Die fetten Jahre sind vorbei (DVD) Testbericht

ab 6,79
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Summe aller Bewertungen
  • Action:  viel
  • Anspruch:  sehr anspruchsvoll
  • Romantik:  hoch
  • Humor:  humorvoll
  • Spannung:  spannend

Erfahrungsbericht von ichbingut2

Nieder mit dem Kapitalismus - die Gerechtigkeit siegt?

Pro:

Schauspieler Inhalt

Kontra:

--

Empfehlung:

Ja

Ausgezeichnet unter anderem zum besten deutschen Film bei den Filmfestspielen in Cannes. Zu Recht! \"Die fetten Jahre sind vorbei!\" von Hans Weingartner, schafft es eine Botschaft zu übermitteln die in meinen Augen trotzdem nicht zu fanatisch oder überheblich klingt.

Ein Film zum passenden Zeitpunkt. Erst vor kurzem sind die ersten Berichte der Bundesregierung durchgesickert die besagen, dass 10% der Bevölkerung sich 48%
des gesamten Geldes, welches in Deutschland in Umlauf ist, teilen. Die anderen 90 teilen sich den Rest. Die Kluft zwischen arm und reich wird auch in den nächsten Jahren noch mehr steigen - das ist eine Tatsache. Der Film \"Die fetten Jahre sind vorbei!\" unterstreicht genau diese Tatsache in einem gekonnten Mix aus Alltäglichkeit, Kuriosität und einem Batzen Realität!

INHALT:

Eine wunderschöne Villa, groß, pompös, mit weißem Marmor und weitläufigen, hohen Räumen. Die wohlhabende Familie fährt mit dem dicken Wagen vor. Geschniegelt vom Scheitel bis zur Sohle betreten sie ihr Haus. Ein Stofftier liegt auf dem Boden, die Stereoanlage steht im Kühlschrank und verschieden Möbel sind mitten im Zimmer zu einem großen Turm zusammen gebaut. \"Die fetten Jahre sind vorbei!\" das ist die einzige Message die die Einbrecher hinterlassen haben.

Diese oder die Botschaft „Sie haben zu viel Geld! Die Erziehungsberechtigten“ hinterlassen Jan (Daniel Brühl) und Peter (Stipe Erceg) immer wenn sie in eine Nobelvilla einbrechen. Sie stehlen nichts, denn das würde sie zu ganz normalen Einbrechern machen. Sie wollen die „hohe Gesellschaft“ aufrütteln. Ihr Ziel ist es die Menschen zum nachdenken zu bringen und so wie Jan sagt, am Bankschalter ein kleines Männchen Ihnen „Sie haben zu viel Geld!“ zu flüstert.

Die beiden Jungs wohnen in einer WG ohne Tapete an der Wand. Einfach und ohne Schnick- Schnack. Sie sind gegen das System und gegen jede Normalität und Regel! Sie arbeiten nicht und gehen auch nicht zur Schule.

Jule (Julia Jentsch) protestiert in der Fußgängerzone gegen Kinderarbeit und als sie nach Hause kommt wird Ihr die Kündigung für Ihre Wohnung in die Hand gedrückt. Arbeiten tut sie als Bedienung überwiegend um ihre Schulden zu tilgen. Bei einem Autounfall hatte sie die Schuld an einem Totalschaden und da sie den Versicherungsbetrag nicht bezahlt hat muss sie jetzt 100.000 Euro für das Auto eines Millionärs ab bezahlen.

Sie wohnt also fort an bei Ihrem Freund, Peter. Dieser wohnt mit Jan zusammen und muss für kurze Zeit verreisen und so hilft Jan ihr Ihre Wohnung zu renovieren um die Kaution zurück zu bekommen. Dabei lernen sich Jan und Jule erst richtig kennen und verlieben sich.

An einem Abend bricht Jan mit Jule in eine Nobelvilla ein und sie werden erwischt. So kommt es dann ungewollt zu einer Entführung. Und ab da beginnt für mich der zweite Teil des Films.

Dieser „zweite Teil“ ist in meinen Augen der gelungenere. Er spielt dann nicht mehr in Berlin, sondern in einer Berggegend, friedlich, einsam und schön. Dort entsteht zwischen Jan, Jule, Peter und Hagenberg(Burkhart Klaussner ),dem Entführten, so was wie eine Bindung. Sie führen Gespräche über ihre unterschiedlichen Ansichten der Welt, schlafen nebeneinander und spielen Mau Mau. Nebenbei sind die drei jungen Leute aber auch sehr mit sich selbst beschäftigt weil Jan und Jule ihre Gefühle zueinander nicht weiter vor Peter verheimlichen und unterdrücken können.

Man bekommt als Zuschauer ein ganzes und klares Bild von dem vermittelt um das es geht. Von der „einen“ und auch von der \"anderen Seite“. Oft habe ich mich beim nicken ertappt und ich bin mal nicht aus dem Kino raus gegangen und dachte „Recht haben sie ja, aber sehr übertrieben, das ganze.“

Man fragt sich die ganze Zeit wie das wohl enden wird und ob am Ende wohl einfach alles gut ist...so wie es im realen Leben nicht wäre. So wie es unrealistisch wäre. So, dass man sagt, „Das ist eben ein Film!“

Ich möchte das Ende nicht verraten, aber ich finde es sehr gelungen. Man sagt nicht mehr aus vollster Überzeugung „Es ist ja nur ein Film!“. Der Film zeigt durchaus noch mal auf, dass die Realität und die Menschen die in ihr leben eben anders sind und egal wie sehr sie es oft wollen, nicht aus Ihrer Haut können!

SCHAUSPIELER / TECHNIK:

Schauspielerisch ist dieser Film klasse. Er ist es deshalb weil sich niemand auffällig verstellt. Die Menschen scheinen so zu sein wie sie dort gezeigt werden. Sie sehen aus als wären sie nie in der Maske gewesen und reden (gerade Peter) als würden sie mit Ihrem besten Kumpel sprechen. Dabei hat man aber nicht den Eindruck von Unprofessionalität, sondern eher den, mitten dabei zu sein, sich damit identifizieren zu können! Die Kameraführung unterstreicht das. Sie ist nicht herkömmlich perfekt, aber auch nicht so wackelig, dass einem schlecht werden kann.

Der Film enthält neben einer Botschaft, eine zwischenmenschliche Story und Witz. Mit meiner Ansicht nach gekonnter Situationskomik wird für Abwechslung gesorgt:

\"...und irgendwann erwischt du dich dabei wie du in der Wahlkabine stehst
und dein Kreuzchen bei der CDU machst!\"

\"Wir brauchen Kaffee, Klopapier und Wein. Ich frage Hagenberg mal ob er
einen ausgibt.\"

FAZIT:

Dieser Film ist in jedem Fall gelungen. Man muss ihn vielleicht nicht unbedingt gesehen haben, denn wer redet schon groß über solche Filme, aber ich finde man sollte ihn gesehen haben. Man kommt aus dem Kino und ist schwer am nachdenken. Nicht nur über die Ungerechtigkeit im Leben und über Menschen mit anderen Ansichten, aus einer „anderen Welt“, sondern auch über zwischenmenschliche Beziehungen wie die zwischen Jan und Peter und wie sie mit ihren Gefühlen umgehen.


KRITIK:

Während des zweiten Teils des Films habe ich mich immer wieder gefragt wo die
drei das Geld her nehmen um das was sie machen zu finanzieren. Sie fahren
hunderte Kilometer mit dem Busschen, trinken Wein und kiffen, arbeiten aber nicht. All diese
Sachen kosten Geld und so sieht man, dass man zwar gegen das System wie es
ist rebellieren kann, sich aber doch in gewisser Weise anpassen muss und es irgendwie akzeptieren muss!

Wenn Ihr euch noch genaueres über den Film angucken wollt geht doch einfach mal auf die Homepage: www.diefettenjahre.de

24 Bewertungen, 1 Kommentar

  • kruemel02

    27.02.2005, 13:23 Uhr von kruemel02
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schon die Besetzung ist eine Auszeichnung wert. Schöner Bericht. Viele Grüße von Oli