Exorzist: Der Anfang (DVD) Testbericht

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ab 10,21
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Erfahrungsbericht von Hindenbook

Teufel, Teufel, was bist du alt geworden!

Pro:

Eindrucksvolle Kulissen, interessanter Auftakt, gute Schauspieler.

Kontra:

Miserable Filmtricks, Satan ist ein Trottel à la Jason Vorhees.

Empfehlung:

Ja

Kurzkritik für Ungeduldige

Der vierte Teil des „Exorzisten\" erzählt die Vorgeschichte der Saga: Lankester Merrin, nach bösen Kriegserfahrungen abtrünniger Priester, geht 1949 nach Ostafrika, um dort als Archäologe eine seit 1500 Jahren verborgene christliche Kirche zu erforschen. Er findet den Ort, wo Erzengel Luzifer, der sich einst gegen Gott erhob, auf die Erde fiel. Das Böse ist folglich stark und die Freilegung der Kirche erweckt es zu neuem Leben. Durch diverse scheußliche Untaten macht es Merrin und einige Mitstreiter auf sich aufmerksam und manifestiert sich schließlich höchstpersönlich, um diesen den Rest zu geben und dann in die Welt zu treten … - Gruselthriller, dessen konfuse Entstehungsgeschichte weitaus interessanter ist als das Ergebnis: ein Film, der das zu Recht berühmte Original ausgiebig zitiert, ohne es jemals in Sachen Intensität und Spannung zu erreichen. Stattdessen sehen wir einen x-beliebigen Horrorstreifen, dessen inspirierte Darsteller verflucht sind, gegen eine miese Story und schauerlich schlechte Spezialeffekte anzukämpfen.

Inhalt

Kenia, Ostafrika, im Jahre 1949. Im Land der Turkana sind britische Kolonialtruppen zufällig auf eine christlich-byzantinische Kirche gestoßen. Sie hat sich perfekt erhalten, ist sie doch direkt nach dem Bau vor 1500 Jahren vollständig mit Erde bedeckt worden: ein archäologisches Rätsel, zumal das Christentum diesem Teil der Welt erst sehr viel später „offiziell\" erreicht hat. Die Briten lassen das Gotteshaus ausgraben. Auch die Kirche möchten sie aus politischen Gründen beteiligen. London und Rom entscheiden sich für Lankester Merrin als Ausgrabungsleiter. Er ist ausgebildeter Archäologe und war einst Priester, bevor ihn ein grauenvolles Erlebnis im nazideutsch besetzten Holland seinen Glauben verlieren ließ. Nun lässt sich Merrin treiben, er trinkt und gibt sich zynisch.

Die Kirche im Turkana-Land zieht ihn dennoch in ihren Bann. Zusammen mit dem jungen Vater Francis, der vom Vatikan als „Wachhund\" mit nach Kenia geschickt wurde, macht er sich auf den Weg. Er gelangt an einem Ort, wo die Angst umgeht. Seit die Kirche entdeckt wurde, verschwinden immer wieder Turkanas, was den Stamm verständlicherweise höchst unwirsch reagieren lässt. Ohnehin wissen die Einheimischen, dass der Ursprung des Bösen, das sie heimsucht, in besagter Kirche liegt. Hartnäckig und notfalls mit Waffengewalt beharren die Briten auf der Fortsetzung der Grabung. So zeigt sich, dass das Gotteshaus geschändet wurde. Unter dem Fundament kommt zudem eine uralte heidnische Opferstätte zum Vorschein, die einem namenlosen Dämonen – vielleicht dem von Gott gestürzten Erzengel Luzifer, der angeblich an dieser Stelle auf die Erde fiel? – geweiht ist.

Dieser wurde durch die Grabungen offenbar geweckt. Grausam kommen jetzt nicht nur Turkana-Dörfler, sondern auch weiße Männer zu Tode. Das kann die Kolonialmacht natürlich nicht dulden und schickt Truppen aus, die den „Aufstand der Eingeborenen\" beenden sollen. Stattdessen dienen die Neuankömmlinge dem Bösen als Katalysatoren. Es ergreift Besitz von Tieren und Menschen, amüsiert sich mit bizarren Morden und zwingt Lancester Merrin schließlich, seinen Glauben wieder zu finden, sich dem Grauen zu stellen und es auszutreiben, bevor es auf die Erde zurückkehrt …

Handlung

1973 verfilmte ein seitdem ziemlich vom Pech verfolgter Regisseur namens William Friedkin einen Roman namens „The Exorzist\", mit dem ein seitdem ziemlich vom Pech verfolgter Schriftsteller namens William Peter Blatty zu Bestsellerruhm gelangt war. Dieser erzählt, wie das (oder der) Böse in ein kleines Mädchen fährt und in dieser Gestalt effektvoll Übles treibt, bis sich zwei wackere Priester ihm in den Weg stellen und einen Nerven zerfetzenden Exorzistenkrieg anzetteln, den sie beide nicht überleben.

Einer dieser Priester ist ein gealterter Lankester Merrin, der in dem Bösen jenen Dämonen wieder erkennt, mit dem er bereits ein Vierteljahrhundert zuvor in Afrika einen Strauß ausgefochten hatte. Dieses Mal bleibt er Sieger, aber wie gesagt auf der Strecke. Das Böse kehrt einige Zeit später in das inzwischen gewachsene Mädchen zurück, verrät uns endlich seinen Namen – Pazuzu, Herr der Fliegen & Heuschrecken – und muss von Richard Burton (in einer seiner späten „Ich-brauch\'-Geld-für-Whiskey\"- Rollen) neuerlich vertrieben werden („Exorzist II –The Heretic, 1978; dt. „Exorzist II – Der Ketzer\"). Ein dritter Versuch endet 1991 für Pazuzu nach viel versprechenden Anfangserfolgen wieder in einer Sackgasse („Exorzist III\").

2004 erfahren wir in diesem Prequel nun endlich, wie alles Anno 1949 in einem abgeschiedenen afrikanischen Winkel mit Lankester Merrin und Pazuzu begann. Eigentlich hätten wir schon früher in den Genuss dieses Debüt-Exorzismus\' kommen sollen. Paul Schrader, ein schon seit Jahren ziemlich vom Pech verfolgter Regisseur, hatte „The Beginning\" bereits vollständig abgedreht, als die Produzenten zu dem Schluss kamen, dass sein Werk es entschieden an Schrecken und vor allem Blut vermissen ließ – Schrader orientierte sich am Ur-Exorzisten und stellte die Frage nach dem Wesen des Bösen in den Mittelpunkt der Handlung. Das hätte er besser unterlassen in einem Hollywood, das Filme primär für minderjährige Hohlköpfe herstellt. Schrader wurde gefeuert und vom vor anderthalb Jahrzehnten sehr verheißungsvollen (u. a. „Stirb langsam 2\") gestarteten, aber in den letzten Jahren ziemlich vom Pech verfolgten Regisseur Renny Harlin ersetzt, der mehr als 90% von „The Beginning\" noch einmal drehte.

Für die Medien war dieser Hickhack ein gefundenes Fressen, dem Film ist es sichtlich schlecht bekommen. Selten klafft die Schere zwischen Anspruch und Umsetzung so weit auseinander. Die ersten 45 Minuten von „The Beginning\" sind gar nicht übel, weil man noch nicht weiß, worauf die Handlung sich zuspitzen wird. Man bewundert die großartigen Kulissen, die eindrucksvollen Filmbauten, schätzt die (weitgehend unbekannten) Darsteller, die ihr Handwerk beherrschen. Viele Rätsel zeichnen sich ab, zunehmend geschieht Unheimliches, eine Atmosphäre der unsichtbaren Bedrohung baut sich auf.

Wenn zu diesem Zeitpunkt etwas irritiert, dann sich das vor allem die befremdlichen Spezialeffekte. Geklagt wurde in der Kritik über die grottenschlecht animierten CGA- Hyänen. Doch schon eine einfache Fliege oder ein fliegender Geier scheint die Spezialeffekler überfordert zu haben. Oder war nach dem Doppeldreh einfach das Geld alle? Selbst TV-Tricktechnik wirkt heutzutage überzeugender. Das große Finale mit dem Kampf gegen den Dämon leidet dann ganz entschieden unter diesem Defizit.

Es kommt der Zeitpunkt, da müssen Harlin & Co. die Hosen herunterlassen: Welche Geschichte wollen sie uns da erzählen? Noch bevor die zweite Hälfte des Films einsetzt scheint man dies hinter der Kamera vergessen zu haben. Was großartig als Suche nach dem \"Ur-Bösen\" begann, mündet in einen ganz normalen Horrorfilm mit Endkampf zwischen Monster & Held, der gleichzeitig eine schöne Frau und ein Kind zu retten hat. Für den Dämonen gibt\'s selbstverständlich nach hartem Kampf, in dem Vater Merrin erst nach vielen Hieben aufs Hirn die Oberhand behält, einen weiteren Arschtritt in Richtung Hölle. Viel hollywoodscher Christenkitsch wird aufgerührt, da nicht alle Anwesenden diesen glücklichen Ausgang erleben.

Dann endet der Film und lässt den Zuschauer irritiert zurück. Was hat er da gerade gesehen? Ganz sicher kein Werk, das seinen Aufwand und das Mediengetöse Wert gewesen wäre. Bei näherer Überlegung passt rein gar nichts zusammen. Hier nur eine kleine Auswahl: 1) Der Name Pazuzu, längst Bestandteil der „Exorzisten\"-Saga, wird gar nicht erwähnt. Stattdessen bekommen wir es hier offenbar mit Luzifer persönlich zu tun, der in späteren Jahren unter Pseudonym auftritt. 2) Ist es wirklich Luzifer, dann hat er im Laufe der Jahrhunderte arg an Dampf verloren. Der einstige Erzengel und spätere Höllenfürst spukt in einer vergrabenen Kirche umher, wo er als böser Geist vergleichsweise kleine Brötchen backt. 3) Angeblich macht sich Pazuzu/Luzifer erst nach der Aufdeckung der Kirche wieder machtvoll bemerkbar. Was ist dann mit der dämonischen Attacke von 1893, von der in einer der Nebenhandlungen erzählt wird? Da lag die Kirche noch unter der Erde. 4) Wer ist denn nun eigentlich besessen? Der kleine Joseph? Dr. Novak? Erst der eine, dann die andere? Beide gleichzeitig? Es misslingt Harlin, die Ungewissheit als Spannungselement zu nutzen. So herrscht nur Verwirrung. 5) Die ganze Nazi- und KZ-Vorgeschichte, die Merrin bzw. Sarah Novak angedichtet wird, bleibt für das eigentliche Filmgeschehen absolut irrelevant und verkommt zur reinen Effekthascherei. (Die Geschichte des „Dritten Reiches\" belegt zudem, dass es keiner Dämonenhilfe bedarf, um die Hölle auf Erden aufzutun – das schaffen wir Menschen ganz allein.) 6)… Ach, es soll reichen, diese Besprechung ist schon lang genug. Nur soviel: Film ist Film, aber auch der Unterhaltungsaspekt rechtfertigt nicht den Verzicht auf jegliche Logik!

Was uns zu einem weiteren gewichtigen Einwand bringt. „Exorzist – The Beginning\" ist ein Horrorfilm. Als solcher hat er sich nicht mit Andeutungen von Gruseligkeiten zu begnügen. So hat es das große Vorbild von 1973 auch gehalten. In der Tat gefällt der unverkrampfte Umgang mit spritzendem Blut und purzelnden Eingeweiden, der an die Mainstream-Metzeleien der legendären „Omen\"-Filme aus den 1970er Jahren erinnert. Leider treibt es Harlin zu weit. Viel zu oft stehen Kinder im Mittelpunkt solcher Szenen. Da wird einem kleinen Mädchen durch den Kopf geschossen, wird ein Junge von Hyänen zerrissen, erleben wir eine geschmacklos-verwesungsreiche Totgeburt. Die Kamera ist immer dabei. Das ist billigste Angstmache, die zwar funktioniert, aber nur durch schieren Ekel und die in einem kaum mittelmäßigen Unterhaltungsspielfilm nur von Ideen- und Ratlosigkeit kündet.

Darsteller

Ein echter Pluspunkt für „The Beginning\" sind die Schauspieler. Sie gehören nicht zur ersten Garde Hollywoods, was sie in ihren Rollen glaubhaft wirken lässt. Stellan Skarsgård mimt sehr überzeugend einen jungen Vater Merrin; wenn er in der letzten Szene im schwarzen Priestergewand und mit großer Exorzistentasche abgeht, ist die Ähnlichkeit mit Max von Sydow erstaunlich.

Ein „frisches\" Gesicht zeigt auch Izabella Scorupo, eine in Polen geborene Darstellerin, die bisher (wie Stellan Skarsgård) vor allem im skandinavischen Film tätig wurde. (Renny Harlin ist übrigens Finne.) Im Interview-Teil der DVD zeigt sich Harlin sehr zufrieden mit ihrer Leistung, was man nur insofern eingrenzen muss, als das Drehbuch ihrer Schauspielkunst enge Grenzen setzt.

Andrew French mimt den „Quotenneger\", um es einmal politisch völlig unkorrekt auszudrücken. Es trifft indes den Kern der Sache, da sein Chuma der einzige farbige Darsteller ist, der nicht den wilden Wumba-Wumba-Krieger mit rollenden Augen, der Vorliebe für wüste Rituale und der kindlichen Furcht vor „bösen Geistern\" geben muss. Hervorzuheben ist freilich noch Remy Sweeney als kleiner Joseph, der als Kinderschauspieler keine Disney-Pest, sondern eine echte Bereicherung ist.

Über James D\'Arcy (Vater Francis) oder Julian Wadham (Major Granville) lässt sich wenig sagen, da sie immer wieder für lange Zeiten aus der Handlung verschwinden. Erst wenn den Drehbuchautoren partout nichts mehr einfallen will, treten sie plötzlich aus den Kulissen und müssen irgendetwas Dummes aushecken, damit unser Dämon mit einer neuen Bluttat einhaken kann.

Darsteller und Stab

Originaltitel: Exorzist – The Beginning
US-Erstaufführung: 20. August 2004
Deutsche Erstaufführung: 18. November 2004

Darsteller: Stellan Skarsgård (Lankester Merrin), Izabella Scorupco (Dr. Sarah Novak), James D\'Arcy (Vater Francis), Remy Sweeney (Joseph), Julian Wadham (Major Granville), Andrew French (Chuma), Ralph Brown (Sergeant Major), Ben Cross (Semelier), David Bradley (Vater Gionetti), Alan Ford (Jeffries) u. a.
Regie: Rennie Harlin
Drehbuch: William Wisher, jr.; Caleb Carr; Alexi Hawley
Produktion: Will Raee, James G. Robinson (für Warner Brothers/Dominion Productions)
Musik: Trevor Rabin
Kamera: Vittorio Storaro
Spezialeffekte: Danilo Bollettini
Ausstattung: Carlo Gervasi
Schnitt: Mark Goldblatt; Todd E. Miller

DVD

Anbieter: Warner Home Video
Release: 11.03.2005
Laufzeit: 109 min.
FSK/Rating: 16
Bilddformat: Widescreen 2.40:1(anamorph)
Sprachen: Deutsch (Dolby Digital 5.1), English (Dolby Digital 5.1)
Untertitel:; Deutsch, Englisch, Deutsch für Hörgeschädigte, Englisch für Hörgeschädigte, Arabisch
Special Features:
- Audiokommentar von Regisseur Renny Harlin
- Making of
- US-Kinotrailer

Während der Film nur unterhält, wenn man seine Erwartungen vergisst (dann ist er bis auf echte Klopfer wie die miesen Tricks – s. o. – sogar recht unterhaltsam), sorgen Bild und Ton für allgemeine Zufriedenheit. Sieht man davon ab, dass „Erschrecken\" wieder einmal durch anschwellende Drohmusik forciert werden soll, kommen die Effekte wuchtig ins Ohr.

Die „Special Features\" kann man weitgehend vergessen. Das achtminütige „Making of\" ist eine dreister Langtrailer, der echte Hintergrundinformation durch werbeträchtiges Hochjubelgeschwätz ersetzt. Hier wird man wohl auf die Kauf-DVD und auf den sicherlich folgenden „Special-Extra-Extended Director\'s Cut\" warten müssen.


(Copyright 16.03.2005/Dr. Michael Drewniok)

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