Chat allgemein Testbericht

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Erfahrungsbericht von FloVi

Man tippt sich: Gedanken zum Chatten

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Chatrooms sind eigentlich eine interessante Sache. Obwohl man meist allein vor seinem Computer sitzt, kann man sich doch mit Menschen in der ganzen Welt unterhalten. In Echtzeit, direkt, beinahe so als wäre man persönlich beisammen.

Ich denke besonders gern an eine Unterhaltung zurück, die ich in einem Person-to-Person Chat bei Compuserve geführt habe. Dioe ganze Konversation lief auf englisch ab und erforderte tiefes Graben in meinen Schul- und Volkshochschulkenntnissen, doch es ging einigermaßen. Im Verlauf des zweistündigen Chats (damals noch ohne Flat, doch das war es wert) kamen dann einige Einzelheiten privater Natur ans Licht, die rein gefühlsmäßig sehr glaubhaft waren. So stellte sich heraus, dass mein Gegenüber mit seinen beinhae 70 Jahren mehr als doppelt so alt war wie ich. Er lebte in Israel und hatte eine Professur an der Uni in Jerusaelm. Er wusste von Anfang an, dass ich Deutscher bin und es entwickelte sich ein interessantes Gespräch über Gott und die Welt, und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Damals waren Chats für mich noch faszinierend, doch natürlich gab es auch Unkenrufe. Von Vereinsamung war die Rede, dass man das Haus nicht mehr verlassen müsste. Die anonyme Kommunikation via Tastatur müsste zwangsläufig zur erhöhten Produktion soziopathischer Charaktere führe. Kurz gesagt, das mehr oder weniger gleiche Horrorszenario, das bereits bei der Erfindung des Telefons gemalt wurde.

Doch Chats sind anders, denn hier muss ich niemanden konkret anrufen. Ich gehe einfach in einen Chatroom und klinke mich dort in eine Gruppe ein, der Raum gibt zwar ein Thema vor, doch daran hält sich eh' keiner. Ich bin sofort dabei und kann mich jederzeit wieder ausloggen, es gibt rudimentäre Regeln, manchmal sogar so etwas wie Freundschaft, meist jedoch - wohltuend und verwirrend zugleich - Anonymität.

Letztere ist es, was die Kritiker dem Medium vorwerfen und doch ist gerade sie die größte Revolution. Erstmals in der Geschichte des Gespräches können wir ohne große Umstände mit anderen Reden und uns dabei voll und ganz auf die Aussagen konzentrieren. Die *Anderen* sind nicht mehr als ein Pseudonym, wir kennen weder das Aussehen, die Größe, das Gewicht noch die Hautfarbe oder das Alter, manchmal nicht einmal das Geschlecht. Zum ersten Mal können wir uns frei mit anderen unterhalten, keine ersten Eindrücke, die von Vorurteilen oder spontaner Sympathie/Antipathie geprägt sind. Und so kam echte Kommunikation zustande, in einer Welt, wo in kaum einer Zeit so wenig kommuniziert wurde wie heute. Denn eines ist das World Wide Web sicher nicht, ein Kommunikationsmedium. Alles was hier gemacht wird ist das Konsumieren von Information, nichts weiter.

Aber natürlich hat es nicht lange gedauert, bis auch dieses Medium von der Niveaulosigkeit überflutet wurde. Eine weitere Freiheit missbrauchend schwappten immer mehr Soziopathen ins Netz, übervölkerten die Chatrooms und hatten nicht besseres zu als ihre Minderwertigkeitskomplexe zu kompensieren indem Sie auch anderen die Freude an der Unterhaltung nahmen.

Heute halte ich mich von Chatrooms meist fern. Ich habe einfach keine Lust auf das inhaltslose Drei-Wort-Geplänkel, das meist nocht seichter ist als das Usenet in der Gruppenkasper-Group oder auch allen anderen Gruppen, die entweder zum Forum für Selbstdarstellungen degeneriert sind oder aber zum reinen Frage-und-Antwort-Spiel verkamen, Informations-Konsum halt.

Schade eigentlich, denn manchmal vermisse ich diese Gespräche bei denen nur die Aussagen und Gedanken selbst zählten und keine äußerlichen Banalitäten von deren Beeinflussung ich mich auch selbst nicht frei spreche.

Mai 2002, Florenz Villegas

20 Bewertungen, 5 Kommentare

  • Bittner@01

    21.05.2002, 14:27 Uhr von Bittner@01
    Bewertung: sehr hilfreich

    ich find's gut! gegen die langeweile, wer sich mehr erhofft wird enttäuscht...selber schuld

  • dani___

    21.05.2002, 11:09 Uhr von dani___
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich hasse Chatrooms auch wie die Pest, gehe eigentlich nie hin.... laufen eh nur Perverse und ein paar wenige Ehrliche rum...

  • Volker111

    18.05.2002, 15:39 Uhr von Volker111
    Bewertung: sehr hilfreich

    Zum Chatten habe ich irgendwie keinen Zugang

  • DERWUNDERBARE

    18.05.2002, 14:03 Uhr von DERWUNDERBARE
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich war früher Chatsüchtig, dann hab ich 2 Jahre lang als Betreuer in einem Chat gearbeitet - seitdem war ich NIE WIEDER in einem Chatraum!

  • butterkeks

    18.05.2002, 13:47 Uhr von butterkeks
    Bewertung: sehr hilfreich

    Stimmt, es treiben sich immer mehr "Spinner" in den Chats rum, um den Leuten die Freude zu verderben. Ich selbst bin fast täglich im Chat vertreten und habe darüber bereits viele gute Freundschaften knüpfen können, die ich auc