Bahnwärter Thiel (Taschenbuch) / Gerhart Hauptmann Testbericht

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Erfahrungsbericht von kurtm1

Ein Bahnwärter und seine Familientragödie

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Autor: Gerhart Hauptmann wird 1862 in Schlesien geboren. Nachdem Hauptmann von der Realschule verwiesen wird, beschließt er eine landwirtschaftliche Ausbildung zu beginnen, die er jedoch auch abbrechen muss (gesundheitliche Probleme). Nach zwei Studien an den Universitäten Jena und Berlin, und fünf Jahren Aktivität als Bildhauer zieht er frisch verheiratet in die Nähe Berlins wo 1887 die Novelle „Bahnwärter Thiel“ entsteht. Hauptmann gründet zwei Jahre darauf den Verein „Freie Bühne“, der viele seiner Werke inoffiziell und ohne Zensur aufführt. 1892 publiziert er sein bedeutendstes Werk „Die Weber“. In den weiteren Jahren werden ihm viele Preise verliehen, darunter der Literaturnobelpreis (1912) außerdem trennt sich Hauptmann wieder von seiner Frau. Als der Nationalsozialismus aufkommt, zieht sich Gerhart Hauptmann zurück und stirbt letztendlich 1946.
Werke: Bahnwärter Thiel (1887), Die Weber (1892), Die Ratten (1911)

Allgemeines zum Text:
Titel: Bahnwärter Thiel
Textsorte: Novelle
Thema: Die Geschichte eines Bahnwärters der seiner verstorbenen Frau nachtrauert und nach dem Verlust seines Sohnes aus erster Ehe in eine psychische Krankheit verfällt, die ihn zum Töten treibt.
Historisch: In dieser Novelle werden die typischen Themen des Naturalismus, wie zum Beispiel aufzeigen der Probleme des Arbeiterstandes, behandelt. Allerdings verschwinden diese Themen eher im Hintergrund und können hier nicht als wichtig eingestuft werden, da Thiel sich die meisten Probleme durch seine Krankheit selbst schafft.

Inhaltsangabe: Bahnwärter Thiel wird durch den Tod seiner ersten Frau Minna, mit der er auch einen Sohn namens „Tobias“ hat und die er über alles liebt, schwer getroffen. Da Thiel seinen Sohn nicht ohne Mutter aufwachsen sehen will heiratet er, nur aus diesen praktischen Zwecken, Lene. Auch dieser Ehe entspringt ein Kind. Als Lene eines Tages zum Bahnwärterhäuschen kommt, in dem Thiel seinen Dienst verrichtet, um Kartoffel auf dem angrenzenden Acker anzubauen, geschieht das Unglück: Tobias, von Lene unbeaufsichtigt, wird von einem Zug erfasst und stirbt an seinen schweren Verletzungen. Thiel, der zusammenbricht als er die Nachricht hört, wird in sein Haus gebracht. Hier tötet er Lene und seinen zweiten Sohn. Am nächsten Morgen wird Thiel an der Unfallsstelle, auf den Gleisen sitzend, vorgefunden. Er sträubt sich dagegen den Platz zu verlassen, er wird jedoch gleich in eine geschlossene Anstalt eingewiesen.

Analyse des Inhalts:
Raum, Zeit, Milieu: Die Geschichte spielt in einem sehr einfachen Umfeld. Die Bewohner sind alle Arbeiter und ungebildet, kurz gesagt einfache Leute. Die Religion spielt eine große Rolle und die Gerüchteküche brodelt ständig. In welchen Jahren die Handlung genau geschieht wird nicht erläutert, allerdings wird es sich mit Sicherheit um Jahre des Naturalismus drehen.

Personencharakteristik:
Minna: Minna kommt in dem Buch selbst nicht vor, sie wird nur von anderen Personen beschrieben. Aus diesen Erzählungen und Beschreibungen kann man herauslesen dass Minna eine zarte, kränkelnde und empfindliche Erscheinung war, mit der Thiel eine perfekte Ehe führte. Sie wird als sehr religiös eingestuft und sie ist Dorf das Tratsch – Thema Nummer eins. Minna ist der perfekte Gegensatz zu Lene und bekommt in Thiels Bahnwärterhäuschen einen eigenen „Tempel“ geweiht in dem er sie verehrt.
[Zitat:
„Zwei Jahre nun saß das junge, zarte Weibe ihm zur Seite in der Kirchenbank; zwei Jahre blickte ihr holwangiges, feines Gesicht…“, Seite 3]

Lene: Lene hat eine robuste, kräftige Statur die ausreicht um Thiel in die Schranken zu weisen. Dass die Ehe nicht aus Liebe geschlossen wurde kann man an ihr perfekt erkennen: Sie dominiert Thiel zunehmend, wird immer herrschsüchtiger und schlägt Tobias heimlich. Für Thiel ist sie nur die gratis Haushälterin die ihm genau richtig kommt, da er finanziell sehr angeschlagen ist, und kein bisschen mehr. Thiel wird dadurch von ihr abhängig und lässt ihr alles durchgehen, Lene kann sich alles erlauben.
[Zitate:
„Drei Dinge jedoch hatte er, ohne es zu wissen, mit seiner Frau in Kauf genommen: eine harte, herrschsüchtige Gemütsart, Zanksucht und brutale Leidenschaftlichkeit“, Seite 5
„Eine Kraft schien von dem Weibe auszugehen, unbezwingbar, unentrinnbar, der Thiel sich nicht gewachsen fühlte“, Seite 17]

Thiel: Bahnwärter Thiel ist die wichtigste Person, und auch letztendlich die einzige überlebende, die direkt mit der Handlung im Zusammenhang steht. Thiel ist von seiner ehemaligen Frau Minna noch immer tief beeindruckt und kann sie nicht vergessen. Ihr zuliebe verwandelt er sein Bahnwärterhäuschen in einen kleinen Tempel in welchem er ungestört seiner alten Liebe nachtrauern kann ohne gestört zu werden. Für den Bahnwärter ist Tobias nach Minnas Tod in den Lebensmittelpunkt gerückt, er versucht ihn, der als letzte wirkliche „Erinnerung“ auftritt, ein schönes Leben zu verschaffen. Weiters trennt Thiel die beiden Welten Minna und Lene strikt und passt sich der gewünschten Situation genau an. Zuletzt treibt ihn der Hass und sein ständiges träumen zwischen Realität und Traum, an den Rand der Vernunft und er tötet Lene und den zweiten Sohn.
[Zitate:
„Die endlosen Predigten seiner Frau ließ er gewöhnlich wortlos über sich ergehen…“, Seite 6
„Eine verblichene Photographie der Verstorbenen vor sich auf dem Tisch, Gesangbuch und Bibel aufgeschlagen, las und sang er abwechselnd die lange Nacht hindurch…“, Seite 7]

Tobias: Tobias kann als Auslöser der Morde bezeichnet werden. Als Thiel auch noch die letzte Hoffnung und Erinnerung verliert, sieht er keinen anderen Ausweg mehr als „die Schuldige“, Lene, zu töten. Wie sehr er mit seinem Sohn verbunden war, kann man erkennen als Thiel sich auf die Geleise, genau bei der Unfallstelle, setzt.

Analyse der Form:
Aufbau, Handlungsführung, Erzählverhalten: Bahnwärter Thiel ist wie man es von Novellen kennt aufgebaut: Eine kurze und auf das wesentliche beschränkte Handlung, eine starke Konzentration auf das Thema und ein Höhepunkt an dem die Geschichte einen ungeahnten Weg einschlägt. In Hauptmanns Werk ist der Erzähler neutral. Der Höhepunkt der Handlung ist sicher der Tod von Tobias der auch den Schluss einleitet. Spannung wird vor allem durch die Träume des Bahnwärters erzeugt, man erkennt deutlich dass er extrem an seiner alten Frau hängt und auch nicht loslassen will. Was außerdem auffällt sind die oft über Seiten andauernden Naturbeschreibungen die im Sekundenstil (wie in Zeitlupe) gehalten wurden geschrieben sind. Jedes noch so kleine Detail wird ausführlich beschrieben, nichts wird weggelassen.

Analyse der Sprache: An der Sprache kann man eigentlich keine wirklichen Auffälligkeiten erkennen, obwohl dieser Text schon über hundert Jahre alt ist. Die verwendete Sprachform ist die Hochsprache und ich konnte keine unbekannten Wörter auffinden. Die Sätze sind nicht nur lang oder nur kurz es gibt alle möglichen Variationen.

12 Bewertungen, 5 Kommentare

  • telles

    10.11.2005, 17:47 Uhr von telles
    Bewertung: sehr hilfreich

    hat mir gefallen

  • Chrillemaus

    10.11.2005, 17:45 Uhr von Chrillemaus
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr schön

  • animaldream

    10.11.2005, 17:40 Uhr von animaldream
    Bewertung: sehr hilfreich

    klasse Bericht! LG animaldream

  • MasterT86

    10.11.2005, 14:40 Uhr von MasterT86
    Bewertung: sehr hilfreich

    Mussten wir auch in der Oberstufe lesen, fand es aber ganz gut, schließlich hat man auch schlimmeres gelesen. Lg

  • Nightmare

    10.11.2005, 14:07 Uhr von Nightmare
    Bewertung: sehr hilfreich

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