Filmkritiken Testbericht

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Erfahrungsbericht von Kuhli

Extremeties - Jede Vergewaltigung hat ihren Preis

Pro:

Starkes Frauenbild, geniale Schauspieler, regt zum Denken nicht zum Verurteilen an

Kontra:

Selbstjustiz???

Empfehlung:

Nein

Jodie Foster hat ihre Peiniger angeklagt, Farah Fawcett macht’s da etwas extremer.

Story:

Eines Abends geht Marjorie (Farah „Drei Engel für Charlie“ Fawcett) nach ihrer Arbeit zum schlecht beleuchteten Parkplatz um mit ihrem Auto nach Hause zu fahren. Doch dort lauert ein unbekannter Mann (James Russo) auf sie und belästigt sie. Glücklicherweise kann sie sich entreißen und fliehen und macht sich auf zur Polizei. Da der Mann aber sie aber nicht vergewaltigen konnte, kann auch die Polizei paradoxerweise nichts unternehmen und somit macht sich die verstörte Marjorie wieder auf den Weg nach Hause, aber mit einer beängstigen Ungewissheit, denn der Angreifer hat ihr Portmonee und somit ihre Adresse.
Marjorie lebt mit ihren zwei Freundinnen Patricia (Alfre Woodward) und Terry (Diana Scarwid) in einem recht großen Haus, in einer nicht allzu belebten Gegend und so kann Joe, so der Name des Angreifers, als Patricia und Terry zu Arbeit sind einige Tage nach dem Übergriff ungehindert ins Haus kommen und kurze Zeit später beginnt für Marjorie erst die richtige Qual. Auf übelste Weise wird sie von Joe in ihrem eigenen Haus erniedrigt und gepeinigt. Doch durch eine Unachtsamkeit seinerseits gelingt es Marjorie ihn vorzeitig außer Gefecht zu setzten. Und da er sie noch immer nicht dazu gekommen ist sie zu vergewaltigen und so nach kurzer Zeit wieder auf freiem Fuß stehen würde, entscheidet sie sich zu Selbstjustiz und dreht die Täter/Opfer-Rolle um. Lediglich das Auftauchen von Patricia und Terry können verhindern das vorerst noch schlimmeres mit Joe passiert...

Kritik:

Jedes Mal wenn ein Vergewaltigungsdrama auf die Leinwand kommt, gibt es auch immer wieder das Wort „kontrovers“, das an diesen Filmen zu haften scheint. Sei es bei dem Cannes-Skandalfilm „Irrevèrsible“ in dem Monica Belluci zehn Minuten lang vergewaltigt und verprügelt wird, dem Jodie Foster-Film „Angeklagt“ in dem gefragt wird wieweit Frauen an ihren Vergewaltigungen mit schuld sein können oder gerade „Extremeties“ in dem eine Frau weiß, das sie sich nicht auf die Justiz verlassen kann und selbst richtet.
Ich möchte mal behaupten das dieses „kontrovers“ immer aus Männermündern kommt, die sich vielleicht angegriffen fühlen, weil es wirklich selten positive Männercharaktere in diesen Filmen gibt. Hier ist das natürlich auch so und nicht nur der Peiniger ist hier der „Bad Guy“ sondern auch all die Bürokraten, die Menschen erst schützen können, wenn das Verbrechen schon geschehen ist.
Und gerade dieser Thematik nimmt sich der Film spektakulärer Weise an und überlässt dem Zuschauer selbst die Wahl darüber zu entscheiden.
Ist Selbstjustiz in so einem Fall gerechtfertigt?
Geht Marjorie den richtigen Weg in dem sie sich mit dem Angreifer auf eine Stufe stellt?
Stellt sie sich überhaupt mit ihm auf eine Stufe, wenn sie so handelt wie er?
Wie würde man slebst entscheiden?
Fragen über Fragen, mit denen man sich als Zuschauer konfrontiert sieht und die ich für mich selbst noch immer nicht geklärt habe, obwohl es schon Jahre her ist, als ich den Film zum ersten Mal gesehen habe.
Aber gerade das hebt den Film von anderen ab, es gibt keine klare Moral. Ich meine, natürlich ist der Film mehr auf Marjories Seite und sie ist und bleibt nun mal das Opfer, aber die Gefahr besteht, das man in der zweiten Hälfte des Films durchaus Mitleid mit Joe bekommen kann, da er wirklich übelst von Marjorie zugerichtet wird und Selbstjustiz nun mal heutzutage eigentlich (glücklicherweise?!?) überholt ist. Also man sieht, dieser Film bietet genug Stoff für die ein oder andere hitzige Diskussion.
Aber nebenbei macht das ja den Film nicht alleine aus, denn auch sonst bin ich wirklich immer wieder gefesselt von dem Film. Gerade in den Peinigungsszenen ist er oft unerträglich spannend, da hier wirklich alles passieren kann, da solche Filme nicht unbedingt ein Happy End haben, sodass man auch mit dem Ableben einer Person rechnen kann. Zudem entsteht anfangs diese Spannung dadurch, das man immer hofft, das Marjories Versuch zu Fliehen gelingt (vergleichbar mit Misery) und später dann möchte man nur wissen, wie Joe’s Schicksal besiegelt wird und ob die Freundinnen überzeugend genug sind, das Joe nicht als Tomatendünger endet.
All diese Tragik wird geradezu genial von den beiden Hauptdarstellern getragen, die nicht ohne Grund so realistisch gegeneinander antreten, denn sie haben darin schon genug Erfahrung, da sie dieses Stück schon zusammen auf der Bühne oft genug gespielt haben. Und das der Film von einem Theaterstück stammt, merkt man schon. Hier gibt’s kaum Szenenwechsel, gerade mal der Parkplatz, die Polizeistation und dann Marjories Haus reichen für diesen Film aus, zudem ist dieses Zwei-Personen-Psychoduell natürlich prädestiniert für die Bühne, funktioniert aber auch tadellos als Film.
Während es wohl im Theater aber keine Altersbeschränkung gibt, ist dieser Film Leuten vorbehalten, die mindestens 16 Jahre auf dieser Welt verweilen und das gerechtfertigt. Während es sehr belastend ist wie Marjorie psychisch fast zugrunde geht, ist es mindestens genauso schlimm wie Joe nachher aussieht.
Also wenn der Film noch mal im Fernsehen läuft, sollte man sich den mal anschauen und mit Marjorie mitbangen und sich vor Joe fürchten. Oder vielleicht doch umgekehrt?


Fazit:

Auch wenn ich gar kein Freund von Selbstjustiz bin, schafft es der Film doch meine Weltanschauung für mich in Frage zu stellen und das verdankt der Film der spannenden Inszenierung und dem wirklich grandios-erschreckendem Schauspiel der beiden Hauptdarsteller.


DATEN

Extremities, USA’86
Von Robert M. Young
Mit Farah Fawcett, James Russo, Alfre Woodward, Diana Scarwid
Nach dem gleichnamigen Bühnenstück von William Mastrosimone
Ca. 89 Minuten

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