Deutsches Recht Testbericht

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Erfahrungsbericht von Calistra

Das gerichtliche Mahnverfahren - Tipps und Fakten

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Es gibt Personenkreise, mit denen haben die meisten von uns eher unfreiwillig zu tun. Dazu zählt auch der Gerichtsvollzieher. Sein Erscheinen jedoch lässt sich – im Gegensatz vom Besuch anderer ungeliebter Mitmenschen – durchaus vermeiden.

Die Begegnung mit einem Gerichtsvollzieher steht fast am Ende des gerichtlichen Mahnverfahrens. Das zweifelhafte Vergnügen, an diesem Verfahren teilhaben zu können, bekommt man, wenn man überschuldet ist.

Schulden zu haben an sich ist zwar nicht unbedingt erstrebenswert, aber noch nicht gefährlich. ÜBERschuldet zu sein hingegen bedeutet, eine solche Menge an Verbindlichkeiten aufgehäuft zu haben, dass deren Tilgung nicht mehr möglich ist. Hier beginnt dann das Problem:

Wenn eine Person „A“ einer Person „B“ einen bestimmten Betrag schuldet, hat „B“ die Möglichkeit, das gerichtliche Mahnverfahren gegen „A“ einzuleiten. In diesem Verfahren wird „A“ als Schuldner und „B“ als Gläubiger bezeichnet. Die meisten Gläubiger wenden sich zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche an einen Rechtsanwalt, da sie mit der rechtlichen Materie nicht besonders vertraut sind.

Der beauftragte Rechtsanwalt wird, bevor er die Ansprüche mit gerichtlicher Hilfe durchsetzt, erst noch einen mehr oder weniger gütlichen Einigungsversuch starten. Er setzt dann das
„Anwaltliche Aufforderungsschreiben“
auf.

Dies tut er jedoch nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern weil das anwaltliche Aufforderungsschreiben die rechtliche Folge hat, dass der Schuldner „in Verzug gesetzt“ wird. Das heißt, dass die Forderung angemahnt wurde und der Schuldner nun verpflichtet ist, dem Gläubiger alle anfallenden Gebühren (auch die Anwaltskosten!) sowie 5% Zinsen ab dem Verzugsdatum zu erstatten. Arbeitet der Gläubiger nachweislich mit einem Bankkredit, den er aufgrund der fehlenden Zahlung des Schuldners in Anspruch nehmen musste, müssen auch die hierdurch anfallenden Zinsen vom Schuldner erstattet werden. Das vom Rechtsanwalt gefertigte Schreiben zieht also einen ganzen Rattenschwanz an Rechtsfolgen nach sich. Der Verzug kann allerdings ohne anwaltliche Hilfe herbeigeführt werden und zwar durch Über-sendung eines entsprechenden Schreibens an den Schuldner. Dieses Schreiben enthält im wesentlichen folgende Angaben:

·Beschreibung und Entstehung der Forderung

·Erwähnung der bereits übersandten Rechnung sowie deren Datum und der zu zahlende Rechnungsbetrag

·Nochmalige Zahlungsaufforderung mit einer Fristsetzung von üblicherweise 14 Tagen.

Als Schuldner hat man nach Erhalt eines solchen Schreibens (ob es nun ein Rechtsanwalt oder der Gläubiger selbst aufgesetzt hat), die Wahl zwischen drei Alternativen:

1. Ausgleich der Forderung samt angefallener Zinsen und Kosten,

2. Versuch, sich mit dem Gläubiger zu einigen (z.B. Vereinbarung einer Ratenzahlung)

3. man unternimmt gar nichts.

Die letzte Alternative ist wirklich nur dann empfehlenswert, wenn die Forderung nachweislich nicht gerechtfertigt ist. Ansonsten handelt man sich mit der „Vogel-Strauß-Taktik“ nur noch mehr Ärger ein!

Kommt es zu einer gütlichen Einigung oder wird die Forderung getilgt, ist die Sache erledigt und alle Beteiligten sind zufrieden. Kann der Gläubiger oder dessen Rechtsanwalt nach Ablauf der gesetzten Frist jedoch weder einen Zahlungseingang noch sonst eine zufriedenstellende Reaktion des Schuldners feststellen, wird im Regelfall das gerichtliche Mahnverfahren eingeleitet. Dieses gliedert sich in folgende Abschnitte:

1. Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides

Dieser Antrag ist bei allen Amtsgerichten und in gut sortierten Schreibwarenläden zu erhalten. Auch er kann sowohl vom Gläubiger persönlich als auch von einem Rechtsbeistand im Namen des Gläubigers gestellt werden. Jedem Antragsformular liegt ein Hinweisblatt bei, welches beim korrekten Ausfüllen helfen soll. Hierbei ist besondere Sorgfalt wichtig: Nach Abreichung des Antrags wird lediglich geprüft, ob dieser formal korrekt ausgefüllt wurde, der Anspruch selbst bleibt von einer rechtlichen Prüfung unberührt. Mit Antragsabreichung beim zuständigen Amtsgericht (die Mahngerichte wurden zentralisiert, zuständig sind nun das AG Hagen sowie bei Auslandsforderun-gen das AG Berlin) sind Gerichtskosten zu zahlen. Diese richten sich nach der Höhe der Forderung , werden jedoch nach einer üblichen Tabelle (5/10) berechnet.

Wird der Mahnbescheid nach seiner Prüfung durch den Rechtspfleger als korrekt ausgefüllt eingestuft, wird er dem Schuldner (per Einschreiben) zugestellt. Darüber erhält der Gläubiger eine Zustellungsnachricht. Wurde das Formular nicht richtig ausgefüllt, erhält der Gläubiger eine Monierung, in der er gebeten wird, seinen Antrag zu berichtigen.
Der Schuldner bekommt nun also den Mahnbescheid. Hier ist es nun wichtig, zu reagieren. Es ist abzuwägen, ob die Forderung des Gläubigers berechtigt ist. Ist dies der Fall, sollte man mit aller Kraft versuchen, die Schuld zu tilgen. Für den Schuldner wird das gerichtliche Mahnverfahren mit zunehmender Dauer immer unangenehmer und teurer, daher sollte man das Verfahren schnellstmöglich stoppen.

Hält der Schuldner die Forderung des Gläubigers jedoch für ungerechtfertigt, kann er gegen den Mahnbescheid innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach dessen Zustellung Widerspruch einlegen. Das benötigte Formular samt Ausfüllhinweisen und Rechtsbelehrung sind dem Mahnbescheid in der Anlage beigefügt. Im Falle eines Widerspruchs gegen den Mahnbescheid erhält der Gläubiger hierüber Nachricht und das Verfahren wird vom Mahngericht an das Prozessgericht verwiesen. Der Gläubiger hat dann die Pflicht nochmals 25/10 Gerichtskosten einzuzahlen, sonst wird das Verfahren nicht fortgeführt. Daraufhin beraumt das Prozessgericht dann einen Termin zur mündlichen Verhandlung an und entscheidet über den Anspruch.

Hier gilt: Der Verlierer trägt alle anfallenden Kosten. Nach der Entscheidung durch das Prozessgericht ist die Angelegenheit dann erledigt.

Legt der Schuldner innerhalb der 14-Tage-Frist gegen den Mahnbescheid keinen Widerspruch ein und zahlt auch seine Schulden nicht, so kann der Gläubiger ab dem 15. Tag den Erlass eines Vollstreckungsbescheides beantragen. Auch dieses Formular ist leicht erhältlich und muss korrekt ausgefüllt werden. Der Antrag wird dann jedoch an das Amtsgericht gerichtet, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz hat. Wird der Vollstreckungsbescheid erlassen, erfolgt wiederum die Zustellung an den Schuldner, diesmal jedoch wird das Schriftstück von einem Gerichtsvollzieher übergeben. Der Gläubiger erhält auch hierüber Nachricht.

Für den Schuldner tickt jetzt die Uhr: Entweder, er tilgt nun seine Schulden, oder er legt in der gesetzlichen Frist von 14 Tagen nach Zustellung des Vollstreckungsbescheides Einspruch gegen diesen ein. oder der Gerichtsvollzieher kommt noch einmal vorbei – und das nicht nur, um ein Schriftstück zu übergeben.

Sind die 14 Tage ohne Reaktion des Schuldners verstrichen, hat nämlich der Gläubiger gute Karten, seine Forderung auf biegen und brechen durchzusetzen:

Er stellt einen Zwangsvollstreckungsantrag, meist noch in Kombination mit einem Antrag auf Anberaumung eines Termins zur „Eidesstattlichen Versicherung“.

Das nun folgende Prozedere ist dann wenig erfreulich: Der Gerichtsvollzieher sucht den Schuldner auf, um dessen Vermögen festzustellen und zu überprüfen, ob es Vermögensgegenstände gibt, die geeignet sind, den Gläubiger zu befriedigen. Hierbei kann es sich um Bargeld, Wertgegenstände, Kraftfahrzeuge, Hifi-Anlagen, Computer, wertvolle Tiere, aber auch um Lebensmittelvorräte handeln, die den Bedarf von 4 Wo-chen übersteigen. Jedoch muss der Gerichtsvollzieher – und damit der Gläubiger – dem Schuldner die Möglichkeit lassen, in einem bescheidenen Rahmen ein “geregeltes“ Leben zu führen. Hierzu gehören Kleidung, Wohnungseinrichtung, Elektrogeräte und Fernseher. Wird eines dieser Stücke gepfändet, ist der Gläubiger verpflichtet, dem Schuldner im Wege einer Austauschpfändung einen angemessenen Ersatz zu leisten (wenn z.B. eine Schuldnerin nur einen einzigen Mantel besitzt und es sich hierbei um einen Pelzmantel handelt, wird der Pelz gepfändet und die Schuldnerin erhält einen Wollmantel.)

Verläuft die Pfändung fruchtlos, wird der Schuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geladen. Hier empfiehlt es sich, zu erscheinen, auch wenn dies kein schönes Unterfangen ist. Erscheint ein Schuldner nämlich zu einem solchen Termin nicht, kann er verhaftet und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vorgeführt werden.

Hier wird nun ein umfassendes Vermögensverzeichnis erstellt. Konten, Sparbücher, Forderungen gegenüber Dritten, etwaige Wertgegenstände, Schenkungen und selbst die Daten eines etwaigen Arbeitsverhältnis werden protokolliert, um später für weitere Pfändungen verwertet werden zu können. Darauf folgt dann meist die Lohnpfändung, so dass dem Schuldner nur das Existenzminimum bleibt. Deshalb ein kleiner Aufruf an alle Schuldner:

1. Schulden sind nichts, wofür man sich schämen müsste! Wendet euch an eine Schuldnerberatung! Dort findet Ihr tatkräftige Hilfe, die Mitarbeiter werden mit euch einen Haushaltsplan erstellen, damit Ihr sehen könnt, wie ihr einige Kosten reduzieren könntet.

2. Versucht, euch mit eurem Gläubiger zu einigen! Zahlt Raten, selbst wenn diese sehr niedrig ausfallen!

3. Sollte der Gerichtsvollzieher vor eurer Tür stehen: Verhaltet euch kooperativ! Der Gläubiger wird seinen Anspruch durchsetzen und es kann nur von Vorteil für euch sein, wenn er dazu nicht zu allzu harten Mitteln greifen muss! Außerdem solltet Ihr bedenken, dass auch ein Gerichtsvollzieher nur seine Arbeit macht.

Das deutsche Mahnrecht ist leider für den Laien zu undurchsichtig gestaltet. Deshalb ist jedem, der sich überschuldet hat, dringend zu empfehlen, eine Beratungsstelle aufzusuchen. Hier sind falscher Stolz oder falsche Scham fehl am Platz. Setzt man sich mit dem Problem nicht auseinander, droht der Zusammenbruch einer ganzen Existenz.

26 Bewertungen, 6 Kommentare

  • Kranich

    25.03.2006, 02:40 Uhr von Kranich
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh - *lg und danke für gute rückbewertungen* :-))

  • maus1972

    31.07.2002, 10:08 Uhr von maus1972
    Bewertung: sehr hilfreich

    .... und wenn der schuldne eine eidesstaatliche abgibt das er nicht mehr zahlen kann bekommt der Kläger garnix mehr - so wurde das Geschäft meines Freundes zerstört und er wird noch jahrelang zahlen - an den Artikeln des Schuldners und an de

  • JoshuanDD

    11.05.2002, 02:01 Uhr von JoshuanDD
    Bewertung: sehr hilfreich

    Vielleicht sollte der Hinweis noch hinein, daß für den Schuldner trotz Vollstreckungsbescheid weitere Möglichkeiten bestehen... Ansonsten aber sehr gut!

  • awassa

    27.03.2002, 02:04 Uhr von awassa
    Bewertung: sehr hilfreich

    ein interessanter und sehr nützlicher Beitrag! :-) LG Karo

  • Tomcat01

    26.03.2002, 23:48 Uhr von Tomcat01
    Bewertung: sehr hilfreich

    TOP Meinung !

  • Datenzwerg

    26.03.2002, 23:24 Uhr von Datenzwerg
    Bewertung: sehr hilfreich

    Superausführlicher Bericht! Bist Du Jurist?