Nordermoor (Taschenbuch) / Arnaldur Indridason Testbericht

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ab 9,39
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Erfahrungsbericht von T_Goose

Schäbig, sinnlos und schlampig

Pro:

Spannung, Verknüpfungen in die Vergangenheit

Kontra:

düstere Grundstimmung, die aber sein Muss!

Empfehlung:

Ja

Hallo liebe Community. Meine Leselust kennt im Moment keine Grenzen und als ich in der Buchhandlung wieder mal am Stöbern war, stieß ich zufällig auf “Nordermoor” des isländischen Autors Arnaldur Indridason. Da mich die kurze Inhaltsangabe sehr neugierig stimmte und ich für einen guten Kriminalroman immer zu haben bin, griff ich auch sofort zu. Das Taschenbuch, welches im Bastei-Lübbe Verlag erschienen ist, kostet 7,90 €.

.:: Story ::.

Nordermoor ist der Name eine Viertels der isländischen Hauptstadt Reykjavik. Dort wird der Rentner Holberg tot aufgefunden. Ihm wurde der Schädel mit einem schweren Aschenbecher eingeschlagen. Gestohlen wurde nichts und die Polizei findet am Tatort lediglich eine seltsame Nachricht, die niemand versteht : „Ich bin er“.

Die Ermittlungen in diesem Fall leitet Erlundur Sveinsson. Er ist es auch, der die ersten Hinweise am Tatort findet. Dabei handelt es sich um ein altes Bild von dem Grab eines Mädchens, welches im Alter von 4 Jahren starb. Schnell stellt sich heraus, dass die kleine Audur an einem unheilbaren Gehirntumor erkrankt war. Ihre Mutter Kolbrun Beginn nach ihrem Tot Selbstmord. Ihr Kind wurde bei einer Vergewaltigung gezeugt und Holberg ist der Vater. Doch dieser hat die Tat immer abgestritten und wurde auch durch einen korrupten Polizisten gedeckt.

Für Erlundur kein einfacher Fall, da er zeitgleich mit seiner Tochter Eva Lind große Probleme hat. Sie ist drogenabhängig und schwanger, was eine zusätzliche Belastung für ihn darstellt.

Bei seinen Ermittlungen erfährt Erlunder bald, dass Holberg ein übler Vertreter war. Er entpuppt sich als Serienvergewaltiger und Pornograph, der sich gegenüber seine Freunden mit seinen Taten rühmt. Doch einer seiner engsten Freunde ist bereits seit über 25 Jahren spurlos verschwunden.

Erlendur findet ein weiteres Opfer von Holberg, die ebenfalls von ihm schwanger geworden ist. Alles scheint keinen Sinn zu ergeben, doch plötzlich liegen alle Beweise offen auf der Hand. Der Täter scheint gefunden zu sein, oder ist er in diesem Fall auch nur eines der Opfer?

.:: Meinung ::.

Der Krimi hat seinen Ursprung in Island und es hätte für ihn wohl keinen anderen Ort geben können. Der Mord an Holberg wirkt schäbig, sinnlos und schlampig ausgeführt. Er passt somit in das Bild der geschaffenen Grundstimmung, die etwas düster und gedrückt wirkt. Dies ergibt zusammen ein perfekt geschaffene Szenerie, wie sie besser nicht sein könnte. Draußen ist es grau, es regnet und ein gigantische Sturmtief zieht über die Insel hinweg, dazu die Entdeckung des schäbigen Mordes an dem Rentner Holberg, der auf den ersten Blick ein sinnloses Opfer geworden ist. Das alles passt einfach perfekt zusammen.

Anfangs habe ich mich gefragt, was das alles für einen Sinn ergeben soll. Es schien scheinbar nichts zusammen zu passen. Doch schon ein paar Seiten weiter, als die ersten Hinweise auf den Grund des Mordes zu erkennen waren, stieg die Spannung plötzlich an und ließ mich auch nicht mehr los. Besonders im letzten Drittel konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen und las es in einem Zug durch. Leider hatte ich die Auflösung schon einige Seiten vorher gewusst, was ich etwas schade fand. Ich finde es einfach besser, wenn man bis kurz vor Schluss mitfiebert und es dann vielleicht doch noch eine überraschende Wendung gibt. Doch bei Nordermoor hatte ich die Lösung schnell parat, was aber auch wieder einfach in die gesamte Szenerie passt. Eben schäbig, sinnlos und schlampig.

Vor allen aber das Ende, was ich hier allerdings nicht verraten werde, ist eine ungewöhnliches. Es ist an Tragik wohl kaum zu überbieten und passt hervorragend zu Island, da es an einem anderen Ort wohl nicht so gewirkt hätte. Dazu muss man ein gewisses Hintergrundwissen haben, welches im Nachwort des Buches erläutert wird. Bei bloß 280.000 Menschen auf Island ist es nicht einfach, Unrecht auf lange Zeit zu verstecken. Zumal 1996 mit dem Aufbau einer Datenbank mit den genetischen Daten jedes Einwohners begonnen wurde. Dies wurde allerdings nur dadurch möglich, da Isländer lange zeit in Isolation lebten und es so zu keiner Vermischung ihres Volkes kommen konnte. Die Schaffung eines „gläsernen Volkes“ war somit perfekt.

Ungewöhnlich und anfangs fremd fand ich allerdings, dass man sich in Island mit dem Vornamen anspricht und man sogar Fremde duzt. Das war nicht immer einfach zu lesen, da es schwierig war auseinander zu halten, wer nun eine Vertraute Person ist und wer nicht. Doch dieser Schritt war der richtige, um die Echtheit des isländischen Lebens rüberzubringen. Genauso wichtig erachte ich, dass die isländischen Eigennamen beibehalten wurden. Sie sind zwar schwierig zu lesen, was bei 6 zusätzlichen Buchstaben auch kein Wunder ist, aber auch sie tragen einfach dazu bei, dass alles sehr Real wirkt. Und genau darauf kommt es doch an.

Die Verknüpfung mit Erlundurs Fall und seinem Privatleben ist gut gelungen. Es passt scheinbar wie die Faust aufs Auge, dass sein Tochter Eva Lind gerade schwanger ist. Das wäre nicht nichts außergewöhnliches, doch sie ist drogenabhängig und kann nicht genau sagen, von wem das Kind überhaupt ist. So hat Erlundur auch privat noch alle Hände voll zu tun und macht sich Sorgen darüber, ob das Kind gesund zur Welt kommen wird. Denn bei den ganzen Ermittlungen um versteckte Erbkrankheiten wird im ganz andres zumute.

.:: Autor ::.

Arnaldur Indridason wurde 1961 in der isländischen Hauptstadt Reykjavik geboren. Er studierte an der Universität von Island und graduierte schließlich 1996 in Geschichte. Anschließend arbeitete er als Journalist und Filmkritiker bei der größten isländischen Tageszeitung, Morgunbladid. Heute lebt er als freier Autor gemeinsam mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Reykjavik.

Bereits 1995 schrieb er das erste Buch mit seiner Hauptfigur Erlendur, womit er in Island großen Erfolg hatte. Nordermoor ist der vierte Teil in dieser Reihe, der den bisher größten Erfolg für ihn brachte. Er wurde dafür 2002 auch den „Nordic Crime Novel’s Award“ für den besten Krimi Skandinaviens.

.:: Daten zum Buch ::.

Autor : Arnaldur Indridason
Titel : Nordermoor ( Original : Myrin )
Jahr : Original 2000, deutsche Übersetzung 2003
Übersetzung : Coletta Bürling
Richtung : Island Krimi
Seiten : 318
Verlag : Bastei Lübbe
ISBN : 3-404-14857-6
Preis : 7,90 €

.:: Fazit ::.

Die Auszeichnung für den „Nordic Crime Novel’s Award 2002“ ist meiner Meinung nach verdient. Der Krimi ist gut geschrieben und hat eine hohe Spannung, auch wenn ich die Lösung schon einige Seiten vorher parat hatte. Vor allen aber die Stimmung wird hier gut rübergebracht und man tauscht in das isländische Leben richtig ein. „Nordermoor“ hat mir gut gefallen und es war auch ganz sicher nicht das letzte Buch, was ich von Arnaldur Indridason gelesen habe. Meine Bewertung mit 4 Sternen und eine Empfehlung halte ich hier für angebracht.

Danke für die Aufmerksamkeit, bis zum nächsten Mal

Ciao T_Goose

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