Die Hüter der Rose (gebundene Ausgabe) / Rebecca Gablé Testbericht

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Erfahrungsbericht von Gering
Historienepos der Extraklasse
Pro:
Alles
Kontra:
nur der Preis (25 Euro)
Empfehlung:
Ja
Mit dem Roman „Die Hüter der Rose“ kehrt Rebecca Gable wieder in die Sphären des Hochadels ein. Intrigen, Throngelüste, Morde – schlicht alles, was das Leben bei Hofe für den heutigen Leser so lesenswert macht. Dabei schließt der Roman lose an „Das Lächeln der Fortuna“ an, ist aber auch ohne die Lektüre dieses Romans ein Lesegenuss.
1413: England befindet sich mitten im 100jährigen Krieg (1337 bis 1453) mit Frankreich.
John von Waringham ist ein Nachzügler, denn seine drei Brüder sind allesamt schon erwachsen und geachtete Ritter bei Hofe. Aber auch wenn er mit Abstand der kleinste Waringham ist, eines hat er mit dem Geschlecht der Waringham gemein: Er hat den Sinn und das Gespür für Pferde in sich.
Als er ein Gespräch seines Vaters mit dem Bischof von Westminster, Henry Beaufort, missversteht und Angst hat, als Knappe an den Hof eben dieses Bischofs geschickt zu werden, wo er doch davon träumt, wie seine Brüder ein Ritter des Königs zu werden, flieht er Hals über Kopf nach London. Mit mehr Glück als verstand überlebt er tatsächlich den ersten Tag in Westminster und wird gleich Zeuge eines Ereignisses, das ihn für den Rest des Lebens prägen wird: Der Verbrennung eines Ketzers. Dabei trifft er auch erstmals auf seinen König, eingedeutscht Heinrich (V), im Buch aber Harry genannt. Der holt nicht den Wagen, sondern versucht (nur im Buch), den Ketzer noch zu bekehren. Bei dem Versuch bleibt es.
John tritt in den Dienst des Königs, was zunächst einmal bedeutet, den normalen Weg eines jeden Rittes. Als Knappe muss er bisweilen eine harte Zeit durchleben. Gemeinsam aber mit seinen Knappenkameraden begleitet er den König und sein Herr nach Frankreich, um dort den Krieg zu Gunsten Englands entscheiden zu können.
Der König freilich lässt sich dort fasst in eine Falle der Franzosen führen: Bei Agincourt steht sein hoffnungslos unterlegenes Heer einem zigfach stärkeren Gegner gegenüber. Als sich Hoffnungslosigkeit breit macht, versichert John dem König, dass sein Schwert auch in dieser Lage dem König gehöre. Prompt erhält er dien Ritterschlag und nimmt als Sir an der denkwürdigen Schlacht von Agincourt teil.
Fortan zählt er zu den Vertrauten des Königs, erleidet für ihn eine schier unerträgliche Geiselhaft, bis er sich freilich zu der Hochzeit mit der Tochter (!) des Bischofs Henry Beaufort hinreißen lässt. König Harry verzeiht ihm lange Zeit diesen Fehltritt nicht und bedarf langer Zeit, bis John das Vertrauen wiedergewinnt.
Der Hochzeit des Königs mit einer Französischen Prinzessin entspringt nur ein Sohn, Henry (also wieder ein Heinrich), und der frühe Tod des Königs führt zu einer angespannten Lage in England, die sich massiv auf die Lage Englands im Krieg auswirkt.
Der noch nicht ein Jahr alte Thronfolger bedarf des Schutzes, John wird der Captain der Leibgarde des Königs. Hinter den Kulissen versuchen zwei Gruppierungen, die Macht an sich zu reißen, doch John und das gesamte Haus der Waringhams stehen weiterhin treu zum Hause Lancaster. Dennoch kann nicht verhindert werden, dass die Gegner des Königs immer stärker werden und damit die Gefahr für John und seine Familie ebenfalls größer….
Multiperspektivität
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Eines ist den Lesern des Genres sicherlich bewusst: Um Spannung aufzubauen, kann sich kein Autor leisten, dien jeweils handelnden Personen psychologisch in allen Facetten auszuleuchten wie in einem psychologischen Entwicklungsroman. Einsichtiger und auch wirkungsvoller ist immer das darstellen in Schwarz und in Weiß, das fabrizieren von klar voneinander zu unterscheidenden Polen bei den Personen und in der Handlung.
Anders sieht es auch in diesem Roman nicht aus, denn einzig John, seine Frau und die weiteren Hauptpersonen der Handlungen kommen in den Genuss, dass ihr Innenleben mehr oder minder mehrschichtig dargeboten werden. So hat John durch sein Denken und Tun nicht nur positive, sondern auch sehr dunkele Seiten. Der Blutrausch, in den der in der Schlacht verfallen kann, die Einsicht, dass Gewalt auch sein muss um Politik zu betreiben, und einiges mehr. Anders sieht es aus bei den polarisierten Stützen der Handlung. Humphrey of Gloucester beispielsweise ist immer durchtrieben, böse, rachsüchtig und intrigant, genau wie alle negativen Handlungsträger auch.
Diese klare Trennung der Genauigkeit der Ausdeutung der handelnden Personen ist sicherlich eines der Erfolgsrezepte dieses Romans.
Daneben tritt aber auch die Fähigkeit der Autorin, recht komplexe Zusammenhänge in eine recht komplizierten Zeit in einer Romanhandlung so aufzulösen, dass grundlegende Strukturen noch erkennbar sind, die Komplexität aber durch die handelnden Protagonisten abgebildet und dadurch auch abgemildert wird. Das zu leisten unterscheidet sicherlich das Können der Autorin von anderen. Damit erreicht gable aber auch, dass der Leser zwar kein Fachbuch gelesen hat, durchaus aber nach der Lektüre Einblick in eben fachwissenschaftliche Inhalte erhält.
Klar ist auch, dass die Affinität mit den positiven Handlungsträgern gekonnt hergestellt wird. Der schelmische, im Grunde gutmütige Bischoff von Westminster als Stratege im Reich der Hofintrige und Schwiegervater Johns, seine ungestüme Frau, das immer positiv aufrichtige handeln Johns und auch die Fehler seines Bruders Raymond – allesamt wird ein Bild aufgezeigt, dass den Leser gleich an diese Personen bindet und immer und immer wieder verhindert, dass man das Buch zur Seite legt bzw. wenn das der Fall ist, tagsüber immer wieder and die Aufnahme der Lektüre denken lässt.
Historische Spuren…
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Einige hochinteressante Aspekte werden – wie immer – im Hintergrund angerissen. So das Ammenwesen, die Theorie des Erwachsen Werdens (ab 7. Jahren galt man als erwachsen und der Sünde fähig), aber natürlich auch das Verhalten der hochwohlgeborenen Männerschaft.
Wichtig ist dabei, dass dem Leser wirklich ein Fenster geboten wird, sich dem Denken, den Vorstellungen einer anderen zeit zu näheren, auch wenn natürlich rein wissenschaftlich gesehen, das eher subjektiv durch die Sicht der Autorin statt durch das so schöne, „objektive“ Studium originaler Quellen geschieht.
Damit ergeben sich Einsichten in dass Alltagsleben der Menschen unten und oben in der Gesellschaft. So ist das verhalten der jüngeren Brüder König Heinrichs des 5. durchaus typisch für Adelige des Mittelalters, vor allem für die Nachgeborenen. Humphrey of Gloucester zum Beispiel: Als jüngster Nachgeborener ist er weit ab, den Thron erringen zu können. Das muss im Mittelalter aber den Nachgeborenen durchaus von Kindesbeinen an klar gemacht worden sein, mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass sich beispielsweise für einige Gegenden Frankreichs mit Sicherheit sagen lässt, dass hier die Sterblichkeit nachgeborener Söhne höher war als die der Erstgeborenen.
Komplexität der Handlung – Annäherung an „dicke“ Bücher
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In der Tat: Das Mitliefern des Stammbaumes des Hauses der Lancaster sowie eine Übersicht über die handelnden Personen kann einem durchaus das Lesen erleichtern. Bisweilen wird bei solch dicken Schmökern daher auch die Kritik geäußert, man könne sich die Namen usw. nicht merken, dadurch würde die Handlung leiden usw. Ja, dass kann durchaus eintreten. Aber: Wer regelmäßig solche wuchtigen Bücher liest, gewöhnt sich schnell gewisse Markroutinen an. Es ist also eine Sache des Trainings, mit solch komplexen Büchern lustvoll Lesen zu können.
DATEN
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Rebcca Gable
Die Hüter der Rose
24,90 Euro (HC)
1238 Seiten
Ehrenwirth
FAZIT
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Sicher ist: Die Bücher Rebecca Gables führen bei immer dazu, zu wenig Schlaf zu bekommen und in allen Lebenslagen die Möglichkeiten des Weiterlesens auszunutzen, was meiner Frau nicht wirklich gefällt. Hoffnung gibt hier nur, dass Rebecca Gable ihre Bücher nicht in kurzen Abständen auf den Markt bringt, die Zeiträume zwischen den Büchern liegen i.d.R. immer über einem Jahr.
Dennoch: Das Buch ist absolut fesselnd und auf einem Niveau, wie es die Großen des Genres sein müssen.
Mit seinen fast 25 Euro nicht gerade billig, lohnt sich aber jeder Cent, den man für dieses Buch ausgibt.
Also: Für die Liebhaber der historischen Belletristik erneut eine Pflichtlektüre, die aber auch noch unbeleckte Leser für dieses Genre gewinnen wird.
Michael
46 Bewertungen, 13 Kommentare
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13.08.2008, 18:20 Uhr von tipsi3
Bewertung: sehr hilfreichLiebe Grüße von tipsi3
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10.07.2008, 18:45 Uhr von Iris1979
Bewertung: sehr hilfreichSuper Bericht. LG Iris
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10.07.2008, 12:46 Uhr von Striker1981
Bewertung: sehr hilfreichSH und Liebe Grüße vom STRIKER
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31.07.2007, 00:22 Uhr von Puenktchen3844
Bewertung: sehr hilfreichSH, ein guter Bericht, Liebe Grüße Wilfriede
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30.07.2007, 19:30 Uhr von firestorm1105
Bewertung: sehr hilfreichSH. LG, Romy
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29.07.2007, 18:49 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreichHört sich interessant an, vielleicht kann man auch in der Bibliothek danach suchen, dann kann man Geld sparen.
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25.07.2007, 00:14 Uhr von Mondlicht1957
Bewertung: sehr hilfreich- SH LG Pet - Lesen und gelesen werden - so macht es hier Spaß -
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28.12.2005, 16:27 Uhr von catmother
Bewertung: sehr hilfreichIch gestehe, ich habe von der Autorin noch nie was gelesen. Grüße und einen guten Rutsch, catmother
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17.12.2005, 12:19 Uhr von NancyNoack
Bewertung: sehr hilfreichprima Bericht
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16.12.2005, 16:36 Uhr von Lidlefood
Bewertung: sehr hilfreichsehr hilfreich
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14.11.2005, 08:12 Uhr von animaldream
Bewertung: sehr hilfreichKlasse Bericht! LG animaldream
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13.11.2005, 19:26 Uhr von Baby1
Bewertung: sehr hilfreichsuper toller Bericht LG Anita
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13.11.2005, 19:25 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreichSH und LG! <br/>o:)
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