Hurricane Scheeßel Testbericht

No-product-image
ab 21,70
Auf yopi.de gelistet seit 09/2003

5 Sterne
(3)
4 Sterne
(0)
3 Sterne
(0)
2 Sterne
(0)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(0)

Erfahrungsbericht von *sannah*

Fangopackung inklusive - Hurricane 2oo2

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

„Kann ich meine Schuhe eigentlich waschen?“ „Die unteren zwanzig Zentimeter meiner Hose können bestimmt selbstständig stehen!“ „Toiletten, die sich in einem unbewegbaren Raum befinden, sind doch die saubersten!“ „Matratzen sind wirklich eine gute Erfindung!“

Das waren nur einige der Gedanken, die mir am Montag, den 24. Juni gegen 1:00 Uhr in den Kopf schossen, als ich vom diesjährigen Hurricane-Festival nach Hause kam. Ich war zum ersten Mal dort, andere Mitfahrer schon zwei bis vier Mal. Eine durchaus beachtliche Bilanz, wenn man bedenkt, dass es erstmals 1997 in der Nähe von Scheeßel stattfand. Seit 1999 hat es auch einen südlichen Zwilling, das Southside, mit dem (fast) gleichen, nur um einen Tag verschobenen Line-up. Inzwischen hat sich das Hurricane den dritten Platz in der Besucherstatistik der deutschen Festivals erkämpft, liegt es doch auch zeitlich direkt zwischen den großen MTV-Pfingstfestivals in Nürnberg und am Nürburgring und dem niederrheinischen Bizarre-Festival Mitte August.

WARNUNG: Dieser Artikel ist lang (er schreit nach einer Flatrate), zur besseren Orientierung habe ich Zwischenüberschriften in kapitalen Lettern eingefügt!

Die Festival-Vorbereitungen begannen schon weit vor dem 22.-23. Juni...

IM VORFELD
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Nachdem es sich so langsam herausgestellt hatte, dass aus meinem Freundeskreis acht Leute fahren, mich eingeschlossen (mit Ausnahme einer Person die gleiche Truppe, die auch schon in Dänemark urlaubte), und unser Kreditgeber nach einiger Zeit endlich auf die wiederholte versteckte Aufforderung „Hast du jetzt eigentlich schon die Karten bestellt?“ reagierte, war das Wichtigste eigentlich schon geklärt.
Die Karten kosteten €72,50 pro Stück, hinzu kam noch die Nachnahmegebühr, weil uns die Karten zugeschickt wurden. Im Preis enthalten sind alle Park-, Camping- und Vorverkaufsgebühren. Außerdem galten sie gleichzeitig auch noch als Bahntickets für die RB-Fahrt von Bremen oder Hamburg nach Scheeßel von Freitag bis Montag. Diese Funktion zu nutzen, wäre für uns aber äußerst unsinnig gewesen – schließlich fahren wir mit dem Auto von Soltau aus keine Dreiviertelstunde.
In der Woche vor dem Hurricane wurden unsere Pläne schließlich zwangsläufig konkreter. Neben der genauen Sitzplatzverteilung im Auto (wer fährt wann?) mussten auch noch die Einkäufe erledigt werden, denn man könnte zwar auch mit den Sachen, die auf dem Festivalgelände erhältlich sind, überleben, aber als preisbewusste Studenten wählten wir die Alternative der Selbstversorgung. Die Ravioli- und Dosenbierverkaufszahlen müssen kurz vor besagtem Wochenende wieder abrupt in die Höhe geklettert sein...

DIE ANREISE
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
„MFG gesucht!“ war wohl das Zauberwort bei der Planung. Ob mit der Bahn (auf der RB-Strecke Hamburg-Bremen hält der Zug in Scheeßel, vom Bahnhof ist es dann noch 1km per pedes) oder mit dem Auto, gemeinsam wird es billiger.
Mit dem PKW kommt man über die A1 bzw. A7 und dann über Rotenburg zum Festivalgelände, der Weg ist auch schon relativ früh ausgeschildert. Und irgendwann bleibt eh nichts anderes übrig, als sich hinten in den Korso einzureihen. Da ich unibedingt nicht früher anreisen konnte und mein Fahrer unbedingt noch das WM-Spiel Deutschland – USA sehen musste, gerieten wir am späteren Freitag Nachmittag in eine Kolonne von Leuten, die die gleichen Gedanken hatten... Nach nur 15-20 min Anfahrübungen rollten wir aber schon auf den Parkplatz, die Polizei und das Team hatten also sehr gut organisiert.

DAS GELÄNDE ALLGEMEIN
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Das eigentliche Festivalgelände, auf dem auch die Bühnen aufgebaut sind, ist ein Motocrossring (Eichenring) – das bedeutet: einige Tribünenplätze, ein festgefahrener Sandring und stoppelige Wiese (?) in der Mitte, die aber von Menschenmassen, Buden und sonstigen Ständen bevölkert wird.
Das Gelände zum Parken und Campen ist von Bauern angemietetes Ackerland. Und so sieht der Boden auch aus. Die „Hauptverkehrsadern“ auf dem Campingplatz sind Traktorspuren, wer sein Zelt auf Grasland aufbauen konnte, hat Glück gehabt, der Mehrheit musste sich jedoch mit Stoppelnfeldern begnügen. Tja, ich hatte Glück und unter Isomatte und Zeltplane keine Stoppeln im Kreuz, was aber auch nur daran lag, dass unsere Organisation geklappt hatte und wir unser Heim auf Zeit schon aufgebaut vorfanden.
Obwohl es während des Festivals nur in der Nacht von Samstag auf Sonntag ausdauernder regnete, war der Boden schon nach wenigen Stunden stellenweise nicht mehr problemlos betretbar. Ein nasser Frühling, die Hitzewelle eine Woche vorher und niederschlagreiche Gewitter zwei Nächte vor Beginn des Festivals hatten dazu geführt, dass der Boden partout keine Feuchtigkeit mehr aufnehmen konnte oder wollte. Dies wiederum äußerte sich in immer größer werdenden Matschpfützen auf dem gesamten Gelände – obwohl es in den Jahren vorher prozentual mehr geregnet hatte, sollte dieses Festival als nassestes Hurricane in die Annalen eingehen. Doch dazu später mehr...

PARKEN
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Drei Parkplätze an verschiedenen Ecken des Geländes gab es, die Wohnmobile wurden auf einen Extra-Parkplatz eingewiesen, auf dem sie auch gleich campen konnten. Für die Zeltbewohner waren Campen und Parken getrennt, so dass sich drei Parkplätze auch auf drei Campingareale verteilten.
War die Auffahrt zum Parkplatz noch mit einem Kies-Split-Gemisch aufgeschüttet, ging es für uns über die Weiten eines Kartoffelackers mit dementsprechenden Bodenwellen hin zu unserem endgültigen Standort – nachdem wir uns mit dem Einweiser über eine geeignete Entfernung zur Doppelreihe vor uns geeinigt hatten.
Tiefergelegte PKW werden auf dem Gelände ihre Freude (und mehrere Aufsetzer) gehabt haben, war das Gelände doch auf die Geländegängigkeit von Traktoren ausgerichtet. Die erkennbaren Matschlöcher hingegen konnte man auch umfahren, so dass die Reifen bei der Abreise zwar nicht mehr 100%-ig griffen (laut meinem Fahrer fuhr es sich wie auf massivem Glatteis), wir aber dennoch ohne stecken zu bleiben vom Gelände runterkamen – was die Einweiser auch im Dunkeln gut geregelt hatten.
Ein mir unbekanntes Opfer des Parkplatzes gab es trotzdem: als wir am Samstag Mittag unsere Klappstühle aus dem Auto holen wollten, steckte drei Reihen hinter uns ein Golf richtig tief im Matsch – der Fahrer, bis zu den Knien im Schlamm versackt und auch am oberen Körper nicht mehr sauber, lief mit Bierdose in der Hand auf uns zu und wiederholte immer wieder den Satz: „Aber bitte nicht weitersagen...“ Was auch immer er uns damit sagen wollte.

CAMPING
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Wie schon oben kurz erwähnt, waren Park- und Campinggelände voneinander getrennt, um die Wege insgesamt kürzer zu halten. Drei Campingplätze gab es, südlich und westlich vom Festivalgelände, dazu noch der Platz für die Wohnwagen in östlicher Richtung.
So flott wir auch von der Straße kamen und einen Parkplatz gefunden hatten, desto länger brauchten wir, um auf das Campinggelände zu kommen. Insgesamt anderthalb Stunden, von fünf bis halb sieben, standen wir am Freitag Nachmittag in der Schlange, um unsere Tickets in die obligatorischen Armbändchen umzutauschen. Wie die Veranstalter im Nachhinein bemerkten, hatten sie nicht damit gerechnet, dass alle auf einen Schlag kommen würden – nun ja, es stand schon länger fest, dass Deutschland Freitag Nachmittag spielte... Die meisten Leute stellten sich auch wirklich brav hinten an, nur wenige versuchten, sich weiter vorne an den Rand des Pulks zu stellen, um schneller voranzukommen. Und schon während des Wartens wurde die Last vom Arm in den Bauch umgefüllt, die Atmosphäre blieb jedoch friedlich.
Auf dem Campingplatz angekommen, wurden wir dann von einem Mitfahrer angeholt und zu unserem Zeltplatz geführt – auf einer Geländehöhe gelegen, mit guter Sicht auf geschätzte 5000 andere Zelte, diverse Pavillons und andere Unterkünfte. Zwischen den Zelten befanden sich für eine Grundversorgung an Hygiene die allseits beliebten Dixi-Klos, die in diesem Jahr aber nicht umgeworfen wurden (der Boden war auch so schon matschig genug), außerdem befanden sich auf „unserem“ C1 noch das Partyzelt „Titty Twister“ und ein kurze Fressmeile sowie eine Wagen- und Zeltstadt mit weiteren sauberen Toiletten, die irgendwann teilweise aber auch nicht mehr abflossen, und den Duschen, die nur nachts richtig leer waren, wenn denn das Wasser nicht abgestellt war.

DAS FESTIVALGELÄNDE
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Über eine erneute Menschenschleuse gelangte man dann schließlich auf das Festival. Geschlechtsspezifisches Filzen sollte überprüfen, ob man verbotenerweise etwas anderes als die erlaubten Tetrapacks mit auf das Gelände schmuggelte – meistens waren jedoch zu wenig Frauen unter den Security-Leuten und deshalb hätten Frauen tonnenweise Bierdosen (solange sich die Klamotten nicht übernatürlich aufblähen) mit auf das Gelände schmuggeln können.
Auf dem Gelände befanden sich neben Haupt- und Zeltbühne, die zwar recht nah beieinander standen, aber dennoch keine gegenseitige Geräuschbelästigung darstellten, noch diverse Bierstände, Fressbuden und natürlich die Vertretungen der Sponsoren. So gab es zum Beispiel von Holsten (Slogan: „Auf die Freundschaft“) die Möglichkeit, kostenlos ein Polaroid-Gruppenfoto anfertigen zu lassen, aufblasbare Instrumente mussten nur an den Mann/ die Frau gebracht werden und schon hatte man seine eigene Band. In unserem Fall: vier Frauen und ein Sänger. Bei Axe konnte man entweder einfach nur eine Duschgelprobe schnorren oder, wenn man eine Stunde anstehen wollte, ein Handtuch, das Duschgel und eine kostenlose Dusche erhalten. Im Visions-Zelt wurden Autogrammstunden gegeben oder Demo-CDs o.ä. kostenlos verteilt, bei Drum konnte man sich u. a. Tabak abholen und noch vieles mehr. In einem weiteren Zeltviertel erfreute sich das Shoppingherz an diversen Ständen. Schmuck, Taschen, Mützen, Klamotten, Tücher, allesamt etwas alternativ angehaucht, verkauften sich neben Tattoo- und Piercingständen. Wobei ein Festival meiner Meinung nach der letzte Ort wäre, an dem ich mir ein Piercing oder ein Tattoo stechen lassen würde. Und wer ganz mutig war, konnte auch einen Bungeesprung wagen (und es waren einige mutig genug). Außerdem gab es zwei Stände, an denen man sich Festival-T-Shirts oder Shirts der teilnehmenden Bands kaufen konnte. Ein Standard-Hurricane-Shirt kostete ungefähr um die 20 Euro – macht sich aber gut in fünf Jahren, wenn man zeigen kann, wann man schon mal da war.
Obwohl der Eichenring als Veranstaltungsort mit einem Wall begrenzt ist, treten sich auch 50.000 Besucher nicht auf den Füßen herum. Nur vorne, wenn eine Band spielte, wurde es mitunter richtig eng. Um Verletzungen zu verhindern und der Security einen genügend großen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, war nach dem abgetrennten Bereich direkt vor der Bühne ein etwa 8m breiter Gang freigelassen, um Erschöpfte oder andere Personen, die in der drängenden Menge Probleme bekamen, besser herausziehen zu können. In meinen Augen eine durchaus sinnvolle Einrichtung, auch wenn es dann für den Zuschauer in den hintersten Reihen 8m weniger sind, die er an der Bühne steht. Mal ganz davon abgesehen, dass dies ab einer bestimmten Entfernung sowieso keinen Unterschied mehr macht, wurde in diesem Jahr erstmals eine Videoleinwand aufgestellt. Sie übertrug das Geschehen auf der Hauptbühne bis in die hinterste Ecke, die dazugehörige Kamera schwenkte aber auch häufiger auf die tobende bzw. tanzende Menge. Somit kam die Stimmung auch bei der Security und der Polizeipräsenz in der hintersten Ecke des Geländes an.

DOs UND DON’Ts
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Zunächst einmal gibt es natürlich einige offizielle Ge- und Verbote.
Hunde sind auf dem Gelände ebenso unerwünscht wie kleinere Kinder (die Jüngsten, von denen ich beim Camping zwei oder drei habe rumlaufen sehen, waren vielleicht 10), Hunde habe ich nur einen gesehen, wobei ich mich frage, wie der überhaupt auf das Gelände gekommen ist. Lagerfeuer waren ebenfalls nicht erlaubt, Grillen war ein Grenzfall, wurde aber toleriert und in großer Zahl ausgeführt. Außerdem war es verboten, auf das Festivalgelände eine andere Getränkeverpackung als Tetrapaks (bis max. 1,5l) mit sich zu führen – daher auch die filzende Security. Glasflaschen durften übrigens mit auf das Campinggelände genommen werden, beim Bizarre habe ich das anders erlebt. Um die Müllverschmutzung in Grenzen zu halten, wurden außerdem beim erstmaligen Betreten des Geländes gegen 5 Euro Pfand Müllsäcke und Chip ausgegeben, bei der Abreise erhielt man dann bei Abgabe des Chips und des gefüllten Müllsacks sein Geld zurück. Diese Maßnahme hatte sogar Erfolg, wie meine Mitfahrer bestätigen konnten: das Gelände war wesentlich sauberer als in den Jahren zuvor.
Und nun zu meinen persönlichen Tipps, unzensiert und unverfälscht.
Das Wetter bestimmt die Kleidung und damit den Inhalt der Reisetasche, die übrigens nicht besonders prall gefüllt sein muss: Je dreckiger die Klamotten, um so sympathischer wird das Erscheinungsbild und solange man noch gut riecht, ist es eigentlich ganz egal, wie dreckig die Klamotten sind. Duschen sollte man möglichst nachts (ich war gegen halb drei und hatte noch schön warmes Wasser, wovon man auch nicht immer ausgehen kann), denn dann ist weniger los. Das war übrigens der erste Grund, weshalb meine Haare vollkommen klatschnass waren. (Der zweite Grund war der dauernde Regen, der auch ohne „Only Happy When It Rains“ bei Garbage einsetzte und...) Der dritte Grund war der Besuch des „Titty Twister“, der am Freitag Abend das Festival einläutete – nach fünfzehn Minuten Abzappeln in der Menschenmenge war ich ebenso durchgeschwitzt wie nach einem Saunagang, mir lief das Wasser nur so runter. Aber der Besuch ist eigentlich ein Muss, Partyzelt samt DJs werden übrigens vom Bremer Aladdin organisiert, die Musik war perfekt auf das Wochenende abgepasst, selbst unser Tanzmuffel fühlte sich animiert (und das will was heißen!) und nachdem ich mir mit einer Freundin eine leere kühlere Ecke beim Eingang gesucht hatte, haben wir dort abgezappelt... Auch an den anderen Tagen war hier immer Stimmung bis sechs Uhr in der Früh. Der gesamte Campingplatz schläft nie, wer aber tief und fest durchschlafen will, sollte seine Oropax nicht nur vor der Bühne einsetzen.

DIE ATMOSPHÄRE
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Neben den Bands als solche natürlich ein wichtiger Punkt, der für ein Festival entscheidend ist. Und in diesem Punkt hat mich das Hurricane wirklich überzeugt. Trotz 40.000 erwarteten und 50.000 tatsächlichen Besuchern, war die Stimmung familiär, zumindest in unserem näheren Umkreis befanden sich keine Stinkstiefel.
Schon beim Zeltaufbau hilft man sich gegenseitig mit Heringen aus, unter der Dusche wurden Duschgel, nach selbiger Bürsten mit wildfremden Menschen geteilt. In solchen Momenten merkt man, wie sehr Musik doch verbindet. Sowohl im Partyzelt als auch auf dem Festivalgelände muss man sich nicht wundern, wenn man plötzlich von unbekannten Personen angesprochen wird (die auch nicht unbedingt noch immer deutlich sprechen können). Einer Freundin und mir ging es so, als wir uns ein Plätzchen auf der Drum-Bühne suchten und auch fanden – mein Sitznachbar erwies sich als ausgesprochene Plaudertasche. Die Security war auch recht besucherfreundlich eingestellt und spielte sich nicht wegen ihrer Autorität auf – ebenso drückte die Polizei auch einmal ein Auge zu, wenn die selbstgedrehten Zigaretten eher Trichterform annahmen und nicht nur einer dran zog. Doch das sind Erscheinungen, die nicht speziell nur auf dem Hurricane anzutreffen sind, sondern auf jedem Festival auftauchen.
Was das Hurricane in meinen Augen in diesem Jahr so besonders gemacht hat, war die Schlammschlacht, die in und um den Matschgruben stattfand. Manche haben es provoziert und sind wirklich zum Schlammcatchen in eine der zahlreichen Pfützen gesprungen, andere hingegen blieben auf dem Weg zur Toilette im Matsch hängen, denn genau dort hatte sich ein wahrer See gebildet. Direkt vor Toilettenwagen und Duschzelt hatte sich das Gelände dermaßen aufgeweicht, dass nur noch in den Schlamm gelegte Paletten relativ trockene Füße garantierten. Wenn man nicht vom Gegenverkehr aus dem Gleichgewicht gebracht wurde oder durch matschbedeckte Schuhsohlen prinzipiell keinen Halt mehr fand...
Auch unvergesslich und obligatorisch sind die vom Bizarre übernommenen „Helgaaa!“-Rufe, mit denen manche Leute schon nach anderthalb Stunden Schlaf wieder aus den Federn geholt wurden. In meinem Fall war es allerdings eher „Nice to know you“ von Incubus, das mich an einem Morgen fünf Mal nacheinander weckte.

DIE BANDS
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
In diesem Jahr waren dabei (in Reihenfolge des Auftretens):
Am Samstag: Lambretta, 4Lyn, Kane, Lost Prophets, Die Happy, Simple Plan, Beatsteaks, Emil Bulls, Sportfreunde Stiller, The Flaming Sideburns, A, And You Will Know Us By The Trail Of Dead, Fettes Brot, Dover, Nelly Furtado, Rival Schools, No Doubt, Black Rebel Motorcycle Club, Garbage, The Breeders, New Order, Less Than Jake.
Am Sonntag: Readymade, Heyday, The Promise Ring, Simian, Gluecifer, Mercury Rev, The (International) Noise Conspiracy, Jasmin Tabatabai, Such A Surge, Television, Soulfly, Madrugada, Queens Of The Stone Age, The Notwist, Die Ärzte, Tocotronic, Red Hot Chili Peppers
Die Bands verteilten sich dann auf zwei Bühnen – der Hauptbühne unter freiem Himmel und der Zeltbühne eben im Zelt. Wer genau wissen will, wer wann und wie lange gespielt hat, findet das Line-up noch auf der Homepage www.hurricane.de.
Über die Qualität der Bands möchte ich jetzt nicht viel Worte verlieren, da solche Urteile immer zutiefst subjektiv sind und von der eigenen Meinung zur Gruppe beeinflusst werden.
Die Stimmung im Publikum war eigentlich immer klasse, ob es jetzt 45.000 jubelnde Leute oder „nur“ 5.000 eingefleischte Fans waren. „Crowdsurfing“ hatte Hochkonjunktur, wenngleich ich auch der Meinung bin, dass man ein Maximalgewicht einführen sollte – zwei Zentner auf diese Weise über eine Gruppe Mädels zu bekommen, ist wohl eher utopisch (Die Ärzte). Blaue Flecken gehören wohl ebenso dazu, wenn man in einer drückenden und schiebenden Masse auch noch hüpft (Sportfreunde Stiller). Musik kann auch bei einsetzendem Regen sehr schön sein (Garbage). Das beste Gefühl ist es aber immer noch, wenn man eine von 45.000 ist, die mit dem Rest an Stimme „Otherside“ mitsingen (Red Hot Chili Peppers). Ich könnte dazu noch viel mehr schreiben, wer aber schon einmal auf einem Live-Konzert war, nehme die Atmosphäre dort und vervielfache sie – es ist einfach genial.

GUTE GRÜNDE WIEDERZUKOMMEN
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Einmal ein Wochenende abschalten, mit Freunden verbringen, bei guter Musik und in einzigartiger Atmosphäre, sich vollkommen ungezwungen verhalten oder einfach nur zukippen, nette Leute kennen lernen, bekannten oder weniger bekannten Bands zuhören – oder alles zusammen?
Frischling oder alter Hase – Musik verbindet!

GUTE GRÜNDE FERNZUBLEIBEN
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
72,50 Euro im Vorverkauf bzw. 80 Euro an der Abendkasse ist für ein Wochenende richtig viel Geld, ebenso wie 40 Euro für eine Tageskarte am Sonntag. Da sollte man schon abwägen, ob das Line-up und das Festivalfeeling diese Investition rechtfertigen. Für dieses Jahr kann ich dies nur bejahen, für die nächsten Jahre bleibt nur die Hoffnung, dass es nicht noch teurer wird.
50.000 kamen ungefähr, von 40.000 wurde ausgegangen – wer es lieber nicht mit solchen Menschenmassen zu tun hat, sollte daheim bleiben und sich die Aufzeichnung im TV anschauen.
Es gibt Leute, die sich am Wochenende kein einziges Mal geduscht haben (ich einmal Dusche, einmal Regen, bin aber daheim gleich unter selbige gehüpft und wie gut ich mich danach fühlte) – wer mit diesem Hygieneverfall auf Zeit nicht leben kann und auch sonst gegenüber den Späßen des Campinglebens eher skeptisch bis negativ eingestellt ist, sollte sich ändern oder ärgern...

GROSSES SCHLUSSFAZIT
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Es war eigentlich einfach nur genial, trotz einiger Einbußen in Bezug auf Hygiene etc., aber irgendwie gehört das ja dazu. Ich hatte während der Tage eine Hose an, die zum Schluss so oft im Matsch gehangen hatte, dass sie wahrscheinlich wirklich auf eigenen Beinen hätte stehen können. Außerdem überlege ich immer noch, ob ich meine Schuhe jetzt wegschmeiße (immerhin sind sie fünf Jahre alt), oder ob ich sie noch für weitere Festivals nutze – an ihnen klebte nämlich doppelt so viel Matsch wie an der Hose (die sofort in die Waschmaschine wanderte). Der Matsch hat den Spaßfaktor keinesfalls gemindert, sondern war im Nachhinein irgendwie nur lustig, auch für die Leute, die ihr Zelt nach dem Regenfall mitten im Matsch stehen hatten, solche Dinge schweißen nur noch mehr zusammen.
All in all: Festivals setzen sehr viele Endorphine frei – oder irgendetwas anderes, das süchtig macht. Ein Fazit: Trotz des Schlammes hat es sich gelohnt, an der Organisation gab es kaum etwas zu meckern, die Atmosphäre war familiär und friedlich. Und der Matsch? So habe ich es im Vorbeigehen aufgeschnappt: ‚Andere Leute bezahlen für Fangopackungen ein Heidengeld, hier sind sie im Preis eingeschlossen.’
Mehr gibt es dazu wirklich nicht zu sagen...

Und wenn Ihr diesen Bericht bis zum Schluss gelesen habt, seid Ihr auch tough genug, auf ein Festival zu fahren! :o)