Ehrenamt allgemein Testbericht

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Erfahrungsbericht von ditho

Ein Ehrenamt ist nicht nur ein Amt

Pro:

Man kann an sich selbst und Anderen wachsen.

Kontra:

Nur die eigene Trägheit.

Empfehlung:

Ja

Beim Stöbern bin ich auf dieses Thema gestoßen und habe mich das erste Mal festgelesen. Schade, daß es hierzu so wenig Berichte gibt. Es gibt doch so viele Menschen, die ehrenamtlich tätig sind und dennoch sind es nicht genug.
Ich selbst stamme aus Sachsen, also dem Osten Deutschlands. Nach der Wende hatten wir sicher andere Sorgen als ein Ehrenamt. Da ging es erst einmal um den Erhalt des Arbeitsplatzes und dann darum, einen neuen zu finden. In dieser Übergangszeit wurde ich angesprochen, mich als ehrenamtlicher Richter zu bewerben, als Vertreter der Arbeitgeberseite. Das war in dem Wissen, daß die Treuhand unser Unternehmen, eine Tochter eines ehemaligen Kombinates, schon zur Liquidation entschieden hatte, keine einfache Entscheidung. Auf der einen Seite als Beauftragter des Arbeitgebers Kündigungen vorzubereiten, in dem Wissen, daß die letzte die eigene ist, auf der anderen Recht sprechen in einem Arbeitsrecht, das einem noch so neu war. Kann man denn überhaupt über Kündigungen richten, wenn man selbst welche vorbereitet? Das Argument, daß man nie über die des eigenen Unternehmens entscheiden muß, ist doch nun wirklich von minderster Qualität.
So schnell wurde ich allerdings nicht Richter. Daß man in den neuen Bundesländern diese Kandidaten erst einmal genau prüfte, ob sie nicht z.B. stasibelastet waren, ist wohl verständlich. Nachdem das geklärt war, mußte ich erst einmal eine Menge lernen. Nicht Jura, denn ein ehrenamtlicher Richter ist kein Aushilfsjurist, nein, er soll den Juristen mit seiner Lebens- und in der Arbeitsgerichtsbarkeit auch mit seiner Berufserfahrung unterstützen. Und ob er dabei Verteter der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer ist, hat bei diesen Entscheidungen völlig belanglos zu sein. Er hat nicht seinen Stand zu vertreten, nein, er soll objektiv helfen, über die Situation der Menschen, die sich vor diesem Gericht "streiten" , zu entscheiden. Es gibt nicht Dein Recht und schon gar nicht mein Recht. Es gibt nur das Recht, daß zwar in vielen Paragraphen festgeschrieben ist und dennoch asuch von vielen Richtern unterschiedlich ausgelegt wird. Gesetze sind eben von Menschen für Menschen gemacht und Menschen können mit der Zeit auch Erfahrungen sammeln und manchmal sogar umsetzen. Ein Ehrenamt, das ganz schön fordert, vor allem auffordert: denke daran, es geht zwar auch um Paragraphen, aber in erster Linie um Menschen und ihre Schicksale. Dies zu begreifen fiel mir nicht schwer. Die Kündigungsmaschinerie lief bei uns an und ich mußte als erstes feststellen, daß es bei einer Liquidation eines Unternehmens eigentlich keinerlei Kündigungsschutz gibt, weil es bei einer Kündigung aller keine Sozialauswahl und damit keine Fehler bei derselben gibt. Da soll man die Welt noch verstehen. Rechtlich sicher einwandfrei, aber ist so etwas auch rechtens bzw. richtig? Es gab zwar einen Sozialplan und es gab gemeinsam mit dem Betriebsrat eine Vereinbarung zu Umschulungsprogrammen, die vom auch neuen Arbeitsamt kräftig unterstützt wurden. Denn wer machte sich damals schon die Mühe, zumindest zu versuchen, sich mit etwas Anstand von den Menschen, mit denen er viele Jahre zusammengearbeitet hatte, zu trennen. Wie erklärt man das den Betroffenen und sich selbst mit Arbeitsrecht, wie versteht man dann noch dieses Ehrenamt?
Wie zu erwarten war, ging ich als Letzter. Die Umschulungsmaßnahmen waren beendet. Mit Hilfe guter Dozenten aus den alten Bundesländern waren über Praktika viele Umschüler zu neuen Arbeitsplätzen gekommen. Ich will hier nichts verherrlichen, aber in der Anfangszeit ging da noch etwas. Wie lange es vorhielt, weiß ich leider auch nicht. Ich stand da, mit einem Ehrenamt und ohne Arbeit und da fehlte eigentlich die Vopraussetzung für dieses Ehrenamt. Glücklicherweise fand ich dann im Vertrieb einer EDV-Firma, wo auch sonst, einen neuen Job und konnte damit auch mein Ehrenamt behalten. Ich lernte in dieser Zeit viele Einzelschicksale kennen und auch viele Glücksritter, die an schnellem Geld und nicht an den Menschen interessiert waren. Nicht persönlich, sondern vor Gericht. Je mehr Geld sie hatten, desto bessere Anwälte, glaubten sie. Das geht nicht gegen die Anwälte, die tun auch nur ihre Arbeit. Aber nicht nur ich mußte feststellen, daß viele Wahrheiten erst unter der Oberfläche hervorgeholt werden müssen. Und es tat auch manchmal regelrecht weh, wenn ein mittelständischer Arbeitgeber sich zwar voll für seinen Betrieb engagiert hatte, aber arbeitsrechtliche Fehler beging. Der gute Wille allein nützt im Leben nichts, man muß seine Arbeit schon richtig machen. Da war es für die zwei ehrenamtlichen Richter und den Berufsrichter, der ja zu dieser Zeit meist noch recht jung war und aus den alten Bundesländern kam, nicht immer leicht. Denn wenn zwei sich einig waren in ihrem Urteil, dann sah es für den dritten schlecht aus, egal auf welchem Stuhl er saß. Es spricht für die gute Ausbildung dieser jungen Richter, daß sie nicht nur ihre Paragraphen kannten, sondern auch das Ehrenamt und die Menschen, die es ausübten, Ernst nahmen und mit uns "Laien" sachlich diskutierten. Wir kamen in diesen 8 Jahren immer zu einer gemeinsamen Meinung, hinter der wir alle drei standen. Mal ging es schneller, mal dauerte es länger. Aber am Ende hatten wir alle drei dabei wieder etwas dazugelernt.
Ich habe dabei unheimlich viel gelernt, auch für mein berufliches Leben. Ich habe mich in vielen Jahren vom Vertriebsmitarbeiter über den Leiter Vertrieb zum Geschäftsführer hochgearbeitet und hätte manche Entscheidung sicher anders getroffen, wenn mir mancher Richter nicht mit seiner Entscheidung gezeigt hätte, daß man sich auf das Wesentliche konzentrieren muß und niemals Ursache mit Wirkung verwechseln darf. Ein Richter hat mir einmal gesagt: der schlechteste Vergleich ist besser als das tollste Urteil. Denn diese Entscheidung wird von allen beteiligten Parteien mitgetragen. Das hat mir manchen Ärger erspart und mich gelehrt, auch bei Problemen mit meinen Mitarbeitern erst einmal mit ihnen zu reden und dann zu entscheiden.
Das Ehrenamt hat mir zwar niemals Geld und Ruhm eingebracht, das ist auch nicht sein Zweck. Aber das Gefühl, gebraucht zu werden und Menschen helfen zu können, und das ist ein verdammt gutes Gefühl. Nach 8 unvergessenen Jahren in diesem Amt mußte ich es leider aufgeben, da es sich mit der gewachsenen Arbeit nicht mehr unter einen Hut bringen ließ. Heute als Rentner habe ich diese Entscheidung schon öfters bereut. Ich kann nur jeden beglückwünschen, der in einem Ehrenamt tätig ist, daß er sich dafür entschieden hat und wer noch nicht, sollte einmal darüber nachdenken.

20 Bewertungen, 10 Kommentare

  • MasterSirTobi

    15.10.2008, 03:10 Uhr von MasterSirTobi
    Bewertung: sehr hilfreich

    Der Bericht gefällt mir wirklich gut. SH

  • blackangel63

    14.09.2008, 11:23 Uhr von blackangel63
    Bewertung: sehr hilfreich

    sOnNiGe SoNnTaG - mOrGeN - gRuEsSe..AnJa

  • Bunny84

    12.09.2008, 19:52 Uhr von Bunny84
    Bewertung: sehr hilfreich

    Einen schönen Start in das Wochenende und liebe Grüße aus dem Münsterland.

  • Tuffi2106

    12.09.2008, 19:38 Uhr von Tuffi2106
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH, lieben Gruß und ein schönes Wochenende! Tuffi

  • sandieheinrich

    12.09.2008, 19:14 Uhr von sandieheinrich
    Bewertung: sehr hilfreich

    Grüßle

  • tk7722

    12.09.2008, 18:21 Uhr von tk7722
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein sehr schöner Bericht, liebe Grüße

  • Striker1981

    12.09.2008, 15:16 Uhr von Striker1981
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH und Liebe Grüße vom STRIKER

  • Kleinnightwish

    12.09.2008, 15:14 Uhr von Kleinnightwish
    Bewertung: sehr hilfreich

    ganz liebe grüße von der angi ;)

  • anonym

    12.09.2008, 14:37 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Wünsche ein schönes Wochenende pumuckel64

  • Daisy_Bluemchen

    12.09.2008, 14:36 Uhr von Daisy_Bluemchen
    Bewertung: sehr hilfreich

    viele Grüße ... Daisy