Halle Testbericht

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Erfahrungsbericht von schneeweisschen

Ein Stadtbummel mit Meta und Musspritze

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Es ist passiert. Schon nach meinem Halloren-Kugeln-Bericht habe ich überlegt, ob ich denn naheliegenderweise auch einen Bericht über meine Geburtsstadt Halle/Saale schreiben soll. Und nun hatten wir auch noch die Weihnachtsfeiertage in Halle verbracht! Da gibt es kein Halten mehr für Schneeweisschen.

Ich lebe seit 4 ½ Jahren (Gott, wie die Zeit vergeht) 420 km entfernt von meiner Geburtsstadt und kann Halle somit mit ein wenig mehr Abstand in Augenschein nehmen. Irgendwie neigt man ja dazu, seinen aktuellen Wohnsitz immer mit einer Art Silberblick zu betrachten und negative Sachen unter den Teppich zu kehren. Auf der anderen Seite hat man aus der Ferne einen viel selektiveren Blick, der einem gestattet, die wirklich schönen Seiten besonders schön zu finden und nicht als Selbstverständlichkeit zu betrachten.

Allgemeines und ein kleines bisschen Geschichte
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Halle / Saale ist die grösste Stadt in Sachsen-Anhalt und liegt an einem Fluss (wer errät, wie der heißt, bekommt eine Extralesung von mir ;-)).

Ca. 250 000 Menschen leben hier mehr oder weniger glücklich. Ich kann mich erinnern, dass es zu DDR-Zeiten 100 000 Einwohner mehr waren. Doch die Arbeitslosenquote von 20 % (!!) hat zu einer wahren Flucht in andere Gegenden des Landes geführt. Außerdem sind tausende Hallenser aus den Neubaugebieten in Vororte von Halle gezogen oder haben ein Häuschen im Grünen gebaut. Etliche Hochhäuser sind inzwischen abgerissen worden, weil kaum noch Wohnungen belegt waren. Auch das Haus, in dem ich meine letzten 13 Halle-Jahre verbracht habe, steht nicht mehr * schluchz * .

Halle hat in seiner Geschichte zwei große „Karrieren“ erlebt. Da wäre zum einen die Salzsiede-Epoche im Mittelalter, über deren Spuren man in Halle immer wieder stolpert: sei es im Saline-Museum oder beim Genuss von Hallorenkugeln...
Die zweite „Karriere“ fand zu DDR-Zeiten statt. Das Gebiet Halle und Umgebung war die bedeutendste Chemieregion der DDR. Die bekanntesten Werke waren Leuna und Buna. Schneeweisschen will euch nicht auf den Arm nehmen, wenn sie erzählt, dass in einigen Vororten von Halle die Dächer weiß waren von dem Chemiedreck und die Wäsche bei ungünstiger Windrichtung besser nicht im Freien getrocknet wurde. Diese Zeiten sind längst vorbei. Die Luft ist sauber (zumindest empfindet man es so) und die Wäsche schnuppert nach Weichspüler und nicht nach seltsamen Gasen. Dafür sind aber jetzt wie erwähnt auch viele viele Menschen arbeitslos.

Die Anreise
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Viele Leute haben sich bei Schneeweisschen beklagt, dass Halle so hässlich sei. Bei genauerem Nachfragen stellte sich aber meistens heraus, dass sie allein der Eindruck bei ihrer Anreise nach Halle abgeschreckt hat. Und das kann ich nur zu gut verstehen. Ich bekomme jedesmal einen Schock, wenn wir z.B. über die B6 nach Halle rein fahren. Gleich die ersten Häuser, die man dort zu Gesicht bekommt, stehen leer und verdienen eigentlich den Gnadenstoss einer Abrissbirne. Ähnlich unansehnlich ist für mich der Riebeckplatz, der Hauptknotenpunkt der Stadt. Jeder, der mit der Bahn ankommt, hat kaum eine Chance, den übersehen. Ein klassisches Beispiel sozialistischer Baukunst. Hässliche Plattenbauten, das ehemalige „Haus des Lehrers“ steht seit Jahren leer und verfällt. Das einzige Gebäude, was das Auge nicht verletzt, ist das Hotel „Maritim“. Aber wirklich schön ist es auch nicht.

Daher mein Tipp: lasst euch nicht schocken, sondern glaubt Schneeweisschen, die euch auch viele schöne, aufregende und einzigartige Dinge in Halle verspricht.

Unterkünfte
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Neben dem Hotel „Maritim“ halte ich zwei Hotels für empfehlenswert. Mein Favorit: das Hotel „Kempinski Rotes Ross“ auf dem Boulevard. Ein sehr hübsches kleines Haus mit einem fabelhaften Restaurant und wunderbar romantischem Ambiente. Leider allerdings nicht ganz billig.

Tipp Nr. 2 befindet sich nur ca. 200 m Luftlinie entfernt: das Dorint-Hotel „Charlottenhof“. Noch relativ neu und sehr gepflegt.

Beide Hotels sind einen Katzensprung vom Herz der Stadt, dem Marktplatz, entfernt.

Sehenswürdigkeiten
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Der Markt

Wenn man sich in Halle verabredet, dann ist das meistens am Händeldenkmal (zu Händel komme ich etwas später) auf dem Marktplatz. Händel steht ziemlich exakt in der Mitte vom Markt und schaut zum Roten Turm, der übrigens der einzige freistehende Glockenturm Deutschlands ist und das größte Glockenspiel der Welt sein eigen nennt. Hättet ihr jetzt nicht gedacht, oder? Das Halle auch für Rekorde gut ist? Tja, die Stadt wird oft unterschätzt.

Weiterhin sehenswert sind die Marienkirche, bekannt aber eher unter dem Namen Marktkirche. Die Hallenser sind in solch einer Beziehung immer eher unkonventionell. Hier predigte Martin Luther mehrmals. Seine Totenmaske und der Abdruck seiner Hände sind im Gotteshaus aufbewahrt.

Schneeweisschen hat jedoch ein ganz anderes Lieblingsgebäude: das Stadthaus. Könnte daran liegen, dass sie hier den liebsten Mann der Welt geheiratet hat. Das Stadthaus beherbergt nämlich das Standesamt. Ich kenne mich in der Architektur nicht so gut aus, aber ich glaube das Gebäude ist im Jugendstil gebaut (wer es besser weiß, schreibe mir bitte einen Kommentar / mein Mann meint es seien viele verschiedene Stilrichtungen). Besonders süß finde ich das schiefe Türmchen auf dem Dach. Fast jeder Hallenser heiratet im Stadthaus, weil es eine tolle Alternative zur Kirche ist. Die Mehrheit der Hallenser heiratet nur standesamtlich, weil sie halt nicht in der Kirche sind.

Burg Giebichenstein und Moritzburg

Sehr malerisch über der Saale gelegen befindet sich die Burg Giebichenstein, die sich auch als Kunsthochschule einen Namen gemacht hat. Von oben hat man einen tollen Blick über die Saale bis hin zum Bergzoo.

Ebenfalls sehenswert, besonders im Rahmen einer Führung ist die Moritzburg, die nicht weit vom Markt entfernt ist. Hier finden im Sommer auch Open Air Theateraufführungen im Hof statt.

Bergzoo

Halle hat einen wunderschönen Zoo, der sich - wie der Name vermuten lässt – auf einem Berg befindet und auf alle Fälle einen Besuch wert ist (besonders natürlich mit Kindern).

Das Paulusviertel

Wer etwas Zeit hat und immer noch nicht glaubt, dass Halle sehr wohl viele schöne Seiten hat, sollte sich das Paulusviertel anschauen, ein Wohnviertel mit traumhaft sanierten Villen.

Die großes Söhne der Stadt und ein wenig Kultur
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In Halle wurden einige sehr berühmte Menschen geboren. Der wohl bekannteste ist Georg Friedrich Händel, dem zu Ehren jedes Jahr im Juni die weltbekannten Händelfestspiele veranstaltet werden. Wer zu dieser Zeit Halle einen Besuch abstatten möchte, sollte rechtzeitig ein Zimmer reservieren.
Händels Geburtshaus befindet sich in einer Seitenstrasse vom Marktplatz und ist zu einem Museum umgestaltet worden.

Apropos Museum: seit 2000 gibt es in Halle ein Beatles-Museum (wieso ausgerechnet in Halle? Keine Ahnung!). Laut Halle-Homepage www.halle.de ist es die weltweit größte Beatles-Einrichtung, also mit Sicherheit für Fans eine extra Reise nach Halle wert.

Liebling fast aller Hallenser und Ehrenbürger der Stadt ist Hans-Dietrich Genscher, der ebenfalls in Halle geboren wurde, wie auch Lionel Feininger und August Hermann Francke, um nur mal einige Namen zu nennen.

Und Schneeweisschen wurde ja auch ein Halle geboren, aber wohl eher als Tochter der Stadt. Und berühmt bin ich irgendwie auch (noch) nicht...

Halle bietet einiges an wunderbaren kulturellen Einrichtungen, wie z.B. die Konzerthalle am Boulevard, das Opernhaus, das Neue Theater (dessen Intendant übrigens der Tatort-Star Peter Sodann ist), das Steintor-Varieté, das Salinemuseum, eine neue Konzerthalle des MDR (mitteldeutscher Rundfunk), Kinos, Diskotheken (z.B. Easy-Schorre)und und und...

Was zum Teufel ist denn der Boulevard?
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Schneeweisschen ist gemein: haut euch Namen um die Ohren, die irgendwie nicht so recht zu einer Stadt passen wollen, die den Ruf hat, grau und hässlich zu sein.
Der Boulevard ist die Haupteinkaufsstraße von Halle. Eigentlich heißt er Leipziger Straße, aber kaum jemand nennt ihn so. Er ist die direkte Verbindung zwischen Markt und Riebeckplatz und wurde in den letzten Jahren fast komplett saniert. In den ersten Jahren nach der Wende gab es hier viele Ramschläden, inzwischen macht es aber wieder Spaß, hier bummeln zu gehen.

Das Laternenfest
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Neben den Händelfestspielen gibt es noch ein großes Ereignis, dass jedes Jahr am letzten Wochendende im August viele Besucher in die Saale-Stadt zieht: das Laternenfest. Es findet auf der Peissnitz-Insel direkt an der Saale statt und präsentiert sich als riesiges Volkfest. Höhepunkte sind das traditionelle Fischerstechen (Teams in Booten versuchen, den Gegner mit Hilfe von langen Stangen ins Wasser zu befördern), das Entenrennen (man kauft sich ein Plasteentchen mit einer Startnummer und hofft, dass diese von allen Entchen am schnellsten das Ziel der Rennstrecke auf der Saale erreicht – immer ein Riesengaudi) und das Höhenfeuerwerk.

Wie komme ich denn da überall hin?
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Halle hat ein gut ausgebautes Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln. Das wichtigste ist die Strassenbahn. Und so preisgünstig wie in Halle sind die öffentlichen Verkehrsmittel kaum anderswo. Wer dennoch nicht auf das Auto verzichten möchte, findet jede Menge Parkmöglichkeiten in zentraler Lage, die dann aber im Zentrum natürlich auch Geld kosten.

Halloren-Kugeln
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Diesen fantastischen Pralinen habe ich bereits einen eigenen Bericht gewidmet, möchte sie hier aber der Vollständigkeit halber unbedingt empfehlen.

Die Hallenser und ihre Macken (ein kleiner Halle-Knigge)
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Der wichtigster Hinweis zuerst: wenn ihr einen Hallenser nicht beleidigen wollt, dann solltet ihr Halle auf keinen Fall in Sachsen vermuten. Auch wenn Leipzig gerade mal 40 km entfernt ist und sich die beiden Städte gut verstehen.

Hallenser sind sehr stolz und legen Wert auf ihre eigene Identität.

Hallenser haben einen eigenen Dialekt. Für ungeübte Ohren mag er sächsisch klingen, aber ihr wisst ja ... Wer die ganze Zeit über die Überschrift nachgegrübelt hat: Meta ist das hallesche Wort für Tasche und eine Musspritze ist schlicht und ergreifend ein Regenschirm.

Wenn ihr diese kleinen Regeln beachtet, werdet ihr mit Sicherheit viele liebe Menschen in Halle kennenlernen, die euch vielleicht noch weitere (Geheim) tipps geben können.

Mein Fazit oder „endlich kommt die Mal zum Schluss“
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Sicher gibt es schöner Städte als Halle, aber auch hässlichere. Halle wird auch die „Diva in Grau“ genannt. Diesen Namen finde ich absolut passend.
Leider ist ausgerechnet der erste Eindruck negativ, aber den sollte man nicht zu wichtig nehmen.

In Halle gilt eindeutig: Wer suchet, der findet....

Danke für eure Ausdauer beim Lesen und ganz besonders liebe Grüsse gehen hiermit an alle Hallenser von

dem sehnsüchtig an die Heimat denkenden Schneeweisschen

* auch auf anderen Plattformen veröffentlicht im Januar 2002

15 Bewertungen, 1 Kommentar

  • rollo22

    01.04.2002, 04:10 Uhr von rollo22
    Bewertung: sehr hilfreich

    Da ich ja auch waschechter Hallenser bin gebe ich ein sehr nützlich! Halle ist sehr umfangreich und sehr gut beschrieben und mir fällt nichts ein was ich noch hinzufügen könnte!