Letale Dosis (Taschenbuch) / Andreas Franz Testbericht

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ab 6,46
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Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  durchschnittlich
  • Unterhaltungswert:  durchschnittlich
  • Spannung:  gering
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  ausschmückend

Erfahrungsbericht von catmother

Giftmord in einer Kirchensekte

Pro:

solide geschrieben, spannender Plot, informativ

Kontra:

etwas zu ausschmückend und detailreich für meinen Geschmack

Empfehlung:

Ja

Im Zuge der Überarbeitung alter, nicht mehr zeitgemäßer Berichte will ich auch mal diesen hier etwas aufpeppen. Immerhin war das mein dritter Bericht auf dieser Plattform, jedoch nicht der erste Krimi, den ich hier verewigt sehen wollte.
Nun hab ich ihn nochmal gelesen, damit ich den Inhalt wieder zusammenkriege.


** Die Geschichte **
In einem Ort Nahe Frankfurt geschieht ein Unglück: ein angesehener, allseits geachteter, sozial engagierter und erfolgreicher Familienvater stirbt inmitten seiner Familie, nachdem er sich gerade seine tägliche Dosis Insulin verabreichte. Herzinfarkt? Die hinzugerufene Ärztin Laura Fink bescheinigt ihm bis auf seine Diabetes beste Gesundheit.
Sie tippt eher auf einen unnatürlichen Tod, weil der Mann allem Anschein nach an inneren Blutungen starb und sich um die Einstichstelle eine Nekrose gebildet hat. Es könnte ein Schlangengift gewesen sein. War das ein Versehen? Doch wie soll das Gilft in die Flasche mit dem Insulin gekommen sein?
Vor allem, wer wußte, daß sein Pen seit kurzem defekt und Rosenzweig damit gezwungen war, wieder die Spritze zu benutzen?

Kommissarin Julia Durant übernimmt, wie in den vorangegangenen Romanen von Franz auch, die Suche nach dem Täter und hört sich zunächst im engeren Umfeld des Toten um.
Rosenzweig war Mitglied einer Sekte, der \"Kirche des Elohim\", in dem offensichtlich nur integere, wunderbare Menschen vereinigt sind. Das zumindest ist der Tenor der \"Brüder und Schwestern\" innerhalb der Kirchengruppe, zu denen Banker, Ärzte und Therapeuten gehören. Alle loben den Toten über den grünen Klee.

Als die Polizei jedoch in seiner Firma ermittelt, ergibt sich ein teilweise gegenteiliges Bild. Rosenzweig war nicht beliebt, herrschsüchtig, machtbesessen, kompromißlos, wenn auch ein guter Geschäftsmann. Und er hatte mindstens zwei außereheliche Verhältnisse, was jedoch nach den strengen Grundsätzen der Elohim zum Ausschluß hätte führen können.

Bei der Untersuchung des Todes und der Todesursache stellt sich schnell heraus, daß es sich tatsächlich um Schlangengift handelte. Schlimmer noch: dieses Gift stellt sich bei als absolut exotisch, eine Mischung aus zwei verschiedenen Giften und in Deutschland überhaupt nicht erhältlich heraus. Es stammt von zwei Schlangen, die in unseren Breiten nämlich gar nicht vorkommen und aus den Herkunftsländern Australien nicht ausgeführt werden dürfen.
Der Täter muß also ein Experte gewesen sein.

Doch es gibt weiterhin kaum einen Anhaltspunkt, wer diesen \"außergewöhnlichen\" Menschen ermorden sollte.

Dann geschieht ein zweiter Mord. Ausgerechnet Rosenzweigs Bruder im Herrn und Banker Schönau wird auf ähnliche Weise umgebracht. Der Fischliebhaber bekam zu seinem 50sten Geburtstag zwei wunderschöne Exemplare für sein
Aquarium - leider hochgiftige Kegelschnecken.
Auch hier stellt sich heraus, daß sich hinter der hochanständigen Fassade und der strengen Moral ein fieser, amoralischer Kerl versteckte, der gelegentlich über Leichen ging.
Es verdichten sich die Anzeichen, die die angebliche Grundanständigkeit dieser Männer in Frage stellen und eheliche Untreue, Machtmißbrauch, dunkle Geldgeschäften und vielleicht auch Kindesmißbrauch andeuten.


** Buchkritik **
Obwohl ich sonst eher auf Krimis von amerikanischen oder in letzter Zeit skandinavischer Autoren stehe, habe ich mit diesem hier doch ganz richtig gelegen.
Der Plot ist von Anfang bis Ende spannend, bewegend und undurchsichtig. Und dabei noch eine Herausforderung selbst für den geübten Krimifan.

Irgendwie weiß man als geschulter Krimi-Leser, daß der Fall sicherlich mit jener Kindesmißhandlung im Prolog zu tun hat. Aber wie hängen die Fälle miteinander zusammen? Wer von den Personen, die in der Handlung auftauchen, ist verdächtig. Es werden falsche Fährten gelegt, Informationen zielgerichtet herausgepickt und man tappt eigentlich die ganze Zeit doch im Dunkeln.

Als dann noch zwei andere Mitglieder dieser Kirche auf die gleiche subtile Weise getötet werden, wackelt das Gebäude aus Vermutungen und Spekulationen, und man kann nur bis zum Ende lesen und auf die pointierte Auflösung warten.

Nebenbei ist der Roman natürlich auch ein kleiner Ausflug in die Welt der Schlangen. Wir erfahren was über Gifte, deren Zusammensetzung und deren Wirkung und ein wenig Pathologie ist auch dabei.

Allerdings habe ich nun, nach dem zweiten Mal, auch einige Kritikpunkte anzubringen.
Scheinbar war die Firma Gauloise der Sponsor dieses Buches. So wie es mich bei Mankell genervt hat, daß jeder dritte Abschnitt ausführlich über das Pinkel-Verhalten von Wallander berichtet, ist es hier wirklich auffallend, daß sich Frau Durant nach jedem Abschnitt eine (filterlose) Zigarette anzündet. Die Erwähnung des Namens Gauloise habe ich nicht gezählt, aber es reicht, um einige Tausender an Sponsorengeldern zu bekommen. Und was will uns der Dichter damit sagen? Daß die Kommissarin nur ein Mensch ist mit Lastern? Dazu hätte es wohl der Erwähnung nur dreimal genügt, daß der Leser weiß, daß sie Raucherin ist.

Für manche isnpirierend, für mich eher ermüdend wirkte auch die akribische Beschreibung mancher Abläufe. Da wird dezidiert aufgeführt, wie sich Frau Durant morgens zur Arbeit zurecht macht, daß sie frische! Unterwäsche anzieht - Himmel! Glaubt tatsächlich jemand, es interessiert den Leser, ob die Unterwäsche frisch oder getragen ist? Diese allzu dimensionierten Ausschmückungen führten dazu, daß ich dann diesmal doch einige Seiten ausließ beim Lesen.

Ach ja, lustig fand ich noch die geringe Phantasie von Andreas Franz bei der Namensfindung der beiden Assistenten von Frau Durant: Hellmer und Kullmer. Kling wie Pat und Patachon. Auch hier kann ich nur fragen: Was will uns der Dichter damit sagen?


** Meine Meinung **
An meiner grundlegenden Meinung hat sich nicht viel geändert. Der Roman ist solide geschrieben, hat einen undurchsichtigen Plot, der für Spannung bis zum Ende sorgt und ist zudem noch informativ.
Die kleinen erwähnten Schwächen fallen letztendlich nur bei den Lesern ins Gewicht, die nicht auf ausführliche Beschreibungen von Rasieren oder Anziehen stehen.
Gut geschrieben und durchaus zu empfehlen.


** Der Autor **
\"Andreas Franz wurde 1954 in Quedlinburg geboren. Er ist Übersetzer für Englisch und Französisch und war jahrelang als Schlagzeuger tätig. Seine große Passion ist aber das Schreiben. Seine Maxime: \"Die Leser fesseln und trotzdem (vielleicht) zum Nachdenken anregen, aber nie den Zeigefinger erheben.\" Andreas Franz ist verheiratet und hat fünf Kinder. \" (Verlag Knaur)


** Daten **
Knaur-Verlag
Taschenbuch
erschienen 2000
517 Seiten
Preis: € 7,50
ISBN 3-426-61713-7

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