Insel Usedom Testbericht

Insel-usedom
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Erfahrungsbericht von Habacht

Die Kaiserbäder auf Usedom – eine Winterreise

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Gerade im trüben deutschen Winter kommt sie immer wieder: die Sehnsucht nach blauem Himmel und weitem Meer. Aber wer hat schon stets Zeit und Geld für eine Fernreise. Wer wenigstens eine warme Jacke hat, der kann an die Ostseeküste fahren und sich dort eine Insel aussuchen.

Zwar kann man derzeit nicht im Meer baden, zumindest nicht in der offenen See. Und das Meer ist in strengen Wintern nicht blau sondern weiß und manchmal sogar gefroren. Aber wenn ganz Deutschland im Nebel versinkt, ist auf den Inseln im Norden nicht selten Sonnenschein.

Nehmen wir Usedom. Einsam ist man nicht, doch ziemlich allein, im Vergleich zu den sirrenden Sommern, wenn sich der Urlaubstrom über die Insel wälzt. Schon bei der Anreise spürt man die Einsamkeit der winterlichen Landschaft, wenn man auf der Autobahn von Rostock kommend auf die Landstraße wechselt, um seine Fahrt auf der alten Hansestraße über Demmin und Anklam in Richtung Usedom fortzusetzen.
Macht man einen Kurzurlaub auf Usedom, so wird man sein Augenmerk wohl auf die drei bekannten Badeorte Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin auf der Seeseite richten, mehr wird die Zeit auch nicht zulassen. Obwohl die Insel neben diesen Badeorten Sandstrände, die Buchten des Achterwassers, Seen, Wälder und Wiesen und verträumte Fischerdörfer auf der Boddenseite zu bieten hat.
Ein sanft geschwungener Sandstrand erstreckt sich über 38 km von Karlshagen im Norden und Ahlbeck im Süden.

Ahlbeck erreicht man über die Brücke bei Zecherin, folgt der Hauptstraße und landet schließlich zwangsläufig in Ahlbeck. Ahlbeck hat seinen Ursprung in einem um 1800 gegründeten Fischerdörfchen, in dem 1852 die erste Badesaison stattfand. 1922 gehörte Kurt Tucholsky zu den Badegästen. Wahrzeichen des Ortes ist die am 29. März 1898 eingeweihte Seebrücke, das einzige historische Bauwerk dieser Art an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns. 250 m schob sich ihr im Winter 1941/42 zerstörter Landungssteg ins Meer, übrig blieb der im Laufe von Jahrzehnten in der heutigen Form entstandene Gaststättenpavillon, von dem seit 1993 ein Landungsweg ins Meer sticht. Das einst bräunlich gestrichene Gebäude war Drehort für das finale Familienessen in Loriots Film „Papa ante portas“, für dessen heiter-humoristische Atmosphäre es einen strahlend weißen Anstrich verpaßt bekam. Am Zugang zur Seebrücke steht seit 1910, als Geschenk eines betuchten Feriengastes, eine 3 m hohe Jugendstiluhr, die eine Wetterfahne in Gestalt einer Kogge bekrönt.

Ebenfalls aus einem namenlosen 1818 angelegtem Fischerdorf ging Usedoms vornehmstes Seebad hervor: Heringsdorf. Der an den einstigen Haupterwerb der Einheimischen erinnernde Name soll vom preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm stammen. Bei einem Besuch der 1820 noch namenlosen Fischerkolonie fiel ihm angesichts der zahlreichen Heringsfässer kein besserer als Heringsdorf ein. BDer Bau der Kirche erfolgte auf königlichen Wunsch. 1836 besuchte Friedrich Wilhelm IV., mit dem Schiff von Swinemünde nach Lauterbach auf Rügen unterwegs, kurz Heringsdorf und vermißte ein Gotteshaus. Des Königs Wunsch war anderen Befehl, es wurde fleißig Geld gesammelt, aber erst als der Monarch selbst einen erheblichen Betrag spendete, konnte Ludwig Persius den Auftrag erhalten, die Kirche zu entwerfen, eine dreischiffige Backsteinbasilika im neugotischen Stil.

Heringsdorf wurde bald das Bad der Aristokratie und der Hochfinanz. Im Weißen Schloß wohnte 1866 Kronprinzessin Viktoria von Preußen mit ihren Söhnen Wilhelm, dem späteren Kaiser Wilhelm II. und Heinrich. Nach der berüchtigten „Aktion Rose“ im Jahre 1953 zogen SED-Funktionäre ins Weiße Schloß, das heute wieder Hotel ist. Ein nostalgisches Flair verbreiten in unseren Tagen noch viele Hotels und Pensionen, die in der wilhelminischen Zeit zwischen 1890 und 1914 entstanden sind. Besonders schön anzuschauen ist die 1883 im griechisch-römischen Stil erbaute Villa des jüdischen Bankiers Oechsler in der Dellbrückstraße 5, mit einem künstlerisch qualitätvollen Mosaikbild im Dreieckgiebel der Eingangsfront. Gestaltet hat es der venezianische Mosaikkünstler Antonio Salvati unter Verwendung von Emailglasmosaiksteinen mit Silber und Gold. In der 1873 erbauten gegenüberliegenden mondänen Villa Staudt weilte mehrfach Kaiser Wilhelm II. bei der verwitweten Konsulgattin Elisabeth Staudt.

Die Strandpromenade weiterlaufend, wird die nach dem Vorbild palladianischer Villen entstandene Villa Oppenheim erreicht, in der in den Sommermonaten 1909 – 12 der berühmte deutschamerikanische Maler Lyonel Feininger wohnte.
Zu Ruhm gelangte die Villa Irmgard in der Maxim-Gorki-Straße, die der in Berlin lebende Jurist Friedrich Becher 1922 an den großen russischen Dichter Maxim Gorki vermietete. Becher stellte dem Russen, der in Deutschland sein Lungenleiden kurieren wollte, sogar sein privates „arabisches“ Zimmer zur Verfügung. In dem Haus schrieb Gorki an seinem autobiographischen Roman „Meine Universitäten“, hier besuchte ihn unter anderem der berühmte russische Sänger Fjodor Schaljapin. Beim Abschied am 25. September 1922 schrieb Gorki in das Gästebuch der Villa Irmgard, die heute Museum ist: Und dennoch und trotzdem werden die Menschen eines Tages wie Brüder leben“. Die 500 m lange Seebrücke von 1891/92 mit türmchenreichen Aufbauten, einstmals als eine der schönsten deutschen Küste gepriesen, wurde 1958 Opfer eines Brandanschlags. 1995 wurde eine neue Brücke eingeweiht, die mit 508 m die längste bewirtschaftete in Kontientaleuropa ist. Mit ihrer Architektur, besonders ihren Türmen erinnert sie trotz der Modernisierung ein wenig an den Vorgängerbau. Pfeiler aus Stahl statt aus Holz tragen den Steg, die Fachwerkkonstruktion ersetzen Stahl und Glas, Kino, Muschelmuseum, Tanzbar, viele Geschäfte, Ferienwohnungen und Restaurants finden auf der Brücke Platz.

Die Luft ist salzig und klar, das Meer ist weit und läuft nicht weg und wenn man beschaulich die Promenade von Heringsdorf in Richtung Westen herunter spaziert, erreicht man das jüngste der drei Badeorte, Bansin. Es wurde erst 1887 als Bade- Kur- und Erholungsort gegründet. Einladende Pensionen, kleine Hotels und adrette Villen prägen heute das Gesicht des Ortes, der seit 1994 wieder über eine Seebrücke verfügt, auf der man 185 m weit aufs Meer hinausspazieren kann. Besonders schöne Häuser im Stil der Bäderarchitektur stehen an der Strandpromenade und an der parallel verlaufenden Bergstraße.

Usedom im Winter, eine kleine, aber feine Winterreise. Bleibt nur noch ein kleiner poetischer Hinweis von einem anderen Winterreisenden.
„Denk ich an Usedom so in der Nacht, dann träum ich von der Villenpracht“.

Viel Spaß beim Relaxen und Genießen

Habacht

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