Der letzte seiner Art (Taschenbuch) / Andreas Eschbach Testbericht

ab 6,08
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Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  anspruchslos
  • Unterhaltungswert:  durchschnittlich
  • Spannung:  hoch
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  ausschmückend

Erfahrungsbericht von magnifico

Der Fluch des homo superior

Pro:

sehr spannend und beeindruckend

Kontra:

nichts

Empfehlung:

Ja

Stark wie Superman, schnell wie der Rote Blitz und ausdauernd wie jeder Superheld, den die menschliche Phantasie bisher erfunden hat? Ein Wunschtraum vieler Kinder und Jugendlicher, sei es nur, um sich endlich einmal in der Klasse, der Clique oder auch sonst irgendwo besser behaupten und durchsetzen zu können. Doch einmal angenommen, die medizinischen und technischen Voraussetzungen wären vorhanden, um aus Menschen, zumindest aus einigen Menschen, Supermenschen zu machen, den homo sapiens sapiens urbanus in einen homo sapiens superior zu machen. Eine Mischung aus Mensch und Maschine, einen Cyborg, der, von Menschen Hand aus einem Menschen geschaffen, Fähigkeiten wie Röntgenblick, Superkräfte und all diese Dinge hätte – wäre dieser Mensch auch wirklich glücklich? Oder müsste er, zunächst noch unerkannt, einen Preis für seine Existenz zahlen, der von Tag zu Tag höher und höher werden würde, ohne dass der Betreffende dagegen etwas tun könnte? Und was ist mit jenen, die gleich dem Marionettenspieler oder dem Puppenmacher, die Fäden, an denen ihr Geschöpf hängt, in der Hand halten? „Der Herr gibt und der Herr nimmt“ lautet ein Sprichwort, dass möglicherweise auch hier seinen passenden Ansatzpunkt gefunden haben könnte.



Buch und Autor
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Der Thriller „Der letzte seiner Art“ von Andreas Eschbach, ist im Bastei Lübbe Verlag unter der ISBN 3-404-15305-7 in der ersten Auflage im Jahre 2005 erschienen. Das 350 Seiten starke Werk kann für 8,95 € für erworben werden.
Andreas Eschbach wurde 1959 in Ulm geboren, studierte Luft- und Raumfahrttechnik und arbeitete zunächst als Software-Entwickler. Als Stipendiat der Arno-Schmidt-Stiftung „für schriftstellerisch hoch begabten Nachwuchs“ schrieb er seinen ersten Roman, der 1996 erschien. Bekannt wurde er vor allem durch den Bestseller „Das Jesus Video“. Andreas Eschenbach lebt als freier Schriftsteller mit seiner Familie in der Betragne. Weitere bekannte Werke sind „Exponentialdrift“, „Eine Billion Dollar“ sowie „Kelwitts Stern“ und „Solarstation“.



Der Inhalt
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Nachdem auch Bestseller längst nicht von jedem, der diesen Beitrag liest, bereits gelesen worden ist – wäre auch schlimm – folgt in dem nächsten Abschnitt eine kurze Inhaltsangabe des wesentlichen Romaninhaltes. Wie immer werde ich auch dieses Mal – vergebens? – mich darum bemühen, die Gratwanderung zwischen „Wie, dass soll schon alles gewesen sein?“ und „Jetzt brauche ich das Buch auch nicht mehr lesen!“ hinzu bekommen. Wer auf „Nummer Sicher“ gehen möchte, kann natürlich auch die nächsten Zeilen überspringen und bei „Die Bewertung“ wieder einsteigen.

Duane Fitzgerald ist nicht das, wofür er sich auszugeben pflegt: Ein normaler Mensch. Tatsächlich ist der Einzelgänger, der sich in einem kleinen irischen Fischerdorf niedergelassen hat, weit mehr oder auch viel weniger als ein Mensch. Er ist seit Jahren ein Cyborg, ein Mensch mit Implantaten, die teilweise normale Körperorgane ersetzt haben oder die Körperfunktionen verstärken. Als Teil eines geheimen militärischen Experimentes, das der Konstruktion von Supersoldaten diente, dann allerdings auf unangenehme Weise fehlgeschlagen ist, fristet Fitzgerald ein Leben in Freiheit „an der kurzen Leine“. Denn anstelle normaler Lebensmittel kann Duane Fitzgerald lediglich einen speziell zubereiteten Nahrungsbrei zu sich nehmen, der mehrmals wöchentlich aus den Staaten nach Irland geschickt wird. Nach Jahren der Kontinuität und Abgeschiedenheit, die beinahe schon ein normales Leben dargestellt haben könnten, tritt plötzlich ein Unbekannter an Fitzgerald heran – just in der Woche, in der erstmals die regelmäßige Lieferung des lebenswichtigen Nahrungsmittels ausbleibt. Als kurz nach der ersten Kontaktaufnahme der Unbekannte ermordet wird, scheint es mit der selbst ausgesuchten Ruhe endgültig vorbei zu sein...



Die Bewertung
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„Der letzte seiner Art“ ist ein durch und durch spannender und beeindruckender Roman, der zu keinem Zeitpunkt langatmig oder schwerfällig erscheint. In der „Ich-Perspektive“ – wenn es dafür einen besseren Ausdruck gibt, bin ich für jeden weiterhelfenden Kommentar sehr dankbar – geschrieben bediente sich Eschbach eines lebendigen und leicht zu lesenden Schreibstils, der es dem Leser ermöglicht, ohne Weiteres in die Rolle des Protagonisten zu schlüpfen und das Geschriebene beinahe schon als eigene Erinnerung selbst zu erleben. Klingt jetzt vielleicht etwas schnulzig und pathetisch, doch wer mit ein wenig Phantasie an einen Roman wie diesen herangeht, muss sich schon regelrecht an die Realität klammern, um während des Lesens nicht völlig das Umfeld zu vergessen und in der Handlung aufzugehen.
Der Stoff selbst ist beeindruckend und beinahe schon bedrückend. Der Preis der Verbesserungen, um die, so könnte man denken, man den Protagonisten zunächst beneiden müsste – wer hätte nicht gerne einen Teleskopblick mit Zoom, mit dem er etwa auf Hunderte Meter Entfernung noch bequem Zeitung lesen kann oder, gerade wenn mal wieder im Dunkeln und Freien der Autoschlüssel aus der Hand gefallen ist, ein Auge mit Restlichtverstärker oder Infrarotblick. Auf der anderen Seite: Irgendwie ist das, was der normale Mensch dreimal täglich mehr oder weniger tut, doch irgendwie auch schön: Das normale Essen. Der Gedanke, dreimal täglich einen grauen, geschmacksneutralen, Brei zu sich zu nehmen, der Kindheitserinnerungen weckt und unangenehm die Umstände der letzten Grippe mit sich zu führen scheint, ist dann wohl doch wieder ein Aspekt, der das Ganze relativ erscheinen lässt. Und schließlich: Wenn alle Menschen verbessert werden, ist die eigene Verbesserung doch wieder nur der Durchschnitt – wozu also das Ganze, das am Ende doch nur zu einer allgemeinen Verschlechterung führt? Um so mehr, wenn es einige gibt, die das andere Ende des Fadens in der Hand halten, der an einem selbst sein zweites Ende zu finden scheint.



Der persönliche Eindruck
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Andreas Eschbach ist mir nach der Lektüre von „Das Jesus Video“ und „Eine Billion Dollar“ sowie der Science-Fiction-Sammlung „Eine Trillion Euro“ kein unbekannter Autor mehr gewesen. Vielmehr war ich mir eigentlich schon beim Kauf des Romans sicher, auch dieses Mal wieder zumindest nicht enttäuscht zu werden und wenigstens ein paar Stunden höchster Ablenkung für den Preis zu erhalten. Angespornt ist die Entscheidung, das Buch – neben einigen anderen – zu kaufen, natürlich auch durch den Aufkleber „Bestseller – jetzt als Taschenbuch“ worden. Doch schon nach wenigen Seiten war klar, dass dieser Roman auch das Doppelte hätte kosten dürfen – er wäre immer noch sehr billig gewesen. Die Handlung, die ohne mystisches Beiwerk, Elemente des Science Fiction oder andere „Aufbereiter“ auskommt, beeindruckte mich zum einen durch ihre Schlichtheit, zum anderen aber auch durch die gleichwohl angetroffene Spannung und Plastizität. Sicherlich, einem Menschen alle möglichen Implantate bis hin zu einem kleinen Atomreaktor einzusetzen, gehört nicht unbedingt zum Standardrepertoire jedes Allgemeinmediziners und auch die „Wartung“ des technischen Augapfels ist (noch) nicht Bestandteil des Vorsorgebesuches beim Augenarzt. Auf der anderen Seite: Wer Laserschwerter, Dunkle Materie, geheime Substanzen oder extraterrestrisches Genmaterial sucht, wird enttäuscht werden. Schlicht Ingenieurkunst im Einklang mit moderner Medizin scheint alles zu sein, was hier zum Tragen gekommen ist – insoweit beinahe schon wieder beunruhigend, denn bekanntlich ist der militärische Kenntnis- und Anwendungsstand auf „kriegswichtigen Gebieten“, zu denen seit Jahrzehnten auch die Medizin gehört, dem zivilen – und offiziell bekannten – um einiges voraus.

Entsprechend habe ich das Buch in zwei Abenden verschlungen, wobei nicht viel gefehlt hätte, und die erste Nacht hätte kein Ende gefunden. Auch so brannten die Augen schon ein wenig, denn mehr als vier Stunden Dauerlesen ist dann doch etwas, was mir nicht unbedingt alle Tage passiert. Und leicht war es gleichwohl nicht, das Buch, zwei Stunden nach der üblichen Zeit für die „Bettruhe“, wegzulegen. Die Handlung, ihr weiterer Verlauf und das Schicksal des nicht unsympathisch wirkenden „Helden“ waren einfach zu interessant und fesselnd.

Der Roman, der völlig zu Recht als Thriller bezeichnet wird, ist ein durch und durch beeindruckendes Werk, das Tiefe aufweist und auch noch nach den letzten Seiten die Aufmerksamkeit des Lesenden fordert. Einfach weglegen und zur Tagesordnung bzw. zum nächsten Roman überzugehen erfordert schon ein wenig „Schlichtheit“, denn belanglos ist der Stoff, der hier verarbeitet worden ist, sicherlich nicht.


Die Empfehlung
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Wenngleich sich Andreas Eschbachs Roman „Der Letzte seiner Art“ in Richtung von Science Fiction zu bewegen scheint, so ist das Buch nach wenigen Schritten stehen geblieben. Wer echte Zukunftstechnologie und Abenteuer rund um Raumfahrt, Begegnungen der Dritten Art und anderes in diesem Bereich sucht, wird eher enttäuscht werden. Eher geht es hier schon in Richtung Verschwörungstheorie, wobei auch insoweit nur wenige Schritte gegangen worden sind. Am ehesten kann der Roman wohl noch als politfreier Thriller angesehen werden, der weniger Intrigen und Verschwörungen in Politik und Wirtschaft zum Gegenstand hat, als vielmehr die Grausamkeiten zu weit getriebener Forschung und die Einsamkeit derer, die wie einst Phaeton nach Höherem griffen und, in ihrer sterblichen Unzulänglichkeit an den Hürden scheiternd, niedergeworfen wurden. Man muss aber sicherlich kein Bücherwurm sein, um diesen Roman zügig und voller Befriedigung durchlesen zu können; ich denke, gerade Gelegenheitsleser, die weder Romantik noch Emotionen benötigen, werden hier vielleicht einmal mehr auf eine Lektüre treffen, nach der das Lesen neue Qualitäten gewinnt.

23 Bewertungen, 2 Kommentare

  • BaBy1987

    18.08.2005, 13:14 Uhr von BaBy1987
    Bewertung: sehr hilfreich

    klingt wirklich gut.. obwohl science fiction sonst gar nicht so mein fall ist.. vielleicht liegts am guten Bericht =) lg Pia

  • XoceansoulX

    18.08.2005, 13:00 Uhr von XoceansoulX
    Bewertung: sehr hilfreich

    super bericht! wenngleich mir das buch natürlich was sagt, hab ich es noch nicht gelesen. sollte ich, wie es scheint, aber nachholen! lg