Die Liebhaberinnen (Taschenbuch) / Elfriede Jelinek Testbericht

ab 8,16
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Erfahrungsbericht von ChiChi

Da fliegen die Flugzeuge im Bauch weg!

Pro:

Das eigenwillige, exzentrische Schreiben, dieser \"sturen\" Frau

Kontra:

Bin mir unschlüssig ob die Worte von einer \"Radikal-Feministin\" sind, oder von einer grossartigen Wortakrobatin.

Empfehlung:

Ja

Elfriede Jelinek wurde 1946 in Mürzzuschlag in der Steiermark geboren.
Sie schreibt Romane, Theaterstücke, Drehbücher, Gedichte, auch etliche Hörspiele gibt es von ihr.
1964 begann sie das Studium der Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte in Wien, nach einigen Semestern fasste sie den Entschluss - warum auch immer – das angefangene Studium zu beenden.


Die Liebhaberinnen
Veröffentlicht 1975
Rowohlt Taschebuch Verlag GmbH
Reinbek bei Hamburg
ISBN 3 499 12467 x
€ 6.90

Elfriede Jelinek eine Aussenseiterin, eine Satirikerin, eine Verschmähte, eine radikale Feministin, eine Wortklauberin oder Akrobatin ohne Netz, und nicht wartend auf tosenden Beifall vom Publikum?
Ich weiss es schlicht nicht!

Demzufolge schreibe ich nur über den Inhalt des Romans oder der bitterbösen Geschichte, die ich immerhin schwarz auf weiss vor mir hatte, aber zuerst mich an ihre eigenwillige Schreibweise anpassen musste!
Elfriede Jelinek schreibt nur in Kleinbuchstaben...hm.

Unterschiedliche kleinkarierte Seifenblasen-Karrieren von 2 jungen Frauen, die verschiedene Strecken gehen, um ihre Lebensträume zu verwirklichen. Das Ziel ist von beiden das Gleiche, nur der Weg ist schon gepflastert von Steinen, die schon hingeschleppt wurden von den verbitterten Müttern, und dem heimtückischen Manipulieren an ihren Töchtern, damit es ihnen wenigstens mal besser geht im Leben.
Väter gibt es auch in ihrer Geschichte, mehr dem Alkohol zugewandt, ansonsten zugeknöpft, ausser es geht um männliche Rechte, die der Grossvater schon auslebte.

Ins Leben entlassen, tausend Ratschlägen mitschleppend wurden die 2 Frauen Paula und Brigitte, unabhängig voneinander losgejagt.

Brigitte so nennt Elfriede Jelinek die eine Frau, sucht und findet sofort den Mann, der ihr das Leben verschönern wird, und sie aus der Fabrik rausholt, in der sie Tag für Tag Büstenhalter näht.
Heinz heisst der Mann er könnte auch anders heissen, die Zukunft für Brigitte heisst einfach Heinz.

Paula geht vom Aspekt aus mehr vom Leben zu ergattern und zu nehmen.
Gegen den Willen der Eltern, und noch mit Durchsetzungsvermögen beginnt sie eine Schneiderlehre, und dem Wunsch ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Klingt nach einfachem all-und altbekanntem Inhalt.
Doch die 2 Hauptdarstellerinnen werden in Nebenrollen gedrängt, gedreht, verflochten, zerzaust mit einer unglaublichen Wortspielerei, das einem schwindlig wird.
Ein Wirrwarr in strengster Ordnung, ein Durcheinander akribischer Genauigkeit, Präzisionen von Buchstaben, die Sätze entstehen lassen, zum verzweifelten Nachlesen, fast Erbsen zählend, dann ist einem wieder ein Aufatmend gegönnt, und eine Prise Humor wird gereicht.
Voller Bitterkeit, um sich schlagend mit Ironie, Humor, Süsse, Satire nebst wahrhaftiger Wahrheit.
Ein Sammelsurium einer ernstgemeinten Aufklärung von der Schriftstellerin selbst.

Elfriede Jelinek Worte werden einem an den Kopf geknallt, es macht den Anschein dass sie recht sorglos mit der Leserschaft umgeht, Hauptsache die Worte sind massgeschneidert für sie.
Haute couture von exzentrisch bis nackt.
Mann liebt die Jelinek oder hasst sie.

Ich werde weder das Ende vom Buch verraten, noch was ich von der Schriftstellerin halte.
Eine bequeme Frau ist sie bestimmt nicht, sie zu lesen kann ungemütlich bis genüsslich sein.
Ihr macht ja sowieso was ihr wollt, die Elfriede Jelinek auch, dem schliesse ich mich an.

ChiChi

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