Die Kinder des Monsieur Mathieu (DVD) Testbericht

ab 4,98
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Erfahrungsbericht von w.gruentjens

Überzeichnetes Lehrermärchen

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Die Kinder des Monsieur Mathieu haben mich lange Zeit nicht ins Kino locken können, weil ich fürchtete, mit den Zutaten der schwierigen Kinder, der autoritativen Erziehung und des Wunderlehrers eine weitere Variante des Klischees von Sister Act und toten Dichtern als Kitsch aufgewärmt zu bekommen. Wir werden sehen, ob meine Befürchtung berechtigt gewesen ist:

Es handelt sich nach eigenen Angaben des Films um ein Remake von "Der Käfig der Nachtigall (Le Cage du rossignol)". Wir finden hier eine Rahmenhandlung. Im Rahmen wird zunächst ein Dirigent gezeigt, der durch die Nachricht vom Tode seiner Mutter erschüttert wird. Kurz vor der Beerdigung besucht ihn ein früherer Mitschüler, um ihm das Tagebuch des Monsieur Mathieu zu übergeben, wie es Matthieus Wille gewesen ist. Springen wir nun in die Haupthandlung und damit ca. 60 Jahre zurück:

Ein nicht mehr ganz junger Monsieur Mathieu kommt als Aufseher und Pedell an eine Schule mit Internat für schwer Erziehbare. Dort erlebt er, wie der Direktor nach seiner Devise Aktion - Reaktion die Schüler mit schweren Kerkerstrafen belegt. Mathieu verwundert die Schüler dadurch, dass er sie nicht verpetzt, sondern ihnen helfen will, aus ihren Schwierigkeiten herauszukommen.

Sein heimliches Hobby ist die Musik; er kann sogar dirigieren und komponieren. Nachdem er sich die Zuneigung seiner Schüler erworben hat, kommt er auf die Idee, mit ihnen einen Chor zu gründen. Dabei stößt er zwar auf den Widerstand des Direktors, aber dieser lässt ihn zunächst gewähren.

Die Handlung nimmt noch viele Wendungen, und dies hin bis zu Attentaten, Mordversuchen, Brandstiftung, Diebstahl, Chorverbot, heimlicher Probe, der Verliebtheit von Matthieu in die Mutter Pierres..

Einer der jungen Sänger, eben dieser Pierre, ist besonders begabt - es ist natürlich der Dirigent aus der Rahmenhandlung - und übernimmt im Chor die Solopartien. Kompliziert wird die Angelegenheit dann, als ein Psychiater einen Schüler, der besonders schwierig ist, von dem man aber eine Integrationsmöglichkeit erwartet, in diese Schule bringt.

Richtig spannend wird es aber, als dann auch noch die Schulkasse aufgebrochen und ausgeraubt wird. Natürlich wird der besonders schwierige Schüler dafür verantwortlich gemacht. Er wird vom Direktor fast schon gefoltert, damit er ein Geständnis ablegt. Dafür wird er sich noch bitter rächen ...


Wenn ich nun die Qualität des Filmes betrachte, dann gilt hier wieder einmal: Weniger wäre mehr gewesen. Der Film krächzt mit seinen Übertreibungen und handwerklichen Ungeschicklichkeiten immer hart entweder an der Mittelmäßigkeit oder am Kitsch entlang; und auch wenn - auch gebildete - Zuschauer ihn nicht als Kitsch empfunden haben, so hat mich diese Tatsache, dass er sich zu sehr in die Nähe von Kitsch oder Ungeschicklichkeit bewegt, doch gestört.

Ich will das auch begründen: Bei der Auswahl der Stimmen kann es schon mal vorkommen, dass ein Sopran von Mathieu als Alt, ein Tenor als Bass eingestuft wird. Dann ist es schon störend, dass der Chor zwar am Anfang noch sehr mittelmäßig singt, dann immer besser, dann professionell. Das alles mag noch glaubhaft sein; dass aber der Chor schließlich nicht mehr mit Knaben- sondern mit Frauenstimmen auftritt und mit großem Orchester wiedergegeben wird, obwohl im Film kein Orchester vorkommt, ist schon eine peinliche Übertreibung.

Ein weiteres Beispiel: Der Direktor, der so furchtbar streng geschildert ist, um seine eigene pädagogische Unzulänglichkeit zu überdecken, lässt auf einmal Papierflieger fliegen. Aber hier wird das Publikum nur an der Nase herumgeführt, denn kurz darauf wird er wieder zum schlimmen Un-Pädagogen.

Die Story ist also übertrieben, die handwerkliche Umsetzung auffällig schwach, die Reduktion, die den Schritt zur Kunst tun würde, fehlt völlig; die Musik spielt sogar in Reden hinein. Das alles muss eigentlich nicht sein; man weiß es ja mittlerweile besser. Wenn man sich trotzdem dadurch vor dem Durchschnittspublikum verneigt, dann kann man eben auch nur Durchschnitt schaffen, keine Kunst, nicht einmal Kunsthandwerk.

Die Kamera bietet gute handwerkliche Leistung, ohne künstlerische Ambitionen oder expressionistische Aussagen. Sie schildert die Szenen immer so, wie sie im durchschnittlichen Handbuch der Kameraführung beschrieben sind.

Wenn ich nun die Schauspieler betrachte, so fällt mir vor allem der Schauspieler des von der Psychiatrie kommenden Schülers auf. Dessen Leistung ist wirklich überragend; auch wenn er dem Zuschauer nicht sympathisch werden kann, so bringt er doch die Rolle es mehr als schwierigen Schülers überzeugend.


Kann ich nun eine Empfehlung für diesen Film geben, nachdem ich seine Schwächen so unangenehm empfunden habe? Bei aller Betroffenheit - ich meine damit, dass mich die Grenze zum Kitsch, verbunden mit handwerklichen Fehlern immer betroffen macht - habe ich mich doch zu einer Empfehlung entschlossen. Der Film ist immer noch um Längen besser als das, was uns in amerikanischen Romanzen, Komödien und manchmal sogar Dramen geboten wird.

Wer einen Film sehen möchte, der interessant ist, eine gute, wenn auch übertriebene Story hat, zum Nachdenken anregt, der ist hier recht gut aufgehoben. Man muss sich allerdings darüber klar sein, dass der Film viele gute Ansätze durch die Übertreibung möglicherweise wieder zerstört.

35 Bewertungen, 2 Kommentare

  • Royal

    06.11.2004, 13:37 Uhr von Royal
    Bewertung: sehr hilfreich

    der film ist einfach herrlich. total romantisch und süß. genau das richtige um seine freundin mal ins kino auszuführen.

  • anonym

    08.10.2004, 13:26 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    ... netter Tippfehler ;)