Jeep Wrangler Testbericht

Jeep-wrangler
Abbildung beispielhaft
ab 30,85
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Summe aller Bewertungen
  • Fahreigenschaften:  durchschnittlich
  • Fahrkomfort:  durchschnittlich
  • Platzangebot:  großzügig
  • Zuverlässigkeit:  sehr gut

Erfahrungsbericht von ralphi72

Der Pate

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Dieses Auto ist wie Tesa. Wer das versehentlich zerrissene Hochzeitsfoto wieder zusammenkleben will, der fragt nicht nach einem »durchsichtigen Klebestreifen«. Sondern: »Wo, zum Teufel, ist mein Tesa?« Wem es nach Freiheit und ein bisschen Abenteuer ist, der sagt nicht: »Wir nehmen das allradgetriebene Geländefahrzeug.«

Er nimmt den Jeep. Was sonst?

»Die vier im Jeep« - das war in meiner Kindheit noch ein Begriff. Die vier waren ein Russe, ein Engländer, ein Franzose und ein Amerikaner. Gemeinsam patrouillierten sie bis 1955 durchs besetzte Wien. Und fuhren - einen Jeep. Was sonst?

40 Jahre später träumte unsere Freundin Martina ihren amerikanischen Traum. Zu dem gehörte ein Job in Manhattan, ein Häuschen im Grünen und »ein echter Jeep«. Heute wohnt Martina in Rye, NY, und hinter ihrem Häuschen steht ein roter Jeep, mit dem sie ihre kleinen Töchter zur Schule fährt und Erich, ihren Mann, zum commuter train. Und manchmal holt sie ihn mit dem Jeep sogar von seinem Büro in der Fifth Avenue ab. Das sieht gut aus.

Denn der Jeep von heute ist ziemlich anders als der Jeep von damals. Was einst dafür gebaut wurde, mit langen, im Bogen nach vorn gebundenen Funkantennen durch die Normandie zu brettern, über den Appenin von Süden her in Richtung Alpenfestung oder - ein bisschen später - durch den vietnamesischen Dschungel, das ist heute mit 10-fach-CD-Wechsler zu haben, mit Ledersitzen und Tempomat. Ich erinnere mich genau an meinen Matchbox-Spielzeugjeep: Seine Windschutzscheibe konnte man nach vorn klappen und flach auf die Motorhaube legen. Heute verfügt der Jeep Grand Cherokee über windowbags - eine Reihe kleiner Airbags, die sich bei einem Aufprall wie ein Vorhang vor die Seitenfenster spannen.

Auch die Kriege sind heute schließlich anders als damals. Moderner, komfortabler - zumindest für den, der am richtigen Ende der Befehlskette sitzt. Und der Jeep von heute ist hervorragend geeignet für den alltäglichen Krieg auf der Straße. Bei dem es - wie in jedem Krieg - auch um Psychologie geht.

Der Jeep ist das Original. Wer im Original sitzt, schaut auf all die anderen Geländefahrzeuge nur mitleidig herunter, auf all die Pajeros und Range Rovers. Und auf all die anderen Autos sowieso. Noch nie haben mir so viele Mercedes- und BMW-Fahrer mit höflichsten Handzeichen Vorfahrt gewährt. Ein gutes Gefühl!

An das man sich freilich erst gewöhnen muss.

Ich hatte meinen Wagen kaum aus der Garage gefahren, hatte ihn in Winterhude ziemlich frech auf einen Bürgersteig gestellt, damit Therese einsteigen konnte, meine große Tochter, mit ihrem Snowboard und ihrem Riesenrucksack. Da schritt auch schon ein älterer Herr rund ums Auto: Spitzbauch, Windblouson, Schiebermütze. Typ Hauswart und Kennen-Sie-keine-Verkehrszeichen. Er besah sich den Wagen ganz genau, von allen Seiten. Dann - nickte er mir anerkennend zu.

Und ich? Was sagte ich, während ich das Leuchten in seinen Augen sah und Thereses Snowboard irgendwie quer in den Kofferraum klemmte?

»Ist nur geliehen!«, sagte ich.

Ich musste mich mit dieser Geschichte noch ein paarmal aufziehen lassen, als dann auch Lukas und Rafael zugestiegen waren und wir Richtung Süden brausten. »'Ist nur geliehen!' Ach Papa, du lernst es nie!«

Der Regensensor zählt Tropfen, ein Kompass weist den Weg

Therese war es auch, die sechs Stunden später, irgendwo auf der Autobahn zwischen Kassel und Fulda, den Satz prägte: »Das ist kein Auto für die rechte Spur!«

Da hatten wir die meisten Funktionen bereits ergründet, die der Grand Cherokee in der Version 2.7 CRD Limited zu bieten hat. Wir hatten die Sitzheizung abwechselnd auf »Hi« und »Lo« und aus geschaltet. Wir hatten beobachtet, wie der Scheibenwischer dank Regensensor seine Wischgeschwindigkeit der Wetterlage anpasste. Wir hatten uns an das schmatzende Geräusch gewöhnt, mit dem der CD-Spieler hinter der Rückbank die Platten wechselt. Wir hatten uns damit abgefunden, dass dieses Auto zwar über kein Navigationssystem verfügt, aber über eine gut lesbare Anzeige von Außentemperatur und Himmelsrichtung - in den Abstufungen N, NE, E, SE, S, SW, W, NW. Und wir waren uns einig, dass dieses System in all seiner Differenziertheit eigentlich gut zur neuen amerikanischen Außenpolitik passt. Details lenken doch nur ab.

Schlecht war, dass bald darauf Rafael zu quengeln begann, unser jüngster Passagier. Er ist aufmüpfige dreizehn und wollte endlich auch am Fenster sitzen. Nicht dauernd auf dem unbequemen Mittelsitz, hinten. Und er wollte nicht, dass ihm dauernd die Kante unseres Picknickkorbs in die Rippen drückt.

Sagen wir es so: Für ein Auto, das 4,61 Meter lang ist und mit seinem 78-Liter-Tank voll Diesel keine 900 Kilometer fahren kann, hat der Grand Cherokee einen ziemlich kleinen Gepäckraum. Wir waren vier Personen, wir hatten drei Snowboards und Gepäck für eine Woche Winterurlaub dabei. Und mussten das eine, seitliche Drittel der Rückbank umlegen, um alles unterbringen zu können, wodurch einer der wunderbar körpergerecht geformten Rücksitze verschwand. Lieber hätten wir auf den Mittelplatz verzichtet, aber dessen Lehne war nicht einzeln umzuklappen.

So verging ein großer Teil der Fahrt in die Alpen mit der pädagogisch wertvollen Erörterung der Frage, warum man im Leben nicht alles haben kann. Und worauf es wirklich ankommt.

Wenn bei 140 der Reifen platzt, werden die Details lebenswichtig

Nicht auf die Musikanlage. Auch wenn Therese und Lukas mich in großer Einigkeit aufforderten, unbedingt deren »derbs korrekte Leistung« im Bereich der Bässe zu erwähnen.

Nicht auf die paar Streifen Wurzelholzimitat an der Innenseite der Türen und am Armaturenbrett. Nicht auf die elektrischen Fensterheber. Nicht auf die Klimaautomatik, deren Infrarotsensoren ständig die Temperatur auf der Körperoberfläche von Fahrer und Beifahrer messen.

Worauf es wirklich ankommt im Leben (und beim Autofahren), das lernten meine Kinder, als uns der Reifen platzte.

Bei Tempo 140 auf der mittleren Spur einer dreispurigen Autobahn. Am rechten Hinterrad. (Für Fachleute: Es war ein Goodyear Wrangler Ultra Grip.) Ein kurzes Ruckeln, ein deutliches Holpern, ein unangenehmes Geräusch und der Geruch von verbranntem Gummi. Dann standen wir sicher auf dem Pannenstreifen und konnten die Übung in aller Ruhe mit den Lektionen fortsetzen: »Wie sichere ich ein liegen gebliebenes Fahrzeug richtig ab?« und »Reifenwechsel«.

Gut möglich, dass uns »Quadra-Drive« das Leben gerettet hat, die spezielle Allradautomatik des Jeep: Normalerweise nämlich funktioniert der Grand Cherokee wie ein ganz normales Auto mit Heckantrieb. Sobald aber ein Rad nur ein wenig durchdreht, schalten sich innerhalb von Sekundenbruchteilen die Vorderräder zu. Außerdem tritt die Differenzialsperre in Aktion und beim Bremsen natürlich das Antiblockiersystem. Und sogar ein Sonntagsfahrer wie ich kann in aller Ruhe die Warnblinkanlage einschalten, eine Lücke auf der rechten Spur suchen und sich von den beiden Vorderrädern aus dem Schlamassel ziehen lassen, während die Felge des rechten Hinterrads schon über den Asphalt schrammt.

Therese verstand dann auch, warum es manchmal besser ist, auch mit einem schönen Auto auf der rechten Spur zu fahren. Und ich erinnerte mich noch einmal an meine Kindheit. An einen Werbeslogan. »Tesa macht's wieder ganz« - oder so.

10 Bewertungen, 1 Kommentar

  • klaus_peppo

    28.07.2003, 18:25 Uhr von klaus_peppo
    Bewertung: sehr hilfreich

    guter bericht du hastz viel geschrieben