José Luis Chilavert Testbericht

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Erfahrungsbericht von jedicassio

Das Ende einer großen Legende?

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Hallo liebe Community,

Mir hat es einfach mal wieder in den Fingern gejuckt, bei all diesem sinnlosen Krimskrams, über den ich hier schreibe mal einen Mann zu huldigen, der in den letzten Jahren den Fußball teils bereichert hat. Ich versuche das ganze chronologisch aufzubauen, wundert euch also nicht, dass die Themenbereiche etwas zerrissen sind.


••••• die Anfänge •••••

Bereits mit 15 Jahren stand Chilavert im Tor des paraguayischen Erstligisten Sportivo Luqueno und von dort aus verlief seine Karriere ganz nach Wunsch. Schon mit 18 Jahren wurde Chilavert als Torwart in die Jugendmannschaft Paraguays eingesetzt. Wenig später ging er zu Guarani Asuncion (sozusagen die Bayern von Paraguay), wo er jedoch auch nicht lange blieb. Zwischen 1988 und 1992 spielte Chilavert mehr schlecht als recht bei San lorenzo in Argentinien, bevor Real Zaragoza den Exzentriker über den Teich nach Europa, genauer gesagt nach Spanien holte. Aber auch dort fühlte sich Chila nicht wirklich wohl und es folgte die Degradierung zum Ersatzmann. Das lässt sich ein Chila nicht gefallen und so kam es zum offenen Bruch mit Zaragoza und einem erneuten Wechsel nach Argentinien, wo Chila nun aber richtig aufblühte.


••••• Chila in Argentinien •••••

In Argentinien fand Jose bei Velez endlich sein Glück. Velez sagt euch heute vermutlich überhaupt nichts, obwohl Chila mit dem Verein 1994 sogar den Südamerika-Cup gewann. Nebenbei gewann Velez unter der Führung von Chila 1993, 1995 und 1996 die argentinische Meisterschaft und setzte immerhin solche Größen wie River Plate oder Boca Juniors matt. Das waren Chilas goldene Jahre, in der er auch seine Liebe für Freistöße entwickelte. Ein Keeper und Freistöße? Ein Widerspruch! Ja, normalerweise schon, aber Chila ist eben nicht normal. Es ist schon ulkig, wie Chila bei Freistößen nach vorne kommt, die Kugel einlocht und wieder zurück rennt als wäre nichts gewesen. Das hat er in seiner Karriere bisher über 50 mal gemacht. Nach der WM 98 wurde Europa erneut auf Paraguays Aushängeschild aufmerksam und so zog es ihn nach Frankreich, genauer gesagt nach Racing Strasbourg.


••••• Chila und Paraguay bei der WM’98 •••••

Zu dieser Zeit kam ich gedanklich das erste Mal mit Chila im Kontakt. Das war in einem Vorbericht vor einem Paraguay-Spiel. Da hieß es so in etwa, dass der Typ einfach was an der Waffel hat. Da gibt es einen Torwart, er schon über 50 Tore geschossen hat, vorbestraft ist und sich in einem Quali-Spiel gegen Kolumbien mit Asprilla (damaliger Star vom AC Parma) eine Schlägerei geliefert hat... na ja, der Kerl war mir sofort sympathisch :-D
Jedenfalls sprach der Erfolg für ihn, man musste sich erst im Achtelfinale Frankreich geschlagen geben. Und selbst da, brauchte der spätere Weltmeister die Verlängerung, bevor Blanc das Golden Goal erzielte. Aber eins blieb mir in Erinnerung. Paraguay war Chilavert. Der Trainer war uninteressant, was Chilavert in Paraguay sagt, ist Gesetz. Wenn Chila sagt, erwürg deinen Gegenspieler, würden es seine Kollegen tun. Genau das ist das Geheimnis von Paraguay gewesen, Chilavert war die klare Leitfigur und die anderen setzten seine Anweisungen um. Der Star war Chilavert und der Rest (an Santa Cruz war ja noch nicht zu denken) waren seine Marionetten.


••••• Der Goalkeeper Chilavert •••••

Chilavert ist einfach ein Tier, genauso wie Kahn. Doch sieht es eher nicht wie ein Affe, sondern wie eine Bulldogge aus :-D
Jedenfalls ist es ein Teil seiner Stärke, dass die Gegner schon Muffensausen bekommen, nur bei den Gedanken den heiligen 16-Meter-Raum von Chila zu betreten. Was wird er machen? Wird er dich ohne Rücksicht attackieren? Wird er auf dich zustürmen? Wird er dich anbrüllen? Oder was auf die Nase geben? Es hört sich vielleicht komisch an, aber so einen Ruf ist verdammt wichtig für einen Torhüter, denn ein ängstlicher Stürmer bedeutet leichte Beute. Aber es ist nicht nur so, dass Chila abschreckend ist, nein, besonders sein kompromissloses Verhalten im Sechzehner ist gigantisch. Ohne Rücksicht auf sich oder seinen Gegner geht kommt er aus seinem Kasten. Wer zurücksteckt, hat eben verloren. Auf der Linie ist Chilavert ebenfalls sicher, aber nicht unschlagbar. Dennoch hat ihn sein Können immerhin zum Welttorhüter 1995 und 1997 gemacht. Eine starke Leistung.


••••• Chila in Strasbourg •••••

Strasbourg. Zu der Zeit des Wechsels 1998 war Strasbourg oben auf. Man spielte im UEFA-Cup mit und befand sich in der oberen Hälfter der französischen Tabelle. Doch musste Chilavert schon bald feststellen, dass der französische Fußball sehr schnelllebig ist. Aufsteiger können Meister werde und binnen einen Jahr wieder absteigen. So geschah es auch mit Strasbourg. So kam es, dass einer der besten Keeper der Welt in der zweiten französischen Liga herumtümpelte und erst zum Beginn der Saison wieder in die 1.Liga aufstieg. Aber Chilavert kann sich wenigstens noch mit einen gewonnen französischen Pokal trösten. Jedoch hat sich Chilavert verändert in dieser Zeit und das nicht gerade zum Vorteil.


••••• Chila bei der WM’02 •••••

Die ersten zwei Spiele wurde Chilavert durch Tavarelli, seinen Ersatzmann vertreten. Der Grund war eine Sperre, die sich Chilavert nach einer Spuckattacke gegen Roberto Carlos zuzuschreiben hatte. Tavarelli machte seine Sache gut, etwas zu gut und Chilavert drohte die Bank. Aber soweit kam es dann doch nicht. Jedenfalls was Chilavert nicht wiederzuerkennen. Die „Bulldogge“ ist total verfettet und bewegt sich wie in Zeitlupe. Unglaublich, aber Chilavert hatte wegen seiner schlechten Verfassung nicht nur ein Gegentor zu verschulden. Dennoch waren seine Führungsqualitäten nach wie vor so wichtig für Paraguay, dass man auf ihn nicht verzichten wollte. Das Aus kam dann gegen Deutschland, aber nur knapp. In der 88.Minute schoss Neuville uns weiter.


••••• nach der WM’02 •••••

Wieder in Strasbourg angelangt wurde der verfettete Chilavert erst einmal auf Diät gesetzt und musste auf der Bank platz nehmen. Ihn wurde mit Fernandez ein Konkurrent vor die Nase gesetzt. Als Fernandez sich jedoch verletzte, kam bei Chilavert wieder einmal der Exzentriker hoch. Er habe einfach keine Lust zu spielen und fertig. Daraufhin musste Strasbourg mit einen Amateur-Goalie antreten und verlor 0:4. Chilavert wurde gefeuert und es droht eine Klage.


••••• Karriereende einer Legende? •••••

Was nun? Chila ist nun ein 37jähriger Goalie, der den meisten Vereinen ein Graus ist. In der Nationalmannschaft hat er Schluß gemacht, der Trainerposten ist auch nicht mehr frei. Sollte das, das Ende eine glanzvollen Karriere sein? Das wäre jedenfalls sehr schade, denn Chilavert ist jemand, wie ihn der Fußball braucht. Unkonventionell, charakterstark und einfach ein Original :-D


••••• Wieso Legende? •••••

Meine Güte, was für eine Frage. Da gibt es einen Goalie, der 50 Tore geschossen hat. Weltpokalsieger ist und seine eigenen Vorstellungen von Fußball mit in jede Parte bringt. Welcher Spieler kann von sich schon behaupten, eine Vorstrafe zu haben, weil er fast eine ganze argentinische Mannschaft verkloppt hat oder Roberto Carlos bespuckt hat. Und dann gab es da ja noch den Faustkampf mit Asprilla... ach der Typ ist einfach nur stark. Man könnte sagen, er hat ein großes Maul, aber auch viel dahinter. Ein Spieler von Format.


Ein Fazit möchte ich mir an dieser Stelle sparen, Chila mag man oder nicht. Ich finde ihn einfach riesig :-D


Mit freundlichen Grüssen
JediCassio (Ulm, den 2.10.2002 12:10; 1.166 Worte)

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