Der Vogelmann (Taschenbuch) / Mo Hayder Testbericht

*** Inhalt ***

London, Frühling an der Themse.

Aber nicht jeder kann ihn genießen. Zumindest nicht jene fünf Frauen, die in einem Betonwerk aufgefunden werden. Stark geschminkt und mit chirurgischem Besteck zerschnitten. Und in jedem Brustkorb, direkt neben dem Herzen findet sich ein kleiner Fink, der lebendig in den Körper geraten sein muss und dort, so wie seine Wirtinnen, sein Leben ausgehaucht hat.

Detective Inspector Jack Caffery, frisch zum AMIP (Area Major Investigation Pool) versetzt, beginnt mit der gesamten Pool-Mannschaft die Suche nach dem zweifellos perversen Täter. So nebenbei hängt ihm noch das Verschwinden seines kleinen Bruders vor Jahrzehnten nach, der offensichtlich von einem Päderasten, der (noch immer) im Nachbarhaus residiert, zur Strecke gebracht wird und tagtäglich über die verzweifelten Versuche, ihn zu überführen spottet. Auch Cafferys Freundin, die ihm schon so auf die Nerven geht, dass er die Beziehung beenden will, überrascht ihn mit der Tatsache, dass sie wieder an Krebs erkrankt ist, und sein Gewissen kann den Ausbruch der Erkrankung nicht mit einer Trennung in Einklang bringen.

Solcherart belastet geht Caffery auf die Suche nach dem „Vogelmann“. Dabei kommen ihm noch die Kollegen in die Quere, die im Sinne einer schnellen Täterfindung weniger Aufklärungsarbeit leisten, sondern sich den erstbesten schwarzen Drogendealer schnappen, der mit den fünf Frauen, samt und sonders Prostituierte und bis auf eine Ausnahme alle drogensüchtig, Kontakt hatte.

Aber Caffery glaubt nicht an dessen Täterschaft. Sein Gespür lässt ihn andere Wege gehen. Er freundet sich mich einer Ex-Prostituierten an und Rebecca, wie das Mädel heißt, die jetzt als Malerin arbeitet, bringt ihn auf den richtigen Weg. Der Täter muss ein Nekrophiler sein, also ein Mensch, dem es Befriedung verschafft, sich seine körperliche Erleichterung an Leichen zu holen. Er kappt die Bindung zu seiner Freundin und überführt den Mörder, der sich jedoch des Zugriffs durch die Beamten entzieht, indem er von einer Themsebrücke springt und das Zeitliche segnet.

Somit wäre der Fall wohl gelöst und wir sind gerade in der Mitte des Buches angelangt.

Doch das Morden geht, trotz eindeutig überführtem Täter, weiter. Und Caffery muss erkennen, dass seine neuen Bekannten aus dem Huren- und Koksermilieu hochgradig gefährdet sind. Wenn er nicht binnen kürzester Zeit den oder die Täter dingfest macht.


*** Meine Meinung ***

Bis zum ausgesprochen grausigen Showdown verrate ich aber nicht, wie sich der Psychothriller von Mo Hayder, der sich sinngemäß „Der Vogelmann“ nennt und im Goldmann-Verlag unter der ISBN 3-442-45173-6 erschienen ist, weiter entwickelt oder gar endet.

Mo Hayder ist eine reichlich interessante Persönlichkeit. Die Frankfurter Rundschau bescheinigt der Autorin: „Der Vogelmann liest sich, als ob Thomas Harris, Patricia Cornwell und Martha Crimes gemeinsam einen Krimi geschrieben hätten“. Und dem ist wohl nicht viel hinzuzufügen.

Dass Mo Hayder weiß, wovon sie schreibt, ist nur zu verständlich. Mit 15 haut sie nach ihrer ersten Jugendstrafe aus dem „akademischen“ Elternhaus ab, jobbt in einer Bar, in der sich all die zweifelhaften Typen bewegen, heiratet, zieht nach Japan und bekommt durch Schwindeleien einen Job bei einer Zeitung, schlägt sich in einem Nachtlokal in Tokio durch und in ähnlichen Bereichen Vietnams. In den USA holt sie ihren Schulabschluss nach, erarbeitet sich einen Graduierung in Trickfilmtechnik und geht zurück nach London. Dort wird sie bald als leicht gestört apostrophiert, weil alle ihre Filme aus Plastilinfiguren immer in einem Blutbad enden. Doch auch diese Tätigkeit hängt sie an den Nagel und arbeitet in einer Sicherheitsfirma, um nebenbei ihren ersten Roman, eben den Vogelmann, schreiben zu können.

Dieser Thriller ist so ziemlich das härteste und perverseste Buch, dass ich in den letzten Jahren gelesen habe. Und doch ist es so faszinierend geschrieben, dass man bereits nach den ersten Seiten nicht aufhören kann zu lesen. Selten noch hat mich ein Krimi so gepackt, dass ich die Zeit vergessen habe und tatsächlich die ganze Nacht durchgelesen habe, um nach den überraschenden Wendungen endlich den Täter überführt zu wissen, den man zwar schon einige Zeit lang kennt, aber der Weg bis zum bitteren Ende ist damit noch lange nicht vorgezeichnet.

Für diesen Krimi kann man nur eine Empfehlung aussprechen. Gespannt kann man sein, wie der zweite Krimi mit dem Titel „Die Behandlung“ ist, der nach Aussagen der Autorin „noch ein klein wenig blutrünstiger“ ausgefallen ist. Na dann, Prost, Mahlzeit.