E.I.N.S. - Böhse Onkelz Testbericht

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Summe aller Bewertungen
  • Cover-Design:  sehr gut
  • Klangqualität:  sehr gut

Erfahrungsbericht von helden_gesucht

Frankfurt die Erste

5
  • Cover-Design:  sehr gut
  • Klangqualität:  sehr gut

Pro:

Denken=Sagen, direkter Deutschrock, Sozialkritik pur, lange Songs

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Vorwort
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So nun ist es soweit. Ich möchte mich heute einmal mit einer der kontroversesten Bands Deutschlands beschäftigen. Einer Band, welche die Fans bedingungslos lieben und Kritiker in der Luft zerreißen. Eine Band, die viele Sachen falsch gemacht hat, jedoch aus den Fehler der Vergangenheit gelernt hat. Eine Band, der viel angedichtet wird, was jedoch nur bedingt der Wahrheit entspricht. Ich spreche von den Onkelz. Ihre Zungen sind mindestens so scharf und hart wie ihre Gitarrenriffs. Gesellschaftskritik und tiefe Emotionen gepaart mit einem satten, direkten Sound und den unverkennbaren Stimmen – das sind die Jungs aus Frankfurt!

Die Band
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Um die gesamte Geschichte der Onkelz aufzuführen dazu müsste hier wohl eine eigene Rubrik eingerichtet werden. Kaum eine andere Band hat so viele Höhen und Tiefen durchlebt wie die Deutschrocker. Deshalb nur einpaar kurze Facts.
In ihren Anfangsjahren kamen die Onkelz vor allem in der rechtsextremen Szene zu Ruhm. Aus diesen Jahren stammen Lieder wie „Judenstaat“ oder „Skinhead“, welche eine eindeutige Sprache sprechen. So wurde ihr erstes Studioalbum „Der Nette Mann“ (1984) verboten und es hagelte Auftrittsverbote, wegen gewaltverherrlichenden Texten und der Idealisierung des Nationalsozialismus. Jedoch meine Meinung ist die, es ist Auslegungssache. Man kann, wenn man will, in jeden Text das reininterpretieren, was man gern lesen würde und was man durch Vorurteile bereits über eine Band zu wissen meint. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass manche Menschen schon beim bloßen Namen „Böhse Onkelz“ an Rechtsextremismus denken und einen schon verurteilen. Dabei kann sich ein Außenstehender kaum ein Urteil über die Band machen. Die Texte klingen recht hart. Das gebe ich zu, jedoch das liegt am sozialen Umfeld aus denen sie stammen. Kevins Familie zerbrach an der Alkoholsucht und Stephan arbeitete in einer Kneipe, die an den Puff seines Vaters gekoppelt war. Außerdem hatte er mit 17 schon Schulverbot für alle Schulen in Hessen. Und schon bald hatten sie ihren schlechten Ruf weg. Als sie ´85 „Böse Menschen – Böse Lieder“ auf den Markt bringen und diese eigentlich postwendend indiziert wird, bekommen sie für dieses Kracheralbum und das nächste keinen einzigen Pfennig. Kevin driftet langsam aber sicher in die Drogensucht ab. Dieser Fakt wird von der Presse immer wieder ausgeschlachtet, jedoch stopfen die Fans der Presse den Mund mit einem fünften Platz in den Albumcharts. Ab nun sollte es bergaufwärts gehen. Einladungen zu diversen „Gegen Rechts“ – Konzerten kamen und auch der kommerzielle Erfolg mit dem Album „E.I.N.S.“...
Soviel zur Band

Kevin Russell (Leadgitarre/Vocals)
Matthias Röhr (Gitarre)
Stefan Weidner (Bass/Vocals/Keyboards)
Peter Schorowsky (Schlagzeug)
(Frank Moesner (Piano – nur auf diesem Album)

Das Album
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Wenn ich mit der Erläuterung der Platte beginnen soll, dann muss ich zwangsläufig zunächst aufs Cover eingehen. Cover sind die idealen Dinge um ein Cover mit starken visuellen Akzenten zu versehen. Diese Bilder brennen sich dann förmlich in die grauen Zellen des Betrachters. Dieser Effekt ist hier ganz sicher gegeben. Die Front schmückt ein Gesicht, jedoch im Picasso-Stil, will heißen: Ein Auge, der Mund, ein Ohr und die Nase befinden sich in einer Ebene. Diese abartige wie künstlerisch geniale Figur macht schon beim bloßen Betrachten des Covers neugierig auf den Inhalt der CD. Das Backcover zieren zwei Ohren in deren Mitte sich die Tracklist befindet.

Tracklist
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#1 Danket dem Herrn
#2 Nichts ist so hart wie das Leben
#3 Wie tief willst du noch sinken?
#4 Ihr sollt den Tag nicht vor dem Abend loben
#5 Zu nah an der Wahrheit
#6 Meister der Lüge
#7 Kirche
#8 Flammen
#9 Koma – Eine Nacht die nie endet
#10 Auf gute Freunde
#11 Regen
#12 Zeit zu gehen
#13 Enie Tfahcstob rüf Ediona-Rap (weiter unten erfahrt ihr, was es mit diesem Song auf sich hat)

...und nun die Tracks im Einzelnen
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> Danket Dem Herrn < - Gleich von Anfang an stellen die Onkelz klar: „Wir sind keine Weichspüler!“ Harte, verzerrte Gitarren unterlegt mit wuchtigen Beats und Stimmen wie aus der Kneipe von nebenan. Dieser erste Song hat nichts mit dem Thema Kirche oder Christentum zu tun wie man denken könnte beim Titel. Es ist eher ein Opener, der auf die Onkelz konkret bezogen ist. „Wir sind der Stachel im Arsch der Nation.“ Und so klingt auch der Song - hart und direkt. Die Onkelz sind schon eine verspielte Truppe, den kaum ein Lied kommt bei ihnen ohne ein fettes Solo aus. So auch hier. Auch wenn es etwas knapp ist.
(5/5) -> (4:08)

> Nichts Ist So Hart Wie Das Leben < - Wow! Gleich der zweite Song trägt philosophische Züge. Musikalisch weniger philosophisch dafür mehr direkt auf die Fresse. Lieblingsworte wie „Scheiße“ und „Arschloch“ mussten einfach in diesen Text. Schnell, hart und versoffene Stimmen im Überfluss. Eben ein typischer Onkelz-Song und ebenso genial. Die Pointe liegt wie immer im Text. „Was hast du Arschloch schon jemals riskiert? Nein ich meine nicht dein Leben. Nein, was sich lohnt zu verlieren.“ Knallte Vocals von den Buhmännern der Nation.
(5/5) -> (3:45)

> Wie Tief Willst Du Noch Sinken? < - Stark verzerrte Gitarrenklänge eröffnen den Track. Ein zweite Gitarre gesellt sich dazu. Jetzt spielt Leadgitarre und Rhythmusgitarre und der Bass. Alles bis hierhin eher Onkelz-untypisch, denn der Song ist langsam und bis die Stimme erklingt, könnte der Track ebenso gut von Led Zeppelin sein. Den Chorus kann man gut vom Rest abgrenzen. Wie immer sehr textlastig. Starkes Solo gegen Ende!
(5/5) -> (5:15)

> Ihr Sollt Den Tag Nicht Vor Dem Abend Loben < - Schnelle treibende Beats und harte Gitarren. Die Onkelz legen sich mit jedem an, auch wieder in diesem Song. „Opium für’s Volk, Scheiße für die Massen!“ und das singt Kevin, der ehemals Drogenabhängige. Mit diesem Album musste es einfach bergauf gehen. Wie (fast) jeder Onkelz-Song klingt „Ihr sollt den Tag nicht vor dem Abend loben“ aggressiv und brutal, jedoch dies ist ihre Form – das sind die Onkelz in Reinkultur!
(5/5) -> (4:21)

> Zu Nah An Der Wahrheit < - Zarte Pianoklänge erreichen das schon längst geschädigte Trommelfell. Immer wieder ein kurzer Gitarrenakkord. Das Schlagzeug unterlegt diese Liason mit einem freundlich sanftem Beat. Der Eine mag die Grölstimme Kevins, welcher sich wirklich mühe gibt, als störend empfinden, jedoch das ist das markanteste Merkmal der Onkelz. „Zu nah an der Wahrheit“ vielleicht eine ironische Übertreibung für die bisherige Bandgeschichte der Frankfurter. Was besonders an diesem Track gefällt – jede Menge Musik. Solo an Solo und alles mit einer kleinen depressiven Note.
(5/5) -> (6:21)

> Meister der Lügen < - Wer kann es den 4 Jungs verübeln, dass sie fast ausschließlich über die Dinge schreiben, die sie selber erlebt haben? Jahre der Ablehnung und Ignoranz haben geprägt. Allerdings wurde auch viel Unwahres und viele Lügen über die Frankfurter Combo geschrieben. Die Medien sind die „Meister der Lüge“. Dieses Statement verpackt in einem netten, anklagendem Song verziert mit rasanten Gitarrenchords und treibenden Beats – schon hat man dieses nächste Brett vorm Kopf der Gesellschaft. „Ein Onkel fügt sich nie!“
(5/5) -> (4:22)

> Kirche < - In schweren Zeiten suchen viele Menschen halt in der Liebe oder im Glauben. Jedoch die Kirche ist nur eine Institution, welche die Armen und Schwachen ausnutzt, denn sie will eigentlich nur dein Geld. Kirche ist Gehirnwäsche und Gleichschaltung – wo bleibt da die Individualität? „Mit uns nicht.“ So die Onkelz.
Dumpfe, dogmatisch anmutende Basseinleitung mit Glockenanschlägen als Schlagzeugersatz und dann einer schnatternden Gitarre so beginnt der Tanz der Onkelz mit der Kirche.
Die konfrontationsfreudigste Bands Deutschlands hat sich hier kritisch mit dem Thema Kirch auseinander gesetzt und zeigt ihren Standpunkt. Jeder muss letztendlich selber wissen, wie und wo er die Kirche einordnet. „Wer keine Angst vorm Teufel hat, braucht auch keinen Gott.“
(4/5) -> (5:39)

> Flammen < - Kevin ist zurück am Rohr. Stimmgewaltig wie eh und je. Harte, schnelle Gitarren – weithin bekannte Zeichen des musikalischen Charakters der Onkelz. Stark rhythmisierte, stupide Quintenriffs die einfach nur mitreißen, und der Suchtfaktor ist wie bei fast allen anderen Liedern extrem hoch. Und das sie was auf dem Kasten haben, zeigen sie wiedereinmal mit dem kleinen Solo in der Mitte des Songs.
(5/59 -> (4:14)

> Koma – Eine Nacht Die Nie Endet < - Zarte, herzerweichende Pianoklänge wieder gepaart mit einem sanften Schlagzeugbeat und Gitarrenakkorden bilden den Grund für die diesmal wirklich zart anmutende Stimme. Der Refrain klingt etwas traurig, jedoch auch so unglaublich befreiend und kraftvoll.
Die Onkelz kennen sich mit Zuständen wie Delirium und Fasttod gut aus und so mussten sie diesen Stoff einfach in einen Song packen. Geniale Umsetzung. Die Onkelz bereuen hier viel und selbst der stärkste Kritiker muss zugeben, dass der Song einfach nur versöhnlich stimmen muss. Wo nehmen die Jungs nur die Ideen für die Soli her?
(5/5) -> (4:59)

> Auf Gute Freunde < - Gerade bereut, jetzt wird wieder gefeiert. Es wird das Ablegen und hinter sich Lassen von alten Tagen gefeiert. Und das geht am besten mit einem simplen Riffs, dass besser dröhnt als alles andere. Die Strophe ist wie lang nicht mehr so simpel begleitet, jedoch gibt das dem Song erst das richtige Feeling. An der Stelle: „Ich trinke auf gute Freunde, auf verlorene Liebe...“
(5/5) -> (5:19)

> Regen < - Anfangs sind Gewitter- und Regengeräusche zu hören. Tropfen schlagen auf dem Boden auf. Es plätschert. Schwere Riffs und eine nette Melodie, die sich über den aufgeweichten Boden ausbreitet. Eine nie gekannte paranoid anmutende Stimme ertönt, die Riffs werden härter und „dann kam der Regen“. Die Onkelz sehen, wie jeder normale Mensch, die Rettung der Gesellschaft in einer Umstrukturierung dieser bestehenden Form. Der „Regen“ wäre das effektivste Mittel. Er spült alles weg und nimmt alles schlechte weg. Alle Krankheiten der Gesellschaft – weg! Das sich an diese Theorie ein hammer Solo anschließt, brauche ich an dieser Stelle wohl nicht zu erwähnen. Das genialste Stück der Platte. The Top of the Best.
(5/5) -> (8:43)

> Zeit Zu Gehen < - Hetzende Gitarrenquinten begleitet von einem minimalen Schlagzeugbeat und einer stupiden Bassbegleitung, welche sich durch den ganzen Track ziehen. Wer meint, die Onkelz denken ans Aufhören, der irrt sich. Sie sind auf der Suche nach neuen Zielen, deswegen ist es „Zeit zu gehen“. Kevin haut in die Saiten und zaubert ein super Soli zwischen die Zeilen. Wie immer geben sich die Onkelz drängerisch.
(5/5) -> (3:47)

> Enie Tfahcstob rüf Ediona-Rap (Eine Botschaft Für Paranoide) < - Aufsaugende Gitarren und düstere Gitarrenakkorde beginnen die „Botschaft für Paranoide“. Metallica-Schlagzeugdrums und quäkende Elektrotöne vervollständigen den Klangteppich. Dann setzt die Stimme ein. Und jetzt ist die Verwirrung perfekt. Der Text ist „falschrum“. Also man versteht die Worte nicht, weil die Worte von hinten nach vorn gesprochen werden. Man müsste die CD einmal andersherum laufen lassen um zu verstehen, was dort der Text genau sagen will, jedoch das ist mir bisher noch nicht gelungen. Deswegen lasse ich diesen Track unbewertet.

Fazit
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„E.I.N.S.“ gibt ungeschminkt den Charakter und die Ideale der Onkelz wieder. Hart, direkt und laut – aber eben auch mal leise, nachdenklich und sanft. Die Mischung macht’s. In den Texten überwiegen Trauer, Reue und Ablehnung gegenüber den Medien. Verständlich, denn selbst MTV hatte die Onkelz in ihrem „Masters“ als Faschistenband, brutal und gewalttätig hingestellt. Das entspricht allerdings mit keinem Stück der Wahrheit. Die Onkelz haben sich geändert. Sie wollten außerdem niemals in diese rechtsradikalen Kreis, nur wurden sie über Nacht von diesen Schlägertruppen zu ihrem Ideal erklärt. Und wer würde zu den Leuten gehen, die einen ablehnen, wenn man auch „Fans“ hat?
Kevin stellte aber auf dem Dortmund-Konzert eindeutig fest: „Brutalität ist scheiße! Gewalt darf höchstens zum Einsatz kommen, wenn deine Freund oder deine Familie in Gefahr sind.“ Und wer das anders sieht, der soll gern seine Meinung dazu kund tun. Ich diskutiere gern darüber.
Die Scheibe jedenfalls ist für jeden, ob jahrelangen Fan oder Einsteiger, zu empfehlen. Ein guter Einblick in das musikalische und textliche Können der 4 Frankfurter.

Weiter infos unter www.onkelz.de

Ich schreibe auch auf Ciao unter dem selben Nick.

20 Bewertungen, 3 Kommentare

  • misscindy

    30.01.2009, 11:44 Uhr von misscindy
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein sehr schöner Bericht, lg Sylvia

  • frankensteins

    13.09.2008, 23:12 Uhr von frankensteins
    Bewertung: sehr hilfreich

    liebe Grüße Werner

  • hjid55

    29.06.2008, 01:20 Uhr von hjid55
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr hilfreich und liebe Grüße Sarah