Die Firma (Taschenbuch) / John Grisham Testbericht

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Erfahrungsbericht von Anonym114

Traum oder Alptraum?

Pro:

sehr spannend geschrieben

Kontra:

zu wenige \"runde\" Charaktere

Empfehlung:

Ja

Es ist schon länger als zehn Jahre her. Da war eine Tante von mir aus Amerika in Deutschland zu Besuch. Im Gepäck hatte sie einen Bestseller von einem gewissen John Grisham: Die Firma. Inzwischen sind wohl in so ziemlich jedem deutschen Buchladen gleich mehrere Romane des amerikanischen Autors zu finden. Die erreichen eigentlich fast immer eine enorme Auflage. Und auch die Verfilmungen (u.a. von diesem Roman) waren ziemlich beliebt und zumeist mit bekannten Hollywood-Schauspielern wie Tom Cruise (in Die Firma) oder Sandra Bullock besetzt. Nachdem ich bei E-Bay für mehrere Grishams geboten hatte, landete dann die Firma in meinem Regal.

SCHAUPLATZ:
Die Firma spielt in den USA der 1980er Jahre. Der größte Teil der Handlung findet in Memphis/Tennessee statt, einer amerikanischen Stadt, die vor allem durch Elvis bekannt war. Doch im Verlaufe der Geschichte spielen auch andere Orte eine Rolle, so Nashville, die Cayman Islands, Panama City Beach.

DIE HAUPTFIGUREN:
MITCH MCDEERE:
Ihn, den fünfundzwanzigjährigen, lernt der Leser als Jura-Student kennen, der kurz vor seinem Examen steht. Mitch stammt aus einfachen Verhältnissen. Im Studium gehörte er zu den Besten. Kein Wunder, dass er bei den Job-Angeboten die Qual der Wahl hat. Auch eine Firma (wie die Kanzleien genannt werden) in Memphis ist an Mitch interessiert und macht ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann. Als Anwalt wird er zum Workaholic, vernachlässigt dabei seine Frau. Denn seine Vorgesetzten locken ihn mit immensen Verdienstmöglichkeiten.
Doch dann blickt Mitch hinter die Kulissen und sein Kampf gegen die Firma und gegen die Mafia beginnt.
Der junge Anwalt ist ganz klar von Grisham als Held des Romans gezeichnet. Auf ihm liegt während der gesamten Erzählung der Schwerpunkt. Dabei wirkt Mitch die ganze Zeit sympathisch, da er versucht, das Richtige zu tun. Gerade weil er ohne viel Geld aufgewachsen ist, will er für sich und seine Frau ein sicheres Leben und arbeitet dafür auch etwas mehr als der Durchschnittsmensch. Als er merkt, dass er den falschen Weg eingeschlagen hat, nutzt er seine Fähigkeiten, um seinen Hals zu retten und gleichzeitig für Gerechtigkeit zu sorgen.

ABBY MCDEERE:
Mitschs attraktive Frau ist ebenfalls Mitte zwanzig. Auch sie genießt es, aus dem Leben eines nicht sehr wohlhabenden Studentenpaares direkt ins eigene, luxoriös ausgestattete Haus zu ziehen. Dennoch arbeitet auch sie. Im Gegensatz zu ihrem Mann ist Abby allerdings wesentlich unwichtiger. Sie stärkt ihm zwar den Rücken, hilft ihm am Ende auch, die Verschwörung der Firma aufzudecken. Doch insgesamt ist ihre Rolle wesentlich blasser als die von Mitch.

WAYNE TARRANCE:
Der FBI-Mann tritt überraschend mit dem noch unbedarften Jung-Anwalt McDeere in Verbindung. Er klärt Mitch darüber auf, dass die so glorreich und erfolgreich wirkende Firma tatsächlich für die Mafia arbeitet und versucht ihn dazu zu bewegen, die Verschwörung aufzuklären. Auch er gehört ganz klar zu den Guten, ist aber ebenso wie Abby deutlich blasser als Micht gezeichnet.

TAMMY HEMPHILL:
Bei ihrem ersten Auftritt in der Geschichte kann man sie für eine langweilige Randfigur halten. Sie sitzt im Vorzimmer eines dubiosen Detektives, der mit Mitchs Bruder Ray im Gefängnis war. Doch nach dem Tod dieses Detektives findet der junge McDeere in Tammy, die dann auch unter anderem unter dem Namen Doris Greenwood auftritt, eine echte Hilfe. Gemessen an der Hauotfigur Mitch ist sie aus meiner Sicht noch der zweitwichtigste Charakter des Romans. Denn Tammy sorgt mit Wandlungsfähigkeit (indem sie in verschiedene Rollen schlüpft) und Risikobereitschaft noch am ehesten dafür, dass die Geschichte spannend ist.


DIE HANDLUNG:
Mitch McDeere, ein Jura-Student, der kurz vor dem Examen steht, hat verschiedenste Möglichkeiten, wo er nach dem College beginnen könnte, u.a. wirbt auch die Wall Street um ihn. Das Vorstellungsgespräch bei Bendini, Lambert & Locke, einer Anwaltskanzelei in Memphis, nimmt er eigentlich nur wahr, um seinen Marktwert zu testen. Doch dann macht ihm die Firma, wie sie kurz genannt wird, ein großartiges Angebot: Mitch soll einen herausragenden Monatslohn, einen BMW und großartige Aufstiegsmöglichkeiten erhalten. Darüber hinaus will die Firma ihm ein luxoriöses Haus vorfinanzieren. Für die McDeeres klingt das traumhaft. Sie, Abby, hat zwar ganz wohlhabende Eltern, aber Mitch ist ohne großes Geld im Hintergrund aufgewachsen. Er nimmt an.
Bevor er jedoch richtig in Memphis seine Arbeit aufgenommen hat, sterben zwei Mitglieder der Kanzlei. Doch das scheint zunächst nur ein tragischer Zwischenfall.
Mitch arbeitet viel, zuviel, vernachlässigt Abby, die zwar einen Job annimmt und sich mit der Frau eines Kollegen von Mitch anfreundet, ihn aber dennoch vermisst. Nach einer Weile tritt Wayne Tarrance an Mitch heran, warnt ihn, dass die Firma mit der Mafia in Verbindung steht und das in großem Stil. Die beiden toten Anwälte sollten dazu beitragen, die Verschwörung auffliegen zu lassen. Nun setzt das FBI alle Hoffnungen auf Mitch. Er soll Unterlagen besorgen, mit deren Hilfe alle Anwälte der Firma und zahlreiche Mafia-Angehörige ins Gefängnis gebracht werden können.
Doch auch von der anderen Seite kommt Druck. Denn bei Bendini, Lambert & Locke blickt man genau auf alle Anwälte. Und so wird auch das Haus und das Auto der McDeeres verwanzt, damit die Firma alle Gespräche verfolgen und im Notfall eingreifen kann.
Mitch steckt in der Klemme. Er stellt mit Hilfe des Detektivs Eddie Lomax fest, dass tatsächlich etwas mit der Firma nicht stimmt. Doch wenn er die Kanzlei dem FBI ans Messer liefert, riskiert er die Rache der Mafia und ganz nebnbei ein gutes und sicheres Auskommen ....
Klar, dass bei dieser Konstellation Spannung angesagt ist.

ERZÄHLWEISE:
Ich hab es ja bereits angedeutet: Der Fokus des Romans liegt auf Mitch. Sein Handlungsstrang zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Allerdings wird die Geschichte in der dritten Person erzählt. Man erlebt die Geschehnisse dadurch mit ihm, sieht sie aber nicht komplett durch seine Augen. Neben dem Strang Mitch gibt es wie Versatzstücke verschiedene andere. So ist man als Leser mal an der Seite von Abby, dann an der von Tammy, an der von Wayne Tarrance oder an der Seite der Bosse von Bendini, Lambert & Locke. Dadurch ist man Mitch immer ein Stück voraus, denn man weiß mehr als er, kennt auch die Listen seiner Vorgesetzten, die ihn mit abhören, weiß um die Ziele des FBI.

MEINE EINDRÜCKE:
Spannend ist dieser Grisham allemal. Ein Grund ist, dass er das typische Motiv des amerikanischen Traumes wählt, eines Mannes, der clever ist und es aus eigener Kraft von ganz unten nach ganz oben schafft. Dieses Thema wird mit dem Spannung versprechenden von Mafia-Verstrickungen varriiert. Damit schafft es John Grisham, einen Sog zu entwickeln, der dafür sorgt, dass man immer weiter lesen möchte.
Doch der Roman hat auch seine Schwächen. Ich mag es zwar nicht, wenn es zu viele gleichwertige Handlungsstränge gibt (wie es bei einem meiner Lieblingsautoren, Ken Follett, manchmal zu sehr der Fall ist). Bei Die Firma geraten allerdings für meinen Geschmack die anderen Figuren zu schwach, weil sie zu wenig Raum haben und dadurch natürlich auch nicht sonderlich komplex gezeichnet sind. Statt dessen verrennt sich Grisham etwas darin, eine Vielzahl von Charakteren (z.B. diverse Männer, die Mitch von Seiten der Firma beschatten sowie im umgekehrten verschiedenen FBI Angehörigen) in die Geschichte einzubringen ...

JOHN GRISHAM:
Der Amerikaner ist selber Jurist. Kein Wunder also, dass in seinen Romanen immer wieder Gerichte, Anwälte und ähnliche Themen auftauchen, so auch in seinen ebenfalls recht bekannten Romanen Die Jury und Die Kammer. An der Mississippi State University hat Grisham studiert, war in dem US-Bundesstaat auch als Abgeordneter im Repräsentantenhaus.

PREIS:
Ich habe die englischsprachige Ausgabe von The Firm im Internet bei E-Bay für 4 Dollar ersteigert. Der Roman ist bei Doubleday in der Taschenbuchform 1992 aufgelegt worden und war in Deutschland für 21 DM zu haben.

FAZIT:
Wer Spannung will, der macht mit Die Firma nichts verkehrt. Auch wenn Grisham als Jurist sicher einiges von der fachlich korrekten Seite beschreibt, so ist sein Roman nicht nur was für Leute mit einem Rechtsstudium. Denn die Geschichte ist eine Gradwanderung zwischen Traum und Alptraum: Dem Traum, durch Können und harte Arbeit Wohlstand zu erreichen und dem Alptraum, ungewollt und unwissend plötzlich in gefährlichen Verstrickungen gelandet zu sein, die einem Kopf und Kragen kosten können. Mit Mitch McDeere gibt es eine Hauptfigur, die einen Sympathiewert besitzt. Er ist ein Mann, mit dem man sich identifizieren kann, weil er aus eigener Kraft einiges erreicht hat. Die einzige Schwäche ist, dass die weiteren Figuren nicht stark genug geraten sind. Hier fällt mir allenfalls Tammy, die Sekretärin, positiv aus. Welche tragende Rolle sie spielt, das sollten am besten all die, die ich neugierig gemacht hab, selber nachlesen. Das Buch lohnt auch, wenn man die (ziemlich gute) Verfilmung mit Tom Cruise als Mitch schon kennt. Von mir gibt es wegen der erwähnten Schwächen einen Stern Abzug, aber auf alle Fälle eine Empfehlung!

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