Chemotherapie Testbericht

No-product-image
ab 11,33
Auf yopi.de gelistet seit 08/2003
5 Sterne
(1)
4 Sterne
(0)
3 Sterne
(1)
2 Sterne
(0)
1 Stern
(1)
0 Sterne
(0)
Summe aller Bewertungen
  • Wirkung:  gut

Erfahrungsbericht von LoMei

CLL 3: Chronische Leukämie. Chemotherapie und die Folgen.

Pro:

Es hilft

Kontra:

und es schadet auch

Empfehlung:

Nein

CLL 3: Chronische lymphatische Leukämie. Chemotherapie und die Folgen.

Wie im letzten Bericht „CLL 2: Chronische lymphatische Leukämie. Krankheitsverlauf“ berichtet, war der Beginn der Chemotherapie für den 19. und 20. Februar 2003 vorgesehen. Von den Ärzten aber auch von Freunden und Bekannten hatte ich inzwischen viele Informationen bekommen und war zu der Erkenntnis gelangt, daß man davor keine Angst zu haben brauchte. Die Wirklichkeit sah dann leider doch etwas anders aus.


INHALT

1. Beginn der Chemotherapie
2. Schwäche und Blutungen
3. Notfallbehandlung im Krankenhaus
4. Ambulante Weiterbehandlung
5. Gartenarbeit als Therapie
6. Wie geht es weiter?
7. Nachdenklichkeiten


1. BEGINN DER CHEMOTHERAPIE

Am 19. Februar erhielt ich die erste und am Tage darauf die nächste Plastiktüte mit Bendamustin 120 mg/m² über die Vene des rechten Unterarmes in den Blutkreislauf geträufelt. Während der Chemo-Gabe hatte ich keinerlei Schwierigkeiten. Ich wurde öfter gefragt, wie es mir geht. Ich merkte weder Benommenheit noch Übelkeit und war guter Dinge.
Schon in den nächsten Tagen bemerkte ich ein Zurückgehen der Lymphknoten-Schwellungen am Hals und in der Leistengegend. Ich konnte daheim konzentriert arbeiten und nahm im Rahmen meiner ehrenamtlichen Tätigkeiten Termine wahr.


2. SCHWÄCHE UND BLUTUNGEN

Am 7.3. (15 Tage nach Beginn der Chemotherapie) traten beim Stuhlgang Blutungen auf. Der Stuhl selber wurde ganz schwarz und glänzte schließlich wie Teer. Ich entdeckte beim Naseputzen Blut im Taschentuch. Am nächsten Tag (Sa., 8.3.-natürlich ein Wochenende-) hatte ich schwarze Flecken (Beläge) auf der Zunge und im Rachen. Der Hausarzt sagte, das sei die Folge von Blutungen und verschrieb etwas zum Pinseln und Betupfen. Wieder einen Tag später (So., 9.3.) stellte ich besonders an den Waden, aber auch an den Armen und auf der Brust rote Flecken fest. Ich fühlte mich schwach und leicht schwindlig und verbrachte den Tag fast nur auf dem Sofa. Am Tage darauf (Mo., 10.3.) nahm mein Hausarzt Blut und ließ ein aktuelles Blutbild machen. Am Nachmittag rief er nach Erhalt des Ergebnisses an und schickte mich sofort in die Notfallaufnahme des Städtischen Klinikums. Das Blutbild war katastrophal.
Die wichtigsten Werte:
Leukozyten (weiße Blutkörperchen) = 113 Tsd/Mikroliter (Normal = 4 – 9,4).
Erytrozyten (rote Blutkörperchen) = 2,75 Mio/Mikroliter (Normal = 4,5 – 6,3).
Hämoglobin = 8,6 g/dl (Normal = 14 – 18).
Thrombozyten (Blutplättchen) = 6 Tsd/Mikroliter (Normal 150 – 440).
Insbesondere der starke Abfall der Thrombozyten war bedrohlich. Die Blutgerinnung ging gegen Null.
Das war auch der Grund dafür, daß die Mund- und Magenschleimhäute bluteten, und die roten Hautflecken (Petechien) aufgetreten waren, die aufzeigten, daß Blut aus den Adern in die Haut gelangte.


3. NOTFALLBEHANDLUNG IM KRANKENHAUS

In der Notfallaufnahme:
Hier mußte ich mich anmelden und erst einmal warten. Es erfolgte dann eine gründliche Befragung und mehrere Untersuchungen. Dazu gehörten: EKG, Röntgenaufnahme der Lunge, Abtasten des Bauches und Begutachten der Petechien (Blutflecken) an den Waden und an anderen Stellen des Körpers. Es wurde Blut genommen und sofort ein aktuelles Blutbild gemacht. Die Thrombozyten waren inzwischen auf den Wert von 2000 abgefallen.

Diverse Infusionen:
Von der Notfallaufnahme wurde ich auf die mir vertraute und bereits vom Hausarzt und der Notfallaufnahme vorinformierte Station gebracht.
Dort waren Thrombozyten- und Blutübertragungen vorbereitet. Ich wurde in mein Bett gesteckt und die ersten Infusionen begannen in die Blutbahn zu tröpfeln.
Das Blutbild entwickelte sich nach den Infusionen am nächsten Tag nicht so positiv, wie von den Ärzten und besonders von mir erwartet. Bei der Chefvisite wurde festgelegt, daß vorrangig die Entzündungen und Blutbeläge im Mund behandelt und durch Infusionen das Immunsystem aufgebaut werden müßte.

Auf und Ab der Thrombozyten:
Die Thrombozyten lagen am zweiten Krankenhaustag bei 4000/Mikroliter. Die Infusion von Thrombozyten und Immunglobulin hatte nichts gebracht. Der Körper nahm sie nicht an. Dafür wurden nun Bluttransfusionen und hochkonzentriert Cortison verabreicht. Dazu kamen Antibiotika gegen Fieber. Am nächsten Tag lagen die Thrombozytenwerte ebenfalls bei 4000, am Tage darauf nur bei 3000, und einen Tag später sogar wieder bei nur bei 2000/Mikroliter.
Mir fiel auf, daß die Sorge um mich stieg. Ich wurde behandelt, wie ein rohes Ei. Mir wurde erklärt, ich dürfe in diesem Zustand unter keinen Umständen fallen. Ein neuer Bluterguß am Kopf könne bei dem dünnen Blut zu einer Art Schlaganfall führen. Auch dürfe ich bei dem angeschlagenen Immunsystem keine Erkältung oder Entzündung bekommen. Die allgemeine Bettenbelegung ließ es zu, daß ich allein im Zimmer lag. Das sollte die Ansteckungsgefahr niedrig halten. Manche Schwestern und Pfleger betraten mein Zimmer nur mit Mundschutz
In den nächsten vier Tagen lagen die Thrombozyten immer zwischen 3000 und 6000. Ich hatte keinerlei Schmerzen, fühlte mich aber schwach. Da die Cortison-Behandlung nicht den gewünschten Erfolg brachte, wurde die Dosierung wieder reduziert
Ich war in Hochstimmung, als die Thrombozyten-Werte nacheinander auf 12 000, 15 000 und 22 000 anstiegen und war um so niedergeschlagener, als sie dann wieder auf 6 000 und 5 000 abfielen, ohne daß jemand wußte, warum. Die Cortisondosierung wurde wieder erhöht. Meine Füße waren als Folge von Cortison und Wasser dick geworden.

Blutentnahme aus dem Knochenmark:
An einem Morgen wurde ich mit nüchternem Magen in meinem Bett zur „Stanze“ gefahren. Dort erfolgt eine Blutentnahme aus dem Knochenmark. Dazu wird eine Hohlnadel in das Gewebe des Beckenknochens gedrückt und eine Öffnung hineingestanzt. Über diese Öffnung wird Blut aus dem Knochen gezogen. Auf diese Weise kann auch Knochenmark entnommen werden. Bei mir ging es darum herauszufinden, ob im Knochenmark genügend Blut produziert wird.
Das Ergebnis war ermutigend. Die Blutproduktion und -qualität war normal. Das Blut wurde aber bei seinem Kreislauf durch den Körper wieder „kaputtgemacht“.
Am Tage darauf bekam ich zwei Blutkonserven und eine Thrombozyten-Infusion. Etwa zwei Stunden nach dieser Infusion wurde aus der Armvene Blut entnommen. Diese Probe enthielt 51000 Thrombozyten. Die Werte der später folgenden Normalprobe lagen nur bei 25000. Bedingt durch die CLL gingen die Thrombozyten also kaputt. Um das zu verhindern, mußte das Immunsystem beeinflußt werden.

Magenspiegelung:
Der Stuhl war die ganze Zeit schwarz wie Teer (Fachausdruck: Teerstuhl). Das deutete auf ständige Blutungen im Magen hin. Es galt nun herauszufinden, ob es dort ein blutendes Geschwür gäbe oder ob die Magenwand insgesamt blutete. Vor der Magenspiegelung bekam ich ein starkes Beruhigungsmittel und merkte von der Untersuchung nichts. Ich erfuhr später, daß es keine starke „Blutquelle“ gäbe, aber daß die Magenwand leicht entzündet sei und diffuses Blut abgäbe.

Immuntherapie mit Antikörpern:
Die Medikation wurde umgestellt auf die Infusion von Antikörpern. Das Präparat hieß Rituximab. Es wurde mit geringer Dosierung begonnen, welche in halbstündigen Abständen verdoppelt wurde. Bei der folgenden Chef-Visite erklärte der Professor, daß mein Problem immunologischer Art sei. Das habe man nun erkannt, und die Sache sei im Griff. Demnächst könne ich entlassen werden. Die Thrombozyten-Werte pendelten sich zwischen 30 000 und 64 000 ein.

Verbesserung und Stabilisierung des Allgemeinzustandes:
Es stellte sich heraus, daß die Thrombozyten bei mir während der Bearbeitung der Blutproben im Labor zu Verklumpung neigten und deshalb keine repräsentativen Analysenwerte geliefert werden konnten (Pseudothrombopenie). Daraufhin wurden die Blutbildkontrollen im Citratblut durchgeführt. Das heißt: Das Blut wurde durch Zugabe von Natriumcitratlösung ungerinnbar gemacht.
Mein Allgemeinzustand stabilisierte sich. Die Werte des Blutbildes machten immer weniger große Sprünge. Die Thrombozyten pendelten sich bei 40 000 und der Hb-Wert bei 10 ein.
Der Stuhl verlor nach etwa 20 Tagen seine schwarze Färbung und sah nach 26 Tagen völlig normal aus.
Insgesamt hatte ich 26 Bluttransfusionen, 2 Infusionen mit Thrombozytenkonzentrat und zweimal eine Gabe von Antikörpern erhalten.
Gegen Ende der Behandlung wurden durch Injektionen eine Stabilisierung der roten Blutkörperchen eingeleitet (Erythropoetintherapie).

Angina pectoris-Symptome:
Bei dem Auf und Ab und den daraus resultierenden Unsicherheiten stellte sich öfter ein Enge- und Druckgefühl im Brustkorb ein. Das erinnerte mich sehr unangenehm an meinen Herzinfarkt im Jahre 1996 in Venedig und war von Angstzuständen begleitet. Es wurde ein Echokardiogramm gemacht, bei dem glücklicherweise nichts besonders Auffälliges festgestellt werden konnte. Bei dem EKG wurde eine geringfügige Verschlechterung festgestellt. Eine Wiederholung nach einigen Tagen brachte wieder ein besseres Ergebnis. Ohne Bewegung war kein Enge- und Druckgefühl in der Brust zu spüren. Es wurde in diesem Zusammenhang erläutert, daß der für die Sauerstoffumsetzung verantwortliche Hämoglobin-Wert nicht unter 10 fallen dürfe, da sonst auch zukünftig die Angina-Pectoris-Symptome nicht auszuschließen seien.
Ab und zu fühlte ich auch sehr deutlich unregelmäßige Pulsaussetzer. Ein Langzeit-EKG bestätigt das. Ich wurde jedoch beruhigt, weil die Häufigkeit der Aussetzer in einem durchaus akzeptierbaren Bereich lagen.

Gewichtsabnahme:
Mein Gewicht lag im Normalfall bei 80-82 kg . Bei der Einlieferung ins Krankenhaus betrug es 75 kg und fiel im Laufe der Behandlung auf 69 kg ab.

Besuch am Krankenbett:
Meine Frau kam täglich mit einem unserer Söhne nach Karlsruhe. Darüber habe ich mich jedes Mal gefreut. Viele Freunde und Bekannte fragten an, ob sie mich auch besuchen könnten. Ich ließ ihnen einen Dank sagen und bat darum, das nicht zu tun. Es strengte mich ziemlich an. Außerdem wurde mir von den Schwestern gesagt, Leute mit einer Erkältung sollten bitte nicht kommen. Aber alle unsere Kinder kamen. Zwei der Söhne wohnen in unserer Nähe und waren öfter da. Der andere Sohn reiste einige Male aus Mannheim an und unsere Tochter kam mit meiner Schwester aus Hamburg bzw. Pinneberg. Meine Frau organisierte die Benachrichtigung und hing oft stundenlang am Telefon, um den zahlreichen Anrufern ihre Fragen zu beantworten und die vielen Grüße für mich anzunehmen und an mich weiterzugeben. Sie hat in dieser Zeit viel geleistet und auch viel mitgelitten. Sie ist mein großer Schatz. - Janka, ich hab Dich lieb, und nochmals vielen Dank für alles.

Entlassung:
Nach 25 Tagen (Mi., 9.4.03) wurde ich mit einem dreiseitigen Brief für meinen Hausarzt entlassen. In dem Brief waren die wichtigsten Informationen über die durchgeführten Maßnahmen und die Behandlungsempfehlungen für die nächste Zukunft aufgelistet.


4. AMBULANTE WEITERBEHANDLUNG

Ambulanztermine:
Nach der Entlassung fand ich mich regelmäßig zu vorher ausgemachten Zeiten in der Onkologischen Ambulanz ein. Die Antikörper-Infusionen und die Injektionen zur Stärkung der roten Blutkörperchen wurden fortgesetzt. Die Cortisongaben und die Einnahme anderer Sondertabletten wurden reduziert. Schon bald konnten die Abstände zwischen den Ambulanzterminen auf 2 Monate vergrößert werden.

Blutwerte:
Die Blutwerte verbesserten sich ständig.
Einige Werte vom 4.8.2003:
Leukozyten (weiße Blutkörperchen) = 5,4 (normal: 4 – 9,4)
Erythrozyten (rote Blutkörperchen) = 4,9 (normal: 4,5 – 6,3)
Hämoglobin (roter Blutfarbstoff) = 12,4 (normal: 14 – 18)
Thrombozyten (Blutplättchen) = 138 000 (normal: 150 000 –400 000)

Das Tal scheint durchschritten:
Meine Kondition verbesserte sich. Mein Gewicht hat seinen alten Wert von 80-82 kg wieder erreicht. So weit wollte ich es eigentlich gar nicht steigen lassen. Das Tal scheint durchschritten, jedenfalls vorerst. Ich hoffe nicht, daß noch viele weitere Täler kommen werden.


5. GARTENARBEIT ALS THERAPIE

Nach dem Krankenhausaufenthalt genoß ich daheim unseren Garten und war fast täglich mit Gartenschere, Spaten und Harke in Aktion. Jeden Morgen war führte mich mein erster Gang zu dem kleine Feigenbaum, der im Winter viele Frostschäden erhalten hatte und an einen geschützteren Platz umgepflanzt worden war. Er gedieh prächtig. Inzwischen haben wir die ersten Früchte essen können. Beim Büsche schneiden hab ich mich einmal etwas überschätzt und die große Schere, die einen langen Hebelarm hat, gegen meinen Brustkorb gestützt. Dabei brach eine Rippe. Als es nach etwa drei Wochen nicht mehr weh tat wurde ich wieder mutig, und es knackte ein zweites Mal an der selben Stelle. Zu einem dritten Bruch kam es nicht. Dafür verrenkte ich mein Kreuz und war wieder gebremst.
Zusammenfassend kann ich nur sagen, daß das Wirken im Garten zur Heilung beigetragen hat. Das Beobachten der Eidechsen auf der Mauer oder auf den Felsblöcken im Steingarten, der Vögel an der Vogeltränke und das Erleben von Wachsen und Blühen war eine ausgezeichnete Therapie. Da blieb für Ciao nicht viel Raum.


6. WIE GEHT ES WEITER?

Wieder eine Chemo?
Diese Frage treibt mich inzwischen um. Im Halsbereich wurden neue Knoten fühlbar und sichtbar. Das nächtliche Schwitzen (auch in kühlen Nächten) macht sich langsam wieder bemerkbar. Eine Ultraschall-Untersuchung bestätigte, daß die Lymphknoten im Körper nur geringfügig kleiner sind als vor einem Jahr. Schließlich hatte ich von den ursprünglich geplanten 5 x 2 Chemogaben nur eine erhalten.
Wird also eine neue Chemotherapie erforderlich? Ich fürchte: Ja. Ein Oberarzt sagte mir bei der letzten US-Untersuchung: Heilen können wir Sie nicht, aber wir können die Krankheit immer wieder zurückdrängen.

CLL-Selbsthilfegruppen.
Es gibt Zusammenschlüsse von CLL-Patienten, die sich zu Vorträgen oder „nur“ zu Austausch ihrer Erfahrungen regelmäßig treffen. Bisher habe ich an solchen Treffen nicht teilgenommen, aber zu gegebener Zeit werde ich wohl den Kontakt suchen.


7. NACHDENKLICHKEITEN:

Schreiben als Aufarbeitung:
In Gesprächen und auch in Kommentaren bei Ciao wurde mir öfter erklärt, daß ich betont sachlich über diese Krankheit rede oder schreibe und meine Empfindungen nicht ausdrücke. Ich habe darüber nachgedacht. Das Reden oder das Schreiben ist für mich so etwas wie ein Aufarbeiten des Erlebten und ein Transparentmachen der Situation.
Ich habe im Krankenhaus Ärzten und Schwestern immer viele Fragen gestellt und Tagebuch geführt und später die Arztberichte studiert. Um diese auch wirklich zu verstehen, mußte ich wiederholt ein klinisches Wörterbuch (Pschyrembel, 259. Auflage) zur Hand nehmen und nachschlagen. Das brachte einige medizinische Erkenntnisse und manche Aha- Erlebnisse. Meine Aufzeichnungen und die Arztberichte haben mir bei Erstellung des Berichtes sehr geholfen.

Umgang mit Krankheit:
Das sind die äußeren Aspekte. Daneben gibt es die seelische Komponente, die man nicht in Analysenwerte oder Meßzahlen zwängen kann. Es bleiben Fragen und Unsicherheiten.
Wie geht man damit um? Man kann die Situation, so wie sie ist, annehmen und nach vorne schauen, man kann sie vehement beklagen oder einfach verdrängen. Ich hab mich für das erstere entschieden. Ich wurde gefragt, wie lange dauert das „Annehmen“. Bei mir dauerte das 2 Tage. Das war im März des vorigen Jahres, als ich von der Diagnose erfuhr. Was dann kam, war das Annehmen der sich jeweils veränderten Situation. Das war zum Teil mit unliebsamen Überraschungen verbunden und ist jedes Mal eine neue Herausforderung.
Inzwischen habe ich von vielen unabhängigen und vor allem selbst betroffenen Menschen Erfahrungsberichte gehört und bin sehr hoffnungsvoll. Mir ist dabei klar geworden, daß die CLL nicht geheilt werden kann. Aber mir ist auch bekannt, daß es Behandlungsschritte gibt, die es möglich machen, damit zu leben. Bestimmte Symptome können immer wieder auftreten, aber sie lassen sich auch wieder zurückdrängen.
Eines ist mir auch klargeworden: Bei allem medizinischen Fortschritt bleiben Unwägbarkeiten. Jeder Organismus reagiert anders. Die bei mir angewandte Chemotherapie hat bei vielen anderen einwandfrei funktioniert. Aber bei mir führte sie, nach welcher Gesetzmäßigkeit auch immer, zu den beschriebenen Problemen.

Grübeln und Nachdenken:
Ich hatte im Krankenhaus viel Zeit zum Grübeln. Manchmal habe ich gar über meine Beerdigung nachgedacht und mir überlegt, wie wohl eine Todesanzeige aussehen müßte und wer alle eine Anzeige bekommen soll. Ich fragte mich, welcher Leitspruch über meinem Leben gestanden hat und nun bei einer Ansprache gesagt werden könnte. Ich überlegte, welche Lieder zu singen seien und vieles mehr. Es war so etwas wie eine Bilanzierung. Ich möchte das hier nicht weiter vertiefen.
Aber eines möchte ich in diesem Zusammenhang nicht verschweigen. Ich habe in manchen Nächten wach gelegen und über das nachgedacht, was das Leben der Menschen erhält und gelernt, daß das Sprichwort: „An Gottes Segen ist alles gelegen“ seine Bedeutung nicht verloren hat. Ich wußte, das es Menschen gab, die an mich dachten und dabei die Hände gefaltet haben. Manchmal meinte ich das fast körperlich zu spüren. Andere, die eine vergleichbare Situation durchlebt haben, haben mir ähnliches bestätigt.
Es ist gut, sich von guten Mächten wunderbar geborgen zu wissen, dann kann man getrost erwarten, was kommen mag.

15 Bewertungen, 1 Kommentar

  • sascha6525

    13.03.2006, 01:00 Uhr von sascha6525
    Bewertung: sehr hilfreich

    freu mich über Gegenlesungen. <br/>sh, Sascha6525