Der Richter. (Taschenbuch) / John Grisham Testbericht

Der Richter! So lautet der Titel eines John Grisham Buches. Sechs seiner Werke stehen bei mir im Regal. Alle warten darauf gelesen zu werden, aber nur zwei haben es geschafft. Einer davon: Der Richter. Ich las es während meines Türkeiurlaubes vor drei Jahren. Heute stehe ich dem Buch sehr positiv gegenüber.

Da ich privat Drehbücher schreibe, lief mir ständig ein Film vor den Augen ab. Ich bin mir sicher, dass ich irgendwann ein Drehbuch aus dem Film machen werde. Bevor ich aber noch mehr umherschweife sollte ich wohl zum Buch selber kommen:

DAS BUCH
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413 Seiten folgen wir einem Anwalt (Ray Atlee) durch seine inneren Verfolgungsängste. Diese entstehen dadurch, dass sein erzkonservativer Vater, Richter D. Reuben V. Atlee, 3 Millionen Dollar versteckt hielt, die Ray zufällig findet.

Der Lesegenuss ist für einen Grisham Roman selbstverständlich hoch. Das Buch ist sehr angenehm in kurze Kapitel gegliedert, die den Leser nicht erschöpfen. Der Einstieg ins Buch ist sehr leicht, da der Richter (als wichtige Nebenfigur) facettenreich und interessant gestaltet wurde. (Sofort kam mir Donald Sutherland in Erinnerung- die Beschreibung des Richters ließ diesen Gedanken in mir nicht los werden). Die Frage nach dem Geld und Rays Verfolgern ist stets spannend und bietet einen hervorragenden Aufhänger, so dass ich immer mitgerissen wurde. Zunächst teilt man mit Ray alle Sympathien. Die Auflösung der Geschichte scheint zu Beginn etwas enttäuschend, im Nachhinein ist sie jedoch sehr plausibel, so dass man mit zufriedenem Gefühl das Buch aus der Hand legt und man Lust auf mehr bekommt.

Das fesselnde am ganzen Roman sind natürlich die Fragen, die das Buch aufwirft. In kriminalistischer Manier gilt es das große Rätsel des Geldes zu lösen, das sich am Ende einfacher entpuppt als angenommen. Grisham nutzt die Neugier des Lesers und packt in diese seine satirisch angehauchten Darstellungen amerikanischer Gesellschaft. Es ist ein Genuss ihn bei seinen Beobachtungen zu begleiten, die die Verletzlichkeit der amerikanischen Gesellschaft aufzeigen, die sich in den Konzeptionen seiner Figuren widerspiegeln: der konservative Richter, der fette Sheriff, der schmierige Anwalt, der luxusorientierte Yachtbesitzer und Geldwäscher.
Das Schicksal des Ray am Ende stellt nicht nur eine Negation des amerikanischen Traums dar, sondern reflektiert die zerrissene Brüderlichkeit der amerikanischen Gesellschaft die inzwischen repräsentativ für unsere gesamte Welt gilt =>
Ray könnte die USA darstellen und sein Bruder den Irak, der durch ihn verraten und unterschätzt wurde. Dieser vielleicht gewagte Vergleich gewinnt bei genauerer Überlegung eine unheimliche Befürwortung. Grisham als politischer Kritiker? Ich halte mich zurück diese gewagte These beweisen zu wollen. Vielmehr betrachten wir dieses unterhaltsame Werk als ein Werk, das sich in eine Reihe mit seinen anderen juristischen Werken gesellt. Vielleicht entdeckt sich jeder republikanische Politiker selber als einer von Verfolgungsängsten geplagter, verletzlicher Verlierer… Oder noch besser… Vielleicht sehen wir uns alle selber in neuem Licht. Nur in DIESEM Falle wird sich Grisham sicherlich mit seinem Werk zufrieden geben.



FAZIT:
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"Der Richter" ist ein unterhaltsames, fast sogar kriminalistisches Werk, das sich nicht hinter juristischem Tamtam versteckt. Grisham ist ein Werk gelungen, das trotz aller Fixierung auf die Kriminalstory, sich bemüht, die amerikanische Gesellschaft zu reflektieren, seinen Figuren aber dabei immer eine Menschlichkeit zollt, die sie nicht ins klischeehafte driften lässt.

Weiter so Grisham!

Autor: John Grisham
Genre: Krimi
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe: 413 Seiten - Heyne
Erscheinungsdatum: Februar 2002