Sofies Welt (gebundene Ausgabe) / Jostein Gaarder Testbericht

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Erfahrungsbericht von TurkishPsycho

Ich wusste ja, dass ich nichts weiss, aber dass ich soo wenig weiss... Tststs!

Pro:

Ein Roman, der niemals wie ein Lehrbuch erscheint, aber mit das lehhreichste ist, was ich zu lesen bekam.

Kontra:

-----------------------------

Empfehlung:

Ja

Verehrter Leser,

Ich moechte euch einen Roman vorstellen, der einfach jeden fuer Philosophie begeistern wird, der es nicht ohnehin schon ist. Aber seht selbst:

Der Roman:

Der 1952 in Oslo geborene Autor Jostein Gaarder arbeitet nach seinem Studium der Nordistik, Ideengeschichte und Religionsgeschichte bis 1986 als Lehrer und hält Vorlesungen an den Universitäten von Oslo und Bergen. Seit 1986 widmet er sich ausschließlich dem Schreiben von Romanen und Erzählungen für Erwachsene und Jugendliche.
Sein 1991 erschienener Roman „Sofies Welt“ ist 1994 mit dem Jugendliteraturpreis ausgezeichnet worden.

Der Roman handelt von zwei Mädchen, Sofie Amundsen und Hilde Moller Knag, die in zwei verschiedenen Welten leben und beide auf geheimnisvolle Art in die Welt der Philosophie eingeführt werden.

Sofie Amundsen wohnt zusammen mit ihrer Mutter in dem kleinen Ort Lillesand in Norwegen. Ihr Leben scheint das ganz normale Leben eines jungen Mädchens in der Pubertät zu sein – mit all seinen Problemen und Abenteuern. Ihr Vater ist ein Schiffs-Kapitän und daher nur selten zu Hause. So wird sie im Grunde von ihrer Mutter allein erzogen.
Eines Tages jedoch, einige Wochen vor ihrem 15. Geburtstag findet Sofie eine geheimnisvolle Botschaft in ihrem Briefkasten, ein Zettel, an sie adressiert, jedoch ohne Absender und sogar ohne Briefmarke. Auf dem Zettel steht: Wer bist du? Im Folge des Tages entdeckt sie eine weitere Botschaft: Woher kommt die Welt? Und schließlich entdeckt sie eine Postkarte, die an eine gewisse Hilde Moller Knag geschrieben ist, aber an Sofie adressiert.
Das Chaos ist perfekt, ihr bisher so normales Leben scheint mit einem Mal auf den Kopf gestellt zu sein. Sie kann sich erst keinen Reim auf diese ganzen Botschaften machen und zerbricht sich den Kopf über die zwei geheimnisvollen Fragen.
Am nächsten Tag entdeckt sie in ihrem Briefkasten einen Umschlag mit der Aufschrift: Philosophiekurs. Muss mit großer Vorsicht behandelt werden.
Auf diese Weise beginnt Sofies abenteuerliche Reise durch die gesamte Geschichte der Philosophie. Sie erhält fortan regelmäßig diese Umschläge, mit den geheimnisvollen Fragen und wie als Antwort darauf, einen kompletten Philosophiekurs, der sie nach und nach einführt in die Welt der griechischen Anfänge der Philosophie bis hinein in die Gegenwart. Sie lernt schließlich auch den bisher anonymen Verfasser der Briefe kennen, es ist ein gewisser Alberto Knox, der scheinbar ein unerschöpfliches Wissen in sich beherbergt.
Ihre Mutter und ihre beste Freundin Jorunn hat sie inzwischen auch eingeweiht, sie trifft sich nun auch persönlich mit ihrem Philosophielehrer und die Mutter erhebt Anspruch darauf, ihn endlich kennen zu lernen.


Doch sie erhält auch weiterhin Postkarten, die an Hilde Moller Knag adressiert sind. Ihre Welt wird immer chaotischer, da sie plötzlich von Alberto Hilde genannt wird, da von Hunden angesprochen wird, da sie von Märchenfiguren im Wald überrascht wird, die mit ihr reden und irgendwie scheint alles immer wieder zu Hilde zu führen, doch wer ist diese Hilde?

Irgendwie scheint die ganze Geschichte um Hilde eng mit Sofies 15.Geburtstag zusammenzuhängen. Denn beide, Hilde und Sofie haben am 15.Juni Geburtstag. Also plant Sofie für die Johannisnacht, eine Woche nach ihrem Geburtstag, eine große philosophische Gartenparty, zu der sie auch ihren Philosophielehrer als Ehrengast einlädt.
Nach und nach erkennt Alberto aber, was es mit den Postkarten auf sich hat. Sie stammen alle von einem Major namens Albert Knag, dem Vater von Hilde, der als UN-Soldat im Libanon stationiert ist.
An dem Tag vor Sofies Geburtstag endlich erläutert er ihr das Geheimnis. Sofie lebt nicht wirklich. Sie ist die Protagonistin in einem Buch des Majors, das er als Geburtstagsgeschenk für seine Tochter schreibt. Daher die ganzen Postkarten, mit denen er Hilde über das Buch hinweg als Überraschung ständig zu ihrem Geburtstag gratuliert.
Sofie kann das alles nicht fassen und rennt total deprimiert nach Hause. Als sie an ihrem Geburtstag erwacht ist ihr bewusst, dass ihre Welt um sie herum keine Realität ist, sondern das alles fiktiv in dem Kopf des Majors geschieht.
Alberto arbeitet jedoch an einem Plan, der Sofie und ihn selbst aus dem Bewusstsein des Majors hinaus in die Realität katapultieren kann. Alles soll am Tag des Gartenfestes gipfeln.

Zwischenzeitlich erhält in Bjerkely Hilde Moller Knag am Morgen ihres Geburtstages ein Paket. Es ist ein Buch mit dem Titel „Sofies Welt“. Es ist ein buch über ein Mädchen namens Sofie Amundsen, das auf geheimnisvolle Weist in die Welt der Philosophie eingeführt wird. Hilde ist begeistert. Es gibt durchaus Parallelen zwischen ihrer und Sofies Welt. Auch ihr Vater ist über lange Zeiträume hinweg auf seinen UN-Missionen unterwegs, auch sie wird praktisch von ihrer Mutter allein erzogen.
Ihre Faszination bewegt sie dazu, tag und nacht an dem Buch zu lesen. Je weiter sie in die Welt Sofies eingeschleust wird, desto größer wird ihre Solidarität zu Sofie. Sie ist aufgebracht über ihren Vater, der sein Spielchen mit Alberto und Sofie treibt, indem ihr Leben auf den Kopf stellt. Sie beschließt, sich an ihrem Vater zu rächen. Sie plant seine Rückkehr aus dem Libanon, die in der Johannisnacht stattfinden wird: überall am Flughafen von Kopenhagen sind schließlich geheimnisvolle Botschaften an einen gewissen Major untergebracht. Er wird an die Information gebeten, wo er eine Botschaft erhält, an den Schaufenstern kleben Zettelchen an ihn. Er merkt, dass er zum ersten Mal nicht selbst alles kontrolliert, sondern das jemand anderes ihn zur Spielfigur gemacht hat. Der Plan seiner Tochter hat funktioniert. Ein wenig erschreckt, aber doch mit einem ahnungsvollen Grinsen kommt er endlich an und die Familie feiert die Ankunft in großem Stil, mit einem Dinner, Kerzenschein und so fort.
Doch auch Sofies Party steigt schließlich am Abend der Johannisnacht. Ihre Gäste treffen nach und nach ein und tatsächlich erhält sie sogar einige philosophische Geschenke. Auch Alberto kommt schließlich an und endlich kann Sofie ihrer so besorgten Mutter ihren Philosophielehrer vorstellen. Auch Jorunns Eltern, zwei ziemliche Spießbürger erscheinen.
Das Fest in einem schieren Chaos, der Major treibt sein Spiel zum Höhepunkt: Jorunn verliert in einem Gebüsch ihre Unschuld an einen geladenen Jungen, der teure Wagen von Jorunns Eltern wird von anderen Jungen zu Schrott gefahren, Alberto diskutiert Jorunns Eltern in Raserei, die anderen Gäste fallen über die Nahrungsmittel her und eine einzige Kuchenschlacht beginnt.
Alberto nutzt diesen Augenblick um mit Sofie aus der Welt des Majors zu entfliehen, der mit all den anderen Dingen abgelenkt scheint. Das Buch an Hilde endet und Sofie und ihr Lehrer haben es geschafft der Welt des Majors zu entfliehen. Sie landen in der Wirklichkeit und machen sich auf ihren Weg nach Bjerkely, damit Sofie und Hilde endlich zusammentreffen.
Doch Sofie muss feststellen, dass sie nun in einer Art Zwischenwelt gelandet sind. Sie sind weder Mitglied der Realität, noch sind sie irgendeine Figur im Kopf des Majors. Sie werden von den anderen Menschen in der Wirklichkeit Hildes nicht wahrgenommen und sie selbst können Dinge dieser Wirklichkeit nicht benutzen. Alberto findet jedoch ein Auto, das dieser Zwischenwelt angehört und so fahren sie los. Auf ihrem Weg möchten sie schließlich eine kleine Verstärkung zu sich nehmen, stellen aber fest, dass dies ihnen nicht möglich ist. Schließlich treffen sie jedoch auf andere „Zwischenweltler“ wie z.B. Rumpelstilzchen, Hänsel & Gretel etc.

Endlich landen die beiden in Bjerkely und nun versucht Sofie, sich Hilde irgendwie bemerkbar zu machen. Aber es scheint nicht zu klappen. Während der Major Hilde auf der Hollywoodschaukel das letzte Kapitel des Philosophiekurses erzählt, ihr den Weltraum erklärt, scheint es jedoch einen kleinen Augenblick zu geben, an dem Hilde und Sofie einander wahrnehmen. Doch der Major tut dies als Lufthauch ab. Hilde jedoch ist im Zweifel, sie glaubt ganz fest daran, dass Sofie ganz ihrer Nähe ist.


Fazit:

Dieses Buch hat mir wie kein anderes Buch, das ich bisher gelesen habe, am Ende, als ich die letzte Seite zugeschlagen habe, ein mulmiges Gefühl eingeflößt. Man kann dieses Gefühl schwer ausdrücken, das einen manchmal Dinge, seien es Bilder, Filme oder eben auch Bücher, fühlen lassen. Man denkt, dass dieses Ding einen irgendwie ganz schön tief berührt hat. Ich möchte nicht diese althergeholte Floskel verwenden, dass dieses Buch meine Sichtweise, mein ganzes Denken verändert hat.
Aber dennoch hat dieses Buch einen bleibenden Eindruck hinterlassen, der wohl nicht mehr so leicht verschwinden wird. Es hat 1994 den Jugendliteraturpreis bekommen. Ich habe es mit 20 gelesen und dennoch würde ich mich nicht gerade als so unterentwickelt bezeichnen, das mich dieses Buch trotz meines Alters noch so sehr angesprochen hat.
Ich denke, dass dieses Buch keiner bestimmten Altersgruppe zugesprochen werden kann. Es ist ein zeitloses Buch, denn jemand wie ich, der bisher noch nie wirklich etwas mit Philosophie zu tun hatte, für den Sokrates, Kant und Hegel immer nur Gestalten waren, von denen man zwar etwas gehört, von denen man weiß, dass sie große Philosophen und große Denker waren, von denen man aber ansonsten überhaupt nichts weiß. Nicht was sie getan haben, nicht was sie geschrieben haben, man weiß einfach nicht, warum sie so berühmt sind. Dieses Buch sagt nun, warum. Es ist, ich möchte mit diesem Wort nicht hinterm Berg halten, ein genialer Roman, der mir die Philosophie so unglaublich ans Herz gelegt hat. Philosophie, bisher immer ein weit entferntes Fachgebiet, vielleicht sogar ein wenig verspottet und begrinst, ist nun etwas, über das ich mehr erfahren möchte – ich möchte alles wissen. Ich frage mich tatsächlich, wie ich bisher ohne Philosophie ausgehalten habe? Denn ist es nicht die Philosophie, die wie kein anderer wissenschaftlicher Bereich, unsere Welt so ausschlaggebend geprägt hat? Durch alle geschichtlichen Epochen hindurch ist stets auch die Philosophie unzertrennlich eingeflochten, doch in der Schule, wählt man dieses Fach nicht gerade zufällig, erfährt man nichts darüber. Der einzige Name, den man mal hört ist Kant, der jedoch nur mit der Aufklärung kurz in Verbindung gebracht wird. Dass Namen wie Galileo, Newton oder Darwin alle philosophische Verflechtungen haben, ist nie erwähnt worden. Man hat in Physik, in Biologie und in den anderen Fächern diese Menschen nur als anonyme Erfinder von Formeln und Theorien kennen gelernt, diese Dinge galt es dann am Ende auswendig zu lernen.
Doch die Welt, die Hintergründe dieser Persönlichkeiten, die sie schließlich dazu geführt haben, ihre Theorien und Formeln aufzustellen, dieser Bereich, der meistens einfach weggelassen wird, ist es doch, über den wir dann erst das Ergebnis verstehen können. Warum fällt es den Schülern denn so schwer, immer nur auswendig zu lernen und anzuwenden? Weil es einfach schier unmöglich und elendig langweilig ist, irgendwelche anonymen Persönlichkeiten zu huldigen. Die Philosophie ist in einem Leben bisher viel zu kurz gekommen, das erkenne ich jetzt, durch dieses Buch.
Philosophie muss als Pflichtfach in der Schule unterrichtet werden. Denn was die Philosophie neben einer Unmenge von Wissen auch mit sich bringt, ist eine Denkweise, die in allen anderen Schulfächern so sehr gefragt und so sehr vermisst wird: logisch-analytisches Denken, kritisches Hinterfragen, ein Problem von seiner Wurzle aus anzugehen und alle Möglichkeiten zu überdenken etc.
Das ein so wichtiger Wissensbereich in unserer Gesellschaft eine so unbedeutende Rolle spielt ist einfach nur unfassbar.
Um zu meinem anfänglichen Problem zurückzukommen, dass ich mich eigentlich zu alt gefühlt habe, das Buch zu lesen: vielleicht ist das ja tatsächlich wahr. Vielleicht lacht man mich in anderen Kulturkreisen, wo die Philosophie einen höheren Stellenwert hat als bei uns, ja tatsächlich aus, das ich im Grunde ungebildet bin und mit 15, 16 schon all diese Dinge wissen sollte.

Dieser Roman hat mich in die Welt die Philosophie eingeführt, ebenso wie die Protagonistinnen. Das Chaos, das Sofie auf ihrer Party erlebt hat ist symbolisch auch in meinem Kopf vonstatten gegangen.
Jostein Gaarder hat mit seinem einfachen Stil, mit dem Aufbau seiner Parallelwelten die Philosophie gelebt, als er das Buch geschrieben hat. Denn dieses Buch ist kein gewöhnliches Lehrbuch, als solches würde ich es kategorisch bezeichnen. Es ist durch und durch Philosophie. Jede Seite riecht förmlich danach. Vom Scheitel bis zur Sohle entführt einen dieser Roman in eine Welt, die nach dem Weglegen des Buches für einige wenige Stunden, in denen man seinen Schlaf und andere unwichtige Aufgaben nachholt, immer noch ihre Aura um einen aufrecht erhält.
Bis ich diesen Roman zu Ende gelesen, ich schäme mich zu sagen, dass ich ganze zwei Wochen gebraucht habe, war ich förmlich in der Welt des Buches gefangen. Es klingt zwar schwärmerisch – das soll es auch, schließlich schwärme ich ohne Ende für dieses Buch – aber man hört kaum auf, über das Buch nachzudenken. Auch nach dem Weglegen des Buches denkt man über sein eigenes Unwissen nach. Über die Schule, wo man Abitur machen kann, ohne auch nur einmal das Wort Philosophie erwähnt zu haben.

Ich bin ein Fan der Philosophie geworden und im nachhinein freue ich mich, dass ich als Einführung in diese Welt dieses Buch gelesen habe und kein anderes. Umfassend, vollständig, beeindruckend, zeitlos und lebendig. Lesen! Lesen! Lesen! Am besten zehnmal hintereinander! Am besten in Miniatur immer bei sich haben. Danke Herr Gaarder.

© by turkishpsycho 2/12/04

20 Bewertungen, 1 Kommentar

  • Kerith

    11.09.2006, 23:15 Uhr von Kerith
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich habe das Buch mit 12 gelesen und es geliebt. In mir hat es das Interesse für Philosophie geweckt und mich dazu gebracht, tiefsinniger zu werden, nachzudenken... Sozusagen einen Schritt in Richtung Erwachsensein zu machen.