Eishockey Testbericht

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Erfahrungsbericht von Cassiopeia81

Stoßgebete für die flügelahmen Wings!

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Hallo liebe Community,

Heute bin ich bei der in der DEL (Deutsche Einhockey Liga) beheimateten Wild WIngs angelangt. Aufgrund der relativen Nähe und der Herkunft meines besten Kumpels bin ich auf den SERC (Schwenniger Eis –und Rollsportclub) gekommen, aber ein wahrer Fan der Mannschaft bin ich erst seitdem ich im November das erste Mal in deren Arena war. Die Atmosphäre da ist einfach einmalig, selbst wenn das Team nicht gerade erfolgreich ist momentan.


***** Wo liegt Schwenningen? *****

Da Schwenningen nun wirklich nicht viel größer als ein Klecks auf der Karte ist, hier einmal ein paar Informationen. Schwenningen und Villingen sind zwei zusammengeschlossene Städte, die auf der Karte nur als Villingen-Schwenningen (VS) vertreten sind. Dennoch behaaren beide Seiten auf ihre Eigenständigkeit. VS liegt im tiefsten Schwarzwald zwischen Freiburg und Stuttgart (näher an Freiburg). Am besten zu erreichen ist VS über die A81 Richtung Bodensee und Singen. So, daß einmal der Service für Halbortskundige ;-)


***** Geschichte *****

Ja, ja der SERC oder auch die „Wild Wings“ gibt es ja jetzt schon seit einer halben Ewigkeit. Die Schwenninger sind stolz auf ihre lange Tradition des inzwischen 98 Jahr alten Vereines. Alles Begann im Jahre 1904 in einem Schwenninger Gasthof. Einiger Einwohner des Dörfchens Schwenningen trafen sich um einen Schwimmverein zu gründen (ja ihr hört richtig, ein Schwimmverein). Doch wie der Zufall es wollte ertranken kurz vor der Sitzung 4 Jugendliche in dem nahegelegenen See. Nach diesen Vorfall war den Verantwortlichen natürlich klar, daß sich der Schimmsport in Schwenningen gerade nicht besonderer Beliebtheit erfreuen konnte, so entschloß man sich die Witterungsbedingungen des Schwarzwaldes zu nutzen und in den Eissport einzusteigen. Das hieß zunächst jedoch nur Eislauf, Eishockey kam erst in den 20er Jahren hinzu.
1928 war es dann soweit und Schwenningen griff ein Jahr nach den ersten offiziellen Eishockeyspielen ins Geschehen ein. Gegner waren zu diesem Zeitpunkt nicht gerade an jeder Ecke zu finden, so bestand die erste Liga aus nur 4 Vereinen (Freiburg, Stuttgart, Titisee und eben Schwenningen). In den Dreißiger wuchs die Zahl der Teilnehmer sprunghaft an, aber gleichzeitig konnten sich die Schwenninger zum ersten und einzigen Mal als das dominierende Team etablieren. Zwischen 1931-1936 gab es nur einen südwestdeutschen Meister und zwar Schwenningen. Jedoch reichte es in der deutschen Meisterschaft nur für das Viertelfinale, wo dann stets Entstation war.
Da die alte Eisbahn der Schwenninger im 2. Weltkrieg kurzer Hand von den Nazis zum Schrebergarten umfunktioniert wurde mussten sich die heutigen Wild Wings eine neue Eisbahn suchen. So wurde die bisherige Reithalle zum Eishockeystadion umgebaut. Eishockey hatte eben in der Stadt schon immer den Stellenwert Nummer 1. Doch 1948 war das Stadion an der Rottweiler Straße wieder hergerichtet und so bekamen die Reiter ihre Halle wieder.
Ab 1947 heißen die Wild Wings nun auch der SERC, soll heißen man trennte sich von der Schwimmabteilung und nahm den Rollhockey mit ins Angebot auf. In den 50er Jahren folgten viel Landsmeister Süd Titel, doch am Ende der Fünfziger drohte dem Verein dennoch das Aus. Der Grund war der sinkende Grundwasserspiegel, der die Aufbereitung des Eises auf der Natureisbahn unmöglich machte und Geld für eine Kunsteisbahn nicht vorhanden war. Es dauerte bis 1964, bis der Verein das Geld endlich zusammen hatte und es wieder Eishockey in Schwenningen gab. Es entstand das Stadion „am Bauchenberg“. Nicht gerade ein herausragender Name, aber ein Name, mit dem sich die Fans identifizieren können. Doch der Neuanfang der Wild Wings erwies sich als äußerst schwer. Die alten Spieler waren alle abgewandert oder im Ruhestand und Nachwuchs gab es aus verständlichen Gründen kaum. So dauerte es ganze 17 Jahre, bis man wieder fähig war in der 1. Liga mitzumischen. Zu verdanken war dieser Aufschwung vor allem den Schwenninger Fans, die stets für eine volle Halle und vollen Geldsäcken sorgten.
1981 stieß der SERC also in die 1. Liga vor und dort blieb er auch bis dato. Den größten Erfolg schafften die Wild Wings 1990 unter Trainer Nedomansky mit dem Einzug ins Halbfinale der deutschen Play-Offs. 1994 wurde der Names des Vereins offiziell von dem SERC in die Schwenningen Wild Wings beschlossen. Doch faktisch laufen beide Namen parallel zueinander, daß zeigt schon die Wedadresse: www.serc-wildwings.de.
Obwohl die Schwenninger nicht eine deutsche Meisterschaft einfahren konnte sind die Wild Wings absoluter Kult, was für den Verein spricht.


***** Mannschaft *****

Goalies
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Schwenningen bekam in der aktuellen Saison in 52 Spielen 160 Gegentore, daß heißt im Schnitt etwa 3,1 Tore je Spiel. Das ist eine Statistik, die auf dem ersten Blick nicht sonderlich berühmt wirkt. Aber wer ist Schuld? Die Goalies sind es meiner Meinung nach nicht. Der erste Keeper der Wild Wings ist der Kanadier Gordon, der auch schon in der IHL für die Utah Grizzlies und die Cleveland Lumberjacks gespielt hat. Im Jahre 1999 wurde Gordon sogar die Ehre zum Teil in das IHL-Allstars-Game geladen zu werden.
Wie man unschwer erkennt hat der 26jährige Gordon schon einiges an Erfahrung gesammelt und das münzt der in einer Abwehrquote von über 90% um. Das ist so im Mittelfeld. Auf der Bank ist stets der Nachwuchs von Schwenningen in Form von dem 21jährigen Markus Janka bereit.
Fazit: Das Goalkeeping ist sicherlich nicht das Problem der Wild Wings. Gordon ist einer der besseren Goalies der DEL. Jedoch ist auch der Nachwuchs nicht zu verachten, Janka sollte ruhig öfter eine Chance bekommen, schließlich war er letzte Saison noch Stammtorhüter der Wild Wings und hat sich auch nicht schlecht geschlagen.

Bewertung: +++


Defensive
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Hier sehe ich das große Problem der Wild Wings. Die Defensivabteilung hat Reflexe wie ein Faultier, um es mal so deutlich auszusprechen. SERC hat wohl beim Einkauf gedacht, daß die Front von Kanadier (4 von 6 Defence-Spielern) das schon richten wird. Nun, gerade im Unterzahlspiel zeigen sich erhebliche Mängel.

Bewertung: +


Offensive
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In der Offensive haben die Wild Wings ein starkes Trio, die jedoch dennoch in naher Zukunft zu einem Problem werden könnten. Die Rede ist von Chyzowski (CAN/30), MacKay (CAN/37) und Bullard (CAN/41). Diese drei zusammen erzielten rund 50% der gesamten Schwenninger Tore. Ein starkes Team, daß durch seine Trefferquote glänz. Aber es gibt da ein kleines Problemchen: das Alter. Die Herren sind schon in sehr betagten Alter und Bullard wird vermutlich nur noch ein Jahr dabei sein. Aber die Wild Wings schicken immer nur die drei auf das Eis. Warum? Nun, der Nachwuchs ist zwar vorhanden, hat aber nicht die nötige Klasse. Mit anderen Worten droht in nächster Zeit ein Offensivproblem, denn auch die finanziellen Mittel zu großen Neuverpflichtungen fehlen den Schwennigern.

Bewertung: ++


Gesamteindruck
=============
Der Gesamteindruck ist ganz einfach. Die Defense der Wild Wings ist schlich und einfach schlecht. Sie ist zu langsam und oft unkonzentriert. Gordon als Goalie kann einem wahrlich leid tun. Im Sturm ist im Moment alles in bester Ordnung, aber wie lange noch? Die alten Herrschaften werden bald nicht mehr sein.... was dann?

Bewertung: ++


***** Arena/Atmosphäre *****

Das Stadium „am Bauchenberg“ befindet sich im Messegebiet von Schwenningen. Die Arena bietet Platz für 5.200 Zuschauer, wovon nur 875 Plätze Sitzplätze sind. Aber genau das macht die unglaubliche Atmosphäre in der inzwischen 38 Jahre alten Arena aus. Es ist schon unvorstellbar, auf dem Eis verlieren die Schwenninger 1:5 und trotzdem ist auf den Rängen die Hölle los. Es herrscht dort wirklich stets eine heiße Atmosphäre, da kein, keiner, aber auch kein Fußballverein mithalten. Es ist einfach nicht vergleichbar. Auch die Verhältnisse sind in Schwenningen eine Sache für sich. Zum Beispiel wird momentan in der Halle restauriert, daß heißt eine Außenwand wird komplett durch eine wärmedämmende Saumstoffwand notdürftig ersetzt. Nun war es aber im Januar ein wenig windig und schon gab es einfach einen Teil der Wand nicht mehr. Das Ergebnis waren frierende Zuschauer (schlimmer als ohne hin schon) und ein Schneesturm in der Halle. Einfach klasse. So muß es sein. Dennoch ist wie gesagt das Heim der Wild Wings objektiv betrachtet nicht das beste, aber die Atmosphäre macht das wieder wett.

Bewertung: ++++


***** Fans *****

Bei einem Heimspiel der Wild Wings sollte man sich genau überlegen, auf welche Tribüne man geht. Im Fanblock wird man nur als Fan angesehen, wenn man mindestens einen Schal und ein Cappie der Wild Wings trägt. Ansonsten muß man damit rechnen, daß irgendein schwergewichtiger besoffener Kerl einen als „Eishockey-Tourist“ anmosert (wie geschehe). Die normale Besuchertribüne wird oft das Ziel als Wurfziel für halbvolle Bierbecher genutzt. Es gibt da Leute, die trauen sich nur noch mit einem Regenschirm ins die Arena. Die Gastecke ist eh tabu. :-D
Viele werden bei diesen Zeilen an Hooligans oder Chaos denken. Aber ich sag euch, daß ist einfach cool so eine Atmosphäre mitzuerleben. Man muß eben auf der richtigen Seite stehen ;-) Und so richtig gewalttätig sind die Schwenninger nun wirklich nicht. Es gibt einfach viele Hardcore-Fans da.

Bewertung: +++++


***** Aussichten *****

Sportlich gesehen nähern sich die Wild Wings leider immer mehr dem Tabellenende an. Man ist momentan 15. , eigentlich schade wenn man bedenkt, daß man sich in Schwenningen noch Mitte der Saison einen Play-Off Platz erwünscht hat.
Aber selbst im Falle eines Abstiegs bin ich mir sicher, der SERC kehrt zurück. Die Fans würden auch noch in der untersten Kreisliga zu Tausenden ihrem Verein huldigen kommen, außerdem ist noch nichts verloren.


***** Fazit *****

Der Verein ist schon ein Phänomen. Wo ist es schon zu sehen, daß ein Team 5 oder 6 mal hintereinander verliert und die Fans feiern als wenn es keinen Morgen geben würde. Das ist das, was mich an den Wild Wings zu fasziniert. Sportlich gesehen steht es allerdings wirklich nicht zum Besten und auch die Arena ist nicht das Wahre, aber was ein echte Fan ist...
Hoffen wir nur, daß die Kanada-Connection die Wild Wings aus der Klemme helfen können. Weiß Gott, die DEL würde ein wahres Prunkstück der Liga verlieren.




Mit freundlichen Grüssen
Cassiopeia81 (1.3.2002 16:00; 1.626 Worte)

17 Bewertungen, 2 Kommentare

  • Juliaroberts13

    12.05.2002, 13:49 Uhr von Juliaroberts13
    Bewertung: sehr hilfreich

    Die Fans sind eigentlich OK. Nur nach dem Spiel gegen Kassel (letzter Spieltag) haben die sich benommen wie Idioten. Sie haben Fans von Kassel kleine Kinder (4 bis 8) mit Sachen beschimpft, die ich hier nicht nennen will. Dein Bericht ist aber klasse!!!

  • owesen

    02.03.2002, 03:01 Uhr von owesen
    Bewertung: sehr hilfreich

    Eishocky ist zwar nicht so mein Ding, aber Dein Bericht war dennoch interessant zu lesen !!! Gruß, Sönke