FIFA Fussball Weltmeisterschaft 2002 (PS2 Spiel) Testbericht

Blicken wir einmal ziemlich genau vier Jahre zurück, also just zu dem Zeitpunkt, als die letzte Fußball-WM vor der Tür stand. Völlig klar war, dass Electronic Arts seine 587. Fortsetzung von „FIFA“ veröffentlichte, ebenso völlig logisch war, dass dieser WM-Ableger flächendeckend für alle gängigen Spielkonsolen und natürlich auch für den PC erschien und im Grunde wenig überraschend war, dass wir als potentielle Käufer erneut doch ziemlich wenig für unser Geld geboten bekamen. Große Unterschiede zu der vorangegangen FIFA-Version gibt es nämlich bei „FIFA WM 2002“ selbstverständlich nicht, ganz im Gegenteil, der Umfang wurde sogar deutlich reduziert, ich spare mir jetzt an dieser Stelle lieber einen zynischen Kommentar, diesen könnt Ihr Euch im Grunde selber denken. Die riesigen Verkauferfolge geben der Abzocker-Mentalität von EA nur Recht, traurig aber wahr. Nicht, dass wir uns jetzt falsch verstehen: „FIFA WM 2002“ ist ein wirklich gelungener Kick, da macht auch die Version für die Playstation 2 überhaupt keine Ausnahme, jedoch sind die typischen Stärken und Schwächen der FIFA-Reihe auch hier allgegenwärtig. Wer sich im Vorfeld der WM 2002 in Japan und Südkorea irgendwie ausgehungert fühlte, was Fußballspiele angeht, wird so oder so zugegriffen haben, schätze ich, schließlich beeindruckt nicht zuletzt das Vorhandensein sämtlicher Originallizenzen für alles, ja auch wirklich alles, was zum Fußball-Profigeschäft irgendwie dazugehört. Klar ist schließlich auch, dass dem Solospielermodus – speziell bei FIFA-Games ja so üblich – früher oder später (eher früher als später) die Puste ausgeht, der Multiplayerfun ist nach wie vor sehr hoch, darüber kann es gar keinen Zweifel geben.


Wie bereits erwähnt, „verwöhnt“ uns EA auch auf dieser PS2-Scheibe mit den Originalteams, Spielernamen und Schauplätzen, welche auch in Japan und Südkorea zur Geltung kamen. Natürlich steht das WM-Turnier an sich im Mittelpunkt, der Spielmodus lehnt sich originalgetreu an den Spielplan der „richtigen“ WM an, versteht sich. Sauer aufgestoßen ist mir dabei, dass neben dem WM-Modus lediglich das Freundschaftsmatch angeboten wird, das ist dreist, unverschämt und eigentlich auch – angesichts der 60€, die Ihr locker machen musstet – eine Riesensauerei. Schön blöd im Grunde, wer da zugreift, nun ja, „uns“ Fußballfreaks wird das ohnehin egal gewesen sein, schätze ich. Kein weiterer Pokalwettbewerb, kein Ligamodus, kein langzeitmotivierende Action, so sieht die nüchterne Bilanz aus. Ein schwacher Trost ist es da, dass eine Handvoll an Teams angewählt werden können, die sich „eigentlich“ gar nicht „in Wirklichkeit“ für die WM-Endrunde qualifiziert haben. Bonusteams gibt es „sogar“ zusätzlich zu erspielen, dafür müsst Ihr allerdings in den jeweiligen Schwierigkeitsstufen erfolgreich sein, was speziell auf dem höchsten Niveau (erwartungsgemäß) kein Zuckerschlecken ist und teilweise unfaire Elemente beinhaltet, da die CPU-Teams zuweilen wie Halbgötter spielen. Insofern ist das Ganze auf Dauer nicht sonderlich motivierend und eigentlich nur kurz vor und während der WM, eventuell auch noch kurz danach von Interesse, ich jedenfalls kann mir nicht vorstellen, dass viele von uns sich dieses Game wenige Monate nach der WM 2002 noch gegönnt haben.


Der zweite dicke Negativpunkt betrifft den fehlenden Anspruch, denn „traditionsgemäß“ sieht es hier im Hinblick auf realistische Spielzüge und taktischen Anspruch in Bezug auf Spielaufbau ziemlich mau aus. Zwar hat sich das Gameplay in den letzten Jahren im Vergleich zu den früheren Teilen von FIFA erheblich verbessert, doch nach wie vor gelingen die schönsten Spielzüge und Kunststücke viel zu leicht, zu arcadelastig und zu wenig einer Simulation ähnelt das Spielgeschehen auf dem Grünen rasen hier bei „FIFA WM 2002“. Kindern und „Heranwachsende“ mag dies zum größten teil erfreuen, gelingt der Einstieg so doch ziemlich schnell, doch ernsthaft Interessierte wenden sich früher oder später mit Schaudern von dem niveaulosen Gebolze ab. Traumhafte Steilpässe, Tricks des ballführenden Spielers bis zum Abwinken, wuchtige Kopfbälle und ein übertrieben rüdes Foulen praktisch am Fließband dominieren hier ganz eindeutig. Für einen actionreichen und vor allem unterhaltsamen Kick reicht es zwar allemal – besonders zu zweit – aber ein bisschen mehr an packenden Zweikämpfen und durchdachtem Spielaufbau wäre schon ganz nett gewe3sen, so aber spielen wir phasenweise nur „Kick and Rush“ und hauen die Bälle serienweise auf den gegnerischen Kasten, praktisch ohne Sinn und Verstand. Da die Torhüter auch nicht immer die hellsten Köpfe zu sein scheinen, wird dieses relativ stupide Gebolze oft auch noch belohnt, das schmeckte mir persönlich überhaupt nicht.


Ganz fantastisch sieht es – im Gegensatz zu dem niveaulosen Gameplay und dem erschreckend geringen Umfang – im Hinblick auf die Präsentation aus: bis auf die wenig geistreichen Kommentatoren (doch das sind wir ja schon längst gewöhnt) begeistert die Soundkulisse und nicht zuletzt die hervorragende Optik. Eine hervorragende Kameraführung, große Spieler mit prächtigen Animationen, welche ihren Originalen teilweise frappierend ähnlich sehen, detailreich gestaltete Stadien, das Erklingen der glasklaren Nationalhymnen und überhaupt ein prächtig mitgehendes Publikum sorgen für eine sehr dichte Spielatmosphäre, der Funke springt jedenfalls rasend schnell auf den Fußballfan über. Dabei bleibt die Grafik trotz des sehr hohen (manchmal auch übertrieben hohen) Spieltempos fast immer konstant flüssig. Nicht immer, aber meistens. Schade, dass die Editorfunktion diesmal weggefallen ist, diese hat sich doch stets als sehr unterhaltsames Feature gezeigt: auch in diesem Punkt wurde ordentlich gespart, wieso auch immer. Nichtsdestotrotz überzeugen die herrliche bunte und wunderschön detaillierte Optik und die mitreißende Soundkulisse, genau das muss man EA wieder einmal zugestehen: die Fassade ist auch hier bei „FIFA WM 2002“ famos gelungen.


Insgesamt ziehen die gewichtigen Negativpunkte die Spielspaßwertung runter, so einfach kann bzw. darf man dass Electronic Arts einfach nicht durchgehen lassen. Ein tolles Design, eine packende Atmosphäre und eine coole Soundkulisse können nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier Abzockerei par excellence betrieben wird. Das nicht gerade besonders anspruchsvolle Gameplay und der unverschämt kleine Spielumfang inklusive des Wegfalls zahlreicher Optionen (im Vergleich zu älteren FIFA-Teilen) und nicht zuletzt die sehr geringe Langzeitmotivation muss Folgen haben. Eine Wertung in Höhe 77% halte ich daher für absolut angebracht.