Die Wand (Taschenbuch) / Marlen Haushofer Testbericht

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ab 8,52
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Erfahrungsbericht von LilithIbi

Ruhe – doch nicht der Art, die ich einst wünschte

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

„Die Lichtung“ nahm mich so in ihren Bann, dass ich anschließend endlich jenes Buch las, welches schon seit Urzeiten auf meiner Wunschliste stand ~ und welches ich erst in diesem Jahr über „Tauschticket“ in meinen Besitz eingliedern konnte.


//DIE WAND//

von Marlen Haushofer wurde einstig in einer Zeitschrift vorgestellt; der Roman wurde in einer Sonderedition veröffentlicht und sollte 19,95 EUR kosten. Unwissend wie ich war, dachte ich, ich warte einfach auf die Taschenbuchausgabe, um noch ein paar Cent einzusparen. Mir war völlig unbekannt, wie „alt“ das Werk schon ist ~ und selbst beim Lesen wunderte ich mich nur kurz über den Ausdruck „Erdapfel“, eben weil mir „Kartoffel“ viel gebräuchlicher zu sein schien.

Erst durch das liebenswert gestaltete Nachwort wurde mir klar: die Autorin Marlen Haushofer ist nicht nur bereits verstorben, vielmehr wurde „Die Wand“ bereits 1968 geschrieben. Die mir vorliegende Ausgabe erschien als List Taschenbuch und wird von einem irgendwie eindringlich wirkenden Cover geziert.

//DIE UMSETZUNG DER STORY//

wirkt zweifelsohne aktuell; wie gesagt, mir ist beim lesen gar nicht aufgefallen, dass die Handlung „anno tobak“ spielte ~ zu allgegenwärtig könnte jenes Geschehnis sein.
Das Geschehnis, welches beispielsweise auf S. 134 in all seiner stillen Dramatik zum tragen kommt:

„Vielleicht war ich der einzige Mensch auf der Welt, der sich an jenes alte Lied erinnerte. Etwas, das gut und schön geplant war, hatte sich übel entwickelt und war schlimm ausgegangen. Ich durfte mich nicht beklagen, denn ich war ebenso schuldig oder unschuldig wie die Toten. So viele Feste hatten die Menschen schon erschaffen, und immer hatte es einen gegeben, mit dem die Erinnerungen an ein Fest gestorben war. Mit mir stirbt das Fest der Kinderlein all. In Zukunft wird ein verschneiter Wald nichts anderes bedeuten als ein verschneiter Wald und eine Krippe im Stall nichts anderes als eine Krippe im Stall.“

~ Was dem ganzen voranging, kann selbst der Leser, der den Roman vollendet hat, nicht wirklich beantworten. Wie in Jean Heglands „Lichtung“ liest sich das Geschehene aus der Berichterstattung einer Überlebenden; jene, die nichtmal mehr ihren Namen nennt, wacht eines Tages auf und stellt fest, dass sich mitten im Wald eine Wand errichtet hat. All jene Lebewesen jenseits der Wand sind wie erstarrt; die Erzählerin ist scheinbar die Einzige, die mitsamt ein paar Tieren zur rechten Zeit am rechten Ort war.
Doch ob dieser Ort im Anbebtracht der Umstände nicht eher der falsche war, fragt sich sicherlich über kurz oder lang auch der Leser.

Der Roman ist nicht wie so viele andere auf ein „Happy end“ aus ~ was nicht bedeuten muss, dass es hier zum grauenhaften Eklat kommt. Ein bisschen vielleicht schon, aber nicht wirklich. Am Ende der Sehnsüchte steht nun mal leider oftmals nur der Tod; wissen wir schon von Alexander Kaschte. „Die Wand“ stellt durchaus ein bedrückendes Buch dar; denn hier gibt es offenkundig keinen Ausweg; die Menschen schaffen es eben nicht, das Ruder nochmal herumzureißen. Genau das ist bedrückend, erdrückend, lastet auf der Seele ~ und ist eben nur realistisch.

Es mag nicht sonderlich spannend klingen, wenn ich hier preisgebe, dass 285 Seiten quasi von einer einzigen Person handeln. Nichtsdestotrotz will ich jedoch genau dies behaupten ~ „Die Wand“ hat mich von der ersten Seite an in ihren Bann gezogen.

Gewisse Paralelen zu „Die Lichtung“ lassen sich nicht abstreiten, wobei ich hier keinesfalls behaupten mag, dass jenes Buch ein Abklatsch von diesem ist. Mitnichten; beide sind auf ihre eigene bezaubernde Art und Weise etwas ganz besonderes. „Die Wand“ bringt den Leser genauso zum nachdenken, zum innehalten und grübeln wie „Die Lichtung“. Manchesmal ließ ich das Buch sinken, um die durch und durch bildhafte Sprach auf mich wirken zu lassen.
Es ist sicherlich nicht leicht, „Die Wand“ in einem Rutsch zu lesen ~ vielleicht sollte man das auch gar nicht. Viel zu viele kleine, und doch so bedeutende Wahrheiten stecken hier zwischen den Zeilen, buchstäblich im Detail.

Auch arbeitet Marlen Haushofer viel mit versteckter Psychologie, die Gedanken der Erzählerin scheinen nicht nur zufällig abzuschweifen ~ beinahe schon zu offensichtlich sind hier Botschaften an den Menschen „versteckt“, der sich in dieser Welt viel zu lange viel zu wichtig nahm.


//SCHLUSSFOLGERUNG//

Zum Inhalt des Buches lässt sich vielleicht mehr sagen; doch ich wage zu behaupten, dass mehr nicht gesagt werden sollte. Lediglich versichern will ich noch, dass auch hier Momente der unvorhergesehenen Wandlung stattfinden, Rückblicke allerdings dann und wann etwas irreleiten und verwirren könnten ~ doch ich denke, genauso musste dieses Buch einfach sein.

So, und nicht anders. Mit einer einzigbaren Aussage, die dem Roman einen end.gültigen Platz in meinem Bewusstsein einnehmen lässt.





“Vielleicht sind die Menschen bedauernswerter, denn sie besitzen genauso viel Verstand, um sich gegen den natürlichen Ablauf der Dinge zu wehren. Das hat sie böse und verzweifelt werden lassen und wenig liebenswert. Dabei wäre es möglich gewesen, anders zu leben. Es gibt keine vernünftigere Regung als Liebe. Sie macht dem Liebenden und dem Geliebten das Leben erträglicher. Nur, wir hätten rechtzeitig erkennen müssen, dass dies unsere einzige Möglichkeit war, unsere einzige Hoffnung auf ein besseres Leben. Für ein unendliches Heer von Toten ist die einzige Möglichkeit der Menschen für immer vertan. Immer wieder muss ich daran denken. Ich kann nicht verstehen, warum wir den falschen Weg einschlagen mussten. Ich weiß nur, dass es zu spät ist.“

19 Bewertungen, 8 Kommentare

  • sandraberg

    10.11.2007, 16:56 Uhr von sandraberg
    Bewertung: sehr hilfreich

    bin auch wieder mal hier um das CIS abzuarbeiten *zwinker* -- nehme mir jetzt wieder mehr zeit für yopi :) glg sandra

  • anonym

    10.11.2007, 16:49 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh lieben Gruß und schönes Wochenende

  • LittleSparko

    10.11.2007, 15:12 Uhr von LittleSparko
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg, daniela

  • gerrhosaurus1978

    10.11.2007, 13:59 Uhr von gerrhosaurus1978
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG, Daniela

  • Miraculix1967

    10.11.2007, 10:12 Uhr von Miraculix1967
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schönes Wochenende, SH und LG Miraculix1967

  • waltraud.d

    09.11.2007, 21:21 Uhr von waltraud.d
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr hilfreich

  • Nettiteddy

    09.11.2007, 19:46 Uhr von Nettiteddy
    Bewertung: sehr hilfreich

    Gruß Anette

  • winki36

    09.11.2007, 17:25 Uhr von winki36
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sh und liebe Grüsse