Ein unmöglicher Härtefall (VHS) Testbericht

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ab 9,02
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Erfahrungsbericht von Bjoern.Becher

Kitsch der besonderen Art!

Pro:

Humor, skurrile Charaktere, Darsteller, ungewöhnliche Liebeskomödie, ein Coen

Kontra:

nicht ganz so überzeugend wie die meisten anderen Coens, für den Normalo-Genre-Fan ein Schock

Empfehlung:

Ja

Die Brüder Joel und Ethan Coen sind dem wahren Filmfan schon lange ein Begriff. Mit ihren schrägen Filmen haben sie schon mehrere Festivals im Sturm erobert, einen Oscar gewonnen und drei weitere Nominierungen erreicht. Offiziell ist Joel dabei immer der Regisseur und Ethan der Drehbuchautor, in Wirklichkeit machen sie beides wohl eher gemeinsam. Unter dem Pseudonym Roderick Jaynes (1996 beinahe der erste erfundene „Mensch“, der einen Oscar gewonnen hätte) sind die beiden zudem für den Schnitt zuständig.

Ihre meist (gerade noch so) im Komödiengenre angesiedelten Filme sind dabei normalerweise voll mit schwarzem Humor und skurrilen Figuren, die man in einem Mainstreamkinofilm normalerweise nicht zu sehen bekommt. Umso größer war die Sorge der zahlreichen Anhänger der beiden Fans als das neuste Projekt bekannt wurde: „Ein (un)möglicher Härtefall“ sollte eine Romantikkomödie für das breite Kinopublikum werden. Nachdem beide eigentlich nur das Drehbuch etwas überarbeiten sollten, ließen sie sich von Produzent Brian Grazer schließlich auch zur Übernahme der Regie überreden. Biedern die Coens sich etwa dem breiten Kinopublikum an?

Ein Blick auf die Story lässt diese Befürchtungen wachsen. Da geht es um einen absolut erfolgreichen Scheidungsanwalt namens Miles Massey (George Clooney), der überhaupt nicht an die Liebe glaubt. In seiner Welt werden Ehen nicht aus Liebe geschlossen, sondern nur um den reicheren Partner zu schröpfen. Er ist ein As darin, genau dies zu verhindern oder zu ermöglichen, je nachdem welche Seite er vertritt. So gelingt es ihm ohne Probleme seine Mandantin Bonnie Donaly (Stacey Travis) das ganze Vermögen ihres Ehemanns Donovan (Geoffrey Rush) zuzuschustern, obwohl es Bonnie war, die fremdgegangen ist.

In der selben Welt wie Massey lebt auch die wunderhübsche Marylin (Catherine Zeta-Jones). Fünf Jahre hat sie es mit ihrem reichen Ehemann Rex (Edward Herrmann) ausgehalten, nun soll es ans große Abkassieren gehen. Dank des Detektivs Gus Petch (Cedric the Entertainer) gelingt es ihr Rex in flagranti zu erwischen, doch leider nimmt sich Rex gerade Miles Massey als Anwalt. Dieser sorgt dafür, dass Marylin keinen einzigen Cent bekommt.

Doch dabei hat er sich in Marylin verliebt und stellt nun sein bisheriges Leben und seine Arbeit in Frage. Das Objekt seiner Begierde sinnt dagegen auf Rache und steht eines Tages mit dem reichen Ölbaron Howard D. Doyle (Billy Bob Thornton) im Büro des Anwalts. Im Hinterkopf hat sie einen perfiden Plan.


Schon der Vorspann des Films lässt noch schlimmeres erwarten, als fast alle Informationen, die man bisher schon hatte. In einer schier unerträglich kitschigen Szene, mit unzähligen Verliebten und Amor-Pfeilen und Amorengeln in einer „Heile-Welt-Zeichentricklandschaft“ wird der Film - abgesehen von einem kleinen Prolog - eingeleitet. Doch was die Coen-Brüder dann angezettelt haben, zerstreut die meisten Befürchtungen.

Ein wahrere Reigen unendlich schräger Gestalten, die aus jedem anderen Coen-Film stammen könnten, tummeln sich auf der Leinwand. Einer verrückter als der andere und gemeinsam tragen sie eine Story vor, die mit allerlei schwarzen und subtil vorgetragenen Humor begeistern kann. Ja, es ist der typische Coen-Humor mit dem sicher viele nichts anfangen können, der aber die Fans in Begeisterungsstürme versetzen wird.

Doch ein Problem offenbart sich schon hier: Der Coen-Humor kommt in seiner Schwärze und Schrägheit nicht an den der anderen Streifen des Duos heran. Einer der Gründe warum die Befürchtungen der Fans berechtigt sind. Somit besteht die Gefahr, dass große Coen-Fans von dem Streifen enttäuscht sein werden, da er einfach nicht an die Genialität der meisten anderen Filme des Duos herankommt. Und einher mit diesem Missfallen bei den eigenen Fans, könnte ein Missfallen des Films bei den Anhängern des Genres der Liebeskomödien sein. Denn „Ein (un)möglicher Härtefall“ ist absolut kein Film der Sorte „Liebeskomödie mit Hugh Grant“. Für Fans dieser Filme dürfte der Humor und die Erzählart der Story zu schräg sein. Somit könnte „Ein (un)möglicher Härtefall“ ein Film sein, der keinem gefällt, sondern alle enttäuscht: Die einen weil er nicht Coen-like genug ist, und die anderen weil er zu Coen-like für einen Mainstreamfilm ist.

Und das wäre sehr schade! Denn „Ein (un)möglicher Härtefall“ ist ein sehenswerter Streifen. Er ist phasenweise so herzhaft komisch, wie keine andere romantische Komödie der letzten Jahre. Und er ist Kitsch der ganz besonderen Art.

Neben der schon oben beschriebenen unerträglich kitschigen Introsequenz gibt es eine unerträglich kitschige Rede von George Clooney. Es dreht sich einem fast der Magen um, so unerträglich kitschig ist das ganze. Da redet er nicht nur von der neuen Bedeutung von Liebe für ihn, sondern dass er ab jetzt unentgeltlich für Arme und Bedürftige als Anwalt arbeitet. Und wenn dann alle noch aufstehen und applaudieren, ein paar sogar weinen, dann denkt man, dass man eben das kitschigste und schlechteste Ende der Filmgeschichte gesehen hat. Aber nicht bei den Coens: Mit dem Vorschlaghammer wird dieses „Ende“ weggeprügelt und der Film geht noch einmal eine halbe Stunde weiter, in der man noch ein weiteres vermeintliches Ende präsentiert bekommt. Hervorragend.

Hervorragend ist auch wieder einmal die Darstellerauswahl der Brüder. George Clooney und Catherine Zeta-Jones sind ein Traumpaar. Je ein optischer Leckerbissen für jedes Geschlecht und dazu noch klasse Schauspieler, die hier gemeinsam mit einer absolut sehenswerten Spielfreude agieren. Dazu eine treffende Auswahl an Darstellern, welche die skurrilen Nebenrollen schmücken. Vor allem der bis dato recht unbekannte Paul Adelstein ist da zu nennen. Diesen Namen sollte man sich merken.

F A Z I T
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So kann man dieser herzerfrischenden Komödien wirklich nur sehr wenig vorwerfen. Zum einen halt, dass sie nun mal wirklich nicht an die meisten anderen Coen-Filme rankommt sowie das viele Zuschauer das Kino enttäuscht verlassen werden, da sie von einer Liebeskomödie doch etwas völlig anderes erwartet haben. Und das wirkliche Ende zieht sich doch etwas zu sehr heraus. Es überwiegen aber eindeutig die zahlreichen Pluspunkte! Acht von zehn Punkten!

D A T E N
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Titel Deutschland: Ein (un)möglicher Härtefall
Originaltitel: Intolerable Cruelty
Genre: Liebesfilm / Komödie
USA 2003, FSK 12, Laufzeit: 100 Minuten

Darsteller: George Clooney (Miles Massey), Catherine Zeta-Jones (Marylin Rexroth), Geoffrey Rush (Donovan Donnelly), Cedric the Entertainer (Gus Petch), Edward Herrmann (Rex Rexroth), Richard Jenkins (Freddy Bender), Billy Bob Thornton (Howard D. Doyle), Paul Adelstein (Wrigley), Julia Duffy (Sara Sorkin), Jonathan Hadary (Baron Kraus von Espy), Tom Aldredge (Herb Myerson), Stacey Travis (Bonnie Donaly), Jack Kyle (Ollie Olerud), Irwin Keyes (Wheezy Joe), Judith Drake (Mrs. Gutman), Royce Applegate (Mr. Gutman), George Ives (Anwalt von Mr. Gutman), Booth Colman (Untersuchungsrichter), Kristin Dattilo (Junges Mädchen von Rex), Wendle Josepher (Vorzimmerdame von Miles), Mary Pat Gleason (Kellnerin), Mia Cottet (Ramona Barcelona)

Regie: Joel Coen
Produzenten: Ethan Coen, Brian Grazer
Koproduzenten: John Cameron, Grant Heslov, James Whitaker
Ausf. Prod.: Sean Daniel, James Jacks
Drehbuch: Ethan Coen, Joel Coen, Robert Ramsey, Matthew Stone
Kamera: Roger Deakins
Schnitt: Roderick Jaynes
Musik: Carter Burwell
Produktionsdesign: Leslie McDonald, Tony Fanning
Kostüme: Mary Zophres
Ton: Peter F. Kurland
Casting: Ellen Chenoweth

W E I T E R F Ü H R E N D E * I N F O R M A T I O N E N
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Internet Movie Database: http://german.imdb.com/title/tt0138524/

Online Filmdatenbank: http://www.ofdb.de/view.php?page=film&fid=36629

© Björn Becher 2003

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