Tod an heiliger Stätte (Taschenbuch) / P. D. James Testbericht
- Niveau:
- Unterhaltungswert:
- Spannung:
- Humor:
- Stil:
Erfahrungsbericht von Volker111
Über achtzig und hervorragend
Pro:
Spannung und Sprachstil
Kontra:
etwas konservativ
Empfehlung:
Ja
♥♥ Hintergrund als Vorwort ♥♥
Ich gestehe, das Buch lag da, von mir auf Wunsch meiner Frau hin zuvor bei amazon.de bestellt, und das blau weiße, schön gestaltete Cover machte mich neugierig auf seinen Inhalt.
Ein weiteres tat dann der angedeutete Lebenslauf auf der Innenseite des Covers. Als P.D. James, eigentlich Phyllis White, diesen Roman schrieb, war sie schon über achtzig Jahre alt. 2001 wurde das Buch in England herausgegeben, 2002 erschien die deutsche Übersetzung. Mir stellte sich die Frage, ob P.D. James, seit 1981 zur Baroness James of Holland Park ernannt, in der Lage sein würde, einen zeitaktuellen Roman wenngleich an historischer Stätte, in einem Priesterseminar, glaubwürdig und halbwegs realistisch zu verfassen.
Vorweg, dies ist ihr mir kleineren Einschränkungen (Entwicklung der Pathologie) erheblich besser gelungen als den meisten ihrer jüngeren Schriftstellerkollegen. An manchen Stellen kommt ihr auch zugute, dass sie früher einmal in einer Krankenhausverwaltung tätig war, einen Arzt geheiratet hatte, vor allem aber, dass sie von 1968 bis 1980 in der Kriminalabteilung des britischen Innenministeriums arbeitete.
Kein Wunder also, dass sie ihrem Serienheld Adam Dalgliesh in der Teamarbeit mit seinen Kollegen recht realistische Züge verleihen konnte und ihr die Verhörszenen aus meiner Sicht ausgezeichnet gelungen sind.
Tja, sehr spät bin ich eher zufällig auf diese auch sprachlich, literarisch bemerkenswerte Schriftstellerin gestoßen. Doch nach diesem Buch werde ich ganz sicher weitere Bände ihrer Adam Dalgliesh Serie lesen, einfach schon deshalb, um den vorliegenden Band in ihre gesamte Schaffensperiode, ca. 15 Werke, besser einordnen zu können.
Von P.D. James sind u.a. : Der Beigeschmack des Todes – Vorsatz und Begierde – Was gut und böse ist – Eine Seele von Mörder – Zeit der Ehrlichkeit.
Ob Tod an heiliger Stätte ihr letzter Roman sein wird, weiß ich natürlich nicht, aber bei der vorliegenden Qualität hoffe ich, dass mindestens noch ein weiterer folgen wird.
♥♥ Inhaltsanriss ♥♥
In einem kleinen elitären Priesterseminar der Anglikanischen Kirche an der Küste von Suffolk wird der Selbstmord eines Priesteranwärters als Unfall zu den Akten gelegt. Der einflussreiche Stiefvater des Toten erreicht eine Überprüfung dieses Todesfalls durch den Scotland Yard Beamten Adam Dalgliesh, der aus seiner Jugend her das Seminar recht gut kennt.
Wären die ersten Ermittlungen zum Selbstmord des jungen Mannes vorurteilsfrei und ohne Rücksicht auf die Ansehensbedürfnisse der Honoratioren des Ortes erfolgt, wäre eine verhängnisvolle Serie weiterer Todesfälle nicht in Gang gesetzt worden.
So stirbt kurz darauf eine ältere Haushälterin, die den Leichnam des jungen angehenden Priesters am Strand entdeckt hatte. Doch erst die nicht mehr als natürlicher Todesfall interpretierbare Ermordung des ranghohen Archidiakons Crampton zwingt Commander Adam Dalgliesh zu konsequenter Ermittlungsarbeit.
Bis zur sicheren Ermittlung des Täters muss jedoch noch ein weiterer Todesfall verkraftet werden. Der Schlüssel zur Aufklärung dieser Mordserie liegt wie so oft in der Vergangenheit, diesmal in einer heimlichen Eheschließung 12 Jahre zuvor.
Mehr soll hier noch nicht verraten werden, schließlich möchte ich euch keine Spannung vorwegnehmen. Eines sei allerdings doch noch verraten: Ein romantisches Happy End wartet quasi als Nachtisch.
♥♥ Wertung ♥♥
Was mir nicht so hundertprozentig gefallen hat, gleich zu Beginn. Unsere schon etwas ältere Krimi-Queen hat wahrscheinlich die geradezu revolutionäre Entwicklung der forensischen Pathologie im letzten Jahrzehnt nicht ganz mitbekommen. Nur so kann ich mir erklären, dass sie einerseits auf der Höhe der Zeit durchaus das Internet und seine Möglichkeiten berücksichtigt, es aber für möglich darstellt, dass ein forensischer Pathologe ein Erdrosseln einer 62 Jährigen nicht spurenmäßig erfasst, sondern auf Herzversagen aufgrund einer Herzschwäche entscheidet.
Spielte das Geschehen nicht gerade im Zeitraum 2000 oder später, könnte ich dies nachvollziehen. So aber halte ich diese Annahme bzw. Konstruktion für relativ unrealistisch.
Davon aber abgesehen zeigt sich die Baroness recht vertraut mit den modernen Ermittlungsmethoden und den Möglichkeiten der Polizei, auch wenn Notebooks nicht unbedingt auf Steckdose oder Telefonanschluss heutzutage angewiesen sind. Stark, beeindruckend wirkt die Darstellung der polizeilichen Vernehmungen.
Geradezu dichterisch, poetisch schön sind die Beschreibungen und Schilderungen der Umgebung, Meer, Landschaft und Gebäude. Auch die sehr anschaulichen Beschreibungen der Personen in äußerlicher und seelischer Hinsicht gefallen mir ausgesprochen..
In sich wirkt die Geschichte, der Handlungsablauf des Verbrechens logisch und stimmig. Die Psychologie des Verhaltens der Beteiligten erscheint nachvollziehbar und glaubwürdig.
Da zu der gelungenen Spannungskurve, teilweise klassische Kriminalgeschichte à la Agatha Christie „Who dunnit“ auch noch eine angemessene Portion Romantik und Liebe hinzugefügt worden ist, ohne dabei ins Kitschige oder gar ins Vulgäre abzugleiten, erkenne ich unserer Krimi-Queen gerne alle 5 Sterne in der Beurteilung zu.
Diesen spannenden Kriminalroman klassischer Art aber in unserer Zeit, wenngleich in ungewöhnlicher Umgebung spielend, empfehle ich allen Lesern, die nicht nur spannende Unterhaltung sondern auch sprachliche Vielfalt und sprachlichen Anspruch zu schätzen wissen.
Doch Vorsicht, zum wahren Genuss wird eine recht gute Allgemeinbildung vorausgesetzt, was heutzutage ja wohl nicht mehr so selbstverständlich ist.
Meine Romanausgabe erschien im droemer Verlag, gebunden mit einem schön gestalteten Cover. Offizieller Preis 22,90, über amazon.de aber marketplace ebenfalls neu 14,90. Gebraucht ist es je nach Zustand um 2,50 Euro zu erhalten.
Die neue broschierte amazon.de Ausgabe kostet 9,90. Gar nicht so einfach, sich da zu entscheiden.
Zum Abschluss noch ein Lesezitat, welches mir besonders gut gefallen hat. Ihr könnt ja versuchen zu erraten, warum. *gg*
„Natürlich ist der Wisch auf einem Computer erstellt worden, also keine Chance auf das notorische verrutschte e, das ständig in Kriminalromanen herumgeistert. Und nach Fingerspuren brauchen Sie auch nicht zu suchen, das habe ich bereits veranlasst. Natürlich vertraulich. Ergebnis negativ. Aber ich hatte auch nichts anderes erwartet. Im übrigen würde ich sagen, wir haben es mit einem gebildeten Schreiberling zu tun; er - oder sie - ist sattelfest in Orthographie und Interpunktion. Und in diesem unterbelichteten Zeitalter würde ich da eher auf jemanden in mittleren Jahren tippen als auf einen jungen Menschen.« »Und so formuliert, dass Sie höchstwahrscheinlich darauf reagieren werden.«
»Woraus schließen Sie das?«
»Nun, Sie sind hier, Sir, oder?«
S. 24-29
Viel Spaß beim Lesen
62 Bewertungen, 10 Kommentare
-
22.07.2010, 14:02 Uhr von XXLALF
Bewertung: sehr hilfreichund ganz liebe grüße
-
05.02.2009, 00:43 Uhr von Puenktchen3844
Bewertung: besonders wertvollKlasse. LG*****************
-
01.01.2009, 14:11 Uhr von giselamaria
Bewertung: sehr hilfreichIch wünsche dir ein Gutes Neues Jahr 2009 ! - LG Gisela
-
07.07.2008, 14:34 Uhr von try_or_die87
Bewertung: sehr hilfreichLiebe Grüße aus Regensburg
-
12.05.2007, 16:26 Uhr von hjid55
Bewertung: sehr hilfreichSh & lg Sarah
-
29.04.2007, 21:46 Uhr von Django006
Bewertung: sehr hilfreichsh & *lg* Alan ;>))))
-
17.04.2007, 15:04 Uhr von Baby1
Bewertung: sehr hilfreich.•:*¨ ¨*:•. Liebe Grüße Anita .•:*¨ ¨*:•.
-
25.02.2007, 15:19 Uhr von campimo
Bewertung: sehr hilfreich¸☼°*✰ SH & LG ✰*°☼¸
-
23.06.2006, 10:56 Uhr von Tweety30
Bewertung: sehr hilfreichEin sehr schöner Bericht. ;o)
-
17.08.2004, 00:28 Uhr von theConsultant
Bewertung: sehr hilfreichund gleich mal bei Amazon ein Lesezeichen setzen - sonst vergesse ich es wieder. dabei habe ich die 80 noch nicht ganz erreicht.
Bewerten / Kommentar schreiben