Drama Testbericht

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Erfahrungsbericht von DJMoench

Der Verrückte - Akt 1

Pro:

Akt 3

Kontra:

Ohne die ersten beiden Akte nicht verständlich

Empfehlung:

Ja

Der Verrückte

Die Personen:

A- Ein Einwohner
B- Noch ein Einwohner
C- Der Kioskbesitzer
D- Der Oberwürdenschutzwächter
E- Ein Würdenschützer
F- Noch ein Würdenschützer
G- Und schon wieder ein Würdenschützer
Frau A- As Gattin
Frau B- Bs Gattin
Der Sohn- Der Sprössling der Eheleute B
Ein Doktor- Ein Arzt des Landeskrankenhauses
Amerikaner- Ein reicher Amerikaner

Doppelbesetzung „Ein Doktor“- „Amerikaner“ möglich



Die Schauplätze:

Kiosk (Akt I: Szenen 1 & 2; Akt II: Szene 3)
Bs Wohnzimmer (Akt I: Szene 3)
Wache (Akt I: Szene 4; Akt II: Szene 2)
Des Sohnes Zimmer (Akt I: Szene 5)
LKH (Akt II: Szene 1)





Akt I- Szene 1): Einführung

In einem Kiosk treffen sich zwei entfernte Bekannte, beide im Alter von etwa Mitte fünfzig. A trägt einen dunkelblauen Trainingsanzug, hat schütteres, grau-braunes Haar und einen grauen Schnauzer. B trägt einen Anzug und eine Brille, hat kurze braune Haare mit Geheimratsecken und ist glattrasiert. Im Kiosk stehen ein Regal, ein Tisch als Theke und ein Kühlschrank.
A: „Guten Tag, lieber B, wie geht\'s Ihnen?“
B: „Oh, grüß Gott, lieber A. Gut geht\'s mir, und Ihnen?“
A: (überschwenglich) „Grandios. Wirklich grandios. Aber ich hörte, man steckte Ihren Sohn in ein geschlossene Anstalt. Ist das wahr?“
B: (betrübt) „So traurig es auch klingen mag, lieber A, es entspricht leider der Realität.“
A: „Wie kam es denn zu diesem schrecklichen Ereignis?“
B: „Ach, mein lieber A, ich spreche nur ungern davon. Ich ließ ihn abholen.“
A: (erschrocken) „Das ist ja grauenvoll. Welcher Teufel trieb Sie dazu?“
B: „Mein Sohn selbst war es, der mich dazu trieb. Er ließ mir keine andere Wahl, mein lieber A, er ließ mir keine andere Wahl!“
A: „So muss sein Verhalten allerdings in höchstem Grade absonderlich gewesen sein, ist es nicht so, lieber B?“
B: „Das entspricht leider Gottes den Tatsachen. Gar zu wild verhielt er sich.“
A: „Was trieb er denn derart verrücktes, dass Sie sich genötigt sahen, ihn einzuweisen?“
B: „Er sang!“
A: (überrascht) „Aber mein lieber B, des Singens wegen einem Menschen die Freiheit zu rauben, halten Sie dies für richtig?“
B: „Nicht die Tatsache, dass er sang, verleitete mich dazu, sondern vielmehr, was er sang!“
A: (neugierig) „Was, mein lieber B, sang er denn?“
B guckt sich verunsichert um und flüstert A etwas ins Ohr.
A: „Oh! Nun denn, ich beglückwünsche sie zu Ihrer weisen Entscheidung und Ihrem spontanen, sicherlich angebrachten Handeln!“
A verlässt den Kiosk. Der Kioskbesitzer C, lange, blonde Haare, der das gesamte Gespräch mitverfolgt hat, tritt hinzu.
C: „Mein lieber B, wollen Sie mich nicht einweihen, was Sie unserem sehr geschätzten A soeben anvertrauten?“
B: „Sicher, mein lieber C. Ich sagte ihm, was mein armer Sohn sang.“
C: „Dessen, mein lieber B, war ich mir bewusst. Doch was, so interessiert mich nun, sang er?“
B guckt sich erneut verunsichert um.
B: „God bless America!“
B ab, Vorhang fällt, geht allerdings direkt wieder auf.



Akt I- Szene 2): Im Kiosk

Zwei Männer in braunen Trainingsanzügen kommen herein; ein Glöckchen erklingt beim Öffnen der Tür: D, etwas älter, um die Fünfzig, kurz geschorene, braune Haare, brauner Drei-Tage-Bart, und E, etwas jünger, um die Zwanzig, kurz geschorene, blonde Haare, bartlos.
D: „C, gib\' mir mal \'n Bier!“
C: „Sehr wohl, Herr Oberwürdenschutzwächter D!“
C reicht D eine Dose Bitburger aus einem Kühlschrank. D öffnet sie; ein erfrischendes Zischen erklingt, E starrt gierig auf die Dose.
C: „Wünschen Sie ebenfalls ein Bier, Herr Würdenschützer E?“
D: (zackig) „Kein Bier für E!“
E: (zu D) „ Herr Oberwürdenschutzwächter D, Sie wissen doch hoffentlich, dass das Trinken alkoholischer Getränke während des Dienstes laut Paragraph 11 des Würdenschützerregelbuches nicht gestattet ist!?“
D: „E, halten Sie die Gosche. Ich bin kein Würdenschützer, ich bin Oberwürdenschutzwächter“
D nimmt einen großen Schluck, prustet es auf Es Anzug.
D: (verzieht angeekelt das Gesicht) „Das ist ja abartig. Derart warmes Bier haben Sie mir noch nie gewagt, vorzusetzen. Was ist heute los mit ihnen?“
C: (schleimig) „Es tut mir wahnsinnig leid, Herr Oberwürdenschutzwächter D, aber die Lieferung ist gerade erst eingetroffen, und der Kühlschrank ist defekt, und ich habe eine Frau und drei Kinder; eine zu ernährende Familie; und eine Geliebte!“
D: „Das mir das ja nicht einreißt! (nimmt noch einen Schluck) Sie wissen ja, was Sie mir schuldig sind!“
C: (winselnd) „Aber Herr Oberwürdenschutzwächter D, ich beschwöre Sie, haben Sie Mitleid. Es ist doch nicht meine Schuld, wenn die Zigaretten die Aufschrift «American Blend» tragen. Und vergessen Sie nicht, Herr Oberwürdenschutzwächter D, auch Sie haben diese Marke einst geraucht!“
D packt C mit der rechten Hand am Kragen.
D: (bedrohlich) „Wollen Sie mir drohen? Ich habe gehört, Sie haben Bekannte, deren Freunde einen Sohn haben, der einmal ein Mitglied der AAAA getroffen hat. Verbindungen sind schnell aufgebaut, C!“
C: (schleimig winselnd) „Bitte, Herr Oberwürdenschutzwächter D, es tut mir leid. Ich hatte garantiert nicht die Absicht, Ihnen zu drohen. Denken Sie an meine Familie. Und den Hund!“
E: „Oh, ja, Herr Oberwürdenschutzwächter D, Sie wissen ja gar nicht, wie teuer so ein Hund ist!“
D: (lässt C los, nimmt einen weiteren Schluck) „Nun, ich will mal nicht so sein. (Dreht sich um) Kommen Sie, E, Sie Witzfigur. Und machen Sie sich sauber. (etwas leiser, halb zu E, halb vor sich hin brummelnd) Dass Sie sich nicht schämen. Und dann auch noch in der Öffentlichkeit.“
D ab.
C: (zu E; fächelt sich Luft zu) „Huiuiui, grade so noch mal gut gegangen.“
E: „Nichts für ungut, Herr C. (Beugt sich vor, flüstert C etwas ins Ohr, dann wieder laut) Wenn ich erst einmal so hoch stehe, dann...!“
C: „Vielen Dank, Herr Würdenschützer E. Hier!“
C reicht E eine Dose «Früh Kölsch». E verstaut sie, sich ängstlich umguckend, in seiner Hosentasche.
E: „Vielen Dank. Und grüßen Sie ihren Hund!“
E lacht, ab.
C: „Welchen Hund?“



Akt I- Szene 3): Bei B

B betritt den Raum durch den nicht zu sehenden Flur, noch im zugeschneiten Anzug: ein Wohnzimmer, eingerichtet mit einem anheimelnden, gemütlich wirkenden, braunen Ledersessel, über den eine schwarz-rot-gold gemusterte Strickdecke ausgebreitet ist, und einem (Couch-)Tisch, der dem Sessel gegenüber steht. Eine hohe Stehlampe mit vergilbtem, einst jedoch weiß gewesenen Schirm scheint die einzige Beleuchtung des düsteren Zimmers zu sein. Frau B, grauhaarig, etwa Ende fünfzig, sitzt im Sessel, ein Buch dem Schoß. Sie trägt ein dunkelblaues Kleid und hat eine Kette aus dunkelblauen Perlen um den Hals hängen.
B: (klopft sich den Schnee vom Anzug; zärtlich) „Hallo, Liebes, ich bin wieder Zuhause.“
Frau B: (mürrisch; Mischmasch verschiedenster Akzente) „Mach net alles nass mit dem Schnee, do. Klopf di draußen ab!“
B: (ignoriert sie) „Ja ja, mein Schatz!“
Frau B: (mürrischer) „Do, i hab\' nachjedacht... i weiß aber net, worüber...“
Kurzes Schweigen, er hält im Abklopfen inne.
Frau B: (am mürrischsten) „Jetz\' weiß i\'s: Do, ich jlaub\', \'s war net so jut, den Sohn inne Klapse zu stecken. Das Haus is\' janz leer, do, wie ausjestorben. Un\' wenn i den Sohn sehn\' will, muss i \'n holbes Stündsche lauf\'n.“
B: (klopft sich weiter ab) „Mein Engelchen, du weißt doch, dass es unvermeidlich war.“
Frau B: „Jo, des dacht\' i auch immer, wenn\'s aber dann mi b\'trifft, dann schaut\'s schon ma\' anders aus, net, do?“
B: (ist fertig mit Abklopfen; hebt tadelnd den rechten Zeigefinger) „Liebchen, das ist aber eine Doppelmoral.“
Frau B: „Des weiß i auch, do, aber der Sohn fehlt mir so.“
B: „Er kann froh sein, dass er nicht dem Würdenschutz in die Hände gefallen ist. Du weißt ja, wie die mit den AAAAs umgehen!“
Frau B: (winkt ab) „Ach, der Polente inne Hänne, des i net lach\'. De Bull\'n, de ham doch noch kein\' Fingersche jerührt, damit de ganze As ma\' krieng, was se verdien\'.“
B: „Womit du gar nicht mal so Unrecht hast. Aber ein bisschen haben sie schon unternommen, und für den Sohn hätte es gereicht!“
Frau B: „Der Sohn, was musst\' der auch den Depp\'n mach\'n. Do hätt\' auch des Bisserl jereicht, wos die unnernomm\' tun, do host allerdings auch wieder Recht. I möcht\' ja jar net dran denk\'n, wos i da schon j\'hört hob, wos de mit\'m Sohn j\'macht hätt\'n.“
B: „Wieso?“
Frau B: „Wos man sich so erzählt, des de de Vergächt\'jen foltern, bis ses zujeb\'n un\' so. Un\' mit\'n Hausdurchsuchungen, weißte noch, der alte B\'sitzer vom «Jold\'nen Armleuchter», dem hom se alle Woche de Tür einjetret\'n, nur weil do mo\'n Ami jejess\'n hott\'!“
B: „Aber das hat mit den AAAAs nichts zutun gehabt. Doch ich wette, inzwischen ist das sogar noch schlimmer. Und wenn die dann einen haben, mit Geständnis und allem, dann buchten die den ein, den siehst du dein Leben nicht mehr wieder!“
Frau B: „Jo, der D, der is\' jo jetz\' Oberwürdenschutzwächter, do, i jlaub, des is\' dem zu Kopf jestieg\'n.“
B: „Wer?“
Frau B: „Der D, der immer inner Dorfverwaltung jesess\'n hat, früher!“
B: „Ach der!“
Frau B: „Un\' jetz\' is\' der Oberwürdenschutzwächter!“
B: „Ach!“
Frau B: „Wie bitte?“
B: „Das sagtest du bereits. Und du glaubst, dass ihm das zu Kopf gestiegen ist.“
Frau B: „Jenau!“
B: „Wieso?“
Frau B: „Des weiß i net. Vielleicht isser anfällig dafür.“
B: „Nein, ich meine, wie äußert sich das?“
Frau B: „Jo, der denkt, er könnt\' alles moch\'n, sich verhalt\'n, wie er will.“
B: „Ja, der will die Rebellen wegschaffen, denke ich mal, oder nicht?“
Frau B: „Nee, i denk\', der übertreibt a Bisserl, des is\' net mehr des Uffräum\'. Aber wo do\'s sogst, des Zimmer vom Sohn, des müsse\' ma auch noch uffräum\', wenn de des spitz krieng, vom Sohn, do samma aber kräftich am do weißt scho, wo.“
B: „Mein Gott, du hast Recht, mein Engel. Nicht mehr lange, und die ganze Stadt weiß Bescheid!“
Frau B steht auf, wobei das Buch zu Boden fällt; hebt es auf, geht mit ihm in der Hand und B hinter sich durch die Tür hinaus. Dabei:
B: „Was liest du da eigentlich, mein Schatz?“
Frau B: (gibt B das Buch) „Michael Moore- «Stupid white men»“



Akt I- Szene 4): Auf der Wache

D sitzt hinter einem Schreibtisch an einer Schreibmaschine, E auf dem Boden und blättert in einem Buch. F, etwas rundlich und eher gedrungen, Pottschnitt, kurzer Kinnbart, und G, normale Figur, etwa 1,85 Meter groß, rasierter Schädel, bartlos, beide braunhaarig und in braunen Trainingsanzügen, treten ein.
F und G: (gemeinsam) „Herr Oberwürdenschutzwächter D, es gibt Neuigkeiten!“
D: (leicht beschwipst) „Aah, Dick und Doof. Was gibbets Neues in der Welt?“
F und G: (gemeinsam) „Ein potentielles AAAA-Mitglied, Herr Oberwürdenschutzwächter D!“
D: (tippt auf der Schreibmaschine herum, während er spricht) „AhAhAhAh, das ist ja... äußerst... (er schwankt, kippt fast vom Stuhl, kann sich aber am Tisch festhalten) intresserant!“
E: „Paragraph 11.2.b) des Würdenschützerregelbuches: «Trunkenheit im Dienst kann zu Entlassung und Entzug aller beruflich bedingten Vorrechte führen!» Haben Sie gehört, Herr Oberwürdenschutzwächter D?“
D: „Halten Sie die Gosche, E, Sie... Sie... Sie Würdenschützer!“
D verfällt in eine kurze, wahnsinnige Lache.
F und G: (gemeinsam) „Herr Oberwürdenschutzwächter D?“
D: „Dick und Doof?“
F und G: (gemeinsam) „Stimmt etwas nicht, Herr Oberwürdenschutzwächter D!“
D: „Nein, es ist alles in bester Ordnung, ihr zwei Süßen. Was wollt ihr?“
F und G: (gemeinsam) „Gut, Herr Oberwürdenschutzwächter D! Wir haben Neuigkeiten, Herr Oberwürdenschutzwächter D! Interessante Neuigkeiten sogar...“
Nur G: „...Herr Oberwürdenschutzwächter D!“
F schlägt G auf den Hinterkopf. G räuspert sich und strafft seine Haltung.
D: „Und wie lauten diese... Neuichkeit\'n (lächelt stupide)?“
F und G: (gemeinsam) „Ein potentielles AAAA-Mitglied, Herr Oberwürdenschutzwächter D!“
D: „Und... das war\'s?“
F und G: (gemeinsam) „Jawohl, Herr Oberwürdenschutzwächter D!“
D: „Das is\' ja... is\' ja... is\' ja phantastisch, oder nich\'? Gute Neuichkeit\'n, oder nich\', oder wie?“
F und G: (gemeinsam) „Wie man es nimmt, Herr Oberwürdenschutzwächter D!“
Nur F: „Es zeigt natürlich, dass die Würde im Dorf weiter sinkt,...“
Nur G: „...Herr Oberwürdenschutzwächter D,...“
Nur F: „...aber gleichzeitig ist es ein Beweis, wie sauber wir arbeiten,...“
Nur G: „...Herr Oberwürdenschutzwächter D,...“
D lacht stupide.
D: „Dann... dann säubert auch mal E, der Depp hat sich wieder bekle... bekleck... bekleckert... kleckert, hat er!“
F und G: (gemeinsam) „Was gedenken Sie nun zu tun, Herr Oberwürdenschutzwächter D?“
D: „Sauber machen! Das ganze Dorf. Das ganze Land. Die ganze Welt, Dick und Doof, alles wird sauber!“
F und G: (gemeinsam) „Jawohl, Herr Oberwürdenschutzwächter D!“
Kurz kehrt Ruhe ein, D droht einzuschlafen, F und G stehen weiterhin straff, plötzlich schreckt D hoch.
D: „Wer... wer isses denn?“
F und G: (gemeinsam) „B, Herr Oberwürdenschutzwächter D! Kamen durch seinen Sohn auf ihn, Herr Oberwürdenschutzwächter D! Ist im LKH, der Junge...“
Nur G: „...Herr Oberwürdenschutzwächter D!“
F schlägt G auf den Hinterkopf. G räuspert sich und strafft seine Haltung.
D: „B, wie?“
F und G: (gemeinsam) „Jawohl, Herr Oberwürdenschutzwächter D!“
D: „Diese falsche Schlange hatte ich schon lange unter Verdacht. Gut, festnehmen!“
D steht auf, kippt allerdings sofort auf seinen Stuhl zurück.
D: „Hui. Aber erst... erst gibbets Mittagspause. Abtreten, Dick und Doof.“
F und G ab.
D: „Wer... wer is\' \'n dieser... B?“
Langes Schweigen, E blättert weiterhin in dem Buch. D legt seinen Kopf auf die Tischplatte, droht einzuschlafen.
E: (triumphierend) „Paragraph 22.3.c) des Würdenschützerregelbuches: (D schreckt hoch) «Der Verbrauch oder Verschleiß konfiszierter Konsumgüter kann zu Entlassung und Entzug aller beruflich bedingten Vorrechte, sowie zu Belegung mit einer Geldstrafe bis zu fünfhundert Euro über den an den Geschädigten zu zahlenden Schädigungsausgleichsbetrag führen!» Haben Sie gehört, Herr Oberwürdenschutzwächter D?“
D wirft die leere «Früh Kölsch» Dose nach E.
D: (schwankt gefährlich hin und her) „E, halten Sie die Gosche!“
D fällt vom Stuhl.



Akt I- Szene 5): Des Sohnes Zimmer

B und Frau B in des Sohnes Zimmer. Als Einrichtung gibt es einen Tisch, eine Kiste und ein Sessel. Überall liegen Papierblätter verstreut. Frau B liest sich beliebig ausgewählte Blätter durch, ab und zu auch eines von ihnen laut vor. B durchsucht die Kiste.
Frau B: (liest vor; akzentfrei) „Protokoll der elften Sitzung des Anarchistischen-Anti-Anti-Amerikaner-Bundes, kurz AAAA, am 29.09.2003, geführt von dem Sohn, dem inoffiziellen fünften Mitglied des Dorfes.
-In der Sitzung des 29.09.2003 besprachen wir die kritische aktuelle Lage in unserem Dorf. Der Anti-Amerikanismus ist nach wie vor stark verbreitet, wenn nicht gar stärker denn je. Jegliche Zigaretten mit der Aufschrift «American Blend» wurden am letzten Mittwoch offiziell verboten und auf dem Marktplatz verbrannt.
-Schlechte Stimmung macht sich unter den Mitglieder breit, da wir immer noch komplett tatenlos sind, und sich auch keine Veränderung anbahnt.
-Ein Motto wurde für den AAAA festgelegt: «Viva America, viva la revolution!» Nur ist sich leider keiner sicher, ob das auch richtig ist, aus welcher Sprache es auch immer kommen mag.
-Zum Abschluss erneut die Erkenntnis, wie unnötig und jämmerlich unser Bund doch eigentlich ist. Unsere Feinde wachsen, wir bleiben harmlos!“
B: „Dass der Sohn so unvernünftig, so ekelhaft sein kann...“
B schmeißt einige Kuscheltiere, Bücher, Stifte und sonstiges achtlos über seine Schulter.
B: „Also hier drin ist nichts verräterisches. Aber das ganze Papier zu verbrennen, das wird eine Arbeit, das sag\' ich dir.“
Frau B: (liest vor; akzentfrei) „[...] Warum müssen eigentlich alle auf dem US-Präsidenten rumhacken, er ist doch auch nur ein Mensch. Toleranz, auch, oder gerade- wie man es betrachten mag, bleibt einem Jeden selbst überlassen- gegenüber Amerikanern ist unentbehrlich und ein Zeugnis von Humanität, zu Deutsch, Menschlichkeit. Ergo hat ein jeder zu akzeptieren, wenn auch nicht zu befürworten, was ein anderes menschliches Wesen tut; es zu kritisieren, bleibt ihm offen, auf dem Handelnden rumzuhacken widerspricht diesem allerdings.
Das Verhalten meiner Mitbürger ist demnach also in keinster Weise human; Quod erat demonstrandum («was zu beweisen war», für alle, die kein Latein verstehen, zum Beispiel meine stupiden Eltern, die dies bestimmt irgendwann beim Durchschnüffeln meines Zimmers finden)!“
Wie eine heiße Kartoffel, die ihr die Hand verbrennt, lässt Frau B das Blatt mit einem Kreischen fallen.
B: „Das war bestimmt deine übertrieben fürsorgliche Erziehung, die ihn zu so einem Monster gemacht hat!“
Frau B: (nun wieder mit Akzent) „Na, des is\' Quark, des is\' ganz typ\'sch für \'n Jung\'dlich\'n, des moch\'n die oft.“
B: (ahmt den Akzent seiner Gattin nach) „Des moch\'n die oft! (spricht wieder normal) Wer\'s glaubt. Du weise nur die Schuld von dir, die dein Gemüt befleckt. Senke dein Haupt in Demut, mein Schatz!“
Frau B: (stark erregt) „I hätt\'s auch uff dein\' ständ\'jes Jemecker schie\'m könn\', aber nee, i versuch\' jo, Rücksicht zu nehm\', uff was der And\'re fühlt.“
B: (stärker erregt; geht zum Tisch) „Ach, willst du jetzt sagen, ich bin nicht sensibel, oder was? Gerade du willst mir das sagen. Lieber zu wenig emotionsverstopfte Gefühlsduseleien als nur solches Zeug, ja, dass das mal klar ist!“
Frau B: (am stärksten erregt; liest sich die Blätter nun nicht mehr durch, sondern fegt sie mit den Händen auf einen Haufen) „Na, des hob\' i gar net sag\'n woll\'n, do Depp, do, do verstehst jo kein\' Deut von dem, wos i sog!“
B: (nicht mehr bloß erregt, sondern schon erbost; merkt, dass der Tisch leer ist) „Kein Wunder, bei dem G\'schwätz!“
Frau B: (erboster) „G\'schwätz nennst des, do? Hör dir di do ma on, do!“
B: (am erbostesten) „Was streitest du dich jetzt eigentlich schon wieder so sinnlos rum hier, als hätten wir keine anderen Sorgen!“
Frau B: (zärtlich) „Leck mi do am do weißt scho, wo!“
Beide vertiefen sich wieder ganz in ihre Arbeit: Frau B in die Blätter, die sie nun absolut sorgfältig und ordentlich auf einen Stapel sortiert, B guckt hinter den Sessel; sein Gesichtsausdruck ist zugleich angeekelt und erschrocken.
B: (empört) „Der Sohn hat es wirklich etwas zu weit getrieben. Ein solches Verhalten hätten wir auf keinen Fall länger erdulden können!“
Frau B: (halb besorgt, halb belustigt) „Do, was is\' \'n? Do schaust jo janz errecht aus.“
B zieht wortlos eine Fahnenstange mit einer USA-Flagge hinter dem Sessel hervor, die amerikanische Nationalhymne ertönt, Frau B kreischt entsetzt auf. D, E, F und G kommen hereingestürmt, D und F packen B, E und G die Flagge, werfen sie zu Boden, trampeln auf ihr herum, zünden sie an. Frau B kreischt noch mehr.


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-09-24 18:57:45 mit dem Titel Der Verrückte - Akt 2

Akt II- Szene 1): Im LKH

Ein kleiner Raum mit spärlicher Einrichtung, nur ein Sessel und ein altes Radio, das „Funny Farm“ spielt. Der Sohn sitzt auf dem Bett, steht allerdings hastig auf, als Frau B hereinkommt.
Frau B: (ruft) „Der Sohn!“
Der Sohn: (sagt) „Frau B!“
Die beiden fallen einander in die Arme, er setzt sich danach seufzend auf den Sessel, sie auf den Boden.
Frau B: „Wie geht\'s dir, ming Jung\'?“
Der Sohn: „Gut, Mutter. Nur die Freiheit fehlt mir ein wenig.“
Frau B: „Jung\', immer diese Vorwürfe. Was hätt\' ma denn tun soll\'n? Dein Vater stirbt vor Gram... ach, dein Vater!“
Der Sohn: „Mein Vater?“
Frau B: „Dein Vater!“
Der Sohn: (laut) „Ich habe keinen Vater!“
Frau B: (lauter) „B, dein Vater!“
Der Sohn: (am lautesten) „Ich habe keinen Vater!“
Frau B: (mehr als nur «am lautesten»; schreit) „Ach, dein Vater!“
Der Sohn: (besorgt) „Was ist mit Vater?“
Frau B: „Im Bau isser, weg\'n deiner Flagge, do!“
Der Sohn: (provokant) „Wie kam denn der an meine Flagge?“
Frau B: (verlegen) „Nu\' ja, de... de hom ma jefund\'n, in doim Zimmer, bei de ganze Texte un\' so.“
Der Sohn: (provokanter) „Aber die Texte waren ganz wo anders als die Flagge, oder nicht?“
Frau B: (verlegener) „Jo, nu\', des weiß i nimmer so jenau, des log do so rum, un\' do hom ma jedacht, do gucke ma, wes der Jung\' do so schreibt...“
Der Sohn: (am provokantesten) „Ach, die Texte habt ihr auch gelesen?“
Frau B: (am verlegensten) „Jo, nu\', ma wollt\'n dir ja nur helf\'n, Beweise verschwinn\' loss\'n un\' so.“
Der Sohn: (verlegen) „Oh!“
Frau B: (provokant) „Aber Dank hom ma eh net zu erwart\'n jehabt, wie scho inne letzt\'n zwanzich Jahr\'n!“
Der Sohn: (verlegener) „Vielen Dank!“
Frau B: (provokanter) „Un\' wejen dir sitzt da Vater nu\' im Bau. Vonne Würdenschutz festjenomm\'!“
Der Sohn: (am verlegensten) „Tut mir ja leid, mein Gott!“
Frau B: (am provokantesten) „Jenau von den\'n, wo ma dich vor hom b\'wahr\'n woll\'n!“
Der Sohn: (vom Thema ablenkend) „O Tempora! O mores!“
Frau B: „Was soll des nu wieder heiß\'n?“
Der Sohn: „Das ist lateinisch.“
Frau B: „Ach,latein\'sch, do hom wa och noch \'n Wörtsche\' zu wechseln!“
Der Sohn: (bemerkt den Fehler; weiß was gemeint ist; vom Thema ablenkend) „Das heißt soviel wie «O, diese Zeiten! O, diese Sitten»; ein Zitat von Cicero!“
Frau B: (vom Thema abgelenkt) „Do, wenn do wüsst\'st, wie Recht do host. Weißte noch, wie wa domols jed\'n Sonntag im «Jold\'nen Armleuchter» saßen, wa unner Vater?“
Der Sohn: „Im was?“
Frau B: „Im «Jold\'nen Armleuchter»!“
Der Sohn: „Was ist denn das?“
Frau B: „Och, des kannste jo jar net mehr wiss\'n, des wor des Restaurant, wo jetz\' der Kiosk vom C is\'. Weißte, do worste noch fünnef oder so, do isser C inne Stadt jekomm\'n, do war der alte B\'sitzer vonnem «Jold\'nen Armleuchter» jrad jestorb\'n, des konnt\'st jo jar net mehr wiss\'n!“
Der Sohn: „Nee.“
Stille.
Der Sohn: „Jeden Sonntag?“
Frau B: „Jo. Nur net an Adventsonntagen, do hom wa zusamm\'n Zuhause Jans jejess\'n.“
Stille.
Der Sohn: „Ich muss hier raus!“
Frau B: „Jo, des is\' net so einfach. Einweis\'n, des könn\' ma, aber raushol\'n, do brauch\'n ma scho \'n Arzt, der des b\'schein\'gt. Des is\' net ohne Attest zu schaff\'n.“
Der Sohn: „Dann hol mir \'nen Arzt!“
Frau B: „Woher nehm\'n un\' net stehl\'n, Sohn. Des is\' teuer, ma hom net so viel Jeld, unne Krankenkasse, de zahlt au net.“
Der Sohn: „Dann... (lehnt sich vor, flüstert Frau B etwas ins Ohr), oder nicht?“
Frau B: „Do bis\' vorrückt, do. Dich könnse direkt hier behold\'n, do. Nej, nej, nej.“
Frau B steht auf, umarmt den Sohn, ab.



Akt II- Szene 2): Das Verhör

Wieder auf der Wache. D sitzt hinter dem Schreibtisch an seiner Schreibmaschine, während E und F B in ihrer Mitte festhalten. B, die Hände in Handschellen, windet sich viel, kann ihrem konstanten Griff allerdings nicht entkommen. E guckt ihn ab und zu mitleidig von der Seite und möglichst unauffällig an, F hingegen steht stramm und militaristisch. G steht stramm und bewegungslos am Eingang im Hintergrund.
D: „Angeklagter, wie heißen Sie?“
B: „B.“
D: „Aha!“
D tippt etwas sehr kurzes, vermutlich nur einen Buchstaben, in seine Schreibmaschine.
B: „Aua!“
D: „Wie bitte?“
B: „Ich sagte «Aua!».“
D: „Warum sagten sie «Aua!»?“
B: „Weil ihre Schergen- Aua!- mir weh taten.“
D: „Meine Schergenaua?“
B: „Sie taten mir erneut weh!“
D: „Wer?“
B: „Ihre Schergen- Aua!-.“
D: „Sie immer mit meinen Schergenaua.“
B: „Sie taten es bereits zum dritten Mal!“
D: „Ich?“
B: „Nein, die!“
D: „Wer?“
B guckt vorsichtig F an.
B: „Ihre Mitarbeiter!“
D: „Meine Mitarbeiter?“
B: „Ja, ihre Mitarbeiter!“
D: „Ich habe keine Mitarbeiter!“
B: „Sondern?“
D: „Untergebene!“
B: „Untergebene?“
D: „Untergebene!“
B: „Aha!“
D: „Ja, ich bin Oberwürdenschutzwächter, jene jämmerlichen Gestalten dort...“
B: „-Aua!- (diesmal zu E und F) das hat er gesagt!“
D: „...sind nur Würdenschützer!“
B: „Ach?“
D: „Haargenau!“
B: „Warum?“
D: „Weil... wer gibt ihnen eigentlich das Recht, mich auszufragen, Angeklagter... (guckt auf seine Schreibmaschine, merkt, das kein Papier eingelegt ist, nimmt welches, legt es ein) Angeklagter?“
B: (lächelnd) „Niemand, Herr Oberwürdendingsda!“
D: (stolz) „Oberwürdenschutzwächter! Ihren Namen wollte ich wissen, Sie Flasche!“
B: „Den sagte ich Ihnen bereits, Herr Oberwürdenschützer!“
D: (erzürnt) „Oberwürdenschutzwächter! Ich vergaß ihn!“
B: „Nein!“
D: „Doch!“
B: „B.“
D: „Wie bitte?“
B: „B.“
D: „Was soll das sein?“
B: „Mein Name!“
D: „B?“
B: „Ja!“
D tippt etwas sehr kurzes, vermutlich nur einen Buchstaben, in seine Schreibmaschine.
D: „Wirklich?“
B: „Ja!“
D: „Irreführung einer Amtsperson oder gar einer ganzen Behörde ist verboten!“
B: „Tatsächlich?“
D: „Tatsächlich!“
B: „Ach!“
D: „E!“
B: „Wie bitte?“
D: „Ich sagte «E!».“
B: „«E!»?“
D: „Ja, «E!».“
B: „Warum?“
D: „So heißt er!“
D deutet mit dem Kopf auf E.
B: „Ach!“
E: „Ja!“
D: „Erkläre dem Angeklagten... (guckt auf das Blatt in seiner Schreibmaschine) B das mit der Irreführung!“
E: „Paragraph 7.9.x) des Würdenschützerregelbuches: «Irreführung einer Amtsperson oder gar eines ganzen Amtes kann mit einer Haftstrafe von sechs bis elf Monaten oder einer hohen Geldstrafe belegt werden. Wendet sich diese Irreführung gegen einen minderbemittelten Beamten, verdoppelt sich die Strafe!» Haben Sie gehört, Herr Angeklagter B, ihnen blühen zweiundzwanzig Monate!“
D: „Danke.“
B: „Depp!“
D: „Bitte?“
B: „Jepp!“
D: „Jepp?“
B: „Ja!“
D: „Wie bitte?“
B: „«Jepp!» heißt «Ja!». Ich meinte E!“
D: „Ach!“
B: „Depp!“
D: „Jepp?“
B: „Nein!“
D: „Nicht «Ja!»?“
B: „Nein!“
D: „Sondern?“
B: „Depp!“
D: „Depp?“
B: „Depp!“
D: „Wie bitte?“
B: „Idiot!“
D: „Ach!“
Nur F: „Depp...“
Nur G: „...Herr Oberwürdenschutzwächter D!“
F geht zu G und schlägt ihn auf den Hinterkopf. G räuspert sich und strafft seine Haltung.
D: „Dick und Doof, Haltung!“
B bemerkt, dass er nur von E festgehalten wird, reißt sich los, rennt zur Tür, wird dort allerdings von F und G niedergestreckt.
D: „So, dem haben wir aber gezeigt, wie der Hase läuft!“
F und G: (gemeinsam) „Depp...“
Nur G: „...Herr Oberwürdenschutzwächter D!“
F und G ab, B tragend.



Akt II- Szene 3): Des Sohnes Monolog

Das Zimmer im LKH des Sohnes. Das Radio spielt „Crazy“. Der Sohn steht in der Mitte des Raumes, hält in einer Hand einen kleinen Globus.
Der Sohn: (theatralisch) „Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage, ob\'s edler im Gemüt, die Pfeil\' und Schleudern des wütenden Geschicks erdulden, oder, sich waffnend gegen eine See von Plagen, durch Widerstand sie enden?
Doch kann die Intoleranz, die Engstirnigkeit, die in diesem Dorfe vorherrscht, erduldet, vielleicht gar toleriert werden, ohne dass die Widersprüchlichkeit, die einem solchen Verhalten inne sei, so klar erstrahlte, dass der Sehende geblendet wird, indem der Blinde dieses sehen könnt\'?
Noch immer klinget es in meinem Ohr, welch provokante Wirkung mein\' provokant\' Verhalten doch hat ausgelöst, die Schrei\' der Mutter, die Fluch\' des Vaters; und dennoch kann ich nichts bereu\'n, was für das Gute, die Menschlichkeit ich nur gemacht, aus einer Überzeugung, die mir unverschwommen, klar, so deutlich als noch nichts zuvor, ohn\' die Sehkraft zu verwenden, zeitgleich doch vor Augen schwebt!
Noch immer predige ich Widerstand, zwar ruhig, doch rasch, noch immer sag\' ich: «kämpfet, Ritter, für den Krieg, unblutig zwar, doch dennoch hart und radikal»!
Mauern können mich nicht halten, wenn mein Geist noch frei und ungebunden, wo Worte sind, da werden Taten, drum gebet Papier mir, einen Stift, sodass ich schreiben kann die heil\'ge Schrift, die Bibel der Freunde der Toleranz, den Koran der Verächter des Hasses!
Oh, schlimme Pseudo-Poesie, wie konnt\' es so weit schreiten, dass die meinen Weisen in derart ungeschlachtem Reim ich sprech\'?
Oh, schlimmes LKH, wie konnt\' der Mensch ein solches schaffen, wo die Schrift dem Mensch verwehrt?“
Die Tür öffnet sich, der Sohn schmeißt den Globus auf das Bett. Er steht hilflos und unbeholfen nach wie vor in der Mitte des Raumes, als ein Doktor eintritt: er trägt einen langen weißen Kittel, ein weißes Judenkäppchen und hat einen langen schwarzen Bart (wenn möglich auch eine typisch jüdische Nase, auf der eine Brille ruht).
Ein Doktor: „Ich wünsche ihnen einen wunderschönen guten Tag, mein Sohn. Wie ist das werte Befinden?“
Der Sohn: „Das Befinden ist recht angenehm: ich muss nicht kochen, keinerlei Arbeiten verrichten und kann den ganzen Tag im Bett liegen und Musik hören. Doch mit der Zeit werd\' ich dessen überdrüssig, Herr Doktor, sodass ich mich soeben fragte, ob es Ihnen möglich und gestattet sei, mir einen Stift und ein\'ge Bögen des Papiers zu bringen.“
Ein Doktor: „Ich sehe, Ihre Worte fließen klar und unverblümt, und auch frei der leeren Psalms, die das Feindesland so preisen. Doch die Schrift, so muss ich Sie enttäuschen, bleibt den Patienten hier verwehrt...“
Der Sohn: (ärgerlich) „Wusst\' ich\'s doch!“
Ein Doktor: „...zumal die geschrieb\'nen Worte oft extremer sind als was ein Mensch sich auszusprechen traut, so hat ein Test ergeben, der vor langer Zeit ich habe durchgeführt!“
Der Sohn: „Jetzt fängt der auch noch an, so zu reden. (guckt sich um) Ich glaube, das macht die schlechte Umgebung!“
Ein Doktor: „Wie bitte, was sagten Sie soeben?“
Der Sohn: (scheinheilig) „Ich bat Sie zu schauen, ob das Fenster hier sich öffnen lässt!“
Ein Doktor schreitet zum Fenster (im off, gegenüber der Eingangstür).
Ein Doktor: (ruft) „Nein, es ist vergittert!“
Der Sohn: (ruft zurück) „Nur öffnen. Der frischen Luft wegen.“
Der Sohn geht einen Schritt rückwärts, Richtung Tür.
Ein Doktor: (ruft) „Ich glaube nicht, doch vielleicht dieser Hebel...“
Der Sohn: (ruft etwas lauter) „Oh, wenn Sie den probieren könnten...“
Der Sohn geht einige Schritte rückwärts, ist schon fast bei der Tür. Seltsame Geräusche von dort, wo ein Doktor steht.
Ein Doktor: (ruft) „Ich glaub\', ich hab\'s abgebrochen!“
Der Sohn: (ruft am lautesten) „Versuchen Sie\'s zu reparieren!“
Der Sohn geht rückwärts raus, schließt langsam die Tür.
Ein Doktor: „Wie muss denn das... der war ja schon gebrochen... oder nicht?... aber jetzt muss das doch... vielleicht können Sie mir...“
Ein Doktor kommt mit einem abgebrochenen Griff in der Hand herein.
Ein Doktor: (verzweifelt) „Nicht schon wieder!“



Akt II- Szene 3): Im Kiosk, etwa eine halbe Stunde später

A, C und Frau A, etwa Mitte vierzig, grau-blondes Haar, unterhalten sich im Kiosk.
A: „Erst der Sohn, und jetzt auch noch der Vater. Dabei wirkte er so vernünftig.“
Frau A: „Ach, die Armen, ich finde, man sollte sie freilassen!“
A: „Nun ja, generell haben sie es verdient, schließlich sind Verbindungen zu diesem schrecklichen AAAA erkennbar.“
C und Frau A räuspern sich.
C: „Ja, eine grauenhafte Bande von naiven Idioten!“
Frau A: (lächelt C an) „Oh, ja, einfach ekelerregend!“
A: „Ohne Schmarrn, sehr geehrter C, sehr geehrtes Weib, diese doppelt-anti-eingestellten Absonderlinge haben doch in keinster Weise eine mit dem menschlichen Gewissen vereinbare Einstellung.“
C und Frau A räuspern sich.
C: „Ganz Ihrer Meinung!“
Frau A: (gleichzeitig mit C) „Ganz deiner Meinung, Liebling!“
A: „Zum Beispiel der Sohn. Gesungen soll er haben, und zwar «God bless America!», können Sie sich das vorstellen?“
C: (auf das Härteste überrascht) „Nein!“
Frau A: (noch ein bisschen mehr auf das Härteste überrascht) „Fällt dir nicht auf, mein Schatz, dass diese Geschichte inzwischen schon jeder in- und auswendig kennt- dank dir?“
A: (beleidigt) „Ich bin nun einmal empört ob der schlechten Sitten, die in unserer Stadt...“
Absolute Ruhe kehrt ein. Frau B betritt den Kiosk.
Frau B: (wissend, gleichzeitig allerdings auch verbergend) „Eine Packung «American blends», bitte!“
C: (gibt ihr eine Packung Zigaretten) „Drei Euro zehn.“
Frau A bezahlt und geht zügig ab.
A: „...einreißen, wenn das nicht auf der Stelle haben Sie etwa immer noch «American blends» vorrätig, das ist doch angeblich das Zeichen der Verschwörer?“
C: (räuspert sich, guckt Frau A an) „Nein, auf keinen Fall, das waren «Liberté toujours».“
A: (misstrauisch) „So so.“
Frau A: (räuspert sich, guckt C an) „Oh ja, das sah ich genau!“
Peinlich berührtes Schweigen kehrt ein; A, Frau A und C senken die Köpfe; gegenseitiges Misstrauen liegt in der Luft.
A: „Nun, Liebchen, ich denke, wir sollten uns dann so langsam heimwärts begeben.“
Frau A: „Selbstverständlich, mein Schatz!“
A: „Sehr verehrter C, ist es zuvor wohl möglich, dass ich Ihre... (zeigt auf eine Tür, an der groß das Schild «WC» hängt) Sie wissen schon benutze?“
Frau A und C: (gemeinsam) „Unmöglich! Defekt!“
A: (verwirrt) „Gut. Komm, Liebes, gehen wir.“
Frau A: Oh, ich habe leider noch einige Weihnachtseinkäufe zu tätigen. Ich komme so bald als möglich heim!“
A: „Ade!“
Frau A und C: (gemeinsam) „Adios!“
A ab.
C: (laut) „Die Luft ist rein!“
Der Sohn kommt durch die WC-Tür herein.
Frau A und der Sohn: (gleichzeitig) „Das war knapp!“
C und Frau A: (gleichzeitig) „Und wie!“
Der Sohn und C: (gleichzeitig) „Doch kommen wir zum Wesentlichen!“


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-09-24 18:59:44 mit dem Titel Der Verrückte - Akt 3

Akt III- Szene 1): Showdown

Auf der Wache. D sitzt hinter seinem Schreibtisch, einen Holzhammer in der Hand. E sitzt mit der Schreibmaschine auf dem Boden. F steht hinter B, ihn festhaltend. D klopft mit dem Holzhammer auf den Tisch.
D: „Angeklagter B, Sie sind angeklagt, die Würde des Dorfes, die in der Ausübung des Anti-Amerikanismusses besteht, angegriffen zu haben, des Weiteren dem defätistischen Bund AAAA anzugehören, sowie im Besitz einer Flagge der USA zu sein. Laut Paragraph 1 des Würdenundsoweitergesetzes oder so sind dies Kapitaldelikte, weshalb die Strafe acht bis zwölf Jahre Haft beträgt. Wie können Sie sich dazu äußern?“
B: „Ich habe keinen Verteidiger!“
D: „Ja und? Sehen Sie einen Staatsanwalt? Einen Kläger?“
B: „Nein!“
D: „Also!“
B: „Also was?“
D: „Also dürfen Sie sich nicht beklagen!“
B: „Doch, gerade deswegen. Ich möchte meinen Vorteil nutzen!“
D: (verwirrt) „Einspruch nicht stattgegeben. Fortfahren!“
Er schweigt kurz, merkt dann, dass er der Richter ist.
D: „Möchten Sie sich zu der Anklage äußern, Herr Angeklagter B?“
B: „Ja!“
Stille.
B: „Aua!“
D: „Jetzt fängt das schon wieder an. Dick, lass den Angeklagten heil. Angeklagter, reden Sie, oder Dick kriegt einen anderen Befehl!“
E: „Paragraph 31.11.p) des Würdenschützerregelbuches: «Sowohl Zeugen als auch Ankläger und Angeklagte dürfen vom Gericht unter keinen Umständen bedroht, beschimpft, gefoltert, gequält, zurechtgewiesen, angegriffen, bedrängt oder sexuell missbraucht werden. Bei Zuwiderhandlung sind Haftstrafen zwischen zehn Tagen und elf Jahren zu verhängen!» Haben Sie gehört, Herr Richter und Oberwürdenschutzwächter D?“
D: „Halt die Gosche, E!“
B: „Wer gibt Ihnen eigentlich das Recht, Richter zu spielen, Herr Oberwürdenschutzwächter?“
D: „E!“
B: (ungläubig) „E gibt Ihnen das Recht?“
D: „Nein!“
B: „Nicht?“
D: „Nein!“
B: „Dacht\' ich\'s mir doch!“
D: „Aber...“
B: „Ja?“
D: „E soll zitieren!“
E und B: (gleichzeitig) „Was?“
D: „Zitieren!“
E und B: (gleichzeitig) „Was denn zitieren?“
D: „Dieses... dings... irgend was mit Würdenschützerrecht oder so.“
B: „Würdenschützerregelbuch?“
D: „Schweigen Sie, Angeklagter B. Der Begriff ist mir wieder eingefallen: Das Würdenschützerregelbuch!“
E: „Zitieren?“
D: „Ja!“
E: „Was denn?“
D: „Das mit dem Richter und so!“
E: „Richter und so?“
D: „Ist kein Richter vor Ort und so weiter!“
E: „Ach so!“
Stille.
D: „Nun los!“
E: „Wie bitte?“
D: „Zitieren!“
E: „Was?“
D: „Möchten Sie gerne Ihren Job verlieren?“
E: „Nein!“
D: „Dann zitieren Sie!“
E: (resignierend, herunterleiernd) „Paragraph 17.1.b) des Würdenschützerregelbuches: «Ist kein amtlich zur Ausübung seines Berufes bemächtigter Richter zum Zeitpunkt einer Verhandlung zugegen, so übernimmt dieses Amt der höchste Beamte des Dorfes, wenn vorhanden der Oberwürdenschutzwächter!»!“
D: „Haben Sie gehört, Angeklagter B?“
E: „Genau!“
B: „Jepp!“
D: „Idiot?“
B, E und F: (gemeinsam) „Ja!“
D: (verwirrt) „Egal! Angeklagter, äußern Sie sich!“
B: „Nein!“
D: (verwirrter) „Wie «Nein!»?“
B: „Nein!“
D: (immer noch verwirrter) „Warum?“
B: „Ich will nicht!“
D: (am verwirrtesten) „Warum nicht?“
G kommt in den Saal gestürmt.
G: (außer Atem) „Herr Oberwürden...“
D: „Ruhe, Doof!“
G: (weniger außer Atem) „Aber, Herr Oberwürden...“
D: „Ruhe, Doof!“
G: (noch weniger außer Atem) „Ja, aber...“
D: „Doof, sind sie taub?“
G: (fast gar nicht mehr außer Atem) „Nein, Herr Ober...“
D: „Fein. Schweigen Sie!“
B: „Ohne Anwalt sag\' ich nichts!“
D: (selbstsicher) „Gut. Gehen wir über zur Anklage!“
B: (unterbrechend) „Nein!“
D: „Wie bitte?“
B: (trotzig) „Jetzt will ich doch!“
D: „Warum?“
B: „Darum!“
D: (konfus) „Einspruch nicht stattgegeben!“
B: „Depp!“
D: „Ruhe! Doof, sprechen Sie!“
G: „Ich, Herr Oberwürdenschutzwächter?“
D: (sarkastisch) „Nein, der andere Doof!“
G: „Ach so, Herr Oberwürdenschutzwächter.“
Stille.
D: „Natürlich Sie, Doof, einen anderen Doof gibt es gar nicht!“
G: „Wie bitte, Herr Oberwürdenschutzwächter?“
D: „Sprechen Sie!“
G: „Wovon, Herr Oberwürdenschutzwächter?“
D: „Neuigkeiten!“
G: „Neuigkeiten, Herr Oberwürdenschutzwächter?“
D: „Haben Sie keine?“
G: „Doch, Herr Oberwürdenschutzwächter.“
D: „Dann sprechen Sie!“
G: „Der Sohn ist entkommen, Herr Oberwürdenschutzwächter!“
D: „Welcher Sohn?“
G: „Es gibt nur einen, Herr Oberwürdenschutzwächter!“
D: „Ach!“
G: „Ja, Herr Oberwürdenschutzwächter, der des Angeklagten B!“
D: „Angeklagter B, was haben Sie dazu zu sagen?“
B: „Wozu?“
G: „Zu ihrem Sohn!“
B: „Ist er hier?“
D: „Haben Sie einen?“
B: „Wenn er hier ist, vielleicht.“
D: „Und wenn nicht?“
B: „Vielleicht.“
D: „Ist er hier?“
B: „Das frage ich Sie, Herr Oberwürdenschutzwächter.“
G: „Nein, Herr Oberwürdenschutzwächter!“
D: „Nein!“
G: „Ich weiß!“
B: „Vielleicht!“
D: „Ach!“
B: „Jepp! Aua!“
D: „Gut so, Dick F!“
E: „Paragraph 31.11.p) des Würdenschützerregelbuches: «Sowohl Zeugen als auch Ankläger und Angeklagte dürfen vom Gericht unter keinen Umständen bedroht, beschimpft, gefoltert, gequält, zurechtgewiesen, angegriffen, bedrängt oder sexuell missbraucht werden. Bei Zuwiderhandlung sind Haftstrafen zwischen zehn Tagen und elf Jahren zu verhängen!» Haben Sie gehört, Herr Richter und Oberwürdenschutzwächter D und Herr Würdenschützer F?“
F: „Jepp!“
D: (gleichzeitig) „Depp!“
B: „Jepp!“
D: „Was?“
B: „Ich habe mich entschieden.“
D: „Wobei?“
B: „Bei der Frage.“
D: „Frage?“
B: „Frage!“
D: „Welcher Frage?“
B: „«Haben Sie einen Sohn?»“
D: „Nein!“
B: „Aber ich!“
D: „Ach!“
G: „Es gibt nur einen, Herr Oberwürdenschutzwächter!“
D: „Ist er hier?“
B: „Nein!“
Der Sohn, Frau A, Frau B und C stürmen herein.
B: „Doch!“
D: „Ach!“
E: „Endlich!“
B, Frau B, D, F und G: (gemeinsam) „Endlich?“
Frau A, C, E und der Sohn: (gemeinsam) Endlich!“
D: „Ruhe! Setzen!“
Der Sohn, Frau A, Frau B, C und G setzen sich.
D: „Sie nicht, Doof!“
Der Sohn: „Ich?“
D: „Nein, der andere Doof!“
Der Sohn steht auf. G steht auf.
G: (zu dem Sohn) „Nein, ich!“
Der Sohn: „Ach!“
Der Sohn setzt sich.
D: „Was ist hier los?“
Der Sohn steht auf.
D: „Setzen!“
Der Sohn setzt sich.
Der Sohn: „Ich möchte erklären!“
D: „Aufstehen!“
Der Sohn steht auf.
D: „Doof, setzen!“
Der Sohn setzt sich. G setzt sich.
D: „Nein, Sie nicht?“
G: „Ich, Herr Oberwürdenschutzwächter?“
D: „Nein, der andere Doof!“
G steht auf.
D: „Der andere!“
G: „Es gibt keinen anderen, Herr Oberwürdenschutzwächter!“
D: „Das war der Sohn!“
Der Sohn: „Ich?“
D: „Sind Sie der Sohn?“
Der Sohn: „Jepp!“
B: „Aua!“
D: „Dick- aufhören, Doof- setzen, der Sohn- aufstehen!“
G setzt sich. Der Sohn steht auf. F hört auf.
D: „Erklären!“
Alle (bis auf D): „Wer?“
D: „Der Sohn!“
Der Sohn: „Ich?“
D: „Jepp!“
B: „Aua!“
Der Sohn: „Okay!“
Stille.
Der Sohn: „Ach so! Wir, der AAAA, sind hier, B zu befreien!“
Frau A: (laut) „Genau!“
C: (lauter) „Genau!“
E: (am lautesten) „Genau!“
D: „E?“
E: „D!“
D: „Sie?“
E: „Wer denn sonst?“
D: „Nein!“
E: „Doch!“
D: „Mist!“
Stille.
D: „Warum?“
Der Sohn: „Weil Toleranz zu predigen schon immer unser Ziel gewesen, und Taten folgen Worten, so haben wir doch nun bewiesen. Wie kann man gegen ein Land sich aussprechen, welches man nie gesehen hat, welches man nie bereist hat, von welchem man nie wirklich negatives man erfahren hat, von welchem man keinen Einwohner je zu Gesicht bekommen hat? Wie kann man Unbekanntes hassen? Ist es nicht das, was Oberflächlichkeit wir nennen, was als schlechte Eigenschaft wir verpönen?“
D: „Ich seh\', welch schlimmem Missverständnis wir alle hier Opfer geworden. Der Sohn und E, welche zu jung sind, \'s zu wissen, Herr C, welcher nicht lang genug in diesem Dorfe wohnt, ihr alle kennt nicht die Geschicht\', welche sich ereignet, als dies die Dorfverwaltung noch gewesen:...“
Es wird etwas dunkler, Licht nur noch auf den Schreibtisch und D. Der Amerikaner, Armee- Frisur, ausrasierter Nacken, Baggies, Basketballtrikot, tritt ein.
Amerikaner: (amerikanischer Akzent) „Ich bin ein Amerikaner!“
D: „Ach!“
Amerikaner: „Ich bin reich!“
D: „Ach!“
Amerikaner: „Ich will hier wohnen!“
D: „Wille wohnt in Pömmelte!“
Amerikaner: „Was?“
D: „Das heißt «Wie bitte?»!“
Amerikaner: „Ach!“
D: „Also noch mal von Vorne.“
Amerikaner: „Ich möchte hier wohnen!“
D: „Geht doch!“
Stille.
Amerikaner: „Ich will... ähm... möchte ein Haus bauen!“
D: „Ach!“
Amerikaner: „Here!“
D: „Hier? Genau hier, wo wir jetzt sind?“
Amerikaner: „Hier im Dorf.“
D: „Ach!“
Amerikaner: „Ich habe gehört, ich muss zu dir.“
D: „Duzen wir uns?“
Amerikaner: „Oh, sorry, zu Ihnen.“
D: „Geht doch!“
Stille.
Amerikaner: „Und?“
D: „Stimmt!“
Amerikaner: „Gut. Ich will... ähm... möchte das Land, wo die goldene Lampe steht!“
D: „Goldene Lampe?“
Amerikaner: „Oder so.“
Stille.
Amerikaner: „Armleuchter!“
D: (empört) „Was soll das denn jetzt? Ich bitte Sie! Also... das geht zu weit! Das muss ich mir nicht gefallen lassen, nicht von einem... einem?“
Amerikaner: (stolz) „Ich bin ein Amerikaner!“
D: „Genau. Das muss ich mir nicht gefallen lassen, nicht von einem Amerikaner!“
Der Amerikaner guckt verwirrt, D schnaubt vor Wut. Stille. Beiden geht auf einmal ein Licht auf.
Amerikaner und D: (gleichzeitig) „Das Land kaufen, wo der «Goldene Armleuchter» steht!?“
D: (empört) „Was?“
Amerikaner: (gleichzeitig) „Ja!“
Amerikaner: „Ja.“
D: „Das ist unser einziges Restaurant!“
Amerikaner: „Ich bin ein Amerikaner!“
D: „Das Grundstück ist nicht zu verkaufen!“
Amerikaner: „Ich bin reich!“
D: „Nur über meine Leiche! Oder die des Besitzers!“
Frau B tritt ein, stellt sich hinter dem Amerikaner an. Der Amerikaner bemerkt sie nicht, D schon.
D: (den Amerikaner vergessend) „Aah, Frau B, wie kann ich Ihnen helfen?“
Frau B: „Ming Jung\' is\' do.“
D: „Gratulation, Frau B! Ein Junge, sagen Sie?“
Frau B: „Jo, een Jung\'. Vor fünnef Tag\'n isser jekomm\'n.“
D: (stolz) „Glückwunsch, Frau B! Ich bin glücklich, dass unser Dorf nun endlich einmal Zuwachs bekommen hat.“
Bei „Zuwachs“ fällt D der Amerikaner ein.
D: (jetzt wieder zu dem Amerikaner) „Warum nehmen Sie nicht einfach ein anderes Grundstück?“
Amerikaner: „Ich will... ähm... möchte das Land, the view is amazing!“
D: „Ist die Aussicht nicht woanders ähnlich gut?“
Amerikaner: „Ich bin ein Amerikaner!“
D: „Ja und?“
Amerikaner: „Wir Amerikaner verdienen nur das Beste!“
D: „Ach!“
Amerikaner: „Ich bin reich!“
D: „Das erwähnten Sie bereits.“
Amerikaner: „Gut! Also?“
D: „Also was?“
Amerikaner: „Kriege ich das Land?“
D: „Nein! (zu Frau B) Also, Sie möchten einen neuen Einwohner melden?“
Frau B: „Jenau!“
Amerikaner: „Stop!“
D: (gereizt) „Was denn noch?“
Amerikaner: „Wer ist das?“
D: „Was?“
Amerikaner: „Die Frau.“
D: (auf Frau B deutend) „Sie?“
Amerikaner: „Ja!“
D: „Diese DAME ist Frau B.“
Amerikaner: „Ach!“
D: „Ist das von Belang?“
Amerikaner: „Was... ähm... wie bitte?“
D: „Ist das von Belang?“
Amerikaner: „Von wem?“
D: „Belang!“
Amerikaner: „Wer ist das?“
D: „Niemand!“
Amerikaner: „Sondern?“
D: „Das heißt: «Ist das wichtig?».“
Amerikaner: „Ach!“
Stille.
Amerikaner: „Ja, das ist wichtig. Geben Sie mich Frau B und ich nehme anderes Land!“
D: „Mir!“
Amerikaner: „Was... ähm... wie bitte?“
D: „Geben Sie mir!“
Amerikaner: „Was geben?“
D: „Nichts. Ich habe Sie korrigiert.“
Amerikaner: „Ach!“
Stille.
D: „Wollen Sie mich erpressen?“
Amerikaner: „No, nur a deal machen!“
D: „Das kommt gar nicht in die Tüte! Oder, Frau B?“
Frau B: „Was?“
Amerikaner: „Das heißt «Wie bitte?»!“
D: (auf den Amerikaner deutend) „Dieser Herr...“
Amerikaner: (D unterbrechend) „Ich bin ein Amerikaner!“
D: „... will...“
Frau B: (D unterbrechend) „Wille wohnt in Pömmelte!“
D: „... möchte ein Grundstück kaufen...
Amerikaner: (D unterbrechend) „Ich bin reich!“
D: „... und nimmt mit einem (deutet Anführungszeichen mit den Fingern an) «schlechten» Vorlieb, wenn er Sie hinzukriegt!“
Frau B: „Das kommt gar nicht in die Tüte!“
D: „Habe ich ihm auch gesagt.“
Amerikaner: „Ich bin reich!“
Frau B: „Ja und? Ich bin verheiratet!“
Amerikaner: „Ich bin ein Amerikaner!“
Frau B: „Ich bin eine Mutter!“
Amerikaner: „Aber still sexy, aren\'t you?“
Der Amerikaner lacht dreckig.
Frau B: „Wie bitte?“
D: „Also, das ist ja...“
A kommt auf die Bühne gestürmt, bleibt wutschnaubend im Raum stehen.
A: (mehr als nur erbost) „Was ist hier los?“
Der Amerikaner flieht von der Bühne, Frau B setzt sich zu den AAAAs. Es wird heller.
Der Sohn: (zu D) „Doch ist nicht dies ein Einzelfall gewesen, der das Vorurteil dem Lande gegenüber hat geschaffen?“
D: (perplex) „Nun ja, in gewisser Weise schon, doch...“
Der Sohn: (zu A) „Und ist es nicht intolerant, des Einzelfalles wegen dem ganzen Dorf den Hass aufzuzwingen?“
A: (perplex) „Nun ja, in gewisser Weise schon, doch...“
Der Sohn: (zu D) „Und ist es nicht einem Verbrechen gleich, der eig\'nen Meinung wegen die Freiheit and\'ren zu entreißen, deren Ansicht der eigenen nicht gleicht, oder gar ihr nur nicht zu gleichen scheint?“
D: (perplex) „Nun ja, in gewisser Weise schon, doch...“
Der Sohn: (zu A) „Und ist es nicht eben das, was wir zu beenden trachteten, womit, obwohl den Ursprung der Geschicht\' nicht kennend, wir predigten, die Nächstenliebe und die Offenheit für alle weltlichen Dinge zu praktizieren, was sogar die Bibel uns anrät?“
A: (perplex) „Nun ja, in gewisser Weise schon, doch...“
Der Sohn: (zu allen; übertrieben theatralisch) „Kein «doch», kein «aber» will ich hören, nur Einsicht ist es, die meinem Vater, der in Unschuld angeklagt, zur Freiheit kann verhelfen!“
D: „Aber...“
Der Sohn: (absolut untheatralisch) „Sag mal, bist du taub?“
D: „Nein, nur...“
Der Sohn: (wieder übertrieben theatralisch) „Kein «nur», kein «dennoch» will ich hören, allein Erkenntnis ob der eig\'nen Schwächen kann diesem Dorf zu dem verhelfen, was es dereinst doch scheint gewesen (zu sein)!“
D: „Jetzt halt doch mal die Gosche. Ich wollte lediglich sagen, dass du eigentlich recht hast, doch das Gesetz steht fest geschrieben, und es zu ändern ist ein Ding, dessen ich mich nicht mächtig noch willens seh\'.“
E, das Würdenschützerregelbuch noch in der Hand, zerreißt es in tausend kleine Fetzen.
Der Sohn: „Was nun?“
D: „Was nun? Das kann ich dir verraten. Vergessen wir den Zwist, den Zank, den Zorn, und vergraben wir den Streit, den Hass, das Vorurteil!“
Alle stehen auf und reißen sich die braunen Trainingsanzüge vom Leib, darunter mit Amerikaflaggen bedruckte Kleider. Eine riesige Amerikaflagge wird herabgesenkt, die Nationalhymne der USA erklingt, alle singen mit!


Ende

39 Bewertungen, 2 Kommentare

  • redwomen

    25.09.2004, 00:11 Uhr von redwomen
    Bewertung: sehr hilfreich

    kommt dein erstes Buch??? *lach* LG Maria Schön geschrieben.

  • Waldschrat

    24.09.2004, 21:02 Uhr von Waldschrat
    Bewertung: sehr hilfreich

    Wow. Umwerfend. Eine extrem beachtliche Leistung, aber allemal