Geburt Allgemein Testbericht

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Erfahrungsbericht von romyal

Eine Sectio kommt selten allein!

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Es ist kaum eine Woche her, dass mein Sohn zur Welt kam. Wie Ihr sehen, bzw. lesen könnt, geht es mir wieder ganz gut.

Noch im Krankenhaus habe ich niedergeschrieben, wie dieser anstrengendste Tag in meinem bisherigen Leben abgelaufen ist.

6.11.2002, 2:00 Uhr: Schon wieder geht es mit Wehen los. Noch nicht sehr stark aber in regelmäßigen Abständen und an Schlaf ist nicht zu denken. Ich setze mich an den Computer, surfe herum, schau nach, was sich des Nachts so bei Ciao tut und hoffe, dass die Wehen endlich stark genug werden, um in die Klinik zu fahren. Letzte Woche hatte ich schon mal so einen falschen Alarm, wir sind nachts ins Krankenhaus und wurden gleich wieder heimgeschickt. \"Das sind nur Vorwehen, da geht noch nix los!\" wurde mir gesagt und ich soll erst wiederkommen, wenn es richtig weh tut. Mittlerweile ist mein Baby schon 10 Tage überfällig und irgendwie zehrt das Warten an den Nerven.

10:00 Uhr: Termin beim Frauenarzt: Das CTG sieht gut aus, die leichten Wehen sind noch da. Er macht mir Hoffnung: Es könne jetzt wirklich nicht mehr lange dauern. Wenn es noch etwas stärker und regelmäßiger wird, kann ich dann langsam mal ins Krankenhaus.

20:00 Uhr: Mein Zustand ist unverändert, habe den Tag mit Einkaufen und Hausarbeit verbracht. Jetzt stellt sich eine leichte Blutung ein. Ich bin begeistert: Ein gutes Zeichen, dass es vorangeht. Ich bereite meinen Mann drauf vor, dass wir bestimmt noch diese Nacht in Krankenhaus fahren können.

24:00 Uhr: Immer noch leichte Vorwehen in Abständen zwischen 10 und 20 min. Es tut aber eigentlich nicht wirklich weh. Die Blutung ist allerdings noch da und an Schlaf ist eh nicht zu denken, also könnten wir ja wieder mal in Krankenhaus fahren. Bei der Geburtsvorbereitung wurde uns gesagt, dass bei Blutungen sofort ins Krankenhaus soll, also hab ich ja einen Grund!

7.11.2002: 0:45 Uhr: Erste Untersuchung in der Klinik: Die Hebamme sieht die Wehen auf dem CTG, findet sie aber nicht sehr eindeutig. Der Arzt stellt fest, dass der Muttermund einen Finger breit geöffnet ist. Das ist nicht viel, aber besser als gar nix. In Anbetracht des schon lange überschrittenen Termins beschließen sie, dass ich ja mal dableiben könne. Man könne ja in aller Ruhe die Vorbereitung machen und vielleicht morgen früh dann mal die Geburt einleiten. Es scheint noch viel Zeit zu sein. Die ganze Aufnahmeprozedur wird durchgeführt. Wir müssen 1000 Fragen beantworten. Die Hebamme stellt fest, dass ich einen großen Bauch habe und wohl ein recht großes Kind erwarte. Ich weise darauf hin, dass ich vor 3 Jahren schon mal zur Entbindung hier war. Damals war es ein Kaiserschnitt und alle Unterlagen incl. Röntgenaufnahmen meines Beckens sind noch hier. Mein Frauenarzt hatte letzte Woche schon mal angerufen, mit der Bitte die alten Sachen rauszusuchen und zu den neuen Unterlagen zu nehmen. Die Hebamme nimmt dies zur Kenntnis, sie will sich das dann mal ansehen. Ich schicke meinen Mann nach Hause, soll er sich lieber noch mal ausschlafen.

3:00 Uhr: Nach Einlauf, Rasur und Entspannungsbad bin ich ganz locker. In der Badewanne hab ich gar keine Wehen mehr gespürt. Die Hebamme meint, ich könne jetzt vielleicht ein wenig schlafen. Kaum liege ich im, da überfällt mich die erste heftige Wehe. Kurze Zeit später höre und spüre ich einen lauten Knacks im Bauch. Ist jetzt die Fruchtblase geplatzt? Es läuft allerdings nichts aus. 5 Minuten später kommt die nächste Wehe: Aha, so fühlen sich also richtige Wehen an. Ich richte mich auf und merke wie das Fruchtwasser aus mir herausläuft. Es geht also los.

5:00 Uhr: Ich habe starke Wehen in 3 Minuten-Abständen. Der Arzt kommt zur Untersuchung. Der Muttermund hat sich nicht wesentlich weiter geöffnet. Der Arzt bohrt schmerzhaft in mir herum und eröffnet mir dann, dass es jetzt doch schon mal 2 Finger breit sind. Er hat den Muttermund quasi ein wenig aufgebohrt, das würde mir später viel Arbeit ersparen. Ich bekomme eine Spritze, die den Muttermund weicher machen soll.

6:00 Uhr: Die Hebammen wechseln. Die neue Hebamme stellt wieder fest, dass ich ja einen großen Bauch habe und es doch quasi eine Erstgeburt ist und daher wohl noch einige Arbeit vor mir liegt. Ich weise wieder auf die alten Unterlagen hin. Damals lag mein Sohn in Beckenendlage und war auch recht groß und mein Becken eher klein und daher wurde er per Kaiserschnitt auf die Welt geholt. Die Hebamme findet das interessant und meint, sie würde sich die Sachen dann mal raussuchen. Ich rufe meinen Mann an, langsam könnte ich etwas Unterstützung gebrauchen.

7:00 Uhr: Mein Mann kommt, die Wehen sind unverändert heftig und in kurzen Abständen. Die Hebamme meint, dass ich meine Sache gut mache und ordentlich atme. Ich habe 2 Nächte nicht geschlafen und bemerke gewisse Müdigkeitserscheinungen.

8:00 Uhr: Ich lasse die Wehen jetzt im Liegen über mich ergehen, es tut ziemlich weh. In den kurzen Pausen schlafe ich doch tatsächlich manchmal ein. Mein Mann massiert mir bei jeder Wehe den Rücken. Die Abstände zwischen den Wehen scheinen etwas länger geworden zu sein (ca. 5 min). Der Hebamme gefällt das nicht. Sie schließt mich an den Wehentropf an. Schließlich sei es ja ein großes Kind (bla, bla) und da braucht es vielleicht etwas Unterstützung. Ich soll außerdem etwas herumlaufen, das würde das Ganze auch beschleunigen.

9:00 Uhr: Durch den Tropf kommen die Wehen in genau 2 min Abständen. Sie sind noch stärker geworden. Wieso hat mir niemand gesagt, dass das so weh tut? Zwischendurch war mir mal speiübel. Die Hebamme meinte, dies sei ein gutes Zeichen. Das käme oft vor, wenn der Muttermund zur Hälfte offen sei, also ca. 5 cm. Ich bin die ganze Zeit gelaufen und schon ziemlich geschafft, aber es scheint voran zu gehen.

10:00 Uhr: Während der Wehen fällt der Herzschlag des Kindes ab. Der Hebamme gefällt dies gar nicht. Das Baby darf von den Wehen nicht beeinflusst werden. Ich soll mich hinlegen. Sie erzählt irgendwas vom großen Kind. Ich sage, sie sollen einen Kaiserschnitt machen. Die Hebamme meint, dass könne sie nicht entscheiden. Der Arzt wird gerufen. Er stellt fest, dass der Muttermund erst 4 cm auf ist, das Köpfchen des Babys sei unbeweglich und würde nicht von hinten gegen den Muttermund drücken. Deshalb geht es nicht so recht voran. Der Oberarzt wird geholt. Dieser stellt fest, dass der Muttermund schlaff ist. Er fragt mich, wie groß mein erstes Kind war: 3500 g.
\"Aha und da haben sie sich bei der Beckenendlage für einen Kaiserschnitt entschieden?\" \"Nein, das haben sie entschieden, Herr Oberarzt!\" (Es ist tatsächlich derselbe Arzt!) \"Mein Becken war nicht sehr groß und irgendwas war noch mit der Knochenstellung.\"
\"Dann müssten wir ja noch die Unterlagen haben, die will ich mir mal ansehen!\" (Hab ich das nicht schon zig mal vorgeschlagen?). Plötzlich haben es alle eilig!
Der Assistenzarzt zieht los, der Oberarzt untersucht mich noch mal, sobald er eine Wehenpause erwischt. Aber zwischen den Wehen zittere ich am ganzen Körper und kann mich kaum noch kontrollieren. Ich bin schon ziemlich erschöpft. Er schaut sich meine Kaiserschnittnarbe an und fragt, ob die mal begutachtet worden sei. Hä? Hätte ich das machen sollen? Das höre ich zum ersten Mal!
Zwischen den anwesenden Ärzten entsteht eine Diskussion über Sinn und Unsinn einer Narbenbegutachtung.
Der Assistenzarzt ruft ins Zimmer: 11 cm Beckenausgang und noch ein paar lateinische Begriffe. Der Oberarzt meint, das ist tatsächlich ein kleines Becken, so ab 12 cm geht es eigentlich bei der Durchschnittsfrau los. Er will nur noch mal den Bericht des Chirurgen einsehen. Die Hebamme klemmt den Wehentropf ab und fragt mich, ob sie nicht mal schon rein vorsorglich mit ein paar Vorbereitungen für einen Kaiserschnitt beginnen soll. Falls es dazu kommen sollte, wäre man dann schneller fertig. Da bin ich sehr dafür.

Der Arzt kommt wieder, er hat jetzt alle Berichte und Röntgenbilder eingesehen. Das Problem bei mir ist die Stellung von Steißbein (oder war es das Schambein?) zum Becken. Normalerweise bilden die einen schrägen Winkel, auf dem das Köpfchen des Baby locker in den Geburtskanal rutscht. Bei mir ist der Winkel eher senkrecht. Das Kind kann mit dem Köpfchen nicht richtig reinrutschen sondern müsste einen Knick machen. Bei einem kleinen Kind ginge das wahrscheinlich, aber da ich ein eher großes Kind erwarte, ist es unwahrscheinlich, dass es von alleine geht. Das Köpfchen kann nicht gegen den Muttermund drücken, weil es nicht weit genug nach unten gerutscht ist und deshalb geht es mit der Geburt nicht voran. Außerdem besteht die Gefahr, dass die alte Narbe reist. Deshalb wird jetzt ein Kaiserschnitt gemacht.
Mir soll es recht sein. Hauptsache es hört endlich auf. Die Chirurgie ist schon verständigt. Ich soll so schnell wie möglich hinkommen.

11:00 Uhr: Ich liege auf dem OP. Ein Haufen Leute springen um mich herum. Ich habe eine Reihe Unterschriften leisten müssen, zahlreiche Risiken aufgezählt bekommen (bei einer Re-Sectio, also dem 2. Kaiserschnitt, gibt es noch mehr Risiken als beim ersten Mal), dem Anästhesisten eine Reihe Fragen beantwortet und mich von meinem Mann verabschiedet. Der wartet draußen, um dann mit der Hebamme die Erstversorgung des Babys vorzunehmen.

Die Chirurgin hatte sich schon vorgestellt und jetzt kommt noch ein Chirurg. Das OP-Team wundert sich: \"Was will er hier?\" Aha, Chirurgin Nr. 1 hat ihn herbestellt, als sie mitbekommen hat, dass es sich bei mir um eine Re-Sectio handelt. Das ist wohl etwas komplizierter. Außerdem soll genau an der alten Narbe geschnitten werden. Der neue Chirurg hat scheinbar mehr Erfahrung. Mir soll es recht sein. Ich quäle mich noch mal durch eine Wehe und hoffe, dass die langsam anfangen.

Jemand ruft: \"Es kann losgehen!\" Der Anästhesist fehlt. Das OP-Team witzelt herum. Es geht doch nix über ein entspanntes Arbeitsklima.

Endlich wird es dunkel!

Es wird wieder hell. Ich merke, wie jemand Schläuche in meinen Hals schiebt und wieder herauszieht. Dann schiebt man mir ein dickes Plasteding in die Luftröhre. Es fühlt sich sehr unangenehm an. Ich will meinen Unmut kundtun, aber es geht nicht. Ich kann mich nicht bewegen, nicht mal den kleinen Finger. Ich bin wie paralysiert. Offenbar ist die OP noch im Gang. Ich rolle die Augen. Jemand ruft: \"Die ist wach! Die ist wach!\" Dann wird es wieder dunkel.

13:00 Uhr: Ich wache auf. Ich liege im Aufwachraum, ringsum verkabelt und muss erst mal husten. „Husten“ kommt gut mit einer großen Wunde im Bauch. Ich röchle vor mich hin und versuche einen Schleimbatzen aus meinen Bronchien zu befördern. Die Schwester bringt ein Inhaliergerät. Nach ca. 10 min geht es mir ganz gut. Ich bin mit Schmerzmitteln vollgepumpt und fühle mich entspannt. Endlich Ruhe! Es ist vorbei!

Die Hebamme gratuliert mir zu meinem Sohn Linus, 3930 Gramm, 52 cm. Ein kerngesundes strammes Bürschlein.

Die nächsten Tage werde ich mich nur unter schlimmen Schmerzen bewegen können. Meine Bauchmuskeln werde ich auch in ein paar Wochen noch schmerzhaft spüren. Ich weiß immer noch nicht, wie sich das angeblich so tolle Erlebnis einer natürlichen Geburt anfühlt. Aber es gibt Schlimmeres.

Ich weiß nicht, was ich Euch jetzt für einen Rat geben soll. Es gibt viel, was während einer Geburt schief gehen kann. Aber es gibt nur wenige Probleme, die nicht durch ein paar halbwegs fähige Ärzte wieder gelöst werden können. Man muss die Dinge halt nehmen, wie sie kommen.

PS: Den Erfahrungsbericht über meinen ersten Kaiserschnitt findet Ihr übrigens in der entsprechenden Kategorie \"Kaiserschnitt\"!

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