Lauf, Jane, lauf (Taschenbuch) / Joy Fielding Testbericht

Goldmann-wilhelm-gmbh-lauf-jane-lauf-taschenbuch
ab 6,54
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Erfahrungsbericht von dottigross_juliaa

Spannung von der ersten bis zur letzten Minute!

Pro:

Spannend | Faszinierendes Thema | Toller Schreibstil

Kontra:

Nix!

Empfehlung:

Ja

*Hast du die Waschmaschine schon ausgeräumt?*
*- - -*
*Wann essen wir heute??*
*- - -.*
*Sind wir morgen bei deiner Mutter???*
*- - -*
*Haaaaaaallo, Erde an Schatz! Kannst du mal einen Moment von deinem Buch hochgucken???????*




Ein Buch gehört für mich zur Superlative alles Dargewesenenen. Seitdem ich dieses Buch gelesen habe, wird jedes weitere mit ihm verglichen. Die Rede ist von „Jesus Video“ von Andreas Eschbach. Es bekam von mir eine 5-Sterne-Bewertung und kein anderes Buch erreichte diese Auszeichnung ein weiteres Mal. Warum ich das erwähne? Heute schreibe ich einen Erfahrungsbericht über einen Roman, der endlich wieder fünf Sterne verdient hat. Diesmal ist die Rede von „Lauf, Jane, lauf“...


Fakten
++++++

Titel: Lauf, Jane, lauf
Autorin: Joy Fielding
Verlag: Goldmann
ISBN (TB): 3-442-41333-8
Preis: 8.- EUR
Seiten: 448


Inhalt
+++++

Plötzlich bemerkt sie, dass sie an einer Fußgängerampel steht. Sie schaut sich um und erkennt, dass sie nicht weiß, wo sie ist. Nun, diese Situation hatten wir vielleicht alle schon einmal. Aber die Frau an dieser Fußgängerampel weiß nicht einmal, was sie dort tut und wie sie dort hingekommen ist. Sie weiß nicht wer sie ist, wo sie wohnt und wie sie aussieht. Sie kann sich an absolut nichts mehr erinnern!

Die Frau greift in ihre Manteltasche, in der sie einen Zettel findet. *Pat Rutherford, Z. 31, 12.30 - Milch, Eier* steht auf darauf. Ach, sie wollte bestimmt zum Einkaufen, um Milch und Eier zu besorgen. Doch wer ist Pat Rutherford? Ist sie Pat Rutherford? Wo wollte sie mit ihrem Einkauf hin? Und woher hat sie die 10000 Dollar, die sie ebenfalls bei sich trägt? Und woher kommt das viele Blut, dass auf ihrer Bluse ist?

Sie beschließt, erst einmal ein paar Tage in einem Hotel abzusteigen, um sich zu erholen. Irgendwann wird ihr schon alles wieder einfallen. Doch sie irrt sich und nach ein paar Tagen geht sie schließlich zur Polizei. Nach einigen Nachforschungen und Untersuchungen im Krankenhaus, wird ihre Identität festgestellt: Sie ist Jane Whittaker, die Frau des bekannten Kinderchirurgen Michael Whittaker. Sie leidet unter einen hysterischen Amnesie, die durch einen seelischen Schock ausgelöst wurde. Dieser Gedächtnisverlust kann ein paar Tage, Wochen oder sogar Monate anhalten und bis dahin muss sie viel Geduld haben.

Ihr Mann kümmert sich rührend um sie. Nach und nach erfährt sie, wie sie gelebt hat, dass ihre Mutter vor einem Jahr an einem Autounfall gestorben ist und sie einen Bruder und eine kleine Tochter hat(te). Damit sie sich erholen kann, bleibt Paula - die Haushälterin der Whittakers - tagsüber bei ihr und versorgt sie. Sie kocht, wäscht und bemuttert Jane von vorne bis hinten. Paula gibt Jane auch ihre Tabletten und die Beruhigungsspritze, wenn es nötig ist. Doch Jane hat das Gefühl, als würden ihr die Medikamente nicht gut tun. Von Tag zu Tag geht es ihr schlechter. Ihr Beine tragen sie nicht mehr, der Kopf wird nicht mehr frei. Sie hat Albträume und leidet unter Depressionen. Als sie die Tabletten an einem Tag unabsichtlich vergisst, hat sie plötzlich - in einem lichten Moment - den Verdacht, ihr Mann würde sie absichtlich unter Drogen setzen. Schließlich ist er Arzt, und weiß ganz genau, wie die Medikamente auf sie wirken...

Mehr will ich euch nicht verraten, denn die Spannung soll schließlich erhalten bleiben.


Schreibstil
+++++++++

Joy Fieldings Schreibstil ist sehr verständlich, klar und übersichtlich. Das finde ich bei einer so komplexen Story auch wichtig. Je schwieriger die Geschichte, desto klarer sollte der Schreibstil sein. Sie werden die Personen und die Umgebung sehr genau dargestellt und ich fürchtete anfangs, dass der Roman dadurch langatmig werden würde. Das war jedoch nicht der Fall. Trotz genauer Beschreibung, langweilte ich mich keinen Augenblick. Als Jane nach Hause kommt, wird ihre Wohnung sehr genau beschrieben. Doch fand ich es nicht übertrieben, denn so bekam ich einen Eindruck von der angeblich *heilen Welt*, die Jane dort erwartete. Der Unterschied zum wahren Leben wurde dadurch noch viel deutlicher dargestellt.

Etwas langatmig kam mir die Beschreibung von Janes langsamen Verfall durch den Medikamentenkonsum vor. Ich hätte schwören können, dass sich der Niedergang ihrer Persönlichkeit über Monate hinzog. Doch es waren nur vier/fünf Wochen. Doch andererseits war diese intensive Schreibweise wichtig, denn so wurde einem die Grausamkeit der Situation richtig bewusst. Der Leser entwickelt erst Mitleid für Jane, Verachtung für ihren Mann, bis hin zu einem Gefühl der Hilflosigkeit, weil man sich vorstellen kann, wie es ist, seinen eigenen Willen durch den Einfluss von Medikamenten zu verlieren.

Die Absätze sind sehr übersichtlich gegliedert. Ich fand schnell wieder in die Story zurück, obwohl ich sagen muss, dass ich den Roman nicht allzu oft aus den Händen legte. Die letzten zwei Drittel des Buches las ich in einem Zug und war verärgert, als ich vor den letzten zehn Seiten eine Zwangspause einlegen musste. Aber da stand schon mein Schatz an der Wohnungstür und nörgelte: *Jetzt leg doch dieses Sch...buch endlich weg. Wir sind schon viel zu spät dran. Wir müssen gehen!!!* Ach ja! Die Unverständnis der Nicht-Leserschaft....


Und weiter?
+++++++++

Die Geschichte ist unwahrscheinlich fesselnd. Das liegt nicht nur am Schreibstil, sondern auch an der Geschichte selbst. Eine Frau verliert ihr Gedächtnis - schon das allein lässt viele Spekulationen zu. Zwar wird das erste Problem - ihr Identitätsverlust - bald gelöst, doch bleibt die Frage auch weiterhin offen, wie sie zu dieser hysterischen Amnesie gekommen ist. Der Leser ahnt, dass Michael Whittaker der Bösewicht ist, wird jedoch in die Irre geleitet, weil er als treusorgender und liebevoller Ehemann dargestellt wird. Auch wird immer wieder die kleine Tochter Emily ins Spiel gebracht und ich wartete voll Spannung darauf, mehr über ihren Verbleib zu erfahren.

Ich möchte den Roman mit einem großen Puzzle vergleichen. Jane setzt ihr Leben nach und nach Stück für Stück zusammen. Dann merkt sie, dass ein Teilchen falsch ist (oder ein anderes fehlt) und geht wieder einen Schritt zurück, um das Puzzle von einer anderen Seite zu betrachten. Doch je mehr Teile zueinander passen, umso klarer und verständlicher wird das Bild von ihrem Leben.

Die Story ist also von Anfang bis Ende spannend. Die Autorin verzichtet sogar auf die übliche, langatmigen Einführungsseiten, in denen die Personen und die Verhältnisse ausführlich erklärt werden. Dem Leser wird zwar alles genau beschrieben, so dass er sich von den Romanfiguren ein Bild machen kann, aber gleichzeitig wird eine spannende Situation dargestellt: eine Frau steht an einer Fußgängerampel und weiß nicht wer sie ist! So hat die Autorin einen grandiosen Bogen zwischen *Einleitung* und *Spannung ab der ersten Minute* geschlagen.


Fazit
++++

Absolut lesenswert: 5 Sterne! Wer einen unterhaltsamen Kriminalroman sucht, liegt hier richtig. Als Leserschaft würde ich sowohl Jugendliche als auch Erwachsene nennen, da die Story zwar anspruchsvoll, aber nicht zu kompliziert ist. Außerdem denke ich, Frauen werden zwar an dem Buch mehr Freude haben, aber auch die Männerwelt könnte sich für diesen Krimi erwärmen. Weitere Adjektive, die diesen Roman beschreiben: spannend, unterhaltsam, berührend, gedankenanregend. Wer ein Fan von „Der stille Herr Genardy“ von Petra Hammesfahr ist, sollte dieses Buch unbedingt zur Hand nehmen, weil es um ein vielfaches besser ist. Die Themen dieser beiden Bücher ähneln sich, Joy Fielding hat ihre Story aber wesentlich anspruchsvoller verpackt.

Deshalb folgende Bewertung: 5***** Sterne


In diesem Sinne... alles bleibt anders... Eure Dotti

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