Dr. Seltsam oder Wie ich lernte die Bombe zu lieben (DVD) Testbericht

Dr-seltsam-oder-wie-ich-lernte-die-bombe-zu-lieben-dvd-komoedie
ab 7,63
Auf yopi.de gelistet seit 04/2011
5 Sterne
(7)
4 Sterne
(0)
3 Sterne
(0)
2 Sterne
(0)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(0)
Summe aller Bewertungen
  • Action:  viel
  • Anspruch:  anspruchsvoll
  • Romantik:  sehr niedrig
  • Humor:  sehr humorvoll
  • Spannung:  spannend

Erfahrungsbericht von 0-8-15

Dem kalten Krieg wird eingeheizt

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Was mag sich wohl hinter diesem ungewöhnlichen Namen verbergen? Eine rabenschwarze Satire von Stanley Kubrick natürlich, hattet ihr etwas anderes gedacht?

Aber was bedeutet nun dieser ‚seltsame’ Titel? Um das zu erklären muss man natürlich ein wenig ausholen, ich möchte nur sagen, dass wie so oft auch hier der deutsche Titel im Gegensatz zum Original ein wenig ‚verhunzt’ wurde. Eigentlich müsste es heißen: „Dr. Seltsam, oder wie ich lernte mich nicht mehr zu sorgen und die Bombe zu lieben“ („Dr. Strangelove or how I learned to stop worrying and love the bomb“).


************** Handlung **************

Um zu erklären was es mit der besagten Bombe auf sich hat und warum man sie lieben lernen könnte, werde ich euch die Geschichte erzählen (Vorsicht, ich werde auch das Ende verraten):

Wir schreiben das Jahr … Hmm keine Ahnung, aber die Geschichte spielt in der Nachkriegszeit, sprich in der Zeit des Kalten Krieges. Der General Jack D. Ripper nimmt den kalten Krieg in die Hand. Er befiehlt seiner B52-Staffel, allesamt mit atomaren Sprengköpfen und Zielen in Russland ausgerüstet, einen Angriff nach Plan R. Plan R ist ein Plan für den Fall, dass die normale Befehlskette unterbrochen wurde, d.h. die Befehlsgewalt in der Hand des Stützpunktgenerals liegt. Hinzu kommt, dass der normale Funkverkehr sofort unterbunden wird, und nur noch über eine spezielle Frequenz, mit einem speziellen Code (den nur Jack D. Ripper kennt) kommuniziert werden kann. Folglich wird der Angriff sofort nach Befehl ein Selbstläufer, der nur mit dem entsprechenden Funkcode gestoppt werden kann.
Setzt man voraus, dass der Angriff gelingt, wird Russland wohl mit aller Macht gegen Amerika vorgehen. Das wird auch dem Pentagon bewusst. Allerdings scheint die einzige Möglichkeit zu sein mit aller Streitmacht Russland anzugreifen, um einem möglichen Antwortschlag vorzubeugen. Soweit der Plan des zugegeben etwas verrückten Generals Jack D. Ripper.

Nachdem aber der Stützpunkt des Generals von den Amerikaner weitgehend eingenommen wird (ist schon irgendwie paradox), begeht Ripper Selbstmord und nimmt so das Geheimnis des Rückholcodes mit ins Grab. Das Pentagon hat derzeit schon die Russen informiert, die daraufhin beginnen die ersten Bomber abzuschießen.
In einer Zwischensequenz wird einer der Bomber, dessen Kommandeur ein richtig typischer Cowboy-Hut-Yankee ist, von einer russischen Rakete getroffen, woraufhin der Funk ausfällt und Treibstoff verloren geht. Aber die Maschine fliegt, motiviert von einigen Yankee-Sprüchen, knapp über dem Boden unbeirrt weiter. So bekommt sie auch nichts von dem Rückruf mit, der, nachdem ein englischer Austauschgeneral den Code entschlüsselt hat, an alle Bomber ergeht.

So sitzen nun der amerikanischer Militärstab, samt Präsident, russischem Botschafter und Dr. Seltsam (ein ehemaliger Naziwissenschaftler) im Pentagon und grübeln was nun zu tun ist, als plötzlich der russische Gesandte mit brenzligen Informationen herausrückt: Die Russen haben eine so genannte ‚Weltvernichtungsmaschine’ gebaut (auch hier gilt: die Übersetzung ist wieder irgendwie misslungen, im Original heißt es ‚Doomsday-Bomb’, also ‚die Bombe des jüngsten Gerichts’, woraufhin der Bezug zur Bombe aus dem Filmtitel natürlich wesentlich klarer wird), eine Kette von atomaren Bomben, die die gesamte Menschheit vernichtet und Leben auf der Erde für etwa 93 Jahre unmöglich macht. Ausgelöst wird sie automatisch, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Eine solche Voraussetzung ist zum Beispiel ein Angriff mit Nuklearwaffen (na, dämmert\'s?).

Also kommt Dr. Seltsam mit der rettenden Idee: Ein ausgewählter Nukleus der amerikanischen Bevölkerung soll sich in Bergwerken verstecken und die nächsten 100 Jahre dafür sorgen, dass die menschliche Rasse nicht ausstirbt. Zu diesem Zweck muss natürlich der ethische Grundsatz der Monogamie aufgehoben werden, so dass zeugungsfähige Männer sich mit bis zu zehn zeugungsfähigen Frauen paaren können (bzw. müssen!). Tja und das ist auch die Antwort auf den Filmtitel, denn plötzlich scheinen alle Anwesenden (Männer) total begeistert von dieser düsteren Idee…

Das plötzliche Filmende an dieser Stelle wird mit einem allseits bekannten Showdown realisiert. Der Schauplatz ist wieder unser unbeirrbarer B52-Bomber, der Probleme mit den Klappen des Bombenauswurfes hat. Also macht sich unser Yankee-Kommandant dran dies zu reparieren. Leider schafft er es zwar die Klappen zu öffnen, aber nicht wieder rechtzeitig von der Bombe zu steigen, woraufhin er Cowboy-Hut-Schwenkend, auf der Bombe reitend, zu Boden saust. Es folgen dann nur noch viele Explosionen (was wohl die Doomsday-Bomb darstellen soll) und der Film ist zu ende.


************** Some words about the Film **************

Ja, was soll ich dazu noch sagen? Für die damalige Zeit (1964, deswegen der Film auch Schwarz-Weiß) war der Film sicherlich bahnbrechend satirisch. Auch heute noch lässt die Parodie auf die Wettrüstung und Panikmache des Kalten Krieges herzhaft auflachen. Flache Komik ist zwar vorhanden, tritt aber im Hinblick auf den Zwischen-den-Zeilen-Witz in den Hintergrund. Schade fand ich das sehr plötzliche Ende, aber nach einigem Grübeln wurde mir bewusst, dass die Frage „Was bedeutet der Titel?“ ja geklärt war. Alle beginnen die Bombe zu lieben, weil dadurch zwar fast die gesamte Menschheit vernichtet wird, sie aber in den nächsten 100 Jahren herzhaft den fleischlichen Genüssen frönen dürfen. Diese Reduktion auf niedere Instinkte der Menschen, lässt den gesamten Kalten Krieg doch sehr lächerlich aussehen, was sicher auch so beabsichtigt war.

Entgegen anderen Filmen Kubricks, finden sich hier keinerlei unnötige Ausschweifungen, was sich auch in der kurzen Filmdauer zeigt (90 Minuten). Man sieht hier auch die Erfahrung des Regisseurs bezüglich (Anti-)Kriegsfilmen, denn der Angriff auf die Militärbasis ist beängstigend realistisch, was auf die Umsetzung mit Handkameras zurückzuführen ist.

Der Film wurde 1964 für vier Oscars nominiert: Bester Regisseur, Bester Schauspieler (P. Sellers), Beste Drehbuch-Adaption und Bester Film.

Bosley Crowther, von der New York Times, beschreibt den Film als den „entsetzlichsten kranken Scherz, der mir je untergekommen ist, und gleichzeitig eine der klügsten und scharfsinnigsten Satiren über die Unbeholfenheit und den Wahnsinn des Militärs, die je auf der Leinwand zu sehen war.“


************** Schauspieler **************

Hier will ich gar nicht so viel dazu sagen. Den etwas älteren unter euch (oder denen, die gerne mal einen älteren Film sehen) ist die Starbesetzung von Peter Sellers und George C. Scott sicher ein Begriff. Peter Sellers trumpft natürlich auch hier als brillanter Komiker auf, aber auch die anderen Schauspieler wirken passend. Ein wenig Übertreibung der Charaktere gehört bei einem solchen Film natürlich dazu und wirkt, entgegen vielen moderneren Komödien, nur wenig lächerlich.


************** DVD-Details (Special Edition) **************

Spieldauer: 90 Minuten
Bild: Schwarz/Weiß PAL
Ton: Dolby Digital
Sprachen: Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch (alles Mono)
Bildformat variiert zwischen 1.66:1 und 1.85:1 (was auch immer das bedeuten soll)

Extras:
- Trailer
- Dokumentationen
- Press Kit
- Filmografien

Der Film ist eine Columbia Tristar Produktion

************** Fazit **************

Lange habe ich keinen so schwarzen Film mehr gesehen und mein ebenfalls schwarzes Herz (nur im Bezug auf Humor!) hatte seine helle Freude daran! Für alle Fans von Kubrick, Peter Sellers, schwarzen Satiren und alten Schwarz-Weiß-Filmen unbedingt zu empfehlen. Wer aber auf modernes Kino steht, mit vielen bunten Special Effekts, der sollte es dann doch lieber sein lassen.

Gruß 0-8-15

18 Bewertungen