicht gleich einschlafen konnte. Ich hatte den ganzen Abend irre viel geraucht, hatte einen blöden Geschmack im Hals und --- ich hörte meine Lunge leise rasseln... Ich klang als hätte ich Bronchitis. Da hat dann doch irgendetwas Klick gemacht in meinem Kopf und ich griff sofort am nächsten Tag hochmotoviert zum Buch.

Ich kann nicht sagen, was ich erwartet habe. Ich habe die Sache eigentlich völlig unbedarft in Angriff genommen und wollte mich überraschen lassen, wie Herr Carr es denn wohl schaffen möchte, mich Nikotin-Junkie mal eben vom Rauchen abzubringen. Ich fürchtete, nichts als Bilder von Raucherbeinen und verkrebsten Lungen zu Gesicht zu bekommen, so wie wir in der Schule immer mit dem erhobenen Zeigefinger vor dem Rauchen gewarnt wurden, was aber natürlich überhaupt keine Wirkung zeigt, denn wir sind ja jung und gesund und merken nichts davon, was dieses Laster im Körper anrichtet.
Doch weit gefehlt! Kein erhobener Zeigefinger. Keine Raucherbeinbilder. Allen Carr räumt einfach mehr oder weniger systematisch mit sämtlichen Vorurteilen, Selbstbetrügen und Gehirnwäschen auf, die einem Raucher im Verlauf seiner Karriere begegnen und zu schaffen machen. Er klärt auf leicht verständliche Weise auf, wie die Mechanismen funktionieren, die einen überhaupt dazu brinegn, zu rauchen, und vor allem: Nach der ersten Zigarette, die mit Sicherheit NIEMANDEM geschmeckt hat, weiterzurauchen. Er beschreibt, was im Körper und im Denken passiert, wenn der Nikotinschub kommt, und was passiert und passieren wird, wenn er ausbleibt. Er enttarnt tückische Fallen wie "Ich möchte nicht aufhören, ich möchte nur weniger rauchen", die von vornherein zum Scheitern verurteilt sind. Er spricht auch Themen wie Gewichstzunahme an, und nimmt die Angst davor. Und allem voran: Er preist das künftige Nichtraucherdasein als etwas, worauf man sich freuen sollte anstatt sich davor zu fürchten, nicht mehr rauchen zu "dürfen"... Dabei las ich aus all den Zeilen ein tiefes Verständnis für die Schwierigkeit dieses Unterfangens, Nichtraucher zu werden und vor allem zu bleiben. Schließlich hat Allen Carr ja jahrelang 100 Zigaretten pro Tag geraucht und diverse Entwöhnungsmethoden versucht, die alle gescheitert sind, wie er uns mehrfach berichtet.

Eine Warnung: Dieses Buch ist eine Gehirnwäsche! Aber - und darauf kommt es an - es ist eine positiver Art, die die negative Gehirnwäsche, die einen Menschen zum Raucher macht, rückgängig zu machen vermag. Und wer sich darauf einlässt wird (hoffentlich) feststellen, dass es ganz einfach sein kann, für immer mit dem Rauchen Schluß zu machen, ohne auf irgendetwas zu verzichten. Deswegen musste ich auch herzhaft lachen, als mir eine Freundin von einem Bekannten berichtete, der Carrs Buch auch begonnen hatte, dann aber meinte: "Das ist ja voll die Gehrinwäsche und als ich das gemerkt habe, habe ich es ganz schnell wieder weggelegt." Er raucht vermutlich heute noch... Denn: genau darum geht es! Die verknöcherten Einstellungen aufzuweichen, die so fest in einem Rauchergehirn verankert sind und ihm klarzumachen, dass Nichtraucher werden kein Verlust sondern ein Gewinn in vielfacher Hinsicht ist!

Eine Sache betont Carr immer wieder: Man soll nicht mit Rauchen aufhören, ehe man nicht das Buch zuende gelesen hat. Im Gegenteil, es kann sogar helfen, sich "vor dem Ende" eine nach der anderen anzustecken, bis es einem schlecht wird. Das muss jeder für sich selbst rausfinden.
Resultat dieser Bestimmung ist dann zwar, dass viele Raucher das Buch einfach nicht zuende lesen, denn dann müssen sie ja nicht aufhören, aber ich denke, bei denen ist die einfache aber wirkungsvolle Botschaft auch nicht angekommen.
Bei mir jedenfalls ist etwa nach zwei Dritteln des Buches eine radikale Veränderung eingetreten. Ich dachte nicht mehr: "Oh Gott, bald ist das Buch zuende, dann darf ich nicht mehr rauchen!" (Immerhin ist es auch nur ca. 180 Seiten dick, und machen wir uns nichts vor: Es ist alles andere als ein literarisches Meisterwerk. Der Stil ist einfach und unverschnörkelt und Carr wiederholt sich vielfach, wobei ich nicht rausgefunden habe, ob das Teil der Strategie oder mangelnder Stil ist, aber was solls: Es geht hier schließlich nicht um Lesegenuss und für dieses Buch muss und will niemand den Nobelpreis für Literatur bekommen. Es wirkt, und das ist das einzige, das zählt)
Nein, schon Tage vor meiner letzten Zigarette fühlte ich mich irgendwie anders. Beschwingter. Ich habe mich tatsächlich darauf gefreut, endlich Nichtraucherin zu sein! Irgendwann bin ich richtig hibbelig geworden, wollte nur noch dieses Buch ganz schnell zu ende lesen, um mich endlich von dieser lästigen Angewohnheit zu befreien...
So habe ich es auch schneller fertig gehabt, als geplant. Ich hatte am nächsten Tag frei und habe bis nachts um halb eins gelesen, und sogar nebenbei noch ein paar Zigaretten gequalmt. Dann war er plötzlich da, der Moment, den ich immer freudiger erwartet hatte: Das Buch war zuende. Ich würde jetzt meine allerletzte Zigarette rauchen. Irgendwie fiel mir "Easy" von Faith No More ein, und ich habe spontan beschlossen, dass es ein wirklich gutes Lied ist, um diesen feierlichen Akt zu begehen. Ich musste eine Weile kramen, um die CD zu finden, aber dann... Ich hab am Fenster gestanden, auf die nächtliche Strasse runtergeschaut und meine letzte Zigarette geraucht. Richtig kitschig. Aber es war verdammt gut.

Der nächste Tag:
Jetzt war es also soweit. Ich war endlich Nichtraucherin! Das habe ich natürlich gleich überall verkündet. Schließlich war ich von Rauchern umgeben, und ich wollte mich nicht durch "wohlgemeinte" Zigarettenangebote gefährden. Mein damaliger Mitbewohner hat geraucht, meine Nachbarin, mit der ich viel Zeit verbracht habe, hat sehr viel geraucht, alle haben geraucht. Und mittendrin thronte ich. Zuerst habe ich alles entfernt, was mit mir als Raucherin zusammenhing. Der Aschenbecher flog raus, ich habe staubgesaugt, geputzt, mein Bett neu bezogen. Meine noch übrigen Zigaretten habe ich verschenkt. Saubermachen im wahrsten Sinne des Wortes :)
Nach und nach habe ich dann die gefürchteten Entzugserscheinungen festgestellt. Vor allem der Wunsch, eine zu rauchen, wurde ab und an recht stark. Da das mein erster Versuch war, wusste ich nicht aus Erfahrung, was mich genau erwartet, aber ich habe mich durch das Buch genügend vorbereitet gefühlt, dem zu begegnen und vor allem standhaft zu bleiben. Denn ein ganz wichtiger Inhalt des Buches ist eben auch, wie man mit dem Rauchstop umgeht. Carr erklärt, was mit einem passiert, erklärt die typischen Denkmuster eines Gehirns, dem sein geliebtes Nikotin weggenommen wird - und natürlich, wie man damit umgeht.
Ich will jetzt nicht behaupten, dass es ein Spaziergang war, das wäre gelogen, aber es fiel doch erstaunlich leicht. Die ersten Tage war ich zwar schon etwas überdreht und hatte ständig das Gefühl, irgendetwas mit meinen Händen anfangen zu müssen, wobei mir auch deutlich wurde, wie oft man eigentlich aus purer Langeweile raucht. Kurz bevor ich mir dann einen Klumpen Ton besorgen wollte, um das Töpfern anzufangen (Stricken, Häkeln und dergleichen ist einfach nicht mein Ding), wurde es deutlich besser. Wie angekündigt waren die ersten 5 Tage am Schlimmsten, danach ist der Körper erstmal entgiftet. Die kommenden Wochen waren weit weniger schlimm, nein, schlimm waren sie eigentlich gar nicht. Anders. In den typischen Situationen, in denen ich früher IMMER geraucht hatte, wie nach einem guten Essen oder bei einm Glas Wein mit Freunden, hat es mir schon ab und an gefehlt. Aber die Vorteile durch mein neues rauchfreies Dasein haben diese kleinen wehmütigen Momente eindeutig überlagert. Und man merkt sehr schnell eine Verbesserung! Meine Kondition ist besser geworden, meine Stimme kräftiger, der Husten sehr schnell weniger. Und ich rieche besser! Ja! Nicht nur mein GeruchsSINN ist deutlich feiner geworden, ich selbst, meine Kleidung, meine Wohung, alles riecht besser! Warum ist mir denn früher nie aufgefallen, wie Raucher stinken??? Weil ich selbst gestunken habe....

Ich fürchte, einen "Nachteil" hat mein neues Leben: Ich bin eine ganz schön militante Nichtraucherin geworden, eine von der Sorte, wie ich sie als Raucherin so gehasst habe. Aber in meinen Augen ist das eine logische Entwicklung. Denn ich kenne beide Seiten, ich kann Dinge nachvollziehen, die einem "schon-immer-Nichtraucher" völlig rätselhaft bleiben. Das paradoxe Denken, das ein Raucher hat, die merkwürdige Einstellung zur eigenen Sucht. Aber ich glaube auch, Raucher mögen keine Ex-Raucher, weil sie an ihnen deutlich vor Augen haben, dass man es schaffen kann. Doch genug des erhobenen Zeigefingers :)

Im September habe ich mein 3jähriges Nichtraucherjubiläum, und ich muss sagen, ich habe mich nie ernsthaft in Gefahr gefühlt, rückfällig zu werden. Mir ist einfach klar geworden, und das verdanke ich diesem lieben kleinen Buch, dass nicht-mehr-rauchen keinen Verlust bedeutet. Es ist kein Opfer, das man erbringt, sondern ein Gewinn, in vielfacher Hinsicht. Und mein Umfeld bestärkt mich noch heute darin. Wie hab ich gestrahlt, als bei einem Dauertelefonat mit meiner Mutter, wenige Wochen nach meiner letzten Zigarette, diese plötzlich zu mir sagte: "Hey, du hustest ja kaum noch, und du klingst viel besser!" Oder das Lob einer Freundin (die immernoch raucht), sie hätte noch nie jemanden gekannt, der so souverän aufgehört habe, wie ich. Wow. Sowas hört man doch gern :)

Ich kann nur jedem Willigen empfehlen: Lest dieses Buch! Mir hat es zu so viel mehr Lebensqualität verholfen, auch wenn das jetzt vielleicht abgedroschen klingt. Außerdem denke ich, dass es jeder anderen Methode, seinen es Nikotinpflaster, -Kaugummi, Akupunktur oder die "Methode Willenskraft", etwas ganz entscheidendes vorraus hat: Allen Carr macht ein für allemal klar, dass der Verzicht auf die Zigarette kein Verlust ist, dass man kein Opfer bringt, man der Sucht nicht hilflos ausgeliefert ist und sie jederzeit wieder zuschlagen kann. Nein, wenn Carrs "Botschaft" wirklich angekommen ist, wird man gar nicht mehr rauchen WOLLEN. Nie mehr. Und das finde ich entscheidend.
Und hey, was habt ihr zu verlieren? Das Buch ist billiger als Nikotinpflaster und tut nicht weh. Und wenn es wirklich gar nicht hilft, kann man es weiterverschenken und so vielleicht eine andere Seele retten :) Aber ich bin sicher, wer sich offen auf Carr einlässt, der wird es auch schaffen, und zwar ganz souverän. Also Skepsis abschalten und lesen! Es funktioniert!

Ich bin ja auch dran, alle möglichen Leute zu "bekehren" :) Auch wenn ich natürlich nicht böse bin, wenn jemand nicht bekehrt werden möchte... derzeit versuche ich meiner Schwester ein wenig mit Rat zur Seite zu stehen.

Ich wünsche viel Erfolg und hoffe, dass mein Bericht dem ein oder anderen helfen wird. Ich freue mich natürlich über Feedback...