Jesus (DVD) Testbericht

Jesus-dvd-fernsehfilm-drama
ab 5,90
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Erfahrungsbericht von Tut_Ench_Amun

Same Procedure as EVERY year

Pro:

Man überlebt im Gegensatz zum Titelhelden die 88 Minuten

Kontra:

Das Martyrium die 88 Minuten zu überstehen

Empfehlung:

Nein

Grade um Weihnachten rum haben Filme mit religiösem Hintergrund Hochkonjunktur. Mel Gibsons umstrittene \"Passion Christi\" ebnete zu diesem alljährlich zu beobachtenden Phänomen letztes Jahr zusätzlich den Weg für ein aufflammendes Interesse an biblischen Themen. In diese Kerbe haut nun auch E-M-S mit seiner DVD-Veröffentlichung namens \"Jesus\". Ein verkaufsfördender Name für das Release, aber ein Etikettenschwindel, den der Heiland dem Label ebenso generös, wie barmherzig verzeihen möge. Denn um den Messias geht es hier nämlich gar nicht primär, sondern um seine Mutter Maria. Der englische Originaltitel \"Mary, Mother of Jesus\" und der ursprüngliche deutsche (TV-)Titel \"Maria - heilige Mutter Gottes\" treffen den Nagel auf den Kopf.

Warum bei diesem DVD-Release stattdessen der berühmteste Sohnemann der Christenheit vor den Karren gespannt wurde, leuchtet zwar aus merkantilen Gesichtspunkten ein, ist aber sicher Stoff für die nächste Beichte desjenigen, der den deutschen Titel verbockt hat. Mit voller Absicht, wie man hier unterstellen muss. Herr, vergib ihnen (wenngleich sie wussten, was sie tun)! Nun wollen wir aber nicht bis zum Tag des jüngsten Gerichts auf den Todsünden offensichtlich atheistischer Marketingstrategen herumreiten, welche die verehrte Maria in ihrer impertinenten Blasphemie nicht für zugfähig genug halten, die braven Käuferschäfchen für 12,99 Silberlinge ans DVD-Regal zu locken. Kümmern wir uns in tiefer Demut lieber um die Botschaft des Werkes.

[ Zur Story ]
Nicht bibelfesten Naturen sei hier ein wenig auf die Sprünge geholfen: \"Es begab sich aber zu der Zeit...\" Noch vor dieser Bibelstelle setzt der Film auf. Zu dem Zeitpunkt ist Maria noch eine Jugendliche, hat aber bereits so ziemlich alle Attribute, welche eine Heilige gemeinhin ausmachen. Warmherzigkeit, Gottesfürchtigkeit, Courage und der ganze Rest, der dazu gehört. Einen schönen Tages erscheint ihr ein Engel und verkündet ihr die unerwartete und (zunächst nicht ganz so) frohe Botschaft, dass sie auserwählt sei, den Messias auszutragen. Verlobt ist sie mit Joseph dem Zimmermann, ebenfalls ein rechtschaffender junger Mann untadeligen Rufs. Dessen Zuneigung zu Maria soll aber aufgrund dieser - zugegeben nach biologisch-menschlichem Ermessen schwer nachvollziehbaren - Begebenheit eine harte Probe gestellt werden, denn das Kind, das Maria austrägt, ist schließlich nicht von ihm. Trotzdem heiratet er sie bekanntermaßen.

Das Reich Judäa steht unter der Fuchtel des römischen Imperiums und der derzeit herrschende König Herodes Antipas ist eine reine Marionette Roms. Abergläubig ist er auch. Als er durch eine Prophezeiung spitz kriegt, dass demnächst ein König in Bethlehem geboren werden soll, der Herrschaft über das Judentum beanspruchen könnte, kriegt er kalte Füsse. Maria und Joseph sind - wie von Herodes per Dekret verlangt - in den Geburtsort Josephs gereist. Bethlehem. Im berühmten Stall kommt dort Jesus unter den landläufig als Weihnachtsgeschichte bekannten Umständen zur Welt. Herodes nutzt er die anberaumte Volkszählung, um ein Massaker unter neugeborenen Jungen anzurichten, da er fürchtet unter diesen befände sich der angekündigte Messias, welcher dereinst an seinem Thron sägen wird.

Maria und Joseph können jedoch sich und den Säugling Jesus dem Zugriff der Häscher entziehen. Dieser erweist sich später als sehr eigenbrötlerisches und absonderliches Kind, dass sich bei den üblichen pubertären Raufereien unter Jungen als ausgesprochen pazifistisch und weitsichtig erweist. Schon als Jugendlicher führt er Grundsatzdiskussionen mit der Priesterschaft, nicht immer zur Freude seiner Eltern. Wie sein Vater erlernt er den Beruf des Zimmermanns und arbeitet auch nach dessen Tod als solcher, bis ihn seine Berufung einholt. Nachdem er und Maria sich von Johannes im Jordan taufen ließen, bricht er allein auf, um seine Laufbahn als wundertätiger Wanderprediger zu starten - nur gelegentlich begleitet von seiner Mutter, die aber im Angesicht des Todes am Kreuz bei ihm ist.

[ Die Inszenierung ]
Die Handlung plätschert gemächlich dahin, etwa die Hälfte des Stückes wird die Vorgeschichte von Maria und Joseph vor dem Zuschauer ausgebreitet - mit Hauptaugenmerk auf die Figur der Maria. Erst dann entwickelt sich die Geschichte etwas mehr in Richtung Jesus. Die Macher haben sich vorzugsweise die Teile aus der biblischen Geschichte gepickt, wo seine Mutter und er Berührungspunkte haben. Etwa die Hochzeit zu Kanaan (Die Story mit Wasser in Wein verwandeln u.ä.). Solo-Auftritte von Jesus sind recht rar gesät und mit Blick auf den eingedeutschten Titel unvollständig, an anderer Stelle wurde die Vorlage ein wenig umgeklöppelt und ausgeschmückt, sodass der Bogen zu Maria wieder hinhaut.

Hält man sich den Originaltitel vor Augen macht das auch halbwegs Sinn. Sie ist und bleibt der rote Faden, auch wenn ihr berühmter Sohn später seine ebenso berühmte Mission in Angriff nimmt, so ist dies eigentlich ihre Geschichte. Nicht direkt aus ihrer Sicht aber aus einem nahen Blickwinkel erzählt. Einen Tick näher dran, wie es gewesen sein könnte, doch immer noch dick aufgetragen und schwülstig genug, um der Bibel halbwegs gerecht zu werden. Mit Realismus hat das Ganze wenig zu tun. Die Figuren sind einfach zu stereotyp und zu \"gut\", um wirklich glaubhaft zu sein. Das gilt für die Bibel selbst, als auch diese Adaption, die nur ein paar Auszüge daraus verwendet. Platt, linear und mit mächtigen Zeitsprüngen.

Apropos Realismus: Darum wird sich auch ausstattungsseitig kaum geschert, die Gewänder sind sehr ikonographisch und könnten den allseits bekannten Heiligenbildern und Gemälden entsprungen sein. Höchst unwahrscheinlich, dass eine vergleichsweise ärmliche Gesellschaftsschicht aus dem ländlich-bäuerlichen Judäa derart gekleidet hätte. Alles wirkt zu sauber und zu glatt geschliffen. Irgendwie wartet man jederzeit auf einen plötzlichen, erlösenden Waschmittel-Spot, der anpreist, wie auch wir arme Sünder das göttlichste Weiß auf unsere Klamotten zaubern können. Doch ein solcher kommt nicht - auch keiner für Wunder-Zahnpasta oder Shampoo mit dem Schuß Heiligenschein-Extrakt speziell für die Pflege langer Haare. \"Golgatha, 12 Uhr: Der Zorn Gottes brennt - Die Frisur hält...\"

Regisseur Kevin Connor flicht zwar ab und zu ein paar familiäre Alltagssituationen ein, um die immer noch vor Pathos triefende Materie ein wenig zu entschärfen und um der Verfilmung einen moderneren Touch zu verleihen, allein gelingen will ihm das nicht so recht. Wer auf neu interpretierte Einblicke in das Familienleben der Heilands spekuliert, glaubt bestimmt auch noch ans Christkind. All das hat man in ausgefeilterer Form so schon einmal gesehen, ist ja schließlich nicht der erste (und bestimmt auch nicht der letzte) fromme Film dieser Art. Er reiht sich aber in die hinterletzte Ecke ein, was die Machart angeht. Keine groß in Szene gesetzten Momente mit Aha-Effekt, keine interessanten und mitreißenden Charakterisierungen - von Kameraschwenks ganz zu schweigen. Es springt irgendwie kein Funke über. Nicht einer. Selbst die sonst immer sehr emotional beladene Kreuzigung lässt einen hier ziemlich kalt.

Die Darsteller fallen bei dieser von Mittelmäßigkeit geprägten Produktion auch nicht aus dem Rahmen, Christian Bale als Jesus und Pernilla August als (erwachsene) Maria haben ganz bestimmt schon bessere Engagements gehabt, auf die sie zurückblicken können. Bale ist Thrillerfreunden sicher spätestens seit dem Überraschungshit \"American Psycho\" ein Begriff, wo er den Titel\"helden\" verkörperte. Pernilla August hat hier sicher eine etwas wichtigere Rolle bzw. mehr Leinwandzeit, als in \"Star Wars\" Episode 1 und 2 alias Shmi Skywalker. Ob diese Rolle sie nun karrieremäßig nach vorn geworfen hat, sei mal dahingestellt, erscheint aber mit Blick auf diesen Film hier, als zumindest zweifelhaft - trotz aller gut gemeinten Bemühungen. Der Rest des Casts rangiert unter ferner liefen und unbekannt-farblos.

[ DVD und Bonusmaterial ]
Der Film ist problemlos in die Low-Budget-Kategorie einzureihen, keine bildgewaltigen Einstellungen. Hausmannskost auf RTL-Samstagnachmittags-Niveau. Selbst das Bildformat spricht deutliche Worte: Eine Fernsehproduktion, es ist kein 16:9 Widescreen, sondern lediglich TV-taugliches 4:3. Tonal das gleiche traurige Bild. DD 2.0 - also Stereo. Gut, mehr braucht\'s bei aller Gottesfürchtigkeit auch nicht, ist ja kein Monumentalschinken, sondern eher das komplette Gegenteil. \"Bonusmaterial\" lautet die Zwischenüberschrift, doch vermelden kann man indes sehr wenig. Eine (Texttafel-)Biographie von Christian Bale und einen Trailer zu \"The Machinist\" (in welchem er auch die Hauptrolle inne hat). Ende der Durchsage, mehr ist nicht da. Beinahe-Totalausfall, nennt man das wohl.

[ Fazit ]
Dem kompletten Ambiente fehlt das Leben, nur selten schafft der Film es aus der Stasis und der klinischen Sterilität auszubrechen. Mal abgesehen davon, dass das Teil vollkommen langweilig daherkommt. Furztrocken schleifen die Minuten wie Wüstensand am Geduldsfaden des Zuschauers entlang, der die ganze Zeit auf die Message wartet. Auf irgendeine. Eine klitzekleine, welche erklärt was überhaupt die Intention des Filmes ist, wo es vergleichbare Werke schon wesentlich besser umgesetzt gab. Null. Oder vielleicht eine neue, interessante Perspektive abseits längst ausgelatschter Bibelpfade. Auch Fehlanzeige - Pfade werden hier ohne P geschrieben: fade. Fade ist auch das Stichwort für das faktisch nicht vorhandene Bonusmaterial, nicht dass mich das bei diesem Film sonderlich interessiert hätte. Conclusio: Abwarten bis das Teil wieder mal im TV läuft, einmal angucken und die DVD im Händler-Regal stehen lassen, sie lohnt die Anschaffung definitiv nicht.

So Long

Der Atheisten-Pharao

DVD-Daten auf einen Blick:
Originaltitel: \"Mary, Mother of Jesus\"
Erstveröffentlichung: USA 1999
Deutsches DVD Release: Dezember 2004
Label: e-m-s
Laufzeit: 88 Minuten
Bonusmaterial: Biographie Christian Bale, Trailer
Soundformat: DD 2.0
Sprachen: Englisch, Deutsch
Bildformat: 4:3 Vollbild (1,78:1 anamorph)

Regie: Kevin Connor
Buch / Drehbuch: Albert Ross
Musik: Ken Thorne

Darsteller u.a.: Pernilla August (erwachsene Maria), Melinda Kinnaman (junge Maria), David Threlfall (Joseph), Christian Bale (erwachsener Jesus), Toby Bailiff (junger Jesus), Geraldine Chaplin (Elisabeth - Marias Mutter), Hywel Bennet (König Herodes Antipas), Robert Addie (Pontius Pilatus), Michael Mears (Johannes \"Der Täufer\"), Simone Bendix (Maria Magdalena)

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