Flughafen Düsseldorf Testbericht

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Erfahrungsbericht von der_Baer

Flughafen Düsseldorf - Eine Odyssee durch die deutsche Servicewüste

Pro:

man kommt dort wieder weg

Kontra:

von deutscher Gründlichkeit keine Spur

Empfehlung:

Nein

Der Bär ist an und für sich einer, der seine Reisen minutiös plant, damit alle Termine perfekt eingehalten werden können und keiner der Freunde oder Geschäftspartner mehr als unbedingt nötig auf ihn warten muss. Es ist ja toll, wenn man im Internet die schönsten Reisepläne gestalten kann unter Verwendung der öffentlichen Verkehrsmittel Bahn, Bus und Flug.

Das vergangene Wochenende durfte es einmal wieder ein Flugzeug sein, das den Bären in deutsche Lande schwebte und der Zielflughafen hieß Düsseldorf. Genauer gesagt „Düsseldorf International Airport“. Wie international dieser Airport ist, soll der folgende Bericht beweisen, der im Bären starke Zweifel aufkommen ließ, ob wirklich Köln-Bonn der ungemütlichste Flughafen ist.

Als sich das Flugzeug langsam an das Andockmanöver machte, freute sich der Bär schon, dass er von einer lieben Person in Empfang genommen würde. Um dieses Wiedersehen zu beschleunigen, war der Bär nur mit Handgepäck unterwegs, um möglichst schnell ohne Kontrolle den Flugsteig verlassen zu können. Hinaus aus dem Andockschlauch und dann waren hier bereits die Wegweiser. Ins untere Deck für alle, die Gepäck hatten und die Reisenden ohne solches, gleich mal gerade hinaus in die Halle.

Und dann guckte der Bär erst einmal verdutzt, denn die erhoffte freundschaftliche Umarmung fand nicht statt. Also kurz umgesehen und orientiert und dann das Handy gezückt.

„Wo bist du denn?“
„Ich warte hier, wo dein Flugzeug ankommen soll. Hab extra noch am Schalter gefragt, wo du raus kommst.“
„Ich bin aber schon heraußen.“
„Und wo ist das?“
.....

Na ja, das kann ja vorkommen. Nach mehrminütigen Interventionen kam das erfreuliche Treffen doch noch zustande und meine ortskundige Führerin verfrachtete mich in einen Shuttle-Bus, der gemächlich in Richtung Bahnhof Düsseldorf-Flughafen zuckelte.

Moment! Ankunftszeit +/- 20 Minuten auschecken und dann sollte doch eigentlich eine Bahnverbindung Flughafen Düsseldorf bis Düsseldorf zu bekommen sein. Zumindest zeigte das der Fahrplan der Deutschen Bahn an. Dass hier auch noch ein mehr als mickriger Shuttlebus dazwischen geschaltet ist, erfährt man weder auf den Buchungsseiten der Fluglinie, noch auf dem Online-Fahrplan der Bahn. So ein Mist! Der Zug ist weg, aber es wird ja gleich der nächste kommen. Nein, doch nicht? Die Bahn fährt gar nicht im Intervall? Einmal im 45 und einmal im 15-Minuten-Abstand? Irgendwie komisch, aber was soll\'s, dann wird eben gewartet. Auf jeden Fall wird mir das eine Lehre sein für den Rückflug.

Also mehr als zeitgerecht aufgebrochen und Richtung Flughafen gefahren. Die verfügbare Zeit beläuft sich auf volle vier Stunden, da kann man ja auch sicherlich noch einen ordentlichen Happen zu sich nehmen.

Zuerst also die Bahnfahrt. Alles kein Problem, die Deutsche Bahn ist ausnahmsweise wirklich pünktlich, auf jeden Fall pünktlicher als sie es ist, wenn ich es eilig habe. Gleich am Bahnhof sind mehrere Check-In-Schalter, einer davon ist sogar besetzt. Der junge Mann, der hier das Einchecken abnehmen soll, hat offensichtlich nicht Deutsch als Muttersprache, auch wenn er an einem Lufthansa-Schalter sitzt. Dafür entschädigt sein freundliches Lächeln für die sprachliche Ungemach, die es unmöglich macht, den armen Sonntagsdienstler um Auskunft zu fragen. „Guten Flug“ habe ich verstanden und mit gesenktem Finger deutet er ein Stockwerk tiefer und bleckt die Zähne während er mir den „Saaadlbus, Saaadlbus“ empfiehlt.

Trotzdem das Finalmatch Deutschland gegen Brasilien noch im Gange war, hatten sich am Busterminal schon zahlreiche Fluggäste eingefunden, die sich jetzt in den Bus quetschten, als gelte es elf Brasilianer aus dem deutschen Strafraum zu bugsieren. Aber die kurze Strecke kann man mit Luftanhalten durchaus überstehen. Wenn nur nicht der Busfahrer bei jedem Gartenzaun stehen bleiben würde und noch ein Schwätzchen mit den Bekannten der Sicherheitsdienste und sonstigem Flugpersonal halten müsste. Wie nett er doch mit der hübschen Stewardess parliert, die eigentlich nur über den Parkplatz gehen will, wo sie offensichtlich ihr Auto stehen hat. Und damit der gute Buslenker auch ja nichts vergessen kann, hört sich die gesamte Passagiermeute ebenfalls den Dienstplan des Himmelservierkörpers an. Ein zaghaftes „Ich habe es eilig!“ einer älteren Dame quittiert der Lenkradriese mit „Die fliegen schon nicht ohne Dich, Oma!“ Und er sputet sich dann auch wirklich, kämpft sich wacker um die Kurven und liefert am Abflugterminal A eine gekonnte Punktbremsung hin, nach der in den Bus garantiert noch die doppelte Anzahl Menschen Platz gehabt hätte.

Reisen macht bekanntlich hungrig und durstig und da ich ja noch massenhaft Zeit habe, wandere ich erst einmal durch die große Halle aus Stahl, Glas und Beton, in der außer an gekennzeichneten Stellen Rauchverbot herrscht. Das ist einsichtig, allerdings sollte hier vielleicht auch ein Alkoholverbot herrschen, denn die wankende Schar deutscher Urlauber, deren Konsum an promillehaltigen Stimulantien mindestens genauso überdrüber war wie ihre Gesangskunst, gab ein feines Bild Ballermannscher Vorfreude zum Besten. Die Ordnungshüter drückten natürlich ein Auge zu, denn sie wurden aus irgendeinem Grund nicht zum Herausrücken weiterer Sixpacks gedrängt.

Die große Leuchtschrift Shopping Arkaden mit dem Zusatz Shops & Restaurants war dann auch für mich ein Ziel. Vom deutschen Mannschaftstrikot, das an diesem Tag offensichtlich nicht mehr zu einem positiven Verkaufserlös führen konnte über Klamotten, Zeitungen, Tabakwaren, Frisör usw. gab es alles, was an einem Bahnhof oder Flughafen üblicherweise das Shoppingbild prägt. Auch diverse Kaffeehäuser prägten das Bild relativer Gemütlichkeit, die sich allerdings umkehrte, als ich das dritte Lokal verlassen musste, weil das Bedienungspersonal lieber das traurige Fußballergebnis diskutierte, als den hungrigen und durstigen Gast zu verwöhnen. Ein freundlicher Tipp lenkte dann meine Schritte in das zweite Obergeschoss, wo sich tatsächlich eine Gaststätte fand, die etwas anders war und irgendwie gemütlich wirkte. Zwar bot sie nur Selbstbedienung, aber meinem knurrenden Magen und meinem ausgedörrten Gaumen war das jetzt egal.

Ich studierte die Speiseangebote, die sowohl mit Kreidestrichen, als auch an kleinen Papiertäfelchen den lukullischen Genuss suggerierten und wandte mich dann an den einzigen Anwesenden in einer Serviceuniform, um ihn auf meinen Wunsch nach einem Spießbraten mit Kraut und Knödel aufmerksam zu machen, der wohlfeil angepriesen wurde.

„Nix mehr! Nur Nudel mit Sauce und Burger!“
„Aber es ist doch erst 17 Uhr! Da sollte es doch noch etwas zu Essen geben?“
„Koch Pause. Du kommen 18 Uhr.“

Das war wohl nicht das richtige für mich. Vis-a-vis ein Flugshop mit einer netten älteren Dame hinter der Kasse.

„Pardon, wissen Sie vielleicht, wo man sich hier gemütlich hinsetzten kann und etwas Ordentliches essen kann?
„Wo fliegen Sie denn ab?“
„Gate A“
„Dann checken Sie dort ein, dort gibt es ein Restaurant.“

Sei freundlich bedankt, Lady. Also das Köfferchen geschnappt und die zwei Stock wieder hinunter zum Einchecken.

Auch hier ein netter Mitarbeiter der schweigend mein Boardingbillet studiert und mir dann wortlos den Weg zu den Damen und Herren weist, die der Sicherheit dienen und alles durchleuchten. Es stehen höchstens dreißig Leute mit Gepäck in der Schlange an dem einen offenen Schalter. Und hinter mir wird die Schlange auch immer länger, aber alles wartet geduldig, auch die Damen und Herren vom Dienst, die bei den zahlreichen Nebenschaltern stehen und Löcher in die Luft starren, damit niemand merkt, dass das Betreiben eines zweiten Schalters Arbeit bedeuten würde.

Ich bin schon fast dran. Nur mehr zwei Leute sind vor mir, als ich weit hinten eine Stimme höre. „Könnte mich vielleicht jemand vorlassen? Mein Flug geht in zehn Minuten.“ Die Antworten reichen von „Da könnte wohl jeder kommen“ bis zu „Erst Fußball gucken und dann hetzen müssen“ usw. aber niemand machte Anstalten auch nur einen Millimeter zu rücken, also drehte ich mich um und sagte dem Herrn: „Ich habe Zeit, nehmen Sie meinen Platz“ und stellte mich wieder hinten an. Die zaghaften Andeutungen über meinen Geisteszustand überhörte ich und es dauerte nicht einmal eine halbe Stunde und dann wurde auch ich durchleuchtet und war durch die Schranke durch. Jetzt aber nichts, wie ins Restaurant.

Hübsch, wirklich hübsch! Orange Plastiksitze vor metallenen, runden Tischen auf denen das Speiseangebot in so kleinen Ständern bereits auf Kundschaft wartete. Oh, die haben ja ganze zwei warme Speisen im Angebot!! Panini mit gebratenen Putenstreifen und Salat oder Wiener Würstchen.

„Ich hätte gerne die Panini!“
„Heute nix Panini“, seufzte der Rastaman hinter der Theke
„Dann eben die Würstchen.“
„Nix Würstchen. Kühltruhe kaputt, Würstchen kaputt. Du essen Käsebrot oder Nudelsalat.“

„Sonst nichts?“
„Salat und Brot gut!“
„Nein danke, mir ist der Appetit vergangen. Bringen Sie mir ein großes Bier.“
„Nix große Bier. Nur Pils. Oder Whisky oder Kaffee.“
„Gibt es hier noch ein Restaurant?“
„Nix andere Restaurant. Nur hier.“

Vier Stunden Düsseldorf Flughafen. Die deutsche Servicewüste hat einen Namen. Und ich dachte immer Köln-Bonn wäre das Nonplusultra des vergessenen Gastes. Nächstes Mal wird alles anders ....

PS.: Wie vielleicht einige Leser bemerkt haben, entstand dieser Bericht während der Schlußoffensive der Fußball-WM im Vorjahr

(c) Wolfgang Weninger

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