Eine Billion Dollar (gebundene Ausgabe) / Andreas Eschbach Testbericht

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ab 12,87
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Erfahrungsbericht von winterspiegel

Money, Money, Money…

Pro:

Gelungener Einstieg, farbige Charaktere, lehrreiche Abhandlung zum Thema Geld

Kontra:

Zu viele Nebenhandlungen, insgesamt einfach zu lang und zu blumig geschrieben

Empfehlung:

Ja

Wenn es darum geht seinen Romanen einen Interessanten Handlungsrahmen- und auch insbesondere Titel zu geben, so ist sicher der von Stuttgart nach Südfrankreich abgewanderte Autor Andreas Eschbach zu nennen. Hatte er mit seiner bislang erfolgreichsten Erzählung „Das Jesus Video“ ein Thema, das ganz sicher nicht viele Leser kalt ließ, so geht es hier um eine Sache, die die Menschen ihr ganzes Leben beschäftigt, ganz egal ob sie nun viel davon besitzen oder nicht. Die Rede ist vom schnöden Mammon – dem Geld, das ja bekanntlich die Welt regiert.

Wohl um das Ganze für die Leserschaft so Attraktiv wie möglich zu machen, geht es im vorliegenden Buch um richtig viel Money, Schotter, Zaster, Kohle. Genauer gesagt um eine Billion Dollar - eine für den Normalsterblichen unvorstellbar hohe Summe, die in der Geschichte quasi die Hauptrolle spielt.



Handlung


Der New Yorker Pizzabote und Sohn eines eingewanderten Schuhmachers John Fontanelli wird eines Tages mit einer unglaublichen Tatsache konfrontiert. Der Junge Amerikaner wird zu einer Testamentseröffnung geladen, in der er als der alleinige Erbe eines Vermögens genannt wird, das die italienische Anwaltsfamilie der Vacchi über viele Generationen verwaltet hat. So schonend wie möglich wird ihm von den Oberhäuptern der Familie vermittelt, dass sich dieses Erbe im Laufe der Zeit durch Zins und Zinseszins zu der unvorstellbaren Summe von einer Billion Dollar angehäuft hat. Doch daran geknüpft ist außerdem noch eine ominöse Prophezeiung, dass dieser Erbe der Menschheit ihre verlorene Zukunft wiedergeben soll.

Fontanelli weiß nicht recht wie ihm geschieht. Noch ehe er so recht begreifen kann, um was für ein gigantisches Vermögen es sich dabei tatsächlich handelt, befindet er sich auch schon auf dem Flug nach Florenz, der Heimatstadt der Vacchis. Im Anwesen der Familie quartiert John sich zunächst einmal ein. Formalitäten werden erledigt und der frisch gebackene Billionär beginnt sich – nachdem er sich als reichste Privatperson der Welt ein paar Eskapaden geleistet hat – sich ernsthaft Gedanken darüber zu machen, wie er die Prophezeiung erfüllen könnte. Bestimmte Zweifel, das im das jemals gelingen könnte, kommen John aber als er in Erfahrung bringt, dass er nicht immer dafür auserkoren war. Denn erst als der eigentliche Kandidat für die Erbschaft bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, war der ehemalige Pizzabote gewissermaßen dann erst die zweite Wahl.

In der Folge bekommt John geheimnisvolle Anrufe von Malcolm McCaine einem zunächst Unbekannten, der - wie sich später herausstellen sollte - ein ehemaliger Angestellter der Vacchis war, bevor der sich mit der Familie zerstritten hatte. Doch gegen den Rat der Anwaltsfamilie verbündet sich John mit McCaine und gründet eine Firma, die mit Hilfe des Wirtschaftsfachmannes sich an die heikle Aufgabe macht, der Menschheit ihre verlorene Zukunft wiederzugeben.
Doch nachdem sich John mit der Zeit zwangsläufig auch ein wenig in die Thematik der Machtspiele eingearbeitet hat, in denen McCrain ein wahrer Meister zu sein schein, kommen ihm allerdings immer öfters Bedenken, ob er in der richtigen Richtung für die Sache unterwegs ist, die ihm immer mehr zu entgleiten droht…



Kritik


Lang hat es gedauert, bis ich mich durch die fast 900 Seiten von „Eine Billion Dollar“ durchgeackert hatte. Schuld war dabei - wie ich zugeben muss - nicht nur der Weitschweifende, mit allerlei Nebenhandlungen voll gestopfte Plot von Eschbach, sondern auch ein wenig Zeitmangel während des Lesens meinerseits. Dennoch möchte ich die vom Hundertste ins Tausendste kommende Schreibweise des Autors gleich zu Anfang als meinen größten Kritikpunkt abhaken. In Erinnerung kommt mir da unwillkürlich seine Webside, in der er unter anderem auch Tipps zum Verfassen eigener Geschichten gibt. Und da insbesondere eine Stelle, in der er gewissermaßen von Kurzgeschichten abrät und einem nahe legt gleich einen ganzen Roman zu schreiben, da das Interesse der Leser - wie er meint - nun mal in dieser Richtung viel größer sei.
Schön und gut Herr Eschbach kann ich da nur sagen. Wenn aber - nur um auf eine große Anzahl an Seiten zu kommen, die Geschichte in zu viele (und meiner Meinung nach unnötige) Episoden zerfällt, ist das dann wohl auch nicht gerade der Weisheit letzter Schluss, wenn ich das hier einmal sagen darf.

Gleichwohl fing diese Abhandlung, die in der Art einer Familiensaga angelegt- und mit durchaus viel versprechenden Einblicken in die Welt der Finanzen und des Geldverkehrs gespickt ist, durchaus spannend an. Eschbach lässt seinen Helden in ein Abenteuer plumpsen, das er sehr geschickt aufgebaut hat und deshalb auch den Leser mit auf eine Reise nimmt, die ihn sicher (zumindest Anfangs) zu packen versteht. Die Schauplätze vor allem in Italien werden sehr detailreich geschildert, und lehrreiches aus der Geschichte der Stadt Florenz, sowie die sich darin abspielende Handlung wurden zu einer Interessanten Story zusammengetragen. Die Personen die der Autor vorstellt zeichnen sich durch eine tiefgründige Charakterisierung aus, sodass man ihr Handeln ziemlich gut nachvollziehen kann. Leider finde ich aber, dass Eschbach diese Mühe sich ein ums andere Mal hätte sparen können, da doch einigen Figuren einen Spielraum eingeräumt wurden, der die Erzählung nicht wirklich weiter bringt. Selbst von John Fontanelli der Hauptperson waren einige Geschichtchen in der eigentlichen Geschichte enthalten, wo sich der ungeduldige Leser nicht nur einmal fragt: Wieso soll ich meine Zeit hiermit totschlagen, ich will endlich wissen wie sich der Haupthandlungsstrang weiterentwickelt.
Hätte Eschbach es nicht ganz geschickt verstanden einige wissenswerte Fragen aufzuwerfen, die geradezu nach einer Auflösung schreien, wer weiß – vielleicht hätte ich den Wälzer einfach mittendrin für immer zugeklappt.

Selbst auf den Schlussseiten hätte man nach meinem dafürhalten kräftig straffen können, denn die Botschaft oder Moral die der Schreiber anhand der eingebrachten Entführungsgeschichte wohl vermitteln wollte, dürfte sehr wohl schon vorher ausreichend behandelt worden sein.
Hätte nur noch ein offenes Ende gefehlt das bei einer Kurzgeschichte schon mal erlaubt sein darf (gell, Herr Eschbach) bei einem derartig dicken Buch aber dann doch an Körperverletzung gegrenzt hätte. Immerhin, so dicke kam es dann doch nicht ganz, auch wenn die angebotene Auflösung fast schon etwas von einer Mogelpackung hatte, und der gespannte Leser nach soviel Tohuwabohu mit einem eher unbefriedigenden, spirituellen Ende abgespeist wird.

Fast hätte ich´s vergessen: Dank der umfangreichen Recherchearbeit vermittelt der Autor ja einiges an Insiderwissen die mit Geldgeschäften aller Art zu tun hat. Im Nachwort kann man sich noch mal die Quellen ansehen, auf die sich Eschbach berief. Als einen sehr lehrreichen Nebeneffekt empfand ich diese immer mal wieder eingebrachten Exkurse, da ich wohl kaum eines dieser Fachbücher freiwillig in Angriff genommen hätte. So aber blieb doch immerhin einiges sehr Aufschlussreiches und Nachdenkenswertes bei mir hängen, wenn es das nächste Mal wieder um das liebe Geld gehen sollte.



Fazit


Es hätte ein tatsächlich unterhaltsamer Roman werden können, der so unterschiedliche Genres wie Thriller, Historien-Roman, Familien-Saga, und ein wenig Fantasy miteinander vereint. Doch leider hat Eschbach offensichtlich den Fehler begangen, dass er zu viel wollte. So wirkt das Buch einfach zu überladen und zu sprunghaft, sodass einem ein zügiges Vorankommen beim lesen unnötig schwer gemacht wird. Schade, denn die Geschichte wäre durchaus vom Potenzial gut für ein wirklich beeindruckendes Werk gewesen, das es zumindest mit dem „Jesus Video“ aufnehmen hätte können.

Deshalb bleibt für mich auch bedauerlicher Weise nicht viel mehr hängen, als die sehr ansprechende Veranschaulichungen, welche Wege das Kapital gemeinhin zu nehmen pflegt, und wieso zu schon sehr viel Vermögen meist immer noch mehr hinzukommt – und auch umgekehrt. Wer sich diesem Thema in unterhaltender Form nähern will, um ganz nebenbei etwas dazulernen, dem kann ich dieses Buch allerdings wirklich nahe legen.

© winterspiegel für Ciao & Yopi




Andreas Eschbach

Eine Billion Dollar

Roman

Bastei Lübbe

887 Seiten

Preis: 9.90 Euro

36 Bewertungen, 2 Kommentare

  • Madrianda

    21.09.2004, 14:23 Uhr von Madrianda
    Bewertung: sehr hilfreich

    Auch mir erging es ähnlich wie Dir. Nachdem ich das Jesus-Video las und mich auf dieses Werk stürzte, hatte ich meine Probleme, mich durch die 900 Seiten zu kämpfen. Durchaus nicht uninteressant, aber bisweilen eben sehr zäh. Gruß

  • Tris.

    20.09.2004, 19:09 Uhr von Tris.
    Bewertung: sehr hilfreich

    Echt klasse geschrieben. Und das Buch hört sich auch nicht schlecht an.