Der Mann aus Sankt Petersburg (Taschenbuch) / Ken Follett Testbericht

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ab 5,13
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Erfahrungsbericht von galeria

Wie bastel ich eine Bombe

Pro:

Spannung pur

Kontra:

nix

Empfehlung:

Ja

Tolle Überschrift, was?

Ich hab mir wieder mal einen Follett gegriffen, Abwechslung muss sein, ich kann nicht immer nur was aus dem Mittelalter lesen. Auch wenn mich dieser Zeitraum, in dem "Der Mann aus Sankt Petersburg" spielt, geschichtlich gesehen absolut nicht juckt, so interessierte es mich trotzdem, was Follett drüber schreibt. Ich sah irgendwann mal "Die Nadel" im TV und überwand meine Abneigung gegenüber diesem Zeitraum.

Ich mag nämlich den Anfang des 20. Jahrhunderts ganz und gar nicht in Büchern lesen, eigentlich das gesamte 20. Jahrhundert mag ich nicht in Büchern lesen, wahrscheinlich noch ein Trauma aus der DDR-Zeit, als man gezwungen war, sich die laaangweilige Geschichte des 1. und 2. Weltkriegs rein zu hämmern. Man übertrieb es wohl damals - ich denk nur an meine Schulzeit, die monatliche Mitgliederversammlung und die elenden Politdiskussionen. Und man musste das Neue Deutschland lesen - igitt! Was für ein Graus! Und dann halte ich plötzlich ein Buch in der Hand, wo es nicht nur um den 1. Weltkrieg sondern auch noch um Russland ging *stöhn*. Schlimmer kann es ja nicht kommen mit mir, dachte ich. Ach was soll`s...

Tja, 3 Tage und ich hatte es durch. 3 Tage und ich war enttäuscht, enttäuscht, weil es so kurz war, nicht so ein dicker Wälzer wie ich es sonst gewohnt bin. Ich bin aber absolut nicht enttäuscht vom Inhalt dieses Politthriller. Wenn Follett dieses Buch dicker geschrieben hätte, wer weiß, ob sich dann nicht die Spannung verlaufen hätte. So war sie komprimiert auf 415 Seiten und es hat sich wahrlich gelohnt.

Kurz zum Inhalt: Wir schreiben das Jahr 1914 - oh Gott, ich bin wieder im Mittelalter! - ok, es beginnt im Jahre 1914 - richtig so? - und überall brodelt es in Europa. Irgendwie kriegen sich alle großen Mächte immer auch irgendwie in die Haare, man kennt das ja auch im Kleinformat (muss grad an meine Schwiegermutter denken). Und Großbritannien und Russland wollen über eine Militärallianz gegen Deutschland verhandeln. Die Deutschen wollen nämlich mit Frankreich rumstänkern und damit die Deutschen dann nicht so mächtig werden, müssen sie ein paar auf den Latz kriegen. Das wollen also die Briten mit den Russen zusammen erledigen. Allerdings wollen die Russen wiederum nur mitmischen, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllt bekommen. Eine Hand wäscht die andere. Immer das gleiche Spiel. Gibst du mir, geb ich dir.

Die Verhandlungen sollen nun in Großbritannien ablaufen. Dazu reist der Neffe des Zaren, Fürst Orlow, zu seiner Westverwandtschaft (gabs damals auch schon) nach London. Sein britischer Onkel, der Earl of Walden, soll im Auftrag von einem gewissen Churchill (das war der Dicke mit der Zigarre) die Verhandlungen mit seinem Neffen führen. Kein Problem, Orlow ist für Walden wie ein Sohn, den er nie hatte.

Nun ist da aber noch ein gewisser Felix, ein Anarchist der schlimmsten Sorte (muss man natürlich von beiden Seiten betrachten), der will nun besagten Orlow töten. Und nun kommen wir zur Überschrift meines Berichtes: wir erfahren von ihm, wie man eine Bombe baut (und wieder denke ich an meine Schwiegermutter). Felix ist knallhart, hat keinerlei Angst vorm Tod und sein Denken ist ganz allein darauf gerichtet, den Fürsten Orlow auszuschalten. Das Attentat wird sorgsam vorbereitet, aber es kommt ja immer anders als man denkt. Felix trifft seine alte Liebe wieder - die russiche Frau des Earl of Walden...

Follett ist wirklich brillant! Von der ersten bis zur letzten Seite wird man gefoltert. Dabei ist das Buch gar nicht so actionlastig, bis auf einige Szenen. Man nennt sowas wohl Suspense und dieser Begriff ist erst seit den Hitchcock-Filmen oft verwendet worden. Leises Erzählen, Stimmung aufbauen, Spannung erzeugen, langsam auf den Höhepunkt zu schweben und dann plötzlich..., so in etwa kann ich das nur beschreiben. Man (er)lebt die meiste Zeit mit diesem Felix zusammen, der sich akribisch auf sein Attentat vorbereitet, seine Eiseskälte dabei, seine absolute Ruhe...bis zu dem Moment, wo er etwas Einschneidendes für sein Leben erfährt, etwas so Wichtiges und sonderbar Neues, etwas, mit dem er nie zuvor gerechnet hätte. Ein Etwas, was seine eiskalte Ruhe aus dem Takt bringt.

Follett erzählt schlicht, einfach, schnörkellos und trotzdem hält er einen in Atem, oder gerade weil? Fest steht eins, wenn ich ein Buch so spannend finde, dass ich nach einer Stunde Radfahren auf dem Trainer im Studio das Buch noch nicht weglegen möchte, obwohl mir der Hintern schmerzt, die Füße einschlafen und meine Raucherlunge pfeift, das will was heißen. Ich hab doch tatsächlich meinen Rekord gebrochen nur wegen diesem Buch.

Dieses war der 4. Follett,
dem gleich der 5. folgen sollet.

Vielen Dank fürs Lesen,

Eure Galeria.

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