Schau dich nicht um (Taschenbuch) / Joy Fielding Testbericht

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ab 5,94
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Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  sehr anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  durchschnittlich
  • Spannung:  hoch
  • Humor:  durchschnittlich
  • Stil:  sehr ausschmückend

Erfahrungsbericht von dottigross_juliaa

Fifty-fifty sind mir zu wenig!

Pro:

In der zweiten Hälfte wird\'s spannend

Kontra:

Erste Hälfte extrem zähflüssig und langatmig | Hauptfigur überzogen

Empfehlung:

Nein

Bei einem Flohmarktbummel fand ich einen Stand, an dem gut erhaltene Bücher angeboten wurden. Ich wühlte ein wenig rum und fand das Buch *Schau dich nicht um* von Joy Fielding. Da ich schon *Lauf, Jane, Lauf* und *Ich will Ihren Mann* gelesen hatte, wurde ich neugierig und fragte nach dem Preis. Bei nur einem Euro blieb mir nichts anderes übrig, als zuzugreifen. Regulär kostet das Buch z.B. bei booxtra.de 8.- EUR.


Fakten
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Titel: Schau dich nicht um
Autor: Joy Fielding
Verlag: Goldmann
ISBN (HB): 344205978X
Preis: 8.- EUR
Seiten: 442


Die Autor
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Die Amerikanerin Joy Fielding und ihre Familie leben teils in Toronto und teils in Florida. Schon früh entschied sie sich, Schriftstellerin zu werden. Doch eine Theater- und Fernsehkarriere hielt sie zunächst davon ab. Erst nachdem sie von ihren ergeizigen Plänen abließ und von Hollywood nach Toronto zurück kehrte, besann sie sich aufs Schreiben.


Inhalt
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Jess Koster ist Staatsanwältin in Chicago. Ihr sind zwei weitere Staatsanwälte und Assistenten unterstellt. Ihre *Fälle* reichen von Vergewaltigung über Körperverletzung und Nötigung. Ihr privates Leben ist recht einseitig. Sie hat sich vor einigen Jahren von ihrem wesentlich älteren Mann, ein erfolgreicher Anwalt, getrennt und lebt seit dem mit ihrem Kanarienvogel *Fred* ziemlich zurückgezogen.

Eines Tages fühlt sie sich beobachtet. Ein Mann verfolgt sie und sie glaubt, ihn als Rick Ferguson zu identifizieren. Er ist ein Verbrecher, gegen den die Chicagoer Staatsanwaltschaft ermittelt. Als sie ihn zur Rede stellt, spricht er eine - wie sie meint - deutliche Drohung aus: *Manchmal verschwinden Menschen.* Sie schwankt von nun an zwischen panischer Angst und entschlossenem Trotz. Doch es fällt ihr schwer, keine Schwäche zu zeigen. Eines Tages verschwindet eine wichtige Mandantin und plötzlich glaubt sie zu wissen, wem die Drohung galt...



Meinung
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Schon nach den ersten Seiten fiel mir auf, dass der Schreibstil Joy Fieldings bei weitem nicht so gut gelungen ist, wie ich es aus anderen Büchern von ihr gewohnt bin. Sie schreibt in *Schau dich nicht um* teilweise sehr überzogen. Dadurch wirkt das ganze sehr gekünstelt und die Art erinnerte mich an eine übertriebene Schnulze. Außerdem wird der Schreibstil dadurch sehr langatmig - die Story scheint sich ewig hinzuziehen. Ich hoffte immer, dass im nächsten Absatz, im nächsten Kapitel irgendetwas Entscheidendes geschieht und wurde doch meistens enttäuscht. Meist legte ich das Buch dann beiseite und nahm es erst nach einer längeren Pause ziemlich unmotiviert wieder auf. Es reizte mich in diesem Moment überhaupt nicht, den Roman weiter zu lesen.

In diesem Zusammenhang möchte ich an dieser Stelle eine kurze Leseprobe wiedergeben. Da es sich hierbei aber um mehrere Buchseiten handelt, die sich ewig in die Länge ziehen, möchte ich nur einen kurzen Ausschnitt abschreiben, in dem ein typisches Klischee dargestellt wird. Eine Staatsanwältin (Jess) streitet sich mit einem Verteidiger (zufällig ihr Exmann) über das Strafmaß eines Angeklagten. Diese Szene fand ich so furchtbar abgedroschen, dass ich beim Lesen nur den Kopf schütteln konnte.
[Quelle: *Schau dich nicht um*, Goldmann, S. 122] - „Du hast meinen Mandanten von der Polizei an seiner Arbeitsstätte abholen lassen; du hast ihn nicht auf seine Rechte aufmerksam gemacht; du hast ihm nicht erlaubt, seinen Anwalt anzurufen.... Hergott noch mal, Jess, war das wirklich nötig?“
„Ja, ich habe es jedenfalls für nötig gehalten. Dein Mandant ist gefährlich. Und er war nicht sehr kooperativ.“
„Es ist nicht seine Pflicht, kooperativ zu sein. Aber es ist deine Pflicht, dafür zu sorgen, daß er fair behandelt wird.“
„Hat er etwa Connie DeVuono fair behandelt?“
„Darum geht es hier nicht, Jess.... Also entweder stellst du meinen Mandanten unter Anklage, oder du läßt ihn frei.“
„Ihn freilassen! Kommt ja nicht in Frage.“
„Dann willst du ihn also festnehmen? Mit welcher Begründung? Aufgrund von was für Beweisen? Du weißt genau, daß du absolut nichts in der Hand hast, um Rick Ferguson mit dem Verschwinden Connie De Vuonos in Verbindung zu bringen.“ Jess wußte, daß er recht hatte.....

Erst nach ungefähr der Hälfte des Buches wurde es besser. Kurze und knackige Dialoge erhöhten das Lesetempo. So lernt die Hauptfigur Jess Koster den Schuhverkäufer Adam kennen und liefert sich mit ihm hier und da einen schnellen Schlagabtausch. Schade, dass ich mich erst durch das halbe Buch kämpfen musste, um an diese Stelle zu kommen. Auch die Handlung nimmt dann endlich einen interessanten Verlauf, wobei wiederrum der Schuhverkäufer Adam der Grund dafür ist. Als Joy Fielding ihn in die Geschichte mit einbindet, gibt es eine weitere *unbekannte Komponente*, die dem Krimi zur Spannung verhilft. Ab diesem Zeitpunkt las ich das Buch in einem Zug durch. Ich fing an, Fragen zu stellen. Was hat Jess Ex-Mann Don mit den Drohungen zu tun? - Wer und was ist Adam? Ein Freund? Ein Feind? - Was hat das Verschwinden von Jess Mutter mit dem aktuellen Fall zu tun? Hat Don etwas mit dem Verschwinden von Jess Mutter zu tun?...


Die Romanfiguren überzeugten mich anfangs überhaupt nicht. Die Staatsanwältin Jess Koster ist in meinen Augen eine hektische, von Selbstzweifeln gequälte Frau, mit der ich mich - als Leserin - nicht identifizieren kann. Sie scheint ihr Leben nicht im Griff zu haben. Die Autorin versucht, diesen Charakterzug wie folgt zu erklären: Jess’ Mutter ist vor acht Jahren spurlos verschwunden. Darunter scheint sie sehr zu leiden. Dieses tiefgreifende Erlebnis hinterließ wohl Spuren in ihrem Leben und beeinflusst auch heute noch sowohl ihr Privatleben als auch ihre berufliche Laufbahn. Als Gegenpol wird dem Leser Jess’ Schwester Maureen präsentiert. Eine erfolgreiche Ex-Wirtschaftsstudentin, die ihre vielversprechende Karriere für Mann, Haus und Kinder aufgegeben hat. Sie scheint ihr Leben besser zu meistern. Der Leser kann sich also hier im Laufe des Romans ein eigenes Urteil bilden. Wie gehen zwei Frauen mit dem spurlosen verschwinden ihrer Mutter um? Wie verarbeiten sie dieses Erlebnis? Wie wirkt es sich auf ihr Leben aus?
Dann ist da noch Jess Ex-Mann Don, der ihr als väterlicher Freund zur Seite steht und immer zur Stelle ist, wenn sie Hilfe benötigt. Doch schon nach ca. fünfzig Seiten kam mir der Verdacht, dass mit ihm irgendetwas nicht stimmt und er maßgeblich in die Geschehnisse verstrickt ist.
Adam - der Schuhverkäufer - tritt erst relativ spät ins Geschehen ein und bereichert den Roman. Ab diesem Zeitpunkt scheint sich auch der Schreibstil Joy Fieldings zu konzentrieren.

Parallel zu diesem privaten Problemen zieht sich das berufliche Leben Jess Kosters durch das 442 Seiten *dünne* Buch. Ich weiß nicht, welcher Part überwiegt. Privatleben und Beruf sind eng miteinander verbunden. Es spielt auch keine große Rolle, was einen größeren Raum einnimmt, denn im Mittelpunkt steht eben die *Person Jess Koster*. Ihr Charakter, ihre Gefühle, ihre Stimmungen, ihre Ängste... usw.

Ich würde den Roman *Schau dich nicht um* also als typischen Frauenroman bezeichnen. Auch wenn es sich hierbei um einen Krimi handelt, werden sehr viele private Probleme, Gefühle und Gedanken angesprochen, die vor allem für Frauen interessant sein könnten. Ich persönlich war eher an der Kriminalstory interessiert, die leider erst nach der Hälfte des Buches ausgebaut wurde.


Fazit
++++

Hinten *hui* - vorne *pfui*. *Schau dich nicht um* von Joy Fielding ist garantiert nicht ihr bestes Buch. Die Story beginnt sehr zähflüssig und Spannung baut sich erst nach ungefähr der Hälfte des Romans auf. Das stört mich ungemein. Ich habe wirklich keine Lust, mich erst durch fast 220 Seiten kämpfen zu müssen, bis es interessant wird. Dann aber baut Joy Fielding die Story aus und verändert auch - wie ich finde - den Schreibstil. Die Sätze werden direkter, die Dialoge interessanter und schneller.

Wie bewerte ich ein Buch, das nur zur Hälfte gut ist? Naja, ganz einfach, ich vergebe 2,5 Stern :-)


In diesem Sinne... alles bleibt anders... eure Dotti.

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