Der Nobelpreis (gebundene Ausgabe) / Andreas Eschbach Testbericht

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ab 5,31
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Erfahrungsbericht von Junxmutter

es kommt immer anders als man denkt !

Pro:

super spannend, gut recherchiert

Kontra:

nichts

Empfehlung:

Ja

So, nächstes Buch ausgelesen. Hab’ ja sonst nichts weiter zu tun im Urlaub, gelle? ;-)

Dieses Mal war es

Der Nobelpreis
von
Andreas Eschbach
erschienen im Gustav Lübbe Verlag
Hardcover m. Schutzumschlag, 555 Seiten, ca. 22,90 Euro
Taschenbuch, 9,95 Euro

Als Hardcover nimmt das Buch im Koffer schon etwas Platz ein, aber es ist sehr schön aufgemacht und sieht sehr verheißungsvoll aus. Wer schon mal was von Andreas Eschbach gelesen hat, weiß, dass seine Bücher immer sehr sehr spannend sind.

Nun zum Inhalt:
Aber Achtung: ich werde den gesamten Inhalt darlegen, wer das Buch noch selber lesen möchte, sollte soviel Selbstdisziplin aufbringen und nach den ersten Absätzen aufhören. Bei den *** kann man dann wieder ungestraft einsetzen.

Andreas Eschbach lässt uns erst einmal ein bisschen Wissen über den Nobelpreis und das Auswahlverfahren der Kandidaten zukommen, über den Festakt, die Abstimmung usw. Dann wird uns Hans-Olof Andersson vorgestellt. Andersson ist Professor am Karolinski-Institut und vor allem, Mitglied im Abstimmungskomitee für den Nobelpreis für Medizin.

In dem geruhsamen, etwas verschusselten Leben von Andersson passieren plötzlich, wenige Tage vor der letztendlichen Abstimmung über die Kandidaten zwei herausragende Dinge. Zum einen sterben bei einem Flugzeugunglück in Mailand drei Mitglieder des Abstimmungskomitees und zum anderen versucht jemand, seine Stimme in dem Abstimmungsverfahren mit drei Millionen Schwedischen Kronen zu kaufen. Hans-Olof ist außer sich. Sein Heiligtum „Nobelpreis“ ist verletzt in seiner Unantastbarkeit. Wie soll er jemals wieder darauf vertrauen können, dass der Nobelpreis nicht gekauft wird, dass die höchste Anerkennung in der wissenschaftlichen Welt nicht auf Betrug beruht. Empört weist er das Besteckungsgeld zurück und wendet sich an den Komiteevorsitzenden. Der ihn erst einmal beruhigt und abwiegelt und zu bedenken gibt, das Hans-Olof ja ohnehin für die Kandidatin stimmen wollte, dessen Stimme gekauft worden ist und vor allem, dass es ja auch die Konkurrenz sein könnte, die nur möchte, dass ausgerechnet diese Kandidatin disqualifiziert wird. Seine Vorstellung über die Erhabenheit des Nobelpreises bricht völlig zusammen, als sein Kollege und Freund ihm erklärt, dass wohl offenbar mehrere Mitglieder des Abstimmungskomitees schon seit längerem bestochen werden, man sehe sich doch nur mal die schnellen und teuren Luxusautos an, die diese fahren. Ein Professorengehalt würde dafür ja wohl kaum ausreichen.

Richtig unter Druck gerät Hans-Olof dann, als seine Tochter Kristina entführt wird. Er muss erkennen, dass jeder korrumpierbar ist, die einen durch Geld, er über das Leben seiner Tochter. Natürlich stimmt er – schon zum Wohl seiner Tochter – für Sophia Hernandez Cruz und muss zu seinem Erstaunen feststellen, dass über die Hälfte der Anwesenden für diese Ärztin stimmen, obwohl es Wochen vorher zu kontroversen Diskussionen über ihre Kandidatur gegeben hat.

In hoffnungsfroher Eile saust Andersson nach Hause, um die Entlassung seiner Tochter aus der Geiselhaft abzuwarten. Und wird enttäuscht. Der Entführer erklärt ihm klipp und klar am Telefon, dass Kristina solange bei ihnen bleiben wird, bis der Preis übergeben worden ist. Und dies wird erst in neun Wochen geschehen. Andersson ist am Boden zerstört. In seiner größten Not wendet er sich an den einzigen, der ihm helfen kann. Und dies ist sein Schwager Gunnar Forsberg. Dieser sitzt wegen Industriespionage im Gefängnis und Andersson muss allerlei Hebel in Bewegung setzen, um ihn vorzeitig auf Bewährung freizubekommen.

Forsberg kann seinen Schwager auf den Tod nicht ausstehen, nachdem dieser betrunken einen Unfall gebaut hat, bei dem Inga Forsberg Andersson ums Leben kam. Allerdings würde Forsberg für Kristina, seine letzte lebende Verwandte seinen rechten Arm hergeben, auch wenn er es immer noch bedauert, Hans-Olof bei Ingas Beerdigung nicht erwürgt zu haben.

Gunnar kommt frei und die Geschichte gewinnt an Geschwindigkeit. Die Nobelpreisträgerin forscht für den Schweizer Konzern Rütlipharm und eigentlich kann nur der finanziell etwas angeschlagene Konzern hinter dem Bestechungsversuch und der Entführung stecken, damit das Prestige auf die Firma abfärbt und der Konzern gerettet ist. Sehr trickreich überlistet Gunnar alle Sicherheitssysteme und räumt den Safe des Vorstandsvorsitzenden aus. Leider nur ist die gesamte Internet- und PC-Entwicklung der letzten sechs Jahre – die er im Gefängnis saß – an ihm vorüber gegangen. Er bedarf dringend der Hilfe eines professionellen Hackers, um die Diskette aus dem Safe zu entschlüsseln.

Und Gunnar macht sich auf die Suche nach Dimitri. Und nach weiteren Unterlagen im Privathaus des Vorsitzenden Hungerbühls. Er bricht sogar in das Allerheiligste von Stockholm, in das Haus der Nobelstiftung, ein. Und immer wieder entkommt er nur knapp der Polizei, die ihm immer wieder knapp auf den Fersen ist.

Endlich kann Dimitri dann das Geheimnis der Diskette aus dem Safe lüften. Detailliert hat der Vorsitzende geplant, wie man der Menschheit nur ausreichend plausibel suggerieren muss, dass bestimmte Krankheiten existieren, die dann medikamentös „behandelt“ werden müssen. Dazu hat er sich sogar ein Juveniles Aggressions Syndrom ausgedacht, dass genetisch verankert die Aggressionen von männlichen Jugendlichen verursacht, aber hilfreicherweise von dem gerade entdeckten Medikament von Rütlipharm behandelt werden kann. Belegt werden soll das Syndrom mit fingierten Studien, die alles Mögliche messen, aber im Endeffekt keine wirkliche Schlussfolgerung über die tatsächliche Krankheit oder Störung zulassen. Das Langzeitziel von Hungersbühl ist ganz klar die Verankerung einer Notwendigkeit der chemischen Steuerung des Lebens im Allgemeinen in den Köpfen der Menschheit. Eine Pille, um den Bewegungsdrang von Schulkindern zu bremsen, eine Tablette für den Nachmittag, um den Bewegungsdrang wieder herzustellen, eine Kapsel zur Entspannung vor Prüfungen bei absoluter Wachheit und höchster Leistungsbereitschaft und so weiter.

Forsberg kommt einer groß angelegten, noch nicht zugelassenen Versuchsreihe an Kindern in einem Kinderheim auf die Spur, in dem er mit seiner Schwester Inga die schlimmste Zeit seines Lebens verbracht hatte. Sein Bewährungshelfer, der ihn nach der ersten Haftstrafe für Einbruch auf die Schiene der Industriespionage gesetzt hat, kennt die Haushälterin vom Rütlipharm-Vorsitzenden und hatte Gunnars Lebensgeschichte im Kinderheim offenbar noch so gut im Gedächtnis, um dem Pharmakonzern die Kinder dort auf dem Silbertablett für die Versuchsreihe zu präsentieren. Gunnar fühlt sich mal wieder verraten. Alte Wunden brechen auf bei ihm und Wut überschwemmt seine Rationalität. Endlich Rache am alten Peiniger, dem Kinderheimleiter, der die Kinder gequält hat, in Sicht, macht er sich auf den Weg, Kristina zu retten, die er dort gefangen vermutet.

Nur, Kristina ist dort nicht. Forsberg macht sich sofort auf den stundenlangen Rückweg nach Stockholm, nachdem Dimitri ihm mitteilt, dass er Kristinas Handy zwischenzeitlich orten konnte. Vor Dimitris Wohnung trifft Forsberg auf jede Menge Polizei und seinen Schwager.
Forsberg gibt auf, er wird den Aufenthaltsort Kristinas nicht mehr vor der Nobelpreisverleihung am nächsten Tag herausfinden und die Wahrscheinlichkeit, dass Kristina und Hans-Olof von den Entführern ermordet werden, steigt auf sichere Gewissheit, da beide als Mitwisser viel zu gefährlich sind, um sie am Leben zu lassen. Forsberg ist verzweifelt. Und greift zum letzten aller ihm möglichen Mittel.

Er unterrichtet Sophia Hernandez Cruz über die Machenschaften ihres Konzerns. Über die Bestechungen der schwedischen Komiteemitglieder, über die Entführung und das Vorhaben Hungersbühls. Forsberg will ihr die Freude an dem Preis, an dem so viel Blut klebt, so richtig verleiden. Sophia hört ihm tatsächlich zu und stellt ihm dann nur eine einzige Frage.

Und damit bricht das ganze Kartenhaus zusammen. Forsberg muss einsehen, dass sein Schwager ihn nur als leicht zu manipulierende Marionette benutzt hat, dass er nur wenige richtige Knöpfe drücken musste, um die Paranoia von Forsberg anspringen zu lassen und ihn zu Handlungen hinzureißen, die nicht mehr rational durchdacht sind. Die Bestechung und die Entführung Kristinas haben gar nicht stattgefunden. Hans-Olof hat Gunnar gar nicht aus dem Gefängnis befreit, das war ein Begnadigungsakt des schwedischen Königs, der Andersson Angst gemacht hat, weil er sein Leben durch die Morddrohung von Forsberg bedroht sah. Er hatte nur eine einzige Möglichkeit gesehen, Forsberg für den Rest seines Lebens loszuwerden. Dieser musste für immer im Gefängnis verschwinden. Und so tauchte die Polizei immer dann an den Tatorten auf, wenn Andersson sicher wusste, dass Gunnar im Gebäude eingebrochen hatte. Er war schier wahnsinnig geworden, als Gunnar immer wieder entkommen konnte.

Kristina, das ganze Ebenbild ihrer Mutter, war – nachdem ihr Vater, immer noch besessen von seiner verstorbenen Frau Inga, in ihrem Schlafzimmer auftauchte, einfach abgehauen. Und die vorzeitige Haftentlassung Gunnars, der als erstes nach seiner Nichte fragen würde, hatte Andersson kopfscheu gemacht und zu dem Lügenkonstrukt hinreißen lassen, um Gunnar zu beschäftigen.

Nein, Gunnar lässt Gnade vor Recht ergehen, und erschießt Hans-Olof nicht, obwohl er fast dran war. Statt dessen wird ihm klar, dass er Hans-Olof durch seine Paranoia und die leichte Vorhersagbarkeit seiner Handlungen leichtes Spiel zur Manipulation gegeben hatte. Sein ganzes Leben ist auf dieser falschen Schiene gelaufen. Forsberg nimmt sich vor, sich von den Schatten und Racheschwüren seiner Kindheit zu befreien, um ein Leben in Freiheit, außerhalb der von ihm selbst aufgebauten Gefängnisse namens Paranoia und Wut zu verbringen.

Natürlich wird Kristina gefunden, bei ihrer senilen Oma, die unter Alzheimer leidet, hat sie Unterschlupf gefunden, die Andersson schon seit Jahren nicht mehr besucht hatte, weil sie ihm mit ihrer Krankheit lästig geworden war.

Gunnar wird sesshaft und ehrlich, begibt sich auf die andere Seite der Sicherheitssysteme und findet endlich die Liebe seines Lebens, Kristina bleibt bei ihrer Oma, Hans-Olof scheidet aus dem Nobelpreis-Komitee aus und Sophia Hernandez Cruz forscht weiter an den Zusammenhängen von Hormonen und Wachheit.





















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Wieder einmal ist Eschbach für einen super spannenden und fesselnden Roman gut, der sich so 1-2-3 wegliest und den man vor der letzten Seite nicht aus der Hand legen will. Wieder einmal gelingt es Eschbach auch, philosophische Elementen über Tierversuche, Kinderheime, Manipulation und vor allem, flächendeckende Manipulation der Menschheit in Bezug auf Krankheit und Medikamente einzubauen. Und wieder einmal kommt es am Ende ganz anders als man denkt.

Der Stil ist sehr flüssig und sehr spannend. Wenn am Anfang noch aus neutraler Sicht über den Nobelpreis und Professor Andersson berichtet wird, schlägt der Stil plötzlich um, als Gunnar Forsberg ins Spiel kommt und gibt die Ich-Perspektive wieder. Was angesichts des Endes ja auch unabdingbar ist. Weil der Leser ja eben nicht mehr wissen darf, was die Gegenspieler denken.

Mir hat der Roman ausnehmend gut gefallen, schon allein deshalb, weil Forsberg nicht der allmächtige Superheld ist, dem alles gelingt, weil Forsberg zum Schluss hin an das Ende seiner Kräfte kommt. Weil die Geschichte so mitten aus dem Leben gegriffen scheint.

Ganz besonders wird mir die Passage über die Manipulation der Menschheit in Bezug auf nötige Medikamente im Gedächtnis bleiben. Über das erfundene Syndrom, das einer unnötigen medikamentösen Behandlung bedarf. Ich habe mich doch sehr an das ADHS-Syndrom erinnert gefühlt. Zurzeit sehr modern und von allen Lehrern sehr gern und schnell diagnostiziert, werden Kinder mit starkem Bewegungsdrang mithilfe von Ritalin in eine Norm gepresst, die doch sehr willkürlich nur festgelegt worden sein kann.

Bei Bluthochdruck ist das ebenfalls schon gelungen. Wo früher noch 100 plus Lebensalter als normaler Blutdruck galten, der nicht gefährlich ist, sind wir schon bei 120 angelangt und alles darüber ist unbedingt medikamentös behandlungswürdig.

46 Bewertungen, 18 Kommentare

  • Turbotisl1

    14.08.2008, 01:07 Uhr von Turbotisl1
    Bewertung: sehr hilfreich

    Gelungener Bericht !!!! Liebe Grüsse !

  • mima007

    13.08.2008, 16:30 Uhr von mima007
    Bewertung: sehr hilfreich

    liebe gruesse von mima007. hat mir auch gefallen!

  • anonym

    12.08.2008, 14:08 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüße Edith und Claus

  • bigmama

    12.08.2008, 00:05 Uhr von bigmama
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG Anett

  • ingoa09

    11.08.2008, 20:47 Uhr von ingoa09
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr gut berichtet! Einen schönen Abend noch! Ingo

  • tipsi3

    11.08.2008, 19:52 Uhr von tipsi3
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüße von tipsi3

  • Elfenfrau

    11.08.2008, 19:30 Uhr von Elfenfrau
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr umfangreich und gut beschrieben. Lg

  • presscorpse

    11.08.2008, 17:41 Uhr von presscorpse
    Bewertung: sehr hilfreich

    prima bericht! lg presscorpse

  • topfmops

    11.08.2008, 16:13 Uhr von topfmops
    Bewertung: sehr hilfreich

    Der 'Lübbe-Verlag' erzeugt bei mir einen nahezu unüberwindlichen 'lass-liegen'- oder 'wirf-weg-Reflex'!!

  • morla

    11.08.2008, 14:32 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    wünsche dir einen schönen wochenstart lg. petra

  • Jerry525

    11.08.2008, 11:57 Uhr von Jerry525
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüße an dich Jerry

  • Mondlicht1957

    11.08.2008, 11:55 Uhr von Mondlicht1957
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüsse von Pet

  • anonym

    11.08.2008, 11:46 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    lieben Gruß von mir

  • anonym

    11.08.2008, 11:35 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr hilfreicher Bericht

  • anonym

    11.08.2008, 10:47 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH für deinen sehr guten Bericht,wünsche dir eine schöne Woche.LG Bernd

  • anonym

    11.08.2008, 10:20 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Einen schönen Start in die Woche! GLG Anke

  • anonym

    11.08.2008, 10:19 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH - Liebe Grüße Simone

  • Baby1

    11.08.2008, 10:01 Uhr von Baby1
    Bewertung: sehr hilfreich

    .•:*¨ ¨*:•. Liebe Grüße Anita .•:*¨ ¨*:•.