Frankfurter Rundschau Testbericht

Für wen einzig und allein der Preis ein Kriterium zur Bewertung der Qualität einer überregionalen deutschen Tageszeitung ist, der wird die „Frankfurter Rundschau“ wohl als Leichtgewicht disqualifizieren. Mit einem Preis (an Wochentagen) von gerade einmal 1,30 Euro unterbietet sie die sowohl die stadtinterne Konkurrenz (FAZ für 1,50 Euro) als auch die Mitbewerber aus Düsseldorf (Handelsblatt für 1,80 Euro) bzw. München (SZ für 1,60 Euro von Montag bis Donnerstag) um mindestens 14 Prozent. Ich finde, damit würde man die Zeitung zu Unrecht abwerten, denn erst bei näherer Betrachtung entpuppt sich das vermeintliche „Mauerblümchen“ als seriöses Gegenangebot zu den „Großen Drei“. Aber der Reihe nach.

Aufbau der Zeitung
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Nach wirtschaftlichen Turbulenzen in den vergangen Jahren, bei denen die Zeitung mehrfach am Rand der Pleite gestanden haben soll, sorgt die Beteiligung eines SPD-nahen Medienunternehmens am Kapital der „FR“ für relative Sicherheit. Um es vorweg zu nehmen: Ich kann nirgends einen Hinweis auf eine eingeschränkte Objektivität in der Berichterstattung, d.h. einen Journalismus PRO SPD erkennen. Die Zeitung selbst beschreibt sich im Titel als „Unabhängige Tageszeitung“. Das „Corporate Design“ ist schlicht – ein grüner Streifen über der schwarz gedruckten Bezeichnung „Frankfurter Rundschau“. Damit bewegt sich die Tageszeitung in Frankfurt unbeabsichtigt auf der Höhe der Zeit, wenn man sich die Sitzverteilung im neuen Stadtrat anschaut.

Die Zeitung besteht aus vier großen Themenbereichen, die jeweils eigenständig „trennbar“ sind. Im Einzelnen sind dies: „Politik“, „Wirtschaft“, „Feuilleton“ und „FR PLUS“.

„Titelseite“:
Ein klar strukturierter Aufbau mit zentralem Aufmacherthema (ca. eine Viertel Seite) in der Mitte, das sowohl von links („Überblick“) als von oben durch die Vorschau auf drei weitere Schwerpunkte aus den unterschiedlichen Themenbereichen flankiert wird. Unter dem Top-Thema wird über weitere – vorzugsweise politische – aktuelle Ereignisse mit prägnanten, aber kompakten Sätzen informiert. Für den schnellen Überblick reichen sie aus, zur Befriedigung eine möglichen größeren Informationsbedürfnisse werden die Artikel im Innenteil fortgesetzt. Rechts unten in „Die Ecke“ findet sich Platz für eine „besondere Meldung“ aus aller Welt.

„Politik“:
Beginnend aus Seite Zwei wird das „Thema des Tages“ ausführlich dokumentiert. Rubriken wie „Hintergrund“ und „Analyse“ sowie diverse „Stichworte“ beschreiben objektiv das Geschehen. Der Leser fühlt sich am Ende ausreichend informiert, um sich ein Bild über die Lage machen und an Gesprächen teilnehmen zu können. Eine Spalte am rechten Seitenrand zitiert Pressestimmen aus dem In- und Ausland zu den aktuellen Problemen. Im Anschluss daran verweist ein kurzer, knapper Text auf die Interangebote „FR Weblog“, „FR Forum“ und „E-Paper“. Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme mit der Redaktion werden ebenfalls nicht verschwiegen.
Die dritte Seite – „Seite Drei“ – bietet Redakteuren Raum für ihre subjektiven Einschätzungen der Gemengelage mit Kommentaren.
Die nachfolgenden zwei bis vier Seiten beschäftigen sich mit Innen- und Außenpolitik, in wechselnden Anteilen, abhängig von der aktuellen Situation.
Die vorletzte Seite ist für eine „Dokumentation“ sowie die „Leserbriefe“ reserviert. Hier kommen Gastautoren zu Wort, die eine sehr persönliche und somit oftmals kontroverse Sichtweise offenbaren.
Die letzte Seite mit dem bezeichnenden Namen „Rundschau“ wirft einen Blick in die Welt.

„Wirtschaft“
Ähnlich wie die politische Berichterstattung orientieren sich die Artikel zum ökonomischen Weltgeschehen an schlichter Darstellung, die nichts beschönigt, aber auch keine unnötigen Dramatisierungen vornimmt. Auf der (Wirtschafts-) Titelseite wird das Top-Thema (ca. 30%) um einen Kommentar ergänzt, Nachrichten zu Weltwirtschaft und wirtschaftspolitischen Sachverhalten ermöglichen einen weitgreifenden Überblick des Geschehens.
Die nächsten Seiten sind für Nachrichten zu deutschen Unternehmen reserviert. Kurzmeldungen werden im „Firmen-Telegramm“ erwähnt.
Im Anschluss daran fasst eine Seite die wichtigsten Börsendaten aus DAX, M-DAX, TecDAX und Euro STOXX-50 zusammen. Informationen zu den aktuellen Anleiherenditen runden das Angebot ab. Im IT-Zeitalter reicht diese Darstellung meiner Ansicht völlig aus, da Broker und Kleinanleger sich ihre Informationen ohnehin realtime im Internet beschaffen.
Auf diese „Zahlenseite“ folgt die „Wirtschaft Rheinmain und Hessen“, die gut zwei Drittel der Seite belegt. Das untere Drittel wird mit Kursdaten von Investmentfonds gefüllt.
Die Abschlussseite widmet sich einer bunten Mischung von Nachrichten „Aus aller Welt“. Nicht zu vergessen ist das tägliche „Sudoku“ für alle Freund des Gehirn-Joggings.

„Feuilleton“
Auf insgesamt zwei Seiten werden die gegenwärtigen überregionalen kulturellen Aktualitäten unter die Lupe genommen. Daran schließt sich eine regionale Seite an.
Das aktuelle Fernsehprogramm wird auf der folgenden Doppelseite „Medien“ und „Fernsehen am …“ dargestellt und teilweise auf der Seite der Kritik unterworfen. Dabei werden ausgewählte Sendungen näher beschrieben. Weiterhin finden sich Berichte zu diversen Medien-Problemstellungen.
Auf den weiteren Seiten folgen Lokalnachrichten aus „Frankfurt und Hessen“ sowie „Sport“.

„FR PLUS“
Mit dieser täglichen Beilage verschaffte sich die Zeitung ein Alleinstellungsmerkmal. Feste, täglich wechselnde Schwerpunkte widmen sich der jeweiligen Thematik eingehend. Die Rubriken sind:
Montag: SPORT
Dienstag: WISSEN & BILDUNG
Mittwoch: POLITIK
Donnerstag: KULTUR
Freitag: WIRTSCHAFT
Samstag: REISEN

Die Wochenendausgabe wird ergänzt durch einen großen Anzeigenteil aus den Bereichen „Immobilien“, „KFZ“ und „Karriere“.

Meine subjektive Bewertung
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Nach meiner Ansicht lässt sich keine politische Tendenz der Zeitung feststellen. Sie berichtet frei von jeglicher Ideologie über die Herausforderungen einer globalisierten Weltgemeinschaft. Hierbei räumt sie den großen Themen dieser Zeit, „Nachhaltigkeit“, „Umweltschutz“ und „Unternehmerische Verantwortung“ einen – wie ich finde: berechtigt – großen Stellenwert ein. Eine Rubrik „Nachhaltig Wirtschaften“ wird als lose Serie in unbestimmten Abständen angeboten, indem an konkreten Beispielen die Aktivitäten von Unternehmen und gesellschaftlichen Institutionen präsentiert werden.

Die „Frankfurter Rundschau“ lässt sich zügig lesen und vermittelt dabei dem Betrachter dennoch einen sehr guten Überblick über das Weltgeschehen. Die prägnant, kompakten Artikel verlieren sich nicht in Details, beschränken sich aber auch nicht auf ein Kratzen an der Oberfläche. Die Leserin/ Der Leser erhält sich Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob sie/ er sich weitere Informationen zum jeweiligen Thema verschaffen möchte, welche die Zeitung nicht zu liefern imstande ist. Der Verzicht auf einen dem Handelblatt vergleichbaren Kursteil sowie ein vom Umfang deutlich kleineres Feuilleton wirken keinesfalls kurzatmig oder desinteressiert, vielmehr steht die Konzentration auf das Wesentliche – eine schnelle, breiten Information des Lesers – im Mittelpunkt.

Der durchgehend farbige Druck lockert die Zeitung im Vergleich zur FAZ auf, der Verzicht auf übermäßige Anzeigen (vielleicht aufgrund zu geringer Nachfrage?) erhöht das Lesevergnügen.