Mexican - Eine heiße Liebe (DVD) Testbericht

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ab 6,38
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Erfahrungsbericht von mima007

Gandolfini spielt die Stars an die Wand

Pro:

unterhaltsam, humorvoll-ironisch, halbwegs spannend, James Gandolfini, Flashbacks

Kontra:

Brad Pitt und Julia Roberts, hätte spannender sein können

Empfehlung:

Ja

Brad Pitt und Julia Roberts im gleichen Film? Da kann eigentlich nichts schiefgehen. Sollte man meinen. Allerdings stellt sich heraus, dass sie beide von James Gandolfini an die Wand gespielt werden. Und das ist dann eine kleine Sensation.

Filminfos
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O-Titel: The Mexican (USA 2001), DVD: 19.2.2002
FSK: ab 12
Länge: 115 Min. (laut Amazon: 119, Originalfilm laut IMDb.com: 123 Min.!)
Regisseur: Gore Verbinski
Drehbuch: J.H. Wyman alias Joel Wyner (ein kanadischer Seriendarsteller)
Musik: Alan Silvestri
Darsteller: Julia Roberts, Brad Pitt, James Gandolfini ("Die Sopranos"), Gene Hackman, Bob Balaban, J.K. Simmons u.a.

Handlung
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Für Jerry (Brad Pitt) ist an dem Morgen, als er neben seiner lieben Samantha (J. Roberts) aufwacht, nicht vieles klar. Er weiß nur, dass er für seinen Mafiaboss Nayman (Balaban) schon wieder einen Auftrag erledigen muss, einen "allerletzten" natürlich. Sam ahnt nichts von Jerrys diesbezüglichen Aktivitäten und überrollt ihn mal wieder mit einer Diskussion über ihre kriselnde Beziehung. Da Jerry nicht so recht bei der Sache ist, wirft sie ihn raus. Jerry macht einen glorreichen Abgang.

Der Auftrag kommt angeblich vom Mafiaboss Margolese (Hackman) persönlich, der zur Zeit im Gefängnis. Dummerweise hat Jerry ihn selbst ins Kittchen befördert, als er bei Rot über die Kreuzung fuhr und den Wagen des Gangsters rammte, in dessen Kofferraum doch tatsächlich jemand lag, Gott sei dank lebendig.

Nun ja, Mafiosi sind auch nur Menschen wie du und ich und können bekanntlich rachsüchtig sein. Daher schwant Jerry auch nichts Gutes, als ihm der Auftrag haarklein und in leicht verständlichen Worten erklärt wird. Er habe nach Mexiko zu fliegen, um dort von einem jungen Mann namens Beck eine alte Pistole abzuholen, die als "Mexican" eine Legende ist. Die Pistole habe er auf direktem Weg wieder in L.A. abzugeben. Basta. Ein todsichere Sache. Genau, denkt sich Jerry, und tot werde dabei ich sein.

Aber was bleibt ihm übrig? Er fliegt nach Mexiko, besorgt die Pistole von dem jungen Mann, der sich in einem Saloon zu Tode säuft. Der erzählt ihm die Story vom "Mexican", zumindest den ersten von drei Teilen davon. Jerry hat ein Faible für romantische Legenden und hört aufmerksam zu. Später bekommt er auch den Rest der Story zu hören, ein Teil tragischer als der andere. Diese Pistole wird dadurch zu einem Symbol, dem Symbol unverbrüchlicher Liebe, die alle Opfer bringt und daher tragisch enden muss. Kann dies irgendwas mit Jerrys und Sams Liebe zueinander zu tun haben, fragt man sich. Sehr viel natürlich.

Denn Jerry kommt schwer in die Bredouille, als man ihm seine Karre mit der Knarre darin klaut. Und gleichzeitig wird Sam als Geisel für Jerrys Wohlverhalten gekidnappt. Sie, die schon immer nach Vegas umziehen wollte, gelangt in die Stadt ihrer Träume, allerdings unter schwer veränderten Vorzeichen.

Sie fällt Leroy, einem homosexuellen Profikiller (wunderbar: James Gandolfini), in die Hände, der sich wie ein sehr netter und vernünftig denkender Mensch verhält. Er sagt ihr klipp und klar, dass er sie als Geisel nehmen muss, und das kann sie verstehen. Leroy analysiert Sam und Jerrys Beziehung, Sam analysiert ihn und entdeckt ihr Herz für Leroy. Selbst dann noch, als er mit einem Postboten namens Frank eine Liebesnacht nebenan verbringt.

Schließlich finden sich alle irgendwo in San Miguel zueinander. Als endlich auch Sam die Legende von der Pistole "Mexican" erzählt bekommt, weiß sie genau, was sie für sie und Jerry bedeutet. Und daher kann sie Jerrys Boss Nayman die richtige Frage stellen: "Wo endet wahre Liebe?" Leider gibt er die falsche Antwort.

Mein Eindruck
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Die tragikomische Story um Sam und Jerry ist einigermaßen flott und sehr ironisch erzählt. Es ist interessant zu verfolgen, wie die beiden US-Chaoten Sam und Jerry in den Wechselfällen des Schicksals rasch dazu lernen und schließlich wieder zueinander finden können, auf einem neuen Niveau. Das ist nicht einfach, und die Story endet hier auch nicht. Der aufmerksame Zuschauer wird nicht nur seine Freude am Spiel der beiden Superstars haben. Er wird auch bemerken, wie viele Bedeutungsebenen wirklich in diesem flotten, vorgeblich so seichten Filmchen stecken.

Leider waren die Zuschauer schwer enttäuscht, dass die beiden Stars Roberts und Pitt die meiste Zeit getrennte Wege gehen, die sie erst gegen Ende wieder zusammenführen. Zudem streiten sich ihre Figuren die meiste Zeit statt sich zu küssen. Dies ist eben nicht "Notting Hill" oder "Schlaflos in Seattle", sondern etwas ganz anderes: eine Gangsterkomödie mit ernsthaften Untertönen. Die Legende der Pistole, auf der der Fluch einer unerlösten toten Braut liegt, zieht sich durch das Chaos der Story, bis Jerry schließlich doch noch von Margolese und dem Urenkel des Waffenschmiedes die Wahrheit über die Waffe erfährt (alle Rückblenden sind in einem authentisch anmutenden Sepiabraun gedreht, und der Film liefert das Rattern des uralten Filmprojektors gleich mit). Erst dann kann Jerry in die Übergabe einwilligen. Dumm nur, dass Sam sie gerade hat.

Es ist schon bemerkenswert, dass die besten Szenen die mit James Gandolfini sind. Er bildet das ernste Gegengewicht zum komödiantischen Chaos um Sam und Jerry. Und er verrät Sam, worauf es in einer echten Liebe ankommt. In ihren Szenen mit Gandolfini kommt Julia Roberts besser zur Geltung, was ihre Figur der Sam anbelangt, als mit Pitt. Das liegt wohl daran, dass Sam pure Emotion ist, "Leroy" aber pure Rationalität, die die Gefühle kontrolliert. In diesem Gegensatz sieht sich Sam in der Lage, sich an Leroy anzulehnen und Halt zu finden. Schade, dass Jerry nicht genug Verstand besitzt, Leroy richtig einzuschätzen und mit ihm zu reden. So bleibt ihre Bekanntschaft sehr kurz.

Die Musik ist äußerst wichtig. Ständig werden durch Mundharmonika und Banjo die Spaghettiwestern Leones und Corbuccis zitiert, was einen ironisches Licht auf Jerry, den späten Nachfahren von Clint Eastwood & Co., wirft. "The Good, the Bad and the Ugly" sind im 20. Jahrhundert angekommen. Aber Mexiko lebt weiter in der Zeit, in der die edle Pistole geschmiedet wurde.

Dieser Kontrast wird auch von Margolese sauber herausgearbeitet. Und nur ein Darsteller wie Hackman kann die potenzielle Unglaubwürdigkeit, die aus diesem Gegensatz entspringt, durch seine Autorität aufheben: Ihm, dem mafiosen Amerikaner, bedeutet die fluchbeladene Pistole ebensoviel wie einem strenggläubigen Mexikaner.

Damit steht er in Opposition zu Nayman (Balaban), der zwar mit hypermoderner Technik hantiert (und als einziger in Mexiko einen Chrysler fährt), aber von "old technology" niedergestreckt wird. Nayman ist ein später Nachfahre jenes menschenverachtenden Hidalgosohnes, der den Geliebten der Braut niederstreckte und damit die Tragödie auslöste: Die Braut erschoss sich mit der Pistole. Mit Naymans Tod wird offenbar der Fluch aufgehoben, der durch die Jahrhunderte auf der Pistole lastete.

Die DVD
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Technische Infos
Bildformate: 16:9, 1,85:1
Tonformate: DD 5.1
Sprachen: D, GB
Untertitel: D, GB

Extras:
- Regiekommentar
* 9 entfallene Szenen mit Audiokommentar
* TV-Spot
* Kino-Spot
* verschiedene Trailer

Mein Eindruck: die DVD
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Die DVD erfreut mit einem scharfen Bild und gutem Sound, der besonders hinsichtlich der erwähnten Musik von Silvestri wichtig ist. Verbinskis Audiokommentar zu Film und entfallenen Szenen ist hilfreich und nützlich. Diese Szenen erklären auch, warum die DVD-Fassung mehrere Minuten kürzer ist als die Kinofassung (siehe Angaben unter „Filminfos“). Der entbehrliche Rest des Bonusmaterials besteht aus Trailern.

Unterm Strich
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Der frühere Werbefilmer Gore Verbinski hat später noch recht erfolgreiche Streifen wie "Fluch der Karibik" und "Ring" gedreht, doch "Mexican" ist ebenfalls bereits ein beachtlicher Spielfilm. Dass das Drehbuch die beiden Hollywood-Superstars nicht genügend zur Geltung bringt, ist nicht Verbinski anzulasten. Es sorgt auch dafür, dass die Story etwas chaotisch erscheint und der Film überlang wurde. Ein Film für Freunde von gangsterkomödien wie „Snatch“ und „Bube, Dame, König, GrAs“.

Dennoch sind einige nette Elemente enthalten: die ständig defekte Ampel, der verrückte Hund, die ironische Musik. James Gandolfini stiehlt klammheimlich den beiden Stars die Show. Man freut sich auf Szenen mit ihm. Und das ist eigentlich eine Empfehlung für die TV-Serie, in der er mitspielt: "The Sopranos".

Zu einem solch soliden Film hätte man eigentlich mehr Bonusmaterial auf der DVD erwarten können. Es hätte aber auch viel schlimmer kommen können, wie der Fall von „Schatten der Wahrheit“ zeigt: Die DVD dazu weist bis heute nicht einmal Trailer auf.

Michael Matzer © 2003ff

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