Replay - Das zweite Spiel (Taschenbuch) / Ken Grimwood Testbericht

ab 9,02
Auf yopi.de gelistet seit 09/2004

5 Sterne
(2)
4 Sterne
(1)
3 Sterne
(0)
2 Sterne
(0)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(0)

Erfahrungsbericht von emmtie

Möchtest du dein Leben immer wieder leben?

Pro:

spannende Zeitreise-Geschichte mit etwas Philosophie

Kontra:

nichts

Empfehlung:

Ja

Zeitreise-Geschichten üben schon seitdem ich Science Fiction-Literatur lese, und das sind doch jetzt auch schon über 25 Jahre, eine magischen Faszination auf mich aus. Alleine die ganzen Gedankenspiele mit den Problemen der Logik (Was passiert wenn ich meine Großvater in der Vergangenheit töte, bevor mein Vater gezeugt wurde?) reizen mich immer wieder. Daher war es klar, daß ich das folgende Buch nicht auf dem Büchertisch in London liegen lassen konnte:


Grimwood, Ken Das zweite Spiel (Replay)



Inhalt:
====

Jeff Winston ist 43 Jahre alt und ein mittelmäßig erfolgreicher Journalist bei einer Radiostation als er 1988 an einen Herzinfarkt stirbt. Doch als er seine Augen wieder öffnet, wacht er in seinem alten College-Zimmer auf. Es ist wieder 1963 und er ist 18 Jahre alt.
Nach anfänglicher Verwirrung nimmt er sein Leben in die Hand, plaziert einige Sportwetten und investiert sein Geld in aufstrebende Unternehmen mit Hilfe seines Wissens aus dem „ersten“ Leben. Dadurch baut er sich ein Finanzimperium auf und genießt seine Existenz. Nur der Versuch, das Kennenlernen mit seiner Frau noch einmal wieder zu erleben, wird zuer Enttäuschung, da er versucht, sie mit seiner Firma zu beeindrucken und dadurch als Angeber abblitzt. Und auch der Versuch, die Weltgeschichte zu verändern mißlingt. Obwohl er die Behörden auf den Mörder John F.Kennedys hinweist und dieser verhaftet wird, wird der Präsident trotzdem ermordet, weil es scheinbar einen Backup-Mörder gab, der beim „erstenmal“ nicht eingreifen mußt, da Lee Harvey Oswald „erfolgreich“ war.
Obwohl er Wert auf eine gesunde Lebensführung legt und regelmäßig zum Arzt geht und kerngesund scheint, stirbt er auch in diesem Leben genau zum gleichen Zeitpunkt wie beim erstenmal. Und er wacht wieder im Jahr 1963 auf. Diesmal geht er es langsam an, wettet und investiert zurückhaltend und baut sich ein Familienleben auf. Und stirbt wieder 1988.

Wie immer will ich nicht zuviel verraten, da man das Buch ja eventuell noch selbst lesen möchte. Aber Jeff Winston wird noch einen weiteren Menschen finden, der wie er sein Leben wieder und wieder lebt und die Zeit für jedes Leben verkürzt sich immer mehr für die Beiden, da sie nicht mehr 1963 „aufwachen“ sondern mit jedem neuen Leben etwas später.

Aber jetzt schweige ich; der Rest muß selbst gelesen werden :-)



Meine Meinung:
===========

Da ich früher fast ausschließlich Science Ficton gelesen habe und auch jetzt nach einigen Jahren Pause wieder häufiger lese, war ich der Meinung, die Meisterwerke dieser Gattung zu kennen und zum großen Teil auch schon gelesen zu haben. Dieses Buch ist mir dabei bisher irgendwie durch die Lappen geschlüpft. Denn es gehört für mich ganz eindeutig in die Oberliga dieses Genres.

Wie in der Einleitung angeführt, ist die Zeitreise ja ein sehr häufiges Thema und auch die Situation, daß jemand die Chance erhält, sein Leben nochmals zu leben und dabei nicht die gleichen Fehler zu machen, ist auch schon häufiger beschrieben worden. Doch hier wird dieser Situation eine völlig neue Wendung gegeben:

Dadurch das die Hauptperson und seine später gefundenen Schicksalsgenossin immer wieder die (fast) gleiche Zeitspanne durchleben, werden auf den ersten Blick einige Wunschträume des Menschen Realität. Zum einen ist das wiederholende Durchleben eine Art „ewiges Leben“. Zum anderen haben die „Replayer“ die Möglichkeit, bestimmte Entscheidungen, die sich in früheren Leben als Fehler erwiesen haben, in einem weiteren Durchlauf nicht mehr zu machen. Da die Erinnerungen an die früheren Leben erhalten bleiben, bauen sie sich im Laufe der Zeit immer mehr Wissen und Erfahrungen auf. Doch diese Vorteile wirken nur vordergründig; die ständigen Wiederholungen erweisen sich sehr schnell auch als sehr nachteilig. Denn alles was die Hauptpersonen innerhalb eines Zyklus erreicht haben, ist mit Beginn der nächsten Periode absolut wertlos und ohne Belang. Dies gilt natürlich für materiellen Besitz, aber aufgrund des vorhandenen Wissen und der damit verbundenen Möglichkeit des erneuten Erwerbs ist dies nicht ganz so tragisch. Doch auch so Dinge wie Qualifikationen sind verloren. Pamela, die zweite „Replayerin“ wacht immer wieder als 14-Jährige auf und ist trotz all ihres Wissens und ihrer Erfahrung immer wieder gezwungen die Schulzeit zu durchlaufen und sich auch den Konventionen der damaligen Zeit für Jugendliche zu halten. Und als besonders schmerzhaft empfindet Jeff Winston, das seine Tochter aus der ersten „Wiederholung“ in den folgenden Leben nicht existent ist. Bindungen existieren nicht mehr oder müssen neu aufgebaut werden. Und dabei können sich die Parameter so verändern, das eine Wiederholung nicht möglich ist.

An diesen Punkten merkt man, daß das Scifi-Thema wie bei fast allen guten Werken dieses Genres eigentlich nur der Aufhänger und das Grundgerüst für die Schilderung von Problemstellungen ist, die ganz aktuell und wenig utopisch sind. Denn die Frage, „Was wäre, wenn. ein bestimmtes Ereignis in meinem Leben anders gelaufen wäre“ hat sich bestimmt jeder Mansch schon gestellt. In diesem Buch wird geschildert, das jemand immer wieder genau diese Möglichkeit hat. Und ohne allzu viel zu verraten, muß ich doch auf das sehr gelungenen Ende eingehen, das meiner Ansicht nach ein überraschender und doch absolut passender Abschluß eines hervorragenden Buches darstellt. In fast schon philosophischer Weise wird dort aufgezeigt, was das Wesentliche am Leben darstellt :-)

Wer jetzt befürchtet, das es sich hier um eine Art verkapptes Philosophiebuch handelt, den kann ich beruhigen. Denn neben dem Schuß Nachdenklichkeit gibt es auch noch genügende spannende Handlung, die Darstellung der Personen und ihrer Beweggründe und Empfindungen ist absolut gelungen. Man fühlt förmlich mit und kann die Reaktionen verstehen.


Ich habe das Buch im englischen Original gelesen und habe keinerlei Verständnisprobleme. Leider gibt es weder die deutsche noch die englische Ausgabe im Buchhandel. Aber ich habe m Nachhinein erfahren, dass das Buch in bestimmten Kreisen Kultstatus hat und daher ist die Chance groß, das man in Antiquariaten und ihren Online-Gegenstücken fündig wird. Ich habe beim Secondhand-Buchhändler in London 2 Pfund, also damals etwa 3 Euro bezahlt



Fazit:
====

Ein absolutes Meisterwerk, das neben einer sehr guten Science-Fiction-Geschichte auch noch genügend an Nachdenkenswertem beinhaltet. Also gute Unterhaltung mit ein bisschen Philosophie. Genau wie ich es liebe.

22 Bewertungen