Die Nacht vor der Hochzeit (DVD) Testbericht
Erfahrungsbericht von Gemeinwesen
Der Spezialeffekt heißt "Witz"
Pro:
Komödien - Klassiker mit toller Besetzung
Kontra:
Der DVD-Transfer ist etwas enttäuschend
Empfehlung:
Ja
Das schwarz-weiße Original mag ich aber noch ein bisschen mehr. Vor einiger Zeit ist die mit zwei Academy Awards (Bestes Originaldrehbuch, Bester männlicher Nebendarsteller) ausgezeichnete Komödie auf DVD erschienen, und "Die Nacht vor der Hochzeit" war für mich ein selbstverständlicher Kandidat für meine Filmsammlung - obwohl oder gerade weil (eine grässliche Phrase, aber hier hat sie tatsächlich ihre Berechtigung) ich den Film lange nicht mehr gesehen hatte. In dieser Woche habe ich meine Bekanntschaft mit "Die Nacht vor der Hochzeit" erneuert, und möglicherweise gefällt er mir heute besser denn je.
Dafür gibt es gute Gründe, und die könnte man sämtlich aufzählen. Man könnte sie aber auch einfach auf einen Grund reduzieren und sagen: An "Die Nacht vor der Hochzeit" stimmt einfach alles.
"Die Nacht vor der Hochzeit" stammt aus einer Zeit, in der noch die Überzeugung herrschte, dass der gelungenste aller Spezialeffekte der ist, den der Zuschauer nicht als Spezialeffekt wahrnimmt: Gute Illusionsmalerei lässt die Frage danach, ob die Bergkette im Hintergrund nun echt ist oder nicht, gar nicht erst aufkommen. Auch "Die Nacht vor der Hochzeit" wartet einem solchen im besten Sinne altmodischen Spezialeffekt auf, und der hat einen Namen: Er heißt Witz.
"Die Nacht vor der Hochzeit" ist witzig, und das in des Wortes eigentlicher Bedeutung. Der Film ist geistreich, und er lebt vor allem von intelligenten Dialogen - anders gesagt: das Theaterstück, das dem oscarprämierten Drehbuch von Donald Ogden Stewart Film zugrunde liegt, ist offenbar ein tolles Ausgangsmaterial. Die Story, die der Film erzählt, ist dabei denkbar einfach: Die burschikose Tracy Samantha Lord (Katherine Hepburn) hat sich von ihrem Ehemann C.K. Dexter Haven (Cary Grant) getrennt und beabsichtigt nun, den Bund der Ehe mit dem kreuzbraven George Kittredge (John Howard) einzugehen. Der ist offensichtlich das, was man einen anständigen Kerl nennt: Kommt aus kleinen Verhältnissen. Hat sich hochgearbeitet. Hat es, wie man so sagt, zu etwas gebracht. Mit eigener Hände Arbeit. Ist ein Mensch mit Prinzipien. Und langweilig.
C.K. Dexter Haven ist da schon von einem etwas anderen Schlag. Entwirft und baut Segelyachten. Ist von Geburt an Mitglied der feinen Gesellschaft. Spielt Golf. Macht mit seinen Schlägen Schlagzeilen. Allerdings nicht mit denen beim Golf. Soll seine Frau Tracy geschlagen haben, hieß es. Schuld daran sei sein Handicap, der Whisky, behauptet man.
Tracys kleine Schwester Dinah ist jedenfalls vom alten Schwager sehr viel mehr angetan als vom Schwager in spe und würde so ziemlich alles tun, um die Hochzeit zu verhindern. Da kommt die kleine Gemeinheit, auf die Tracys Ex verfallen ist, gerade recht. Der hat mit Elizabeth Imbrie (Ruth Hussey) und Macaulay Connor (oscarprämiert: James Stewart) nämlich zwei Leutchen eines Berufszweiges auf das Anwesen der Lords geschmuggelt, den diese überhaupt nicht goutieren: Gesellschaftsreporter mag man bei den Lords gar nicht. Zu dumm, dass der gewiefte Haven auch noch um gewisse familiäre Pikanterien weiß. Da die aber nun auf gar keinen Fall an die Öffentlichkeit dringen sollen, einigen sich Tracy und C.K. Dexter auf einen Kuhhandel: Tracy wird gute Miene zum bösen Spiel machen, Fotografin Imbrie und Reporter Connor bekommen ihre "Philadelphia Story", und C.K. Dexter wird dafür gewisse Dinge brav für sich behalten.
Reporter Connor gibt sich für die Home Story aus der Welt der Schönen und Reichen aus Philadelphia allerdings auch nur her, weil sein Chef ihm die Pistole auf die Brust gesetzt hat: Eigentlich sind solche indiskreten Blicke durchs Schlüsselloch ja weit unter dem Niveau eines Journalisten, der nebenberuflich anspruchsvolle Kurzgeschichten schreibt. Die verkaufen sich zwar nicht sonderlich gut, aber zu Connors Überraschung zeigen sich sowohl C.D. Dexter Haven als auch Tracy Lord literarisch durchaus interessiert und entsprechen damit so gar nicht dem Bild, das Connor sich von den Schnösels der Upper Class gemacht hat. So fällt im Laufe der Handlung noch manches Vorurteil: nicht alle Mitglieder der High Society sind unverbesserliche Snobs, und nicht alle Reporter sind Schreiberlinge, deren Talent nur für die Kolumne mit dem Gesellschaftsklatsch reicht.
Nach rund 104 Minuten findet alles ein Happy End: Fast in letzter Minute finden doch noch die Richtigen zueinander, und alle haben, ganz en passant, eine kleine Lektion darüber erhalten, wie dumm doch allzu vorschnelle Urteile sein können.
R e s ü m e e
"Die Nacht vor der Hochzeit" ist ein Klassiker, der aus einer ganzen Reihe von Gründen sehenswert ist. Da ist vor allem das gescheite Drehbuch, das es schafft, die Figuren des Films durchaus gewichtige Themen verhandeln zu lassen, ohne dass die Dialoge aufgesetzt klingen. Überhaupt ist das Personeninventar erfreulich glaubwürdig: "Die Nacht vor der Hochzeit" ist witzig, verzichtet aber auf jeden billigen Klamauk. Hier treiben allein bestens aufgelegte Darsteller und gute Dialoge die Handlung voran. Katherine Hepburn ist gewohnt toll, Cary Grants Spiel ist vornehm zurückhaltend, und James Stewarts Auftritt als ziemlich angesäuselter Reporter müsste auch Zuschauern Respekt abnötigen, die Stewart sonst nicht viel abgewinnen können.
Die Nebenrollen sind ebenfalls glänzend besetzt, und so ist "Die Nacht vor der Hochzeit" wirklich ein ungetrübtes, feinsinniges Vergnügen.
Für den Film selbst gibt's von mir fünf Sterne, für die kürzlich erschienene DVD trotz sehens- und hörenswerten Bonusmaterials allerdings nur vier Sterne: Englischsprachiger Originalton wie auch deutsche Synchronfassung sind zwar qualitativ in Ordnung, dafür ist das Bild aber leider recht flau. Zusätzlich getrübt wird der Filmgenuss durch ein merkliches Flackern, das die Augen schon nach vergleichsweise kurzer Zeit sehr anstrengt - hier wäre technisch bestimmt mehr möglich gewesen.
34 Bewertungen, 11 Kommentare
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31.12.2006, 16:07 Uhr von hjid55
Bewertung: sehr hilfreichsh & wünsch dir eine schöne Silvesterfete. lg Sarah
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04.03.2006, 02:36 Uhr von guts2607
Bewertung: weniger hilfreichDer Bericht wäre ja eigentlich ganz gut... aber da du das Ende verätst habe ich echt kein Bedürfnis mehr den Film zu sehen. Wäre das nicht gewesen hättest du ein SH bekommen.
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25.02.2006, 13:34 Uhr von Ilka123
Bewertung: sehr hilfreichlg, Ilka123
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25.02.2006, 13:30 Uhr von Nathalie
Bewertung: sehr hilfreichsh.Liebe grüsse Nathalie
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24.02.2006, 14:26 Uhr von golfgirl
Bewertung: sehr hilfreichsh>>>freue mich immer über gegenlesungen
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24.02.2006, 07:54 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreichDanke für den Tip. Ein Film, den ich noch nicht kenne, aber unbedingt kennen muss.
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24.02.2006, 02:28 Uhr von WreckRin
Bewertung: sehr hilfreichSH, freue mich über Gegenlesungen
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24.02.2006, 01:48 Uhr von Lidlefood
Bewertung: sehr hilfreichsehr hilfreich <br/>
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24.02.2006, 00:56 Uhr von sindimindi
Bewertung: sehr hilfreichEndlich mal ein Film, den ich mindestens genauso gut kenne wie Du...:-) - Ich mag den Film , aber ich liebe die reizende Katherine Hepburn...und natürlich Cary Crant! <br/>Gegen die brilliante Hepburn wirkte ihre "Nachfolgerin" Grace Kelly eher e
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24.02.2006, 00:53 Uhr von Finalsteini
Bewertung: sehr hilfreichSH...so muss es sein
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24.02.2006, 00:04 Uhr von Betthuepfer
Bewertung: sehr hilfreichSH wie immer LG Jenny
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