Der Untergang (DVD) Testbericht

ab 5,50
Auf yopi.de gelistet seit 11/2011
5 Sterne
(20)
4 Sterne
(8)
3 Sterne
(4)
2 Sterne
(0)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(0)
Summe aller Bewertungen
  • Action:  viel
  • Anspruch:  sehr anspruchsvoll
  • Romantik:  niedrig
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Spannung:  spannend

Erfahrungsbericht von YetiChris

Die Perversität der Geschichte

5
  • Action:  viel
  • Anspruch:  sehr anspruchsvoll
  • Romantik:  niedrig
  • Humor:  kein Humor
  • Spannung:  sehr spannend
  • Altersgruppe:  ab 12 Jahren
  • Meinung bezieht sich auf:  Kino-Version

Pro:

Diesen Film MUSS man gesehen haben!!!

Kontra:

(kein konra)

Empfehlung:

Ja

Was ist vor rund 60 Jahren in Deutschland passiert? Wie konnte ein Volk solche Schuld auf sich laden?, Wie konnte es zulassen, das in ihrem Namen unglaubliche Verbrechen begangen wurden? Wer waren die Menschen, die dies zu verantworten haben? Waren es überhaupt Menschen?


20. April 1945 – Adolf Hitler wird im „Führerbunker“ an seinem Geburtstag durch schweres Artilleriefeuer geweckt. Erbleicht fragt er seinen Adjutanten: „Ist der Russe schon so nah?“.
An diesem Tag erscheinen noch mal alle Bozen des NS-Regimes, um dem Führer zu huldigen. Himmler, Göring, Speer – Sie alle haben jedoch schon ihre eigenen Ideen, den Krieg zu überstehen Lediglich Goebbels und Bormann werden Hitler nicht von der Seite weichen – bis zum bitteren Ende.
Und so schleppen sich die Tage im Bunker dahin - Hitler schwankt zwischen Euphorie und Stumpfsinn, vegetiert gleich einem Tier oder braust auf, schreit Verrat, wo immer auch seine sinnlosen und jeder Grundlage entbehrten Befehle nicht mehr befolgt werden können. Beendet mit einer Handbewegung Leben, gibt keine Gnade, und wirkt dennoch verletzlich und mitleiderregend und, so pervers es auch klingen mag, gegenüber seiner langjährigen geliebten Eva Braun, so etwas wie zärtlich. Von Parkinson gezeichnet, von Medikamentensucht aufgedunsen.
Und auch alle anderen im Bunker schwanken zwischen 2 Extremen. Zwischen dem Wunsch zu fliehen, und dem Kadavergehorsam, zwischen „Ehre“ und Verantwortungsgefühl. Dieser Tanz auf dem Vulkan endet nicht nur einmal in bizarren Festen gigantischen Besäufnissen, trister Hoffnungslosigkeit oder unglaublichem Unrecht.
Darüber trohnt Hitler, der ganz nebenbei das Todesurteil über sein Volk spricht, sich selber aus der Verantwortung zieht, und selbst im Tod noch soviel macht ausübt, das eine Mutter ihre 6 Kinder lieber ermordet als ihnen eine Zukunft ohne Nationalsozialismus zuzugestehen.
Und in all diesem Chaos steht eine junge Frau –Traudl Junge. Als Sekretärin fester Bestandteil des engsten Kreises um Hitler, und dennoch seltsam abgehoben und distanziert, mit jugendlicher Naivität, Mut und der gleichen Ohnmacht die alle Protagonisten befallen zu haben scheint. Während das „dritte Reich“ immer kleiner wird und um die Mächtigen herum einfache Menschen, Zivilisten und Soldaten, sterben müssen, weil ein Mann, der schon längst kapituliert hat, nicht kapitulieren will...

Das Drehbuch verfasste der Produzent Bernd Eichinger nach den Büchern „Der Untergang“ von Joachim Fest und „Bis zur letzten Stunde“ von Traudl Junge. Ohne viel Pathos und übermäßig viel Schnickschnack versetzt er den Zuschauer ganz in das Geschehen von vor fast 60 Jahren. Zum einen Kammerspiel, zum anderen mit Szenen aus der umkämpften Hauptstadt durchsetzt. Eine kleine „Geschichte in der Geschichte“ erzählt den Werdegang des Hilterungen, den der „Führer kurz vor einem Todes noch mit dem Eisernen Kreuz auszeichnete und dessen Foto weltbekannt wurde, weil Hilter ihm in die Backe kneift. Obwohl reine Fiktion, passt es auf beklemmende Wiese in die Haptgeschichte und bildet ein Rahmen, der das abgestumpfte Warten auf das Ende im Bunker mit dem wahren Leiden des Krieges verbindet, das die Protagonisten gar nicht mehr wahrnehmen. Natürlich ist der Haupterzählstrang nicht 100%ig belegt, und es gibt genügend Aspekte der letzten Tage im Bunker, die nie ganz geklärt werden können. Aber dennoch wirkt die Geschichte in sich stimmig und furchtbar real.

Die Regie versetzt den Zuschauer immer wieder in unmittelbare Nähe zum Geschehnis. Mal hetzt die Kamera mit den Hauptdarstellern durch Bunkergänge, mal ist sie quasi Teil des Geschehnisses, mal wirkt sie deplaziert, fast voyeuristisch. Zwar ist der Zuschauer nicht Teil der Geschichte, und wichtige Punkte (Wie Hitlers Selbstmord) bleiben ihm verborgen, dennoch kann sich auch nicht aus der Verantwortung stehlen. Die Perverse Nähe, mit der Hirschbiegel den Mord der Mutter Goebels an ihren 6 Kindern darstellt, fühlt sich an wie eine Ohnmächtige Beihilfe. Alles in einem möchte das Unrecht erinnern, aber man kann nur zusehen. Vielleicht war so das dritte Reich?

Natürlich steht und fällt ein solcher Film mit den Schauspielern. Wieder einmal hat B. Eichinger die Creme de la Creme der deutschen Schauspieler zusammengebracht, und leider kann ich hier nur die wichtigsten aufzählen und würdigen.

Bruno Ganz – Adolf Hitler

Welch eine schauspielerische Leistung! Oder vielleicht doch nicht? Steckt in jedem von uns ein kleiner Hitler, den man nur hervorkitzeln muss? Ganz, der Träger des Iffland-Ringes, der höchsten Auszeichnung, die ein deutschsprachiger Schauspieler erhalten kann, Schafft es grandios, der Figur des „Führers“ Leben einzuhauchen, und zwar mit allen Facetten. Dieser Hitler ist kein Monster, sondern eine Monströse Figur. Er hat Schwächen und Ängste, aber auch Abgrundtiefen Hass und viel zu viel Macht, auch noch im Tod.


Alexandra Maria Lara – Traudl Junge

Zu beginnt des Filmes habe ich ihr noch unrecht getan. Mein Eindruck („Mit den aufgerissenen Augen läuft sie rum wie Bambi“) war falsch. Es ist diese Mischung aus Naivität und Fassungslosigkeit, die die Figur ausmacht.


Corina Harfuch – Magda Goebbels

Neben Bruno Ganz liefert sie vielleicht die mutigste Leistung ab. Eine Mutter, die ihre in der einer Ideologie und einem einzelnen Menschen opfert, spielt sie brilliant und ist normalerweise nicht gerade eine Rolle, die sich viele Schauspielerinnen in die Vita schreiben wollen.


Ulrich Matthes – Joseph Goebbels

Zunächst wirkt seine Darstellung des Propaganda-Ministers unecht und stereotyp. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich, das der Kerl so gewesen sein muss. Anders passt er einfach nicht in mein Weltbild.


Juliane Köhler – Eva Braun

Hitlers Geliebte als etwas naive, aber lebenslustige und fatalistische Partymaus? Ich weiß nicht, aber unter den Hauptdarstellern wirkt sie als einzige etwas blass.


Götz Otto – Rochus Misch

Der Blonde Hüne wollte nie als „German Nazi“ international Karriere machen. Als Hitlers Leibwächter, der ihn anschließend verbrennt, macht er jedoch eine gute Figur, ob er nun will oder nicht.


Heino Ferch – Albert Speer

Auch hier sehe ich eine sehr starke Leistung. Der Nazi, der menschlich sein will, der einzige dem Hilter einen offenen Verrat verzeiht. Dennoch schafft er es nicht, die Goebelskinder vor ihrem Schicksal zu bewahren.

In weiteren Rollen sind zu sehen: Ulrich Noethen, Michael Mendl, Thomas Kretschmann, Christian Berkel, Matthias Habich, Andre Hennicke u.v.a.


Und als Fazit?

Nicht zuletzt durch die Wahlerfolge der Neonazis bei den letzten Landtagswahlen stellen sich viele Deutsche diese Fragen. Und allzu oft fallen die Antworten dürftig aus. Greifbare Zeitzeugen können uns nur oft nur noch vage Eindrücke vermitteln, die unter Umständen sogar noch durch die Lange Zeit verklärt werden können, Bücher sind oft langatmig und mehr darauf ausgelegt, eine Wertung abzugeben als die Geschichte zu erzählen. Dabei haben wir doch eine Wertung in uns. Ob „richtig“ oder „falsch“ ist zunächst mal zweitrangig. Wichtig für unser urteil oder einer Revidierung ist aber doch, eine möglichst objektive Sicht auf die Geschehnisse zu bekommen und so sein Urteil weiter zu präzisieren.

Aus diesem Blickwinkel ist der Film „Der Untergang“ von O.Hirschbiegel und B. Eichinger nicht gewagt oder eine Gratwanderung, sondern ein wichtiger Beitrag zu unserem Umgang mit der eigenen Geschichte. Und mit der Perversen Eigenschaft dieser: Wir wollen mit ihr abschließen, müssen uns dafür aber endlich mit ihr auseinander setzen.

41 Bewertungen, 2 Kommentare

  • morla

    14.10.2005, 02:06 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr hilfreich

  • Alusru

    25.09.2004, 23:02 Uhr von Alusru
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein Klasse Bericht zu einem schwierigen Thema, super, schade das es hier keine bessere Beurteilung gibt, lieben Gruß und schönes WE wünscht dir Uschi.