Filmkritiken Testbericht

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Erfahrungsbericht von Bjoern.Becher

Following: Geniales Frühwerk des Memento-Regisseurs

Pro:

sehr vieles...

Kontra:

rein gar nix...

Empfehlung:

Ja

Da Yopi mich mehrmals beim Produktvorschlag auf diese Kategorie verwiesen hat, erscheint die Kritik nun auch hier:


Im Jahr 2000 machte sich Christopher Nolan international mit seinem Film „Memento“ einen Namen. Ein Remake des schwedischen Erfolgsfilms „Insomnia“ war die Folge und in diesem Jahr wird er ein neues Batman-Abenteuer in die Kinos bringen, was zeigt, dass Christopher Nolan in der ersten Garde der Regisseure angekommen ist.

Doch nicht „Memento“ war, wie allgemein vermutet, der eigentliche Auslöser dieser Karriere. Den wichtigsten Anschub gab es wohl schon zwei Jahre vorher. 1998 drehte Nolan „Following“, einen Film, der zwar beim Publikum kaum Beachtung fand, aber auf Filmfestivals für Aufsehen sorgte und mit mehreren Preisen bedacht wurde. Dank „Following“ bekam Nolan die Finanzierung für Memento (1999 beim Hongkong Film Festival hat er sogar vor dem Publikum um Geld für den Folgefilm gebeten).

Wie in „Memento“ bekommt der Zuschauer auch in „Following“ eine nicht einfach zu durchschauende Story geboten, was vor allem durch den zeitlich ungeordneten Geschehensablauf zustande kommt. Zu Beginn sieht der Zuschauer zwei Hände in Plastikhandschuhen, die in den Sachen von (anderen?) Leuten herumwühlen. Danach sieht man einen Mann (Jeremy Theobald), der auf der Straße Leute verfolgt. Langsam dringt ein Gespräch zum Zuschauer durch. Zwei Männer unterhalten sich, der eine ist der Verfolger, der andere ist deutlich älter (John Nolan), sitzt hinter einem Schreibtisch und stellt die Fragen. Ist er ein Polizist, der andere ein Verbrecher? Wir wissen es (noch) nicht.

Der jüngere Mann, der sich später Bill und noch später auch mal Danny nennen wird, erzählt dem älteren von seinem nicht alltäglichen Spiel. Er hat einfach Leute verfolgt. Zuerst mit klaren Regeln. Keine Person wird mehr als einmal verfolgt, keine Person wird zu lange verfolgt, keine Frau wird in dunkle Ecken verfolgt. Zuerst hat er die Leute einfach zufällig ausgewählt. Doch dann hat er dies geändert.

“And when it’s stopped being random, that’s when it started to go wrong”

Mehrmals hat er einen Mann verfolgt, der für ihn interessant aussah. Dieser hat immer eine Sporttasche bei sich und bemerkt ihn schließlich eines Tages. Der Mann, der sich als Cobb (Alex Haw) zu erkennen gibt, stellt Bill zur Rede. Als er von Bills „Obession“, dem Verfolgen, erfährt, weiht ihn Cobb in seine eigene Besessenheit ein. Cobb bricht bei Leuten ein, doch er stiehlt nicht viel. Einiges, was nicht von großem Wert ist, nimmt er mit, aber vielmehr geht es ihm darum herauszufinden, was für Leute hier leben. Er durchwühlt die privaten Sachen der Leute, macht deutlich, dass er hier war und sorgt auch mal dafür, dass die Beziehungen der Bewohner der von Cobb aufgesuchten Wohnungen auf eine harte Probe gestellt werden. So platziert er zum Beispiel ein Damenhöschen, das er in einer anderen Wohnung gestohlen hat, in der Hosentasche einer Männerhose, in der Hoffnung, dass es die Ehefrau entdecken wird.

Bill ist fasziniert von Cobbs Treiben und begleitet ihn auf den Streifzügen und Einbrüchen, obwohl diese mit deutlich mehr Risiko verbunden sind als das Verfolgen von Leuten. Parallel dazu sehen wir andere Szenen. Bill flirtet mit einer Blondine (Lucy Russell), der gegenüber er sich als Danny vorstellt. Sie ist mit einem skrupellosen Typen (Dick Bradsell) liiert, scheinbar ein Gangsterboss.

Nach und nach kristallisieren sich für den Zuschauer drei Zeitebenen heraus. Einmal sehen wir einen unrasierten Bill mit längeren Haaren und schlecht gekleidet, der Cobb auf immer mehr Einbruchstouren begleitet. Die zweite Zeitebene zeigt uns einen deutlich gepflegteren Bill. Der Bart ist ab, die Haare sind geschnitten, er trägt einen Anzug und er flirtet mit der Blondine, die, wie man erst nur vermutet, dann bald auch weiß, das Opfer eines der Einbrüche von Bill und Cobb war. In der dritten Zeitebene trägt Bill zwar auch Anzug, ist rasiert und hat kurze Haare, doch er sieht nicht mehr so gut aus. Er hat deutlich sichtbare Spuren eine Schlägerei hinter sich und er plant scheinbar einen besonderen Einbruch, einen ohne die Hilfe von Cobb, aber dafür mit Bewaffnung.

Nur langsam erschließt sich dem Zuschauer die Verbindung zwischen diesen drei Zeitebenen, doch komplett erfassen wird man sie erst in den letzten Minuten des Films. Nolan beweist hier schon eindrucksvoll sein Talent für eine ausgeklügelte Story. Der Zuschauer wird durch die Spannung gefesselt, von der Story in die Irre geführt, am Ende überrascht und das alles präsentiert mit einem stimmigen Gesamtkonzept. Nolans Film ist wohl auch deswegen so gelungen, weil er für seine doch recht geringe Laufzeit von knapp 80 Minuten ungemein komplex ist und zudem der Zuschauer zum Mitdenken aufgefordert wird.

Zur hervorragenden Atmosphäre des Films trägt der Look bei. Nolan hat den kompletten Film in kaltem schwarz-weiß gehalten, was sicher unter anderem aus Kostengründen geschah (das Budget betrug nur ca. 6.000 Dollar), zudem aber dem Film zum Vorteil gereicht. Auch die Kameraführung, für die Nolan selbst verantwortlich war, trägt zum Gelingen des Films bei. Obwohl Nolan nur Familienangehörige, Freunde und Bekannte besetzte, besticht der Film zudem durch gute Schauspielerleistungen. Vor allem Theobald weiß in der Hauptrolle zu gefallen und schafft es, dass der Zuschauer Sympathie zu ihm aufbaut, was für die Wirkung des Films nicht unerheblich ist. Von der Darstellerriege hat es übrigens Lucy Russell, die die mysteriöse Blondine spielt, zu einer Schauspielerkarriere geschafft. Sie spiele 2001 eine vielbeachtete Hauptrolle in dem französischen Film „Der Herzog und die Lady“ und steht auch in Nolans Batman-Abenteuer vor der Kamera.


Fazit - That’s it, unless you have any questions:

Nolans ist ein wunderbares Spielfilmdebüt gelungen. Man sollte sich gar nicht zu viel über den Film informieren, weswegen diese Rezension in einigen Punkten auch bewusst kurz gehalten wurde. Je weniger man weiß, desto stärker muss man sich selbst in dem Film zurechtfinden und dies macht viel aus. Nolan bezieht den Zuschauer mit ein, fordert ihn, sorgt dafür, dass er sich Gedanken macht. Deswegen ist eine hohe Aufmerksamkeit vonnöten. Dafür bekommt man aber eine mehr als angemessene Gegenleistung. Spannung pur mit einer vertrackten Geschichte. Ein Film, den man ohne zu Übertreiben als frühes Meisterwerk des Regisseurs bezeichnen kann.

Obwohl der Film aus dem Jahr 1998 stammt und damit schon sieben Jahre auf dem Buckel hat und in den USA sowie in England schon lange auf kaufenswerten DVDs erschienen ist, bekommt „Following“ nun nachträglich eine deutsche Kinoauswertung im Original mit deutschen Untertiteln. Starttermin ist der 17. Februar 2005, allerdings ist damit zu rechnen, dass dieser feine Film, der von einem kleinen Verleih in die Kinos gebracht wird, nicht allzu viele Kopien spendiert bekommt. So wird es sicher etwas Glückssache sein, ob man den Film in einem Kino in seiner Nähe zu sehen bekommt. Wer nicht warten will, dem seien die ausländischen DVDs ans Herz gelegt (zum Beispiel die US-DVD bei dvdsoon.com für ca. 5 €). Sehr wahrscheinlich ist Dank des deutschen Kinostarts aber auch eine deutsche DVD-Veröffentlichung in nicht allzu ferner Zukunft. Genaue Ankündigungen hierzu sind aber noch nicht bekannt.



Darsteller: Jeremy Theobald (Bill), Alex Haw (Cobb), Lucy Russell (Blondine), John Nolan (Polizist), Dick Bradsell (Glatzkopf), Gillian El-Kadi (Hausbesitzerin), Jennifer Angel (Kellnerin), Nicolas Carlotti (Barkeeper)

Regie: Christopher Nolan
Buch: Christopher Nolan
Produktion: Emma Thomas, Christopher Nolan, Jeremy Theobald
Kamera: Christopher Nolan
Musik: David Julyan
Schnitt: Gareth Heal, Christopher Nolan


http://www.ofdb.de/view.php?page=film&fid=16453

http://german.imdb.com/title/tt0154506/

© Björn Becher 2005

26 Bewertungen, 1 Kommentar

  • sascha6525

    14.03.2006, 13:37 Uhr von sascha6525
    Bewertung: sehr hilfreich

    freu mich über Gegenlesungen. <br/>sh, Sascha6525