Deutsches Recht Testbericht

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Erfahrungsbericht von harhuettne

Über Zensur/Indizierung in Deutschland

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Ich finde Zensur in fast allen Fällen absolut überflüssig, da dadurch der volljährige Bürger um etwas gebracht wird, was von manchen als schlecht und verabscheuungswürdig angesehen wird, aber für viele Leute eigentlich nur einen vergnüglichen Zweitvertreib darstellt.

Damit meine ich besonders gewalttätige Video- und Computerspiele, aber auch Filme, Comics und dergleichen. In Deutschland wird die Zensur etwas anders gehandhabt als in anderen Ländern. Es existiert zunächst einmal ein normales Ratingsystem, das Altersempfehlungen bzw. -vorgaben ausspricht. Dabei handelt es sich um die FSK (freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) und die USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle).

Die FSK spricht verbindliche Anordnungen aus, an die man sich auch zu halten hat. Beispielsweise darf ein 16jähriger nicht einmal in Begleitung seiner Eltern einen Film ab 18 sehen, was ich als einen behördlichen Eingriff in das Erziehungsrecht ansehe. Wenn die Eltern entscheiden, daß ihr Kind einen Film ab 18 sehen darf, dann hat der Staat keinesfalls das Recht, sich hier einzumischen. In anderen Ländern, wie zum Beispiel den USA, werden Filme auch eingestuft, ein Kind darf zum Beispiel in Begleitung seiner Eltern einen Film ab 17 sehen, allein jedoch nicht. Warum ist das bei uns nicht genauso? Zumal ja der Sinn mancher Ratings wirklich angezweifelt werden darf - ist doch beispielweise das durchaus brutale "Geisterschloß" (1999) ab 12 Jahren freigegeben. Hier wird unter anderem ein Mensch blutig enthauptet. Dann gibt es Filme wie "Nur noch 60 Sekunden", wo am Ende lediglich ein Mensch von einem Gerüst o.ä. stürzt und so umkommt. Dieser Film wurde ab 16 eingestuft. Verstehen kann ich das beim besten Willen nicht, besonders, da es sich nicht um Einzelfälle handelt und so etwas schon ziemlich oft vorkam. Die Eltern können viel besser und vor allem individuell für ihr Kind beurteilen, ob ein solcher Film geeignet ist oder nicht. Anhand der offenkundigen Inkompetenz der FSK wäre eine unverbindliche Altersempfehlung wie bei der USK empfehlenswert.

Die USK testet Spiele und vergibt dann ein Rating, welches jedoch unverbindlich ist. Es ist also theoretisch nicht verboten, einem z.B. 16jährigen ein Spiel ab 18 zu verkaufen, was ich auch gut fände, da dann die Entscheidung den Eltern überlassen wird. Und man findet sowieso selten Verkäufer, die darüber informiert sind - die meisten halten das USK-Rating für verbindlich. So kann es schon mal passieren, daß ein Verkäufer einen 16jährigen nach seinem Ausweis fragt, wenn dieser ein 18er Spiel kaufen will. Oft bleibt einem dann nur noch ein Wechsel des Geschäftes, da die meisten Verkäufer stur bleiben und schlecht informiert sind.

Das außergewöhnliche in Deutschland ist jedoch die Indizierung. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) tritt auf Antrag von Jugendämtern, die oft von besorgten Eltern oder wichtigtuerischen Pseudo-Jugendschützern eingeschaltet werden, zusammen und begutachtet das jeweilige Medium. Das können Filme, PC- und Videospiele, Bücher, Comics, CDs und Internetseiten sein.

Die Tatsache, daß dieses Gremium zum Großteil aus Leuten jenseits der 50, die aus kirchlichen Ämtern, der Literatur oder sonsteiner ähnlichen Gruppierung kommen, besteht, läßt nicht gerade auf großes Verständnis und schon gar nicht auf Toleranz schließen. So werden dann also munter gewalttätige, pornographische und nationalsozialistische "Schriften" indiziert oder gar beschlagnahmt. Bei dem Nazi-Kram ist das wohl sicherlich absolut gutzuheißen, aber ich könnte mich schon ärgern, wenn ein blutiges PC-Spiel oder ein Film indiziert oder gar beschlagnahmt werden. Ich finde es auch nicht richtig, wenn pornographische Objekte indiziert werden. Denn es gibt Leute, die an so etwas Gefallen finden, und nur weil es einigen nicht gefällt (mir gefällt es auch nicht, aber hier ist Toleranz gefragt!) muß man es nicht verbieten. Kinderpornographie ausgenommen.

Indizierung ist zwar keine direkte Zensur, es bedeutet "lediglich" ein Werbeverbot für das Produkt, es darf nur unter der Ladentheke nach Altersnachweis verkauft werden und darf Minderjährigen weder einsehbar noch zugänglich sein.
Praktisch gesehen bedeutet das jedoch Zensur, da die Produkte vom Hersteller vom Markt genommen werden, weil mit indizierten Spielen/Filmen & Co. kein Geld mehr zu verdienen ist, da ja nicht mehr dafür geworben wird und der Kauf erheblichst erschwert wird.

Ich finde es traurig, daß gerade ein Land wie Deutschland zu solch harten Maßnahmen greift, wo doch wirklich erwiesen ist, daß gewalttätige Spiele/Filme keinen Jugendlichen wirklich gewalttätig machen. Die Ursachen liegen in der Psyche der jeweiligen Täter, nicht bei irgendwelchen Spielen, wo halt viel Blut spritzt und Menschen grausamst abgeschlachtet werden. Aber wenn die Gesellschaft kranke Individuen produziert, muß eben ein Sündenbock her - in den 60er Jahren war es Rock and Roll, in den 80er Jahren waren es vorwiegend Filme und jetzt ist plötzlich ein PC-Spiel für das Durchdrehen von Kindern verantwortlich. Daran ist in erheblichem Maße die Presse schuld - versucht sie doch mit reißerischen Verurteilungen dieser Spiele/Filme, von den wirklichen Ursachen abzulenken, womit sie den Nerv der Gesellschaft exakt trifft - keiner will schuld sein, nein, es ist nicht unsere gnadenlose Ellenbogengesellschaft, wo eben in Kauf genommen wird, daß manche auf der Strecke bleiben, nein, es ist nicht das zerrüttete Elternhaus, wo der Vater die Mutter schlägt und die Kinder unter allem möglichem zu leiden haben, nein, es sind Ballerspiele oder Horrofilme verantwortlich.

Die ach so hochtrabenden Magazine á la Focus TV und Co. haben doch damals, 1999, beim Amoklauf eines Jungen in Bad Reichenhall, über die Widerlichkeit und den Ekel von Spielen á la Quake, Blood & Co. berichtet. Diese journalistisch wenig anspruchsvollen und von inkompetenten, quotengeilen Redakteuren gemachten Beiträge beschränkten sich darauf, diese Spiele und jeden, der sie spielt, ausnahmslos zu verteufeln. Da wurde verächtlich über LAN-Parties berichtet, da wurden Szenen aus Blood 2: The Chosen gezeigt, wo eine Zivilistin um ihr Leben fleht und danach in Stücke geschossen wird. Klar, daß sowas bei den Leuten ankommt - in ihrer grenzenlosen, aus Dummheit und Unverständnis resultierenden Wut waren sich alle im Lande einig. Nur die einigermaßen intelligenten und kritischen Zuschauer und Leser konnten die Dümmlichkeit dieser Berichte erkennen - denn sie waren nichts anderes als Hetze gegen diese Spiele und Filme. Man kann wirklich nur noch den Kopf schütteln über so etwas.

So, ich denke, nun habe ich meine Meinung ausführlich dargelegt und ich hoffe auf ein paar interessante Kommentare zu dieser Meinung - denn mich würde interessieren, wie ihr das seht und ob ihr auch selbst solche Spiele/Filme & Co. mögt. Ich bin gespannt, ob es auch Leute gibt, denen diese Sachen nicht gefallen und die trotzdem tolerant genug sind, sie und die Leute, die sie benutzen, nicht zu verteufeln.


© 2/2002 (YOPI) & 6/2001 (CIAO) by harhuettne

25 Bewertungen, 2 Kommentare

  • Simonster

    14.08.2002, 00:08 Uhr von Simonster
    Bewertung: sehr hilfreich

    Super Bericht! Ausführlich und informativ. Grüße, Simonster

  • cafemausi

    28.02.2002, 20:58 Uhr von cafemausi
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich verteufle diese Leute nicht, jeder soll so leben, wie er will. Und das diesen Leuten gefällt, muß mir ja noch lange nicht gefallen - gottseidank-