Centro Shopping-Mall Testbericht

CentrO Oberhausen: Europas größtes Einkaufszentrum

Rußschwaden, Kohleberge, Fabrikschlote - das Bild vom Ruhrgebiet ist geprägt von schier unausrottbaren Klischees, die sich hartnäckig am Leben halten und jedem Versuch, die (neuen) Verhältnisse ins rechte, angemessene Licht zu rücken, trotzig die Stirn bieten. Es ist natürlich richtig, dass die Region nahezu einhundert Jahre lang durch Steinkohleförderung und Rohstahlerzeugung gekennzeichnet war, doch ist sie im Zuge eines weitläufigen Strukturwandels längst im Begriff, sich von der Montanindustrie zur Wissens- und High-Tech-Gesellschaft zu entwickeln. Da ich sehr viele Freunde im Ruhrgebiet habe und ich auch häufiger dort unterwegs bin, wird es Zeit, mit gewissen Klischees aufzuräumen.

War bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts noch ein Großteil der Beschäftigten in der Rohstofferzeugung (Land-, Forstwirtschaft, Fischerei, Bergbau) und im verarbeitenden Bereich (Industrie, Handwerk, Baugewerbe) tätig, so gingen 1996 bereits 58 Prozent aller Arbeitnehmer im Dienstleistungssektor ihrem Job nach. Diese Tendenz hat sich in den letzten Jahren noch zusehends verstärkt; dass sich mitten im Ruhrgebiet der größte Freizeit- und Einkaufspark Europas (!) findet, mag daher für manche eine Überraschung sein, ist aber einfach nur deutlicher Ausdruck eines neuen Selbstverständnisses.

Das CentrO ist Bestandteil und zugleich Hauptattraktion des Stadtentwicklungsprojekts "Neue Mitte Oberhausen", das auf dem ehemaligen Thyssen-Gelände Schritt für Schritt realisiert wird und zusätzlich das Gasometer-Ausstellungszentrum, einen Vergnügungspark für Kinder (CentrOPark) und die König-Pilsener-Arena umfasst. Auf 70.000 qm Nettoverkaufsfläche sind im CentrO - zu dem neben dem Einkaufszentrum die Coca-Cola Oase, die Promenade, der Freizeitpark und der Business Park zählen - über 200 Anbieter aus den Bereichen Textilien, Schuhe, Accessoires, Einrichtung, Deko, Kosmetik, Wellness, Sport/Freizeit, Schmuck, Spielwaren, Bücher/Zeitschriften und Elektronik (seit Oktober 2004 ist auch "Saturn" in Oberhausen vor Ort) auf zwei Ebenen angesiedelt.

In nur zwei Jahren Bauzeit ist der Einkaufskomplex verwirklicht worden. Elf Zugänge, sieben Aufzüge, 27 Treppenhäuser und eine Vielzahl von Rolltreppen sorgen für ein durchaus komfortables Shopping - bei einer Besuchszahl von 23 Millionen jährlich beileibe keine Selbstverständlichkeit. Allein am ersten Adventssamstag 2004 kamen annähernd 103.000 Menschen in das Einkaufs- und Freizeitzentrum. Die Verkehrsanbindung kann sich sehen lassen: Es bestehen direkte Anschlüsse zu zwölf Autobahnen innerhalb eines Radius von 2,5 Kilometern, und immerhin 10.500 gebührenfreie Parkplätze stehen zur Verfügung. Auch die ÖPNV-Anbindung ist lobenswert: In den Hauptgeschäftszeiten wird die direkt im CentrO befindliche Haltestelle alle 90 Sekunden angesteuert, an Wochenenden und Feiertagen sogar die ganze Nacht hindurch.

Der besondere Clou: Das Couponheft, das kostenlos erhältlich ist und zuletzt im vergangenen November ausgegeben wurde. Gutscheine mit Preisnachlässen von bis zu 50 Prozent locken, die in mehr als 80 Geschäften und Gastronomiebetrieben eingelöst werden können. Es ist im Übrigen derart beliebt, dass es bereits bei eBay angeboten wurde - die Versteigerungswut treibt bisweilen bizarre Blüten …

Im nahe gelegenen Duisburg sind die Planungen für den Bau einer ähnlich gigantischen Shopping Mall weit vorangeschritten, sodass die Meinungen über die Aussichten des CentrO erheblich auseinander gehen. Das Multi Casa soll in unmittelbarer Nähe des Duisburger Hauptbahnhofs entstehen und für einen Wirtschafts- und Arbeitsmarktaufschwung sorgen. Die Projektplaner gehen von einer Investitionssumme von über 400 Millionen Euro aus; bis zur angedachten Eröffnung 2008 sollen 2500 Arbeitsplätze geschaffen werden. Ob es wirklich sinnvoll ist, in direkte Konkurrenz zum CentrO zu treten, wird sich erst noch erweisen. Das Oberhausener Konzept hat sich bewährt und wird von den Kunden angenommen; den Duisburger Nachbarn wird einiges an Beharrlichkeit abverlangt werden. Ein Argument zieht allerdings immer beim Konsumenten - vernünftige Waren zu akzeptablen Preisen anzubieten.

Mein Problem mit solch gigantischen Shopping Malls besteht einfach in der Überdimensioniertheit, mit der sie angelegt sind; überall Hektik, Trubel, endlose Menschenmassen. Ist für mich manchmal ganz einfach zu viel, deswegen beschränke ich mich darauf, genau zu planen, was genau ich kaufen möchte. Trotz alledem vier Punkte!


--CentrO Oberhausen: Zahlen und Fakten--

Grundsteinlegung: 24. September 1994
Richtfest: 22. September 1995
Eröffnung: 12. September 1996

Einkaufszentrum:
Größe des Geländes: rd. 83 ha
Netto-Gesamtverkaufsfläche: 70.000 qm
Höhe der Dachkonstruktion Hauptkuppel: 32 m
Gesamtlänge der Ladenfronten: rd. 3 km
Gesamtlänge der Mall-Geländer: rd. 1300 m
Anzahl der Geschäfte: über 200
Anzahl der Personenaufzüge: 7
Anzahl der Treppenhäuser: 27

"Magnet-Kaufhäuser":
Galeria Kaufhof Warenhaus (Verkaufsfläche netto): 14.000 qm
Galeria Kaufhof Kidzworld/Sportarena (VF netto): 4750 qm
SinnLeffers (VF netto): 4500 qm
C&A (VF netto): 4500 qm

Coca-Cola Oase:
Anzahl der Gastronomieeinheiten: 22
Anzahl der Sitzplätze: 1200
Durchmesser der Fläche: 60 m
Höhe der Glaskuppel: 21 m

Bunte Gasse:
Anzahl der Kioske: 24

Promenade:
Länge: 360 m
Breite: 30 m
Grundfläche: 18.000 qm
Gastronomie- und Unterhaltungsangebote: über 25 Einheiten
Länge des Promenadenkanals: rd. 400 m
Kinos: 9 Kinosäle, 2200 Sitzplätze